Was ist neu

Von Inseln und Essen; oder: Die Mär von der Liebe

Mitglied
Beitritt
04.04.2007
Beiträge
20
Zuletzt bearbeitet:

Von Inseln und Essen; oder: Die Mär von der Liebe

Vor einem halben Jahr waren sie noch essen. Keines dieser teuren Restaurants, in denen man sich schon falsch vorkommt, wenn der Anzug nicht zur Krawatte passt. Eher ein kleines Lokal, regionale Spezialitäten, nichts besonderes, aber schön. Wen interessiert auch der Ort, ist es nicht wichtiger, mit wem man dort ist. Ein angenehmes Abendessen, bei Kerzenschein, ganz traditionell romantisch. Fast schon kitschig, aber noch immer wirkungsvoll. Und Augen sahen in Augen, lasen in Gedanken, erkannten sich selbst. Daheim hörte der Abend nicht auf, sondern setzte sich bis tief in die Nacht fort, bis man vor Erschöpfung die Augen schloss, eng umarmt versteht sich. Und dann träumte man davon, wie glücklich man doch sei, und dass man doch alles habe, was das Leben so lebenswert mache. Den Tag darauf waren sie auf der Insel, eine kleine Insel, man vergaß ihren Namen, aber sie war wunderschön. Überall blühende Bäume, wie im Frühling, so bunt, so lebendig. Und man schlang die Hände ineinander, verkeilte Finger an Finger und hielt sich so fest, als drohe man abzustürzen, weil man sich doch fühlte, als stünde man auf dem Gipfel aller Gefühle. Und Lippen trafen Lippen, verschlangen sich mit heißer Leidenschaft, als habe man sich Jahre nicht gesehen. Wenige Wochen später. Der andere Fahrer sei schuld gewesen, hieß es. Er habe die Vorfahrt missachtet und habe den anderen Wagen gerammt, den, der gerade auf dem Weg nach Hause war, wo man noch immer von Inseln und Restaurants träumte. Und der Insasse sei sofort tot gewesen, tot, was bedeutet das eigentlich. Als sie es ihr sagten, ihr, die daheim wartete und die Insel ansah, die nun für immer als Bild über dem Bett hing, da habe sie erst gar nicht reagiert. Tot, wie soll man da reagieren, wie soll man das verstehen. Aber sie habe es verstanden, Tage später, Wochen später, und sie verstünde es noch immer, sagen manche. Aber heute ist der Mann an ihrer Seite nicht mehr tot, er hat nur sein Gesicht gewechselt. Gestern war es ein braunhaariger Mann, heute trägt er schwarze Haare, und er fährt auch keinen silbernen Wagen mehr, sondern einen Roten. Aber auch er besucht Inseln und lädt seine Dame zum Essen ein, wie es sich eben gehört. Und die Insel überm Bett wurde gegen eine andere Insel ausgetauscht, was macht das schon, Hauptsache weit weg von Zuhause. Und vielleicht ist das Restaurant auch keines dieser dieser kleinen Lokale mehr, sondern eines, in denen man eine Krawatte zum Anzug braucht, aber satt wird man auch dort, und auch dort sehen Augen in Augen und treffen sich Lippen mit Lippen, und wenn man nach Hause fährt, dann ist es, als habe es nie etwas anderes gegeben.

 
Zuletzt bearbeitet:

Wurde völlig zurecht kritisiert und sollte hier nicht hin.

ad-noctum

 

Hmmm... Eine Geschichte zum traurig werden, drin versinken, mehrmals lesen, drüber nachdenken.
Nichts, was man großartig kritisieren kann oder sollte.
Ich will also nur kurz auf die Rechtschreibfehler hinweisen, die einen beim nachdenklichen Lesen stolpern lassen:

