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"Videochallenge"

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03.04.2009
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"Videochallenge"

Videochallenge

Raffi steckt das Modul in sein mittlerweile ehrenhaft gealtertes Nintendo 64 und ich greife nach dem schwarzen Controller. Staubkörner schwirren in der schwülen Sommerluft umher und erstrahlen hell, als auf dem großen Fernsehgerät das Logo von „Super Smash Brothers“ aufflimmert. Eigentlich stand ich nie auf Kampfspiele, aber dieses hat es mir angetan. Früher haben wir Tag für Tag nach der Schule hier gesessen und in jeder freien Minute entbrannte der Kampf zwischen den zwölf beliebtesten Helden des Nintendo-Universums. Eins gegen Eins, bis einer keine Leben mehr hat.

Heute sind wir älter, 19, packen die alte Konsole nur noch selten aus, aber ab und zu kommt es noch zum Duell, das nie verjähren wird. Blind rauscht Raffi durch das Menü, die Einstellungen sind noch so vertraut wie damals. Er wählt, wie immer, Fox McCloud, den coolen Fuchs mit der Laserpistole. Mein Favorit ist Kirby, der ein bisschen aussieht wie eine rosafarbene Kaugummiblase.

Dann geht es los. Der frenetisch-monotone Kommentator, dessen Wortschatz wir bereits in- und auswendig kennen, zählt den Countdown runter und das unsichtbare Publikum begrüßt uns mit einem lauten Jubeln. Ich werfe Raffi noch einen letzten funkelnden Blick zu, doch dann endet die Freundschaft und wir sind beide wieder ganz in unserem Element. Von einem Schlag getroffen fliegt mein Kirby einige virtuelle Meter in die Luft, doch nicht weit genug. Denn die Regeln sind einfach: Wer den Bildschirmrand verlässt, der stirbt. Virtuos und mit rasender Geschwindigkeit bearbeiten wir unsere Gamepads, alle Tastenkombos sind uns mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Meine Hände sind feucht vom Schweiß, während ich mit verkreuzten Beinen auf dem alten, muffigen Futon sitze. Raffi hat die Beine ausgestreckt, sein Blick gilt ausschließlich dem flimmernden Bildschirm, und nur durch einen Schlitz im Fensterladen zerschneidet ein Lichtstrahl der gleißenden Mittagssonne das dunkle, allein vom Fernseher erhellte Wohnzimmer. Tip-Tip-Tip-Tip-Tip. Ab und zu ertönt ein Schrei, dann jubelt das Publikum. Ich sage keinen Ton, denn Konzentration ist das Wichtigste: Einmal zu blinzeln bedeutet, seine Deckung aufzugeben und anfällig zu werden für den tödlichen Schlag, der ein Leben und damit das Match kosten kann.

Es ist ein Duell zweier ebenbürtiger Gegner, und in diesem Moment ist es mehr als nur ein Spiel. Es ist eine Rivalität, die in den vielen Jahren zum Selbstzweck geworden ist. Heute vermisse ich diese Art des Wettkampfs. Ich mag Spiele, weil sie leicht zu überblicken sind, sie besitzen klare Regeln und haben einen Rahmen, in dem ich mich bewegen und experimentieren kann. Wenn man eines verloren hat, dann startet man von neuem, und alle Chancen sind wieder bei Null. In der Realität, so habe ich das Gefühl, macht man Fehler und kriegt häufig keine zweite Chance. Die wohltuenden Grenzen sind hier unsichtbar und die Möglichkeiten und ihre Konsequenzen sind komplex und unüberschaubar. Daher finde ich es heute beruhigend, wenn ich zumindest für kurze Zeit aus dem großen in das kleine Spiel zurückkehren kann.

Obwohl es sehr gut für mich aussah, habe ich übrigens letztendlich gegen Raffi verloren. Entkräftet sacke ich zusammen und lasse mich nach hinten in die weichen Kissen fallen. Sein triumphierendes Grinsen gibt mir den Rest. Aber es gibt mir auch Sicherheit. Denn hier geht es, egal wie oft man danebenliegt und scheitert, immer wieder von vorne los.

 

Der Autor schrieb zu der Geschichte:

vorweg: diese kg habe ich gestern nacht noch schnell für den kulturpreis meiner schule geschrieben. ich hoffe, das gilt nicht als "bereits veröffentlicht".

Anmerkungen bitte immer im separaten Posting.

 

ok, alles klar. glaube übrigens mittlerweile die geschichte passt besser in "alltag".du kannst sie daher gerne verschieben.

 

Hallo hasufly,

dieser text hat ein Problem: Er erzählt keine Geschichte. 5/6 beschreibst du ein computerspiel. 1/6 streust du "pseudophilosophische Gedanken" deines Prots ein.
Die Idee des Vergleichs zwischen Spiel und WIrklichkeit ist ja ganz nett (wenn auch altbacken), aber sie kratzt nur die oberste ober-oberfläche.
Das vermag nicht zu berühren, schon gar nicht, weil diese Gedanken einfach nur Gedanken bleiben. In welchem Bezug zum Prot stehen die denn? Wolltest du eine Lebensweisheit von dir geben oder eine Geschichte erzählen?
Es braucht etwas im Text, dass diese Gedanken legitimiert und sie nahe bringt. Das könnte beispielsweise eine Station aus dem Leben des Prots sein. Eine Art Gegenüberstellung von früher und heute. Unbeschwertheit der Jugend versus grauer Alltag oder etwas in der Art. Dann wären die Gedanken in der Geschichte irgendwo eingewurzelt und würden als eine Art Gleichnis funktionieren.
So aber hat das leider genau diesen Tenor:

habe ich übrigens letztendlich gegen Raffi verloren.
Ach übrigens, ich wollt noch sagen ...

Ich hoffe, du kannst mit meiner Kritik etwas anfangen. Ich hätt dir nach deinem positiven Fedback gern was anderes geschrieben, aber das würde dich nicht weiter bringen.
Am Ball bleiben, flüssig lesen lässt sich der Text schon mal. Auch das ist viel wert :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Willkommen hasufly,

hier im Forum an dieser Stelle.

Für mich offenbart Dein Text durchaus Potential. Deine Sätze lesen sich angenehm flüssig (weltenläufer hat es Dir auch schon bestätigt) und Du beabsichtigst eine Aussage, hast eine Idee, was Du vermitteln möchtest. Leider brichst Du genau an dieser Stelle ein, Dein vorletzter Absatz liest sich wie ein Tagebuch oder ein Essay. Sprich, denke Dir eine Situation aus Deinem Alltagsleben, in welcher Du eben gerade Du diese Erfahrung machst. Eine Situation, in der man gerne nochmal auf Start drücken würde, es aber nicht kann. In welcher man die zweite Chance verdient hätte ... Gib ihr einen Raum und Personen und spiele Deinem Leser die Szene vor, und am Ende kann Dein Prot. in die Spielewelt flüchten, die ihm diese Möglichkeit verschafft (oder so).

Du zeigst Dich als aktiver Leser und Kritiker, was ich sehr gut finde, man lernt so unendlich viel. Es ist nicht immer schön, was man hört, aber es hilft :D.

Im Ernst, ich wäre gerne dabei, wenn Du Deine Geschichte wachsen lässt, sie nicht ablegst, sondern ihr noch ein paar mehr Absätze gönnen würdest, einen zweiten Handlungsstrang hinzufügst, einflechtest.

Danke für Deine Geschichte
Beste Grüße Fliege

 

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