ad-noctum schrieb:
Ein angehmes Abendessen, bei Kerzenschein, ganz traditionell-romantisch.
angenehmes, traditionell romantisch
ad-noctum schrieb:
Und Augen sahen in Augen, lasen in Gedanken, erkannten sich selber.
selbst -> selber gibt es nicht
ad-noctum schrieb:
Und der Insasse sei sofort tot gewesen, tot, was bedeutet das eigentlich.
Auch wenn du die ganze Zeit nur außer Kommas und Punkten keine anderen Satzzeichen verwendest und oftmals ein Komma setzt, wo man einen Punkt erwartet (und ich glaube auch zu verstehen, warum), würde ich hier doch ein Fragezeichen setzen: Und der Insasse sei sofort tot gewesen. Tot. Was bedeutet das eigentlich?
ad-noctum schrieb:
Aber heute ist der Mann an ihrer Seite nicht mehr tot, er hat nur sein Gesicht gewechselt.
Der Satz gefällt mir ausgesprochen gut.
ad-noctum schrieb:
Gestern war es ein braunhaariger Mann, heute trägt er schwarze Haare, und er fährt auch keinen silbernen Wagen mehr, sondern einen roten.
einen Roten.
ad-noctum schrieb:
Und vielleicht ist das Restaurant auch keines dieser dieser kleinen Lokale mehr, sondern eines, in denen man eine Krawatte zum Anzug braucht, aber satt wird man auch dort, und auch dort treffen sich Augen mit Augen und Lippen mit Lippen, und wenn man nach Hause fährt, dann ist es, als habe es nie etwas anderes gegeben.
ein dieser zu viel
Augen treffen sich mit Augen? Hier würde ich den Satz vom Anfang wiederholen.
... und aucht dort sehen Augen in Augen und treffen sich Lippen mit Lippen, ...

Liebe Grüße,
Loerschgi

 

Vielen Dank. :) Hab die Fehler korrigiert. Ein paar sind tatsächlich aus purer Unachtsamkeit entstanden.

 

Eine hochinteressante Geschichte. Will man ihr glauben, so ist die Liebe, jenseits jeder romantischen Verklärung, etwas so banales wie ein gemeinsames Essen, ein schöner Ort und an sich völlig austauschbar.
Wie gesagt, interessant, auch wenn man einen anderen Standpunkt vertritt, was ich jedem nur wünschen kann.


Gruß,
Abdul

 

Hi ad-noctum,

die Erklärung im Anschluss an deine Geschichte hättest du weglassen sollen. Was du ausdrücken möchtest, sollte schließlich aus dem Text hervorgehen und die Inspirationsquelle sprengen.
Vor allem erscheint deine Geschichte dadurch im falschen Licht, denn sie wird zu einer spekulativen Wertung dessen, was du beobachtet hast.
Spekulativ, weil sie unterstellt, dass neues Glück Vergessen bedeutet. Schon darüber könnte man streiten. Auch unterstellt sie, dass neue Liebe mit dem Verlust der alten gleichzusetzen ist. Und dann könnte man fragen, wie lange muss man trauern, wenn man wirklich geliebt hat? Und was gibt einem anderen das Recht, darüber zu urteilen, ob die Liebe echt war?
Grundsätzlich verlieben wir uns immer auch in den Spiegel unserer Sehnsüchte.
Versteh mich bitte nicht falsch. Mich stört nichts an deiner Geschichte. Thesen können ja auch Erwiderung provozieren, müssen in einer Geschichte also nicht unbedingt die Meinung des Autors widerspiegeln. Mich stört nur die überflüssige Erklärung im Anschluss, weil man sich dadurch viel mehr auf deine Wertung konzentriert als auf den Inhalt deiner Geschichte.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo ad-noctum,

die sprachliche Umsetzung dieses interessanten Themas hat mir auch hier gefallen. Und was auch immer Du mal als nachgehende Erklärung der Gechichte stehen hattest - das braucht es tatsächlich nicht. Wenn man in einer Situation steckt, es muss nicht unbedingt eine Liebe sein, hält man sie oft für die einzig mögliche und richtige. Manchmal erschrickt man dann im Nachhinein darüber, wie schnell sich Dinge relativieren. Das gemeinsame Essen als Symbol finde ich gelungen, auch den Verkehrsunfall. Ich finde nur, Du hättest mehr aus der Geschichte machen können, mir bleiben die Figure etwas zu blass. Wie heißen sie, wie sehen sie aus, was macht sie aus? Du bringst die Botschaft sehr klar, sehr kurz auf den Punkt, beschreibst die Beziehungen aber von einer sehr distanzierten Warte aus. Ich hätte mir ein bißchen mehr Nähe zu den Protagonisten, mehr Details gewünscht. Das Thema hat auf jeden Fall das Potenzial für eine wesentlich längere Geschichte.

Details:

Vor einem halben Jahr waren sie noch essen.
Mich stört das "noch" im ersten Satz, weil es sofort darauf hinweist, dass sie heute nicht mehr zusammen essen gehen.
Wenige Wochen später.
Was hältst Du davon, beim Neubeginn einen Absatz zu machen?

Hat mir gut gefallen.

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Juschi!

Vielen Dank für deine Anmerkung!
Ich hatte einige Absätze und Zeilenbrüche im Text, die aber bei der Formatierung (warum auch immer) verloren gingen. Ich werde das Eingangsposting nochmal editieren und die Absätze wieder einbauen.

Viele Grüße
adn

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom