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Vor Anantapur

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10.09.2016
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Vor Anantapur

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Hier werde ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.

Wenn man sich konzentriert, dann braucht alles ein bisschen länger. Ich erinnere mich an dein Gesicht, aber das Mädchen, das ich vor ein paar Jahren war, habe ich schon vergessen. Du bist jetzt eine Brücke für mich, ein Archiv, mein Tagebuch. Was ich in dir nicht finde, existiert für mich nicht. Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich brauch es nicht mehr, also lass ich es los. Behalte diese Erinnerungen oder mach damit, was du willst. Sie gehören jetzt dir. Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wiedersehen.

Es war schwül und Sommer. Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben. Du trugst lange Haare und ich nicht, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt. Wir tauschten Namen aus, als hätten wir uns dazu verabredet. In dem Kino, in dem immer nur alte Streifen liefen, trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See und bezeichneten uns als romantischen Sondermüll. Kurz: Wir lernten uns kennen.
 Bis dahin wusste ich nicht, wie das ist, einen besten Freund zu haben, wie schön. Wir kochten Spaghetti und hielten uns für erwachsen; schauten Stummfilme in Farbe und verrieten uns unsere Wünsche und Ängste. Schliefen wir bei dir, beachteten deine Eltern dich. Bis sie begriffen, dass da nichts lief, außer Freundschaft eben. Ich hab sie von Anfang an gehasst. Ob du eine Schwuchtel bist, hat dein Vater dich gefragt, weil wir nichts miteinander hatten und er das komisch fand. Ich hab dir angeboten, zu sagen, dass wir ein Paar sind. Du hast mit dem Kopf geschüttelt und von da an haben wir uns nur noch bei mir getroffen. Meine Eltern haben uns behandelt, als wären wir Geschwister. Sie liebten dich, genau wie ich.

Wie verstört du warst. Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen, weil du dich so geschämt, es aber nicht ertragen hast, auch nur ein Mal ein kleines Geheimnis ganz allein für dich zu behalten. Du hast mich angestiftet. Alles habe ich ausgespuckt, wir haben uns ausgezogen voreinander, ohne uns jemals zu berühren. Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar. Er hat die Zeichen nicht gesehen oder hat sie nicht sehen wollen.

Was dich angeht, bin ich mir sicher, deine Talente haben sich entfaltet, wie man so schön sagt. Nur, dass du kein Priester geworden bist, hoffe ich, was nicht heißt, dass ich mir dich nicht im Talar vorstellen kann. Du hast gezeichnet, gemalt, Isländisch gelernt und Alemannisch. Auch wenn du dich nicht sehr leiden konntest, muss dir aufgefallen sein, dass andere stolz darauf waren, mit dir befreundet zu sein. Alle, außer deinen Eltern.

Die Zeit des Dornröschenschlafes, in dem sich unser schönes und hässliches Städtchen befand, und wir uns mit ihm, beendete unsere Freundschaft nicht. Im Gegenteil glaube ich, dass wir noch tiefer schliefen, weil es sich zu zweit so schön träumen ließ. Du lerntest Tamara kennen, die du, warum auch immer, mochtest. Die unter Essstörung litt und die einzige Person war, die ich kannte, die nichts wollte, außer sehr guten Noten, die sie ihren Eltern zeigte, die ihr rieten, Freunde zu treffen, die Tamara nicht hatte. Bis sie uns kennenlernte. Sie war die einzige, die vom Gewitter, das uns zwei letztlich auseinandergebracht hat, verschont blieb. Kein Wunder, wenn du mich fragst.

Allein im Dunkeln bist du nie gern gewesen. Du bist nie gern allein gewesen. Immer mussten andere dir zeigen, was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Nur, wenn wir zusammen waren. Ich hab dich oft stundenlang im Arm gehalten. Schöner, trauriger Junge. Du hast dich an meine Brust gedrückt, die Augen geschlossen. Hast gelächelt und ich hab gelächelt. Zweihunderteinundachtzig Porträts und meine Haare sind immer länger und länger geworden.

Nach Tamara lernten wir Ben, unseren zweiten gemeinsamen Freund kennen. Für dich eine Vaterfigur, für mich der Beweis, dass ich scheinbar doch in der Lage war, Freundschaften zu schließen, und das mit uns nicht einfach nur ein mehr oder weniger glücklicher Zufall war. Richtig Freunde haben. Mit sechzehn, wir waren wirklich spät dran. Vier Seelenkrüppel aus der Ostprovinz. Du wolltest verlassene Kirchen sehen. Nach Zeitz sind wir gefahren, nach Bernburg und Meilendorf, haben Picknick gemacht auf einem Altar. Es war das beste Jahr jemals. Das Gewitter aber lag schon in der Luft.

Zu ihrem Geburtstag überraschten wir Tamara im Biologie-Club. Du hattest sie gemalt, aber es war eines deiner schlechtesten Bilder. Ben schenkte ihr einen goldenen Kuli und ich ihr ein Buch über Entspannungstechniken. So hatte es etwas vom Besuch der heiligen drei Könige. Tamara war das Jesuskind und freute sich wie eines. Aber nur eine Dreiviertelstunde lang, drei Stück Kuchen, die wieder im Klo landen würden. Tamara musste ‚weitermachen‘. Man sei ehrgeizig. Man habe Pläne. Man trinke Sekt nur am Wochenende. Tamara konnte nicht loslassen, nicht verlieren, nicht nicht Tamara sein. Ich wusste, dass die Wege sich trennen.

Deine Eltern waren nach wie vor ein Thema. Zu deinem Siebzehnten hatte deine Mutter dir gesagt, dass sie besser nicht mit dir schwanger geworden wäre. Du hast sogar genickt, meintest du. Wie konntest du nach allem immer noch ein guter Sohn sein wollen? Kurz habe ich überlegt, ob du dir diese Sachen einfach ausdenkst, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand wirklich so bösartig sein kann. Aber welchen Grund hättest du schon gehabt? Ein Märtyrer warst du, ein dummer, und wenn es etwas bringt, nutze ich diese Gelegenheit gerne, um dich hiermit heilig zu sprechen. Mein Freund St. Omer, der Talentierte, der sich seinen Eltern zum Fraß vorwarf und oft bei uns zum Pizzaessen vorbeikam, der mein Bruder wurde und ich seine Schwester. Es hat mich in der Brust gezwickt und wenn du nicht hingesehen hast, habe ich manchmal geweint. Selbst wenn man einen Menschen mag, kann es sein, dass man ihn in der Ostprovinz zurücklassen muss. Es tut weh, falls dich das tröstet.

Ben für seinen Teil hat sich aufgelöst wie eine Aspirintablette. Manchmal muss man gar nicht viel sagen. Jedenfalls hat er es nicht geschafft, sich zu trennen. Die Spielsachen, die Kleinodien, in denen er sein fünfzehnjähriges Ich konservierte, wurden Stück um Stück zum Museum aufgebaut, dessen Direktor und alleiniger Besucher er selbst war. Als Einzelgänger ist er geboren und wird, das hoffe ich, von Zeit zu Zeit noch Gäste in sein Museum locken. Sei mir nicht böse, aber er ist dir nur ein Vater gewesen, weil das die einzige Rolle ist, bei der man im Grunde bei sich selbst bleibt. Schwer war es nicht, ihn loslassen, aber das zu hören, würde ihn sehr kränken.

Meine Haare waren gerade schulterlang, als du mich gezwungen hast, dir deine abzurasieren. Auch die Nachrichten wurden immer absurder: Ein Mensch aus Arizona behauptete, aus einer anderen Zeit hergereist zu sein, in Mülheim-Kärlich wurde ein Atomkraftwerk mit einem Kühlturm verkauft, der höher war als der Kölner Dom, und in Bayern entdeckten sie eine neue Flusskrebsart. Zum Glück wohnten wir alle im dritten oder vierten Stock. Als im Juni die Elbe überlief und das Hochwasser kam, bekamen wir alle zwei Tage schulfrei. Die hast du bei uns verbracht. Du musstest jetzt nicht mehr vierundzwanzig Stunden am Tag guter Sohn spielen. Vielleicht noch achtzehn, aber das war ein Fortschritt. Wir schauten Filme von Sagan oder lasen uns Comics vor, bis die Welt wieder in Ordnung war.

Deine Bilder verkauften sich auf Facebook wie sonst was. Das hielt zwei sogenannte Eltern nicht davon ab, sich für ihren Sohn zu schämen. Ein Künstler, so eine Vergeudung. Doch wenigstens fiel dir auf, dass deine Mutter einmal erwähnt hatte, sie habe Glasmalerin werden wollen; bevor deine Fruchtblase und damit ihr Traum geplatzt ist. Große Kirchenfenster. Sie hätte das gekonnt. Stattdessen war sie selbst zu einer Art Marienbildnis geworden. Nur der Heiligenschein fehlte noch. Du hast gelernt, dir selbst zu vertrauen. Immerhin wurdest du mit Komplimenten bombardiert. Omer hier, Omer dort. Die MZ hat über dich geschrieben und eine Galeristin aus Frankfurt machte dir eine Art kapitalistischen Heiratsantrag. Ich glaube, nein zu sagen, war nicht die schlechteste Entscheidung, ein wichtiges Signal vielleicht sogar, und eine Ausstellung in der Schirn sprang trotzdem heraus.

Irgendwie hattest du den Braten gerochen. Vielleicht hatten das alle, außer mir. Dieser Braten war mein Tennislehrer. Ob kurze Haare oder lange, ob St. Omer oder nicht. Zweimal die Woche ging ich zum Tennis und zog meinen Rock immer höher. Du musst ihn fragen, Ari, sagtest du. Aber wenn er schon die Zeichen nicht sieht! Er sieht sie, aber er will, dass du den ersten Schritt machst, wie man so schön sagt. Vielleicht hätte ich auf dich hören sollen, bevor es zu spät war. Aber wer hätte schon mit diesem Gewitter gerechnet? Ich nicht.

Es war die REM-Phase des Dornröschenschlafes. Die Augenlider zuckten kurz, aber zum Aufwachen reichte es nicht. Tamara und Ben hätte kein stampfendes Nilpferd aufgeweckt. Wie sonst auch zog Ben es vor, in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen. Er war nie gemobbt worden, hatte sich nie glatte, statt lockigen Haaren gewünscht, hatte nie kleiner und hagerer sein wollen, weil das seinem Schönheitsideal entsprach. Vor allem aber hing Ben zu null Prozent an seinem fünfzehnjährigen Ich und trauerte dem Mädchen, das ihm damals einen Korb voll Scheiße gegeben hatte, in keiner Weise nach. Es war alles in Ordnung. Niemand brauchte sich Sorgen machen.

Tamara ging vollständig darin auf, Teil von etwas zu sein. Als solcher wurde sie allseits geschätzt. Teil des Freundeskreises, Teil der Klassengemeinschaft, Teil des Biologie-Clubs, Teil der Familie. Man werde sich das Leben schon verdienen. Man arbeite hart und nachts und sei seines eigenen Glückes Schmied. Ein stummer Applaus für Tamara, ein Lächeln, ein süßer Traum. Hach! Auch für sie hast du auf Café Keese gemacht. Sie wollte ja so gern, aber die Potenziellen waren ihr dann doch immer zu langweilig. Dann lieber solo. Irgendwann kommt er schon, während eines Doktorandenseminars oder einer ungezwungenen Betriebsfeier. Go for it!

Und dann, als wirklich niemand damit rechnete, kam der vierzehnte April. Du musst ausnahmsweise bei dir zu Hause gewesen sein. Was Ben machte, wusste ich gar nicht mehr so richtig. Tamara arbeitete wahrscheinlich. Es gab eine Warnung und kurz hatte ich den unverfänglichen Gedanken, solche Wetteranomalien könnten theoretisch auch etwas mit dem Klimawandel zu tun haben. Weil das aber niemand aussprach, war wahrscheinlich noch genug Zeit, um an andere Möglichkeiten zu glauben. Ein feuchter Blitz, dann kam die ganze Soße herunter. Hast du so etwas schon mal gesehen, Ari, hast du?, fragte mein Vater. Ich hab so was noch nie gesehen, Ari, noch nie.

Es war das Wunder, auf das niemand gewartet hatte. Blitzkaskaden färbten den Himmel, Fensterscheiben platzten und wir hörten unsere Stimmen nicht mehr. Ich dachte nicht an dich, Omer, nicht an Ben oder Tamara. In meinem Kopf schlug jemand Tennisbälle. Gelb und feucht. Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer (36) zu Asche verbrannt. Aber Omer, ob du mir glaubst oder nicht, ich habe es gewusst. Ich habe es in diesen Minuten vorhergesehen. Der Rest ist dir bekannt, aber nicht die Konsequenz. Du hast mir geglaubt, aber ich hab dich belogen. Im Tennisrock bin ich zum Galgenberg. Die Bäume um mich herum haben gebrannt. Ich habe mir gesagt, wenn mich der Blitz trifft, dann sterben wir im selben Moment. Es waren hunderte und ich die Bergspitze. Doch sollte ich verschont bleiben, hau ich hier ab, lass euch alle zurück, egal, ob du einer von denen bist.

Warum hat es den Tennistrainer getroffen und nicht deine Eltern? Die Welt ist schlecht. Während ich dort stand und auf meinen Blitz wartete, verprügelte dich dein Vater. Dass du endlich rauskommst, Schmarotzer. Wir trafen uns vor meiner Haustür. Abgesehen vom Platzregen und kniehohen Wasser war es ein unauffälliger Freitagabend. Wir waren durchnässt bis auf die Knochen, wie man so schön sagt. Die Blitze zuckten in der Ferne und aus deiner Nase und deinem linken Auge blutete es. Der vierzehnte April war dein Einzugsdatum bei uns und so manches unbekümmertes Seelchen wird dieses Jahrhundertwetter aus den Träumen gerissen haben. Vielleicht hat Ben sich endlich als den Einzelgänger erkannt, der er nun einmal ist. Tamara dürfte, wenn überhaupt, festgestellt haben, dass es keine Rolle spielt, was die Zeitläufe so bringen. Man gehe seinen Weg. Man verfolge ihn strammen Schrittes. Zumindest du bist in jener Nacht deinen Rabeneltern davongeflogen. Aber was ist mit mir?

Nach Anantapur sind es immer noch zwei Stunden. Der Zug ist steckengeblieben, worin auch immer. Der Mann kaut wieder auf seinem Stück Holz. Auch ich habe Appetit bekommen. Mit der Mittelmäßigkeit ist es ein Kreuz, das sage ich dir, und das schleppe ich jetzt woanders mit mir herum. Nur um eines will ich dich noch bitten: Komm niemals her! Du würdest mich bereits nach kurzem Suchen finden. Bleib, wo du bist, wenn du jemals mein Freund St. Omer warst. Erzähl ihnen, ich sei gestorben, im Zug stecken geblieben, ein bengalischer Tiger, denk dir das Dramatischste aus.

 

Hey @Carlo Zwei,

kurz mal etwas ab vom eigentlichen Text: Ich habe die Geschichte hier gelesen und hatte dann das große Verlangen, mir noch mal deine "Bibliographie" anzusehen. Ich hatte nämlich das Gefühl, das alles hier nicht zum ersten Mal mitzuerleben, ich habe dann in Zeitz reingelesen und in Twiggy und in Hier beginnt es und ... Hab es dann wieder bleiben lassen und mich auf diesen Text hier konzentriert. Aber trotzdem, so als Rückmeldung, für mich sind viele deiner Geschichten Teil eines Carlo-Universums, ich blicke da nicht wirklich durch, ich bin schlecht darin, mir ... Text-Details zu merken, vielleicht ist das auch total offensichtlich, dass die Erzählerin hier Twiggy ist oder sonst wer, aber ich mag das sehr und irgendwann, wenn ich mal viel Zeit hab (und du deine Romane bei Hanser raushaust), dann leg ich mir die ganzen Puzzlestücke hier noch mal zusammen und versuche, sie zu verbinden.

Zurück zum Text. Beim ersten Lesen war ich etwas abgelenkt, wie schon erwähnt, hatte zu viel Carlo-Universum im Hinterkopf.

Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.

Oder so, das passt auch. (Kommt da nicht ein Komma nach Gefühl? Nein?) Aber auch von meiner Gänsehaut, davon hatte ich nämlich jede Menge. Meistens dann, wenn man die Verbindung der beiden spürte, die Liebe in ihren Worten bzw. Erinnerungen.

Ich lese in deinem Text zwei Geschichten, quasi. Da sitzt also die Protagonistin im Zug und erinnert sich. Und wie Erinnerungen so sind, tut sie das nicht geradlinig, sie schweift ab, von Tamara zu Ben, von den Eltern zu Omer, hin und her, aber doch ergibt das ein stimmiges Bild und sprachlich bekommst du das so gestaltet, dass es kein Wirrwarr ist, sondern ... eben doch geradlinig erscheint. Mir zumindest.

Und irgendwann kommt dann der Knackpunkt: Das Gewitter. (Im Gewitterverlauf hat sich auch ein Minifehler eingeschlichen, hier:

Weil das aber niemand aussprach, wahr wahrscheinlich noch genug Zeit,

Hier:

Warum hat es den Tennistrainer getroffen und nicht deine Eltern?

Habe ich mich gefragt, warum sie das sagt: Der Tennistrainer. Weil sie eine innere Distanz zu ihm aufgebaut hat, würde der Literaturwissenschaftler jetzt vielleicht antworten, aber hm, keine Ahnung, warum nicht einfach "ihn"?

Ja, das ist also die "zweite Geschichte", das Drama um den Tennistrainer, was sie dann dazu bewegt, abzuhauen. Zurecht, unvorstellbar, so etwas erleben zu müssen ... Aber ja, gleichzeitig ist diese zweite Geschichte, so, wie ich das jetzt lese, und gut möglich, dass ich falsch lese, komisch gewichtet. Innere Distanz! Zum Schutz! Verdrängung! Ja ja. Aber der Tennistrainer spielt in den Erinnerungen, die mir hier gezeigt werden, eine so kleine Rolle ... Die anderen eine so große, Omer vor allem ... Und doch ... Ach, ich weiß nicht. Ich hätte es wohl sinniger gefunden, wenn Omer etwas zugestoßen wäre und sie diesen Brief an Ben oder Tamara geschrieben hätte, ich glaube ihr ja, dass der Tennistrainer eine große Rolle in ihrem Leben spielt, das sagt sie ja auch, ich spüre es nur kaum .... Innere Distanz, zum Schutz, du Trottel! ... Ist es so? Hast du das deshalb so gewählt, die Gewichtung? ... Keine Ahnung. Ich habe das jedenfalls wie eigentlich immer wahnsinnig gerne gelesen, ich liebe die Puzzlestücke, die du verstreust und wie du schreibst, so, jetzt hab ichs gesagt. Und deshalb ist es mir auch gar nicht soo wichtig, was denn da jetzt mit der Gewichtung ist, ich nehme, was ich von dir als Autor kriege und bin damit zufrieden und noch viel mehr. Daher: Danke.

(Das ist viel mehr Stimmungskommentar als alles andere, deshalb entschuldige bitte eventuelles ... Durcheinander.)

Bas

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin @Carlo Zwei,

echt ein schönes Ding, finde ich. Das hat wieder so etwas liebevolles und ich habe mich am Ende deines Textes besser gefühlt als vorher. Ist irgendwie wie so ein warmer Regen, den ich total genießen kann. ich habe kurzzeitig darüber nachgedacht, ob es nicht möglicherweise etwas kitschig ist? Aber meine Antwort darauf lautet: Nein, ist es nicht. Denke, dass das vor allem daran liegt, dass ich mit jedem Satz tiefer in diese Welt eingetaucht bin. Habe mir die Erinnerungen lebhaft vorstellen können und da lauert ja auch immer dieses Gewitter im Text, was sich dann am Ende als sehr tragisch darstellt (der arme Tennistrainer). Ich gehe im Detail auf meinen Leseeindruck ein:

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut.
Guter Einstieg, ist mal etwas anderes. Er kaut auf seinem Stück Holz rum und ich als Leser bin interessiert, was das wohl für eine Geschichte werden wird. Hat für mich gut funktioniert.

Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen.
Diesen Satz mag ich sehr gerne, besonders dieses etwas trotzige "das kann man berechnen" klingt gut in meinen Ohren. Ist ja irgendwo auch eine Charakterisierung der Prota. Ihr scheint es wichtig zu sein, dass sie die Wahrheit sagt - zumindest habe ich das so aufgefasst. Auf mich hatte das dann auch den Effekt, dass ich sie als eine glaubwürdige Erzählerin wahrgenommen habe.

Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.
Hier bin ich kurz gestolpert, mein Vorschlag wäre hier, dass du den Titel vielleicht kursiv setzt. Hab erst mal den Titel gegoogelt.

Hier werde ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.
Dieses unsichtbar werden, finde ich eine gelungene Beobachtung. Ich kenne das auch vom Zug fahren, wenn man sich mit seinem Buch oder guter Musik in seine eigene Welt begibt und die Leute um einen herum gar nicht mehr auf einen achten. Ja, mochte ich gerne.

Bis dahin wusste ich nicht, wie das ist, einen besten Freund zu haben, wie schön.
Meiner Einschätzung nach ist das "wie schön" am Ende etwas redundant, ich hätte das nicht gebraucht.

Sie liebten dich, genau wie ich.
Kleinigkeit: Müsste hier "mich" heißen, oder? Bin hier drüber gestolpert.

Alles habe ich ausgespuckt, wir haben uns ausgezogen voreinander, ohne uns jemals zu berühren. Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar.
Ich musste hier erstmal klar bekommen, weshalb der Tennistrainer hier erwähnt wird. Aber das wird ja dann später noch einmal deutlicher gemacht, dass sie ihn gut findet.

Allein im Dunkeln bist du nie gern gewesen. Du bist nie gern allein gewesen.
Sehr schön geschrieben, klingt in meinen Ohren gut.

Ich hab dich oft Stunden lang im Arm gehalten. Schöner, trauriger Junge. Du hast dich an meine Brust drückt, die Augen geschlossen. Hast gelächelt und ich hab gelächelt. Wir haben gelächelt.
Ach, wie schön. Das meinte ich oben mit dieser Sanftheit. Da steckt viel Liebe drin - das war mein Eindruck als Leser.

Es war das beste Jahr jemals. Das Gewitter aber lag schon in der Luft.
Hier wird dann das Gewitter erwähnt, was sich dann später als tatsächliches Gewitter mit furchtbaren Konsequenzen herausstellt. Finde es geschickt gemacht, wie du hier mit dem Wort Gewitter spielst.

Tamara konnte nicht loslassen, nicht verlieren, nicht nicht Tamara sein. Ich wusste, dass die Wege sich trennen, wie man so schön sagt.
Mir ist aufgefallen, dass du bei Tamara immer dieses "man" verwendest. Das finde ich sehr beeindruckend. Denn auf mich hatte das die Wirkung, dass Tamara das macht, was "man" von ihr erwartet. Sie passt sich also übermäßig an die Vorstellung von anderen Leuten an, wie die Welt sein sollte und was Erfolg bedeutet. Sehr geschickt gemacht!

Zu deinem siebzehnten hatte deine Mutter dir gesagt, dass sie besser nicht mit dir schwanger geworden wäre. Du hast sogar genickt, meintest du.
Oh, man, der Arme. Das ist dieser Kontrast, der dafür sorgt, dass die Geschichte für mich so gut funktioniert. Auf der einen Seite diese liebevolle Beziehung zwischen den beiden und auf der anderen Seite dann seine hasserfüllten Eltern.

Deine Bilder indes verkauften sich auf Facebook wie sonst was. Das hielt zwei Krebsgeschwüre nicht davon ab, sich für ihnen Sohn zu schämen. Ein Künstler, so eine Vergeudung.
Bin ganz kurz darüber gestolpert, wie sich denn Bilder auf Facebook verkaufen lassen? Ist das heutzutage so möglich? Dachte eher, dass man dafür Likes bekommt. Aber kann mir schon vorstellen, dass er das verkaufen kann, wenn er sehr viel Aufmerksamkeit bekommt. Wollte dir trotzdem diese Beobachtung dalassen.

Man werde sich das Leben schon verdienen. Man arbeite hart und nachts und sei seines eigenen Glückes Schmied. Ein stummer Applaus für Tamara, ein Lächeln, ein süßer Traum.
Hier wieder das "man", wenn es um Tamara geht.

Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer zu Asche verbrannt.
Hier ist dann das Gewitter, diese furchtbaren Nachrichten.

Der vierzehnte April war dein Einzugsdatum bei uns und so manches unbekümmertes Seelchen wird dieses Jahrhundertwetter aus den Träumen gerissen haben.
Er wird verprügelt und zieht dann zu seiner besten Freundin. Gut, dass er von seinen Eltern wegkommen kann. Auch wenn ich mir das sehr, sehr schwierig für ihn vorstelle, weil er ja eben so unterwürfig ist und sich die Schikane gefallen lässt. Mir tat er leid, als ich mir das so vorgestellt hab.

Tamara dürfte, wenn überhaupt, festgestellt haben, dass es keine Rolle spielt, was die Zeitläufe so bringen. Man gehe seinen Weg. Man verfolge ihn strammen Schrittes.
Hier wieder dieses "man", bin mir sicher, dass das mit Absicht war, oder? Finde ich sehr gelungen, muss ich sagen. Du spielst hier mit den sprachlichen Möglichkeiten, das bewundere ich.

Erzähl ihnen, ich sei gestorben, im Zug stecken geblieben, ein bengalischer Tiger, denk dir das Dramatischste aus.
Interessant, dass du hier den Tiger erwähnst. Ist das eine Anspielung auf den Roman "der weiße Tiger"? Ist ja spannenderweise auch ein Roman, der in Briefform geschrieben worden ist.

Insgesamt habe ich das sehr gerne gelesen. Mag deinen Stil und bin auf die nächste Geschichte gespannt.


Beste Grüße
MRG

 

Du bist jetzt eine Brücke für mich, ein Archiv, mein Tagebuch. Was ich in dir nicht finde, existiert für mich nicht.

Mit der Mittelmäßigkeit ist es ein Kreuz, …

schließt die Ausfahrt, auf der wir wem auch immer folgen und so ist der Satz des Matthias Claudius „wenn jemand eine Reise tut“ und keineswegs reisen „tat“, buchstäblich genommen „so kann er was erzählen“, wobei die Erzählung doppelt und dreifach ist – die des eigenen Lebens und die der örtlichen Veränderung innen und an sich auch außerhalb des Zugabteils (wobei es ja eigentlich noch mehr gibt - ein innen, vorm Abteil und außen jenseits desselben, das dann auch noch eines der vier Außen des Waggons ist, diese ). Mit der Reisezeit ändert sich nicht nur die Umgebung, sondern der – in unserm Fall sicherlich eher eine „die“ Reisende.

Aber mit der örtlichen Veränderungen lernen wir auch die seltsamste Erscheinung kennen, dessen Genitiv im „Zeitz“ verschlüsselt ist. Keiner weiß, was diese vierte Dimension mitten durch Länge, Breite, Höhe und beim Würfel alles zugleich ist,

Am ersten Tag Berufsschule „Chemielaborant“ hatte der Lehrkörper auf seinem Pult eine kleine Modelleisenbahn aufgebaut, je ein Gleis, ein Waggon und die Lok, um die Bengel (es war keine Bengelin wie in der Kaufm. Ausbildung darunter – oder war ich mal wieder blind?), zu fragen nicht so sehr, was der Genitiv von der, sondern was die „Zeit“ sei, ein seltsames Ding, dass keiner sieht und doch von „seinen Ergebnissen“ her fühlt und kennt und also wissen sollte, weil von deren Furchtbarkeit äußerlich Furchen und Narben erzählen, geschweige von den unsichtbaren unter der Schädeldecke bis ins Steißbein (und bis hinab in die Füße, mit denen wir so sicher in der Welt zu stehen und zu bewegen meinen).

Aber ist nicht das eigentliche Maß aller Dinge – eben die Mitte – mit unserm Standard des immer größer, höher, schneller und weiter verschütt gegangen, dass mit dem Hochwasser („eigentlich“ schon an der Elbe eine erste Ernüchterung hätte aufkommen müssen) und vor allem durch die Fernwirkung aus dem östlichen Mittelmeerraum, da brauchen wir gar nicht das Death Valley (vgl. hierzu Kassandra überm Death Valley) kommt (ob nun an Ahr oder Elbe, Jacke wie Hose, überall dasselbe, wie die Länder rund ums östl. Mittelmeer uns gerade in ganz anderen Variationen lehren und dass der Borkenkäfer gleich mit verschwindet ist nur ein schwacher Trost). Immerhin fährt unsere Heldin mit dem ÖPFV und nicht in der eigenen Dreckschleuder, ach, ich schwofe wieder ab,

lieber Carlo,

und sie kann deshalb einen Brief, genauer: Abschiedsbrief schreiben – mutmaßlich nach Zeitz – denn was muss einen das Holz zwischen anderen Gebissen - klingt schon fast wei Gewissen - interessieren? Ist ja keine Tierquälerei und Selbstkasteiung wird nur in öffentlicher Selbstkasteiung geahndet.

Flusenlese (zumeist erspar ich uns die Begründung)

Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das GefühlKOMMA nur die Hälfte zu verstehen.

Du trugst lange Haare und ich keine, …
Nix falsch – aber warum immer Haare im Plural, wenn das Haar – wie das Möbel – auch ohne besondere Hervorhebung getrost das einzelne wie den Schopf meinen darf ...

In dem Kino, in dem immer nur alte Streifen liefen, trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See und bezeichneten uns als romantischen Sondermüll.
Da kommt der Schüler im Chemieunterricht und später Laborant hervor.
Für mich ist das einfach Schwefelwasserstoff – auf das unsere schöne Republik mal stolz war, als der Westwind den nach Schweden rüberblies … Gelebte Solidarität!, verlager Deine Kosten ins Ausland ...

Wir kochten Spaghetti und hielten uns für erwachsen; schauten Stummfilme in Farbe und verrieten uns unsere Wünsche und Ängste.
Eine noch gerade charmante Form des kollektiven Egoimus'

Alle, außer deine[n] Eltern.

Ich hab dich oft Stunden lang im Arm gehalten.
„stundenlang“

Du hast dich an meine Brust [ge]drückt, die Augen geschlossen.

Das hielt zwei Krebsgeschwüre nicht davon ab, sich für ih[r]en Sohn zu schämen.

Vor allem aber hing Ben zu null Prozent an seinem fünfzehnjährigen Ich und trauerte dem Mädchen, das ihm damals einen Korb voll Scheiße gegeben hatte in keinster Weise nach.
Neben dem fehlenden Komma am Ende des Relativsatzes, ist das nach der Frage „haben Sie Kinder“, wo doch überhaupt erst mal nach einem vorsichtig gefragt werden sollte, der Gipfel an Kleinreden: Hab ich nur ein Kind, antwortete ich: Nee! (ohne kinderlos zu sein - gäbe es da kürzere Beine?) Aber ernstlich: Wenige als „kein“ kanns nicht geben.

Aber Omer, ob du mir glaubstKOMMA WEG! oder nicht, ich habe es gewusst.
schlicht und einfach ein einfacher (ich wollte mal dreimal hintereinander mit ein anfangen ...) Vergleich

Gleichwohl gern gelesen vom

Friedel,
der noch ein schönes Wochenende wünscht!

 

Hi @Carlo Zwei

Bevor ich auf deinen Kommentar unter meinem Text antworten, statte ich dir einen Gegenbesuch ab.
Vieles, was ich von dir lese, auch hier wieder, finde ich fein erzählt, frische Vergleiche, treffende Beschreibungen.
Ich folge dem Text, lasse mich hierhin und dorthin treiben, suche nach Zusammenhang, okay, coming-of-age, muss ja nicht alles logisch sein, eine Ich-Erzählerin, die, warum auch immer, einen (fiktiven?) Abschiedsbrief schreibt, der sich gewissermaßen als erzählerische Trick entlarvt, um eine Menge Tell unterzubringen. Andererseits handelt es sich natürlich um Gedankenfetzen.
Bas hat zurecht geschrieben, der Text erlaube, in die Carlo-Welt einzutauchen, beziehe sich auf frühere Geschichten von dir, mag auch sein, dass dieser Teil eines größeren Projekts ist. Ob er alleine funktioniert, mm, kann ich nicht abschließend beurteilen, auch nicht, ob die perspektivische Anlage so geschickt ist. (Ich-Erzähler sind doch sehr subjektiv und ein Leser muss entscheiden, ob er der Stimme folgt oder der Gedankenwirrnis ihren Lauf lässt). Wie gesagt: als Teil eines größeren Vorhabens mag ich's, aber der Erzählerin auf lange Strecke zu folgen, eher nicht.

Paar Stellen:

Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.
hübsch, nur wozu sie sich bedeckt, keine Ahnung.
Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben. Du trugst lange Haare und ich keine, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt.
auch dieser Vergleich sehr fein, nur frage ich mich dann im Nachsatz, ob die sich wirklich eine Glatze rasiert hat und wenn ja, wozu.
was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Man nennt das Minderwertigkeitskomplex.
mm, klingt sehr lehrerhaft

So hatte es etwas vom Besuch der heiligen drei Könige. Tamara war das Jesuskind und freute sich wie
der Jesus-Bezug kommt mMn sehr unvermittelt
eines. Aber nur eine Dreiviertelstunde lang, drei Stück Kuchen, die wieder im Klo landen würden. und eine Galeristin aus Frankfurt machte dir eine Art kapitalistischen Heiratsantrag. Ich glaube, nein zu sagen, war nicht die schlechteste Entscheidung, ein wichtiges Signal vielleicht sogar, und eine Ausstellung in der Schirn sprang trotzdem heraus.
Ich wohne ja nicht weit von Frankfurt und kenne die Schirn. Die würden niemals einem 18-Jährigen (oder ähnliches Alter) eine Ausstellung widmen, never
Komm niemals her! Du würdest mich bereits nach kurzem Suchen finden. Bleib, wo du bist, wenn du jemals mein Freund St. Omer warst. Erzähl ihnen, ich sei gestorben, im Zug stecken geblieben, ein bengalischer Tiger, denk dir das Dramatischste aus.
St. Omer, warum dieser Name? und was macht sie in Indien, warum haut sie ab?

Liebe Lazy-Afternoon-Grüße #
Isegrims

 

Hey @Bas ,

vielen Dank für deinen Kommentar. Fand es super spannend, deinen Gedanken zu folgen und wie immer danke für die wertschätzende Art.

Ich hatte nämlich das Gefühl, das alles hier nicht zum ersten Mal mitzuerleben, ich habe dann in Zeitz reingelesen und in Twiggy und in Hier beginnt es und ... Hab es dann wieder bleiben lassen und mich auf diesen Text hier konzentriert.

Das meinte die beste Testleserin von allen auch. Ist auch in einem Rutsch mit Zeitz und noch ein zwei anderen Stories entstanden und knüpft für mich an die Golan-Story an, die ich mal vor ein paar Jahren geschrieben habe. Sollte aber schon in sich geschlossen sein. Freut mich jedenfalls, dass das für dich nix Schlechtes ist. Die Stories sind sich dadurch natürlich auch ähnlich, denke ich. Und ich kann mir auch vorstellen, dass das, wie in deinem Fall, den Leseeindruck beeinflusst.

Text-Details zu merken, vielleicht ist das auch total offensichtlich, dass die Erzählerin hier Twiggy ist oder sonst wer, aber ich mag das sehr

hehe. Nee Twiggy ist das nicht. Es ist an sich schon eine eigenstände Figur. Aber sie hat was von anderen Figuren.

Aber auch von meiner Gänsehaut, davon hatte ich nämlich jede Menge. Meistens dann, wenn man die Verbindung der beiden spürte, die Liebe in ihren Worten bzw. Erinnerungen.

Oha, das freut mich. Danke dir.

Weil sie eine innere Distanz zu ihm aufgebaut hat, würde der Literaturwissenschaftler jetzt vielleicht antworten, aber hm, keine Ahnung, warum nicht einfach "ihn"?

Guter @Isegrims ich verlinke dich schon mal hier, weil ich finde, dass das auch Fragen aus deinem Kommentar (Tausend Dank!) aufgreift. Viele Grüße.

Ich hab darüber nachgedacht. Zuerst fand ich: Bas hat recht. Ist doch kein Problem; setzt du eben noch zwei Absätze dazu.
Zumal ein Schreibkollege das ähnlich formuliert hat und MRG, glaube ich, auch.
Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr ist es ja wirklich die Distanz, die hier (vielleicht noch zu fadenscheinig) zum Ausdruck kommt. Es geht ja auch in diesen letzten Passagen plötzlich um absurde Nachrichten, die sich häufen. Die Realität verliert sich ein wenig, die Geschichte und mit ihr die Erzählerin schwankt in ihrer Glaubwürdigkeit. Ich meine: Tennistrainer vom Blitze getroffen. Das ist doch eigentlich schon ein bisschen krass. Oder?
Die Frage ist dann nur: Warum erzählt sie überhaupt von dem? Ich glaube (so ganz genau weiß man das ja nie), mir geht es in dieser Story um Entfremdung. Ostdeutsche (mittelgroße) Stadt versus Anantapur (das jetzt auch nicht unbedingt jeder kennt). Ein halbwegs wahlloser Ort in einem für die Hesse-mäßige Selbstfindung nicht ganz so wahllosen Indien. Liebe vom Blitz getroffen. Freunde, die irgendwie nur Masken sind. Und Omer als Gegenbild. Nicht absolut, aber schon ein klares Gegenbild. Da gibt es eine gemeinsame Geschichte, da gibt es Liebe und Freundschaft. Das ist die Erinnerung, die sie festhält. Deswegen ist ihr das wichtig, wird aber von dieser fast kühlen Anekdote vom Tennistrainer gerahmt. Warum ist sie dann eigentlich weggefahren, ausgebüchst, kann man sich fragen. Meine Antwort: weil das von Anfang an ihr Plan war und die Sache mit dem Tennistrainer nur das Zünglein an der Waage. Das sind Biografien, die ich einfach so kenne. Leute, die abhauen, weil sie etwas suchen, weil da etwas nicht genug ist etc. Naheliegend wäre es wohl, zu bleiben, glücklich zu sein. Aber Glück ist nicht der Plan. Da gibt es für viele Wichtigeres; ist meine Wahrnehmung.

Danke dir, Bas! Freue mich immer, dich zu lesen.


Lieber @MRG ,

auch über deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Irgendwie komme ich immer in Versuchung, dir zu schreiben, dass ich mich freue, wie lange du jetzt schon dabei bist und dass es immer Austausch gibt und ... Danke dir!

Ist irgendwie wie so ein warmer Regen, den ich total genießen kann.

das freut mich sehr :herz:

kurzzeitig darüber nachgedacht, ob es nicht möglicherweise etwas kitschig ist?

na hömma! :lol: Dieses Wort ist Mückensummen in meinen Ohren. Aber finde ich einen super spannenden Leseeindruck. Auch wenn ich froh bin, dass du zu dem Schluss gekommen bist, dass es das zumindest für dich nicht ist.

Nein, ist es nicht. Denke, dass das vor allem daran liegt, dass ich mit jedem Satz tiefer in diese Welt eingetaucht bin.

Puh. Nochmal Glück gehabt:Pfeif:

der arme Tennistrainer
Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer zu Asche verbrannt.
Hier ist dann das Gewitter, diese furchtbaren Nachrichten.

finde ich sehr empathisch, dass du da so reagierst. Ich habe dazu was an Bas geschrieben (Der Absatz, wo auch Isegrims verlinkt ist).
Weil diese Empathieleistung (von dir als Leser) ist, finde ich, hier gar nicht selbstverständlich. Immerhin wird das Thema ja schon mit einiger Distanz ausgebreitet.

Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen.
Diesen Satz mag ich sehr gerne, besonders dieses etwas trotzige "das kann man berechnen" klingt gut in meinen Ohren. Ist ja irgendwo auch eine Charakterisierung der Prota. Ihr scheint es wichtig zu sein, dass sie die Wahrheit sagt - zumindest habe ich das so aufgefasst. Auf mich hatte das dann auch den Effekt, dass ich sie als eine glaubwürdige Erzählerin wahrgenommen habe.

danke für das Lob. Mir gefällt aber vor allem die Argumentation dahinter. Stark, wie du das aufdröselst. Vieles läuft ja beim Schreiben auch einfach unbewusst ab. Ein Erzählton passt dann eben und ja, das hat auch für mich viel mit Glaubwürdigkeit zu tun. Deswegen freue ich mich darüber, was du schreibst.

Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.
Hier bin ich kurz gestolpert, mein Vorschlag wäre hier, dass du den Titel vielleicht kursiv setzt. Hab erst mal den Titel gegoogelt.

In der Übersetzung heißt das Buch "Der zunehmende Mond". Dadurch dass der Artikel fehlt, ist es ja in den Satz eingebunden. Das war die Idee.

Dieses unsichtbar werden, finde ich eine gelungene Beobachtung. Ich kenne das auch vom Zug fahren, wenn man sich mit seinem Buch oder guter Musik in seine eigene Welt begibt und die Leute um einen herum gar nicht mehr auf einen achten. Ja, mochte ich gerne.

Cool. Danke dir!

Bis dahin wusste ich nicht, wie das ist, einen besten Freund zu haben, wie schön.
Meiner Einschätzung nach ist das "wie schön" am Ende etwas redundant, ich hätte das nicht gebraucht.

Ja, vielleicht fliegt das raus. Ich fand das nur als Nachsatz wegen der Fokussierung auf dieses 'wie schön' gut.

Sie liebten dich, genau wie ich.
Kleinigkeit: Müsste hier "mich" heißen, oder? Bin hier drüber gestolpert.

Was ich sagen will, ist, dass die Eltern ihn lieben genau wie ich (Ari, die Erzählerin). Also im Grunde ein ..., genau wie ich (dich liebe).

Mir ist aufgefallen, dass du bei Tamara immer dieses "man" verwendest.

Danke. Ja, ist jetzt nicht völlig neu, so etwas in einer indirekten persönlichen Rede zu schreiben, aber ich finde das passt zu Tamara. Du hast das ja sehr gut analysiert. Ich finde, das hat so etwas Generalisierendes, Überpersönliches, Rezepthaftes. Aber ja, du hast es, finde ich, treffend analysiert.

Bin ganz kurz darüber gestolpert, wie sich denn Bilder auf Facebook verkaufen lassen? Ist das heutzutage so möglich? Dachte eher, dass man dafür Likes bekommt. Aber kann mir schon vorstellen, dass er das verkaufen kann, wenn er sehr viel Aufmerksamkeit bekommt. Wollte dir trotzdem diese Beobachtung dalassen.

Stimmt, das ist verkürzt. Diese Sache mit den Bildern ist ein biografisches (nicht autobiografisches) Detail. Das ist nicht wirklich logisch. Es geht darum, dass (Privat-)Leute die Bilder auf Facebook entdecken und Kaufanfragen schicken, weil die Bilder so damn gut sind (in der Zeit, in der diese Story angesiedelt ist, ist Insta noch nicht so populär in Deutschland). Aber klar, das erschließt sich nicht. Vielleicht kann ich da nochmal dran rumdeichseln. Danke für den Hinweis!

Er wird verprügelt und zieht dann zu seiner besten Freundin. Gut, dass er von seinen Eltern wegkommen kann. Auch wenn ich mir das sehr, sehr schwierig für ihn vorstelle, weil er ja eben so unterwürfig ist und sich die Schikane gefallen lässt. Mir tat er leid, als ich mir das so vorgestellt hab.

Empathisch. Ja, das ist hart.

Interessant, dass du hier den Tiger erwähnst. Ist das eine Anspielung auf den Roman "der weiße Tiger"? Ist ja spannenderweise auch ein Roman, der in Briefform geschrieben worden ist.

Habe ich tatsächlich gelesen, also vielleicht. Es ist ja ein bisschen auch so etwas wie ein Klischee. Und sie sagt, er solle sich was Dramatisches ausdenken. Klar, ein bengalischer Tiger in Indien, passt. Im übertragenen Sinn ist es das Gegenteil von dem, was wirklich geschieht: Eine unaufgeregte Zugpanne vor Anantapur.

Insgesamt habe ich das sehr gerne gelesen. Mag deinen Stil und bin auf die nächste Geschichte gespannt.

Dankeschön. Das freut mich und ich versuche zu liefern :D

Lieben Gruß
Carlo

 

Guter @Friedrichard ,

schließt die Ausfahrt, auf der wir wem auch immer folgen und so ist der Satz des Matthias Claudius „wenn jemand eine Reise tut“ und keineswegs reisen „tat“, buchstäblich genommen „so kann er was erzählen“, wobei die Erzählung doppelt und dreifach ist – die des eigenen Lebens und die der örtlichen Veränderung innen und an sich auch außerhalb des Zugabteils (wobei es ja eigentlich noch mehr gibt - ein innen, vorm Abteil und außen jenseits desselben, das dann auch noch eines der vier Außen des Waggons ist, diese ).

Danke. Das ist wirklich schön gesagt/assoziiert. Die Reise geht weiter. @Isegrims hat das als Trick bezeichnet (bääh!!). Ist es auch. Aber nicht im schlechten Sinn, finde ich. Klar ist das dazwischen viel Tell. Aber nicht das billige Tell, da gibt es schon Unterschiede. Deswegen würde ich es auch nicht Trick, sondern Stilmittel nennen. Unser täglich Brot zwischen Idee und Leser:innen.

weil von deren Furchtbarkeit äußerlich Furchen und Narben erzählen

:gelb: Ein großes JA

geschweige von den unsichtbaren unter der Schädeldecke bis ins Steißbein

Wo ich an die guten alten Soziologen und Soziologinnen denke. Butler, Goffman, Bourdieu (der ins Gesicht gemeißelte Stress eines arbeitsreichen Lebens; die faltenlose Leichtigkeit des Geldes)

eben die Mitte

Noch ein JA. Dieses Thema ist schwer zu beackern. Aber es ist schon mein Thema irgendwie. Es ist ein Anti-Thema.

Abschiedsbrief schreiben – mutmaßlich nach Zeitz –

Ja, die Richtung stimmt. Der Text ist aus einer produktiven Phase im Januar bis April entstanden. Auch der kursiert um diesen Zeitz-Kosmos. Die Figuren sind aber eigenständig.

Nix falsch – aber warum immer Haare im Plural, wenn das Haar – wie das Möbel – auch ohne besondere Hervorhebung getrost das einzelne wie den Schopf meinen darf ...

Ich finde 'Haar' klingt ein wenig altbacken. "Baby schüttel dein Haar für mich!"
Solche kleinen Makel in der Sprache gehören dazu. Oder nich?

Für mich ist das einfach Schwefelwasserstoff

Glaube, das werde ich so übernehmen. Ist etwas geerdeter als "Wasserstoffsulfid" und passt mehr zu meiner Vorstellung von der Erzählerin.

Wir kochten Spaghetti und hielten uns für erwachsen; schauten Stummfilme in Farbe und verrieten uns unsere Wünsche und Ängste.
Eine noch gerade charmante Form des kollektiven Egoimus'

hehe. Ich entnehme dem, dass das für dich durchgeht.
Alle, außer deine[n] Eltern.

vertraue ich dir mal und übernehme es. In meinem Ohr könnte es beides sein.

Ich hab dich oft Stunden lang im Arm gehalten.
„stundenlang“

danke

Du hast dich an meine Brust [ge]drückt, die Augen geschlossen.
Das hielt zwei Krebsgeschwüre nicht davon ab, sich für ih[r]en Sohn zu schämen.
Vor allem aber hing Ben zu null Prozent an seinem fünfzehnjährigen Ich und trauerte dem Mädchen, das ihm damals einen Korb voll Scheiße gegeben hatte in keinster Weise nach.

zu den ersten beiden Ungereimtheiten: Wie konnte das passieren? Ich habe den Text wirklich oft Korrekturgelesen. Tausend Dank!

Zum dritten:

Neben dem fehlenden Komma am Ende des Relativsatzes, ist das nach der Frage „haben Sie Kinder“, wo doch überhaupt erst mal nach einem vorsichtig gefragt werden sollte, der Gipfel an Kleinreden: Hab ich nur ein Kind, antwortete ich: Nee! (ohne kinderlos zu sein - gäbe es da kürzere Beine?) Aber ernstlich: Wenige als „kein“ kanns nicht geben.

hehe, ja, da klingelts bei mir. Habe ich angepasst.

Aber Omer, ob du mir glaubstKOMMA WEG! oder nicht, ich habe es gewusst.

ups.

Danke, Friedl, für deine Gedanken zum Text und das Flusenlesen :gelb:

Viele und gute Grüße
Carlo


---


Lieber @Isegrims ,

danke für deinen Besuch; schön, dich hier mal wieder anzutreffen. Ich klopfe deine Punkte mal einen nach dem anderen ab.

Danke erstmal für das Lob zum Einstieg. Das ist immer Balsam. Zum erzählerischen Trick habe ich bei Friedrichard schon etwas geschrieben und dich auch dort verlinkt. Ich sehe das halt wirklich als einen (recht freien) Brief. Gedankenfetzen wäre für mich unabhängig einer solchen Form. Aber ja, es stimmt, auch so ein Brief kann natürlich was von Gedankenfetzen haben.
Die Grundsatzkritik an der Ich-Form verstehe ich, um ehrlich zu sein, nicht wirklich. Finde aber natürlich okay, wenn jemand sagt: für mich bitte nur dritte Person. Choose your weapon, oder?
Teil eines größeren Vorhabens ist das nicht wirklich. Es gibt Verbindungen zu anderen Stories, ja, aber davon ist der Text eigentlich nicht abhängig. Ich kann es mir aber auch als leicht verknüpfter Storyzyklus vorstellen, so wie das, finde ich, Ingo Schulze meisterlich drauf hat.

Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.
hübsch, nur wozu sie sich bedeckt, keine Ahnung.

Um ihr Weißsein zu verbergen. Warum sie das nun genau tut, steht nicht da, aber Deutungsmöglichkeiten gibt es sicher genug. Es ist für mich erstmal ein Stück verdichteter Charakterisierung.

Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben. Du trugst lange Haare und ich keine, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt.
auch dieser Vergleich sehr fein, nur frage ich mich dann im Nachsatz, ob die sich wirklich eine Glatze rasiert hat und wenn ja, wozu.

Danke dir. Naja, "keine Haare" heißt mindestens kurz geraspelt und so habe ich sie mir vorgestellt.

was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Man nennt das Minderwertigkeitskomplex.
mm, klingt sehr lehrerhaft

Ja, verstehe ich. Aber im Kontext? Finde ich nämlich eben nicht. Omer bedeutet ihr ziemlich was. Und in dieser Aussage steckt für mich ein "wir haben darüber geredet und du solltest dir deswegen professionelle Hilfe holen" – steht da natürlich nicht, aber mir reicht das so verdichtet. Und das, was ich jetzt in Anführungszeichen gesetzt habe, finde ich zwischen Freunden völlig legitim.

eines. Aber nur eine Dreiviertelstunde lang, drei Stück Kuchen, die wieder im Klo landen würden. und eine Galeristin aus Frankfurt machte dir eine Art kapitalistischen Heiratsantrag. Ich glaube, nein zu sagen, war nicht die schlechteste Entscheidung, ein wichtiges Signal vielleicht sogar, und eine Ausstellung in der Schirn sprang trotzdem heraus.
Ich wohne ja nicht weit von Frankfurt und kenne die Schirn. Die würden niemals einem 18-Jährigen (oder ähnliches Alter) eine Ausstellung widmen, never

hehe, ja, das glaube ich. Ist tatsächlich witzigerweise ein biografisches Detail, dass ich mir da geklaut habe. Nicht 18, aber Anfang zwanzig :Pfeif:
(nicht autobiografisch! Schön wär's ..)

Danke dir, Isegrims. Habe deine Perspektive auf den Text gerne gelesen.

Lieben Gruß
Carlo

 

Keine Panik,

lieber Carlo,

zu der Frage

zu den ersten beiden Ungereimtheiten: Wie konnte das passieren? Ich habe den Text wirklich oft Korrekturgelesen. Tausend Dank!
das passiert/widerfährt jedem, selbst Mathematikern, denen auf einmal - ich übertreib jetzt als Satiriker - 1 + 1 drei wird (man darf doch wohl noch seine Meinung sagen - wie in den Anfängen dieser seltsamen Bewegung ... ja, wie sollte man die nennen, die hierzulande einen Multimilliardär in seiner eigenen Welt zum Kanzler wählten (als Präsident hätt er ja hier nur Repräsentationsunfug anstellen können). Ach ja, da fällt mir die "Bertelsmannstiftung" ein, die kurz vor der Pandemie empfahl ... ja, 1/3 der Krankenhausbetten wegen Unrentabilatäteretä einzusparen - und gleich Schwestern und Brüder, als Bediener der Betten mit.

So kluge Leute bestimmen unser Leben! Die einen zu blöd und die andern überQUALifiziert. Wahrscheinlich kennen die noch den Cournotschen Punkt: Der mathematische Punkt, bei dem aus allen Kosten/Nutzen (sprich: Ertrag) Verhältnissen der maximale Gewinn rausspringt.

Jeder hat seinen blinden Fleck. Und iregendwann sieht man den Fehler nicht mehr (im Dutzend vllt.).

Tschüss und kein Grund, zu verzweifeln!

Friedel

 

Lieber @Carlo Zwei

ich versuche mal, den Punkt etwas genauer zu fassen. Vorausschicken möchte ich aber, dass es mMn keine letztgültigen Erzählregeln gibt, dass ,manches bei dem einen funktioniert, bei dem anderen nicht, was dann auch mit dem ureigenen Stil zusammenhängen mag.

Zum erzählerischen Trick habe ich bei Friedrichard schon etwas geschrieben und dich auch dort verlinkt. Ich sehe das halt wirklich als einen (recht freien) Brief. Gedankenfetzen wäre für mich unabhängig einer solchen Form. Aber ja, es stimmt, auch so ein Brief kann natürlich was von Gedankenfetzen haben.
Weil du das irgendwo geschrieben hast: Trick ist ja schon ein Wort, das man so oder so auffassen kann. Da jeder, der eine Geschichte, ein Thema bewusst bestmöglich transportieren will, mit Techniken arbeitet, die er für geeignet hält, ob bewusst oder unbewusst, finde ich die Verwendung solcher Techniken (Tricks) nicht verwerflich und wie du es in deinem Text angelegt hast, funktioniert ja auch über weite Strecken.
Wenn ich mir vorstelle, wie ich selbst denke, und vermutlich viele andere auch, dann entdecke ich Asymmetrie, wenig Handlungsstränge, die erzählerisch zu Ende gebracht werden. Dazwischen findet sich Profanes, Sinneseindrücke, Absurdes, Praktisches, ein Wirrwarr.
Die Grundsatzkritik an der Ich-Form verstehe ich, um ehrlich zu sein, nicht wirklich.
und da bin ich dann bei der Ich-Perspektive; wenn man die durchhält finde ich es nach meinem derzeitigen Erfahrungsstand nötig, Chaos zu erzeugen, die Logik zu durchbrechen. Was bei einer personalen Perspektive nicht nötig ist. Deshalb habe ich mich bei deinem Text gefragt, wie er mit einer anderen Perspektive funktionieren würde. Das wollte ich ausdrücken.

So: und demnächst schaue ich mir dann an, wie das mit den russischen Fischbezeichnungen klingt.

viele Grüße nach Anantapur
Isegrims

 

Hey Freatle,

danke, dass du nochmal beruhigst :-)

das passiert/widerfährt jedem, selbst Mathematikern, denen auf einmal - ich übertreib jetzt als Satiriker - 1 + 1 drei wird (man darf doch wohl noch seine Meinung sagen

das sag ich jetzt immer, wenn du oder jemand anderes einen Fehler findet ..

da fällt mir die "Bertelsmannstiftung" ein, die kurz vor der Pandemie empfahl ... ja, 1/3 der Krankenhausbetten wegen Unrentabilatäteretä einzusparen

ich würde gerne grinsen. Okay, es geht. Aber eigentlich ist das schon bitter.

überQUA

überQUEstionabilisiert


Ach, ich hab mich nur gewundert, weil der Text echt schon etwas länger lag (fast ein halbes Jahr, wie gesagt)

Viele Grüße


----


Hey @Isegrims ,

danke auch dir, dass du extra nochmal erklärst. Das war nochmal aufschlussreich für mich.

Weil du das irgendwo geschrieben hast: Trick ist ja schon ein Wort, das man so oder so auffassen kann. Da jeder, der eine Geschichte, ein Thema bewusst bestmöglich transportieren will, mit Techniken arbeitet, die er für geeignet hält, ob bewusst oder unbewusst, finde ich die Verwendung solcher Techniken (Tricks) nicht verwerflich und wie du es in deinem Text angelegt hast, funktioniert ja auch über weite Strecken.
Wenn ich mir vorstelle, wie ich selbst denke, und vermutlich viele andere auch, dann entdecke ich Asymmetrie, wenig Handlungsstränge, die erzählerisch zu Ende gebracht werden. Dazwischen findet sich Profanes, Sinneseindrücke, Absurdes, Praktisches, ein Wirrwarr.

Da ist was dran. Es ist ja auch so, dass auch bei so etwas wie Rollenprosa immer wieder geklagt wird: sind diese Gedanken dann nicht doch zu geordnet? Wird das der Erzählposition gerecht?
Es wird dort immer diesen Moment geben, der einen Text als geschrieben/komponiert entlarvt (wenn du das meinst). Das hat man natürlich auch bei personalen Perspektiven, nur dass da kein Hehl draus gemacht wird. Aber dir ging es ja auch um dieses Mehr an Chaos, wenn ich dich richtig verstehe. Da besteht schon ein Unterschied. Das sehe ich auch so. Bei einem Er/Sie-Erzähler sieht man dem Erzähler ja auch immer ein Stück weit über die Schulter. Er soll halbwegs ordentlich sein, man möchte ja nicht einer Knalltüte seine Aufmerksamkeit schenken. Das fällt mir immer bei Daniel Kehlmann auf. Ich habe das Gefühl von einem beredten Universalisten feuilletonhaft unterhalten zu werden. Bei ihm gefällt mir das sehr und auch sonst lese ich gerne dritte Person. Der hat zum Teil so unsympathische Figuren, dass dem die dritte Person die nötige Distanz verleiht, finde ich. Der Ich-Erzähler geht dafür eine besondere Verbindung mit dem Autoren ein. In der Fiktion verschmelzen beide manchmal. Und so kann es gelingen, einen ganz persönlichen, intimen Zugang zu einer Figur (aus ihrem Kopf, wie man so sagt) zu schaffen. Das regt ein besonderes Verstehen an, ich habe die Möglichkeit, einer Figur ganz nah zu kommen. Deswegen mag ich diese Erzählposition so sehr.

Die Grundsatzkritik an der Ich-Form verstehe ich, um ehrlich zu sein, nicht wirklich.
und da bin ich dann bei der Ich-Perspektive; wenn man die durchhält finde ich es nach meinem derzeitigen Erfahrungsstand nötig, Chaos zu erzeugen, die Logik zu durchbrechen. Was bei einer personalen Perspektive nicht nötig ist. Deshalb habe ich mich bei deinem Text gefragt, wie er mit einer anderen Perspektive funktionieren würde. Das wollte ich ausdrücken.

Das ist eine coole Frage. Ich habe immer ein bisschen Angst, dann zu viel Distanz zu bekommen. Aber wenn man drauf achtet, passiert das sicher nicht. Wie gesagt, ich weiß, weshalb ich aus der Ich-Position schreibe, deswegen ist die Vorstellung zwar interessant, die Sache an sich aber keine Option für mich. Ich glaube, meins ist eher die Ich-Perspektive, wenn man das so sagen kann. Deswegen müsste das jemand anderes schreiben :D Aber sehen würde ich das Ergebnis sehr gerne.
Ich denke, es wäre jetzt nicht so sehr etwas anderes. Die personale Erzählperspektive ist für mich im Grund nur wenig etwas anderes als ein Ich-Erzähler. Nur etwas mehr Distanz.

Naja, mein Kopf raucht ein bisschen.
Hab nen schönen Abend und danke fürs nochmalige Vorbeischauen!
Carlo

 

Lieber @Carlo Zwei ,

Wenn man sich konzentriert, dann braucht alles ein bisschen länger.
Das trifft recht gut meinen Zustand beim Lesen deiner Geschichte, denn ich musste mich wirklich sehr konzentrieren, um alles mitzubekommen und war mir am Ende nicht sicher, ob es geklappt hat.
Ari, die Briefeschreiberin, wirkt auf mich auf eine Art stachelig, unnahbar, fast betont spröde in ihrem Versuch, sich und ihre Freunde unters Mikroskop zu legen. Sie wirkt verletzt, auch verletzend, irgendwie verloren da in der Ferne und am Ende habe ich das Gefühl, der Brief ist eine inständige Bitte an ihn zu kommen, was mir gefallen würde und schön mit dem harten Satz zu Beginn kontrastiert:
"Wir werden uns nie wieder sehen."
Manchmal finde ich ihre Ausdrucksweise wunderschön und originell, manchmal rutscht es für mich ins zu betont Originelle, dann nervt es mich.

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut.
Toller Anfang.
Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas.
Auch wunderschön.
Du trugst lange Haare und ich keine, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt.
Klingt so, als hätte sie Glatze gehabt. Vielleicht eher "und ich nicht"? Und den Satz nach dem Semikolon finde ich irgendwie merkwürdig. Sie hielt sich selbst für angepasst?
Wie verstört du warst. Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen, weil du dich so geschämt, es aber nicht ertragen hast, auch nur ein Mal ein kleines Geheimnis ganz allein für dich zu behalten.
Schön.
Die Zeit des inneren Dornröschenschlafes, in dem sich unser schönes und hässliches Städtchen befand, und wir uns mit ihm, beendete unsere Freundschaft nicht. Im Gegenteil glaube ich, dass wir noch tiefer schliefen, weil es sich zu zweit so schön träumen ließ.
"inneren" könnte auch weg. Ich verstehe das so, dass sie in so einem verschlafenen Nest aufwachsen, aber nicht so daran leiden, weil sie eben ihre Freundschaft haben.
Allein im Dunkeln bist du nie gern gewesen. Du bist nie gern allein gewesen. Immer mussten andere dir zeigen, was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Man nennt das Minderwertigkeitskomplex. Davon hattest du immer zwei Schippen zu viel, nichts was man gesunde Demut hätte nennen können.
Auch wenn die meisten dich für ein Großmaul hielten, das verrate ich dir mal im Vertrauen, haben sie dich auch bewundert wie einen Youtube-Star.
Das Bild von ihm ist für mich irgendwie verzerrt. Unterwürfig gegenüber seinen Eltern, zugleich großmäulig und auf Anerkennung von außen angewiesen. Insgesamt finde ich ja, dass da in den Charakterisierungen, die sie da raushaut immer sehr viel Tell steckt. Sie behauptet und psychologisiert viel.
Für dich eine Vaterfigur, für mich der Beweis, dass ich scheinbar doch in der Lage war, Freundschaften zu schließen, und das mit uns nicht einfach nur ein mehr oder weniger glücklicher Zufall war. Richtig Freunde haben. Mit sechzehn, wir waren wirklich spät dran.
Auch hier. Trotzdem ein eigenwilliger Gedanke, dass mit dem Beweis.
Das Gewitter aber lag schon in der Luft.
Tja. Das Gewitter. Ist das eventuell irgendwie metaphorisch gemeint? Also dieser Tennislehrer kommt da immer mal wie Klaus aus der Kiste und am Ende wird er vom Blitz erschlagen. Da ist sie so emotionslos, dass sie für mich zur Kunstfigur wird.
Du hattest sie gemalt, aber es war eines deiner schlechtesten Bilder. Ben schenkte ihr einen goldenen Kuli und ich ihr ein Buch über Entspannungstechniken. So hatte es etwas vom Besuch der heiligen drei Könige.
Das gefällt mir wieder sehr.
Zu deinem siebzehnten hatte deine Mutter dir gesagt, dass sie besser nicht mit dir schwanger geworden wäre. Du hast sogar genickt, meintest du.
Die Eltern sind etwas clichéhaft, finde ich, so durchgängig böse.
Ben für seinen Teil hat sich aufgelöst wie eine Aspirintablette.
:D
ei mir nicht böse, aber er ist dir nur ein Vater gewesen, weil das die einzige Rolle ist, bei der man im Grunde bei sich selbst bleibt.
Steile These. Das mit der Vaterrolle ist zum Beispiel so etwas, was durch gar nichts weiter belegt ist, nur behauptet wird.
Das hielt zwei Krebsgeschwüre nicht davon ab, sich für ihnen Sohn zu schämen. Ein Künstler, so eine Vergeudung. Doch wenigstens fiel dir auf, dass deine Mutter einmal erwähnt hatte, sie habe Glasmalerin werden wollen, bevor deine Fruchtblase und damit ihr Traum geplatzt sei.
Ja, die Eltern sind schon recht flache Charaktere, oder das pubertäre Bild von ihnen. Schön, die Kombination von Glasmalerin, Fruchtblase und geplatztem Traum. Ich sehe einen Embryo hinter bemaltem Glas.
Wie sonst auch zog Ben es vor, vor uns in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen.
Ja, sehr viel tell, zwischendurch verliere ich etwas die Lust.
Tamara ging vollständig in der Freude darüber auf, Teil von etwas zu sein.
Dito, alles Behauptungen, obwohl ich verstehe, was sie meint.
Es war das Wunder, auf das niemand gewartet hatte. Blitzkaskaden färbten den Himmel, Fensterscheiben platzten und wir hörten unsere Stimmen nicht mehr. Ich dachte nicht an dich, Omer, nicht an Ben oder Tamara. In meinem Kopf schlug jemand Tennisbälle. Weiß und feucht. Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer zu Asche verbrannt. Aber Omer, ob du mir glaubst, oder nicht, ich habe es gewusst.
Weiß und feucht. Jetzt mal ehrlich. Was will sie mir damit sagen?
Während ich dort stand und auf meinen Blitz wartete, verprügelte dich dein Vater. Dass du endlich rauskommst, Schmarotzer.
Ich glaube, dieses betont Lapidare, das wird mir irgendwann zuviel.

Der Mann kaut wieder auf seinem Stück Holz. Auch ich habe Appetit bekommen.
Igitt. Klasse. :D
Mit der Mittelmäßigkeit ist es ein Kreuz, das sage ich dir, und das schleppe ich jetzt woanders mit mir herum. Nur um eines will ich dich noch bitten: Komm niemals her! Du würdest mich bereits nach kurzem Suchen finden. Bleib, wo du bist, wenn du jemals mein Freund St. Omer warst. Erzähl ihnen, ich sei gestorben, im Zug stecken geblieben, ein bengalischer Tiger, denk dir das Dramatischste aus.
Ja, ist es das, was dahinter scheint? Etwas Besonderes sein wollen, bloß nicht angepasst, bloß nicht wie alle anderen vom Dorf, lieber vom Tiger gefressen?
Deine Protagonistin lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück Hier und da klingelt etwas von der Zeit der Pubertät, da blitzt etwas Wahres auf, auch in der Art, wie sie glaubt, schon alles kapiert zu haben und andererseits fühle ich mich so auf Abstand gehalten, dass ich mich frage, wieso soll ich mich für sie interessieren? Und was soll der Tennislehrer da drin?

Soweit mein Eindruck, lieber Carlo!

Liebe Grüße von Chutney

 

Liebe @Chutney ,

danke für deine Auseinandersetzung mit dem Text und dieser Protagonistin. Für mich gerade ein wichtiges Feedback, weil es nochmal Sachen aufgreift, die auch Isegrims genannt hat.

Ari, die Briefeschreiberin, wirkt auf mich auf eine Art stachelig, unnahbar, fast betont spröde in ihrem Versuch, sich und ihre Freunde unters Mikroskop zu legen. Sie wirkt verletzt, auch verletzend, irgendwie verloren da in der Ferne und am Ende habe ich das Gefühl, der Brief ist eine inständige Bitte an ihn zu kommen, was mir gefallen würde und schön mit dem harten Satz zu Beginn kontrastiert:

Ja, das mit der Bitte kann man so lesen. Ich finde auch, dass du sie gut beschreibst. Und irgendwie merke ich dadurch auch gleich, was das nervige daran ist :lol:

Manchmal finde ich ihre Ausdrucksweise wunderschön und originell, manchmal rutscht es für mich ins zu betont Originelle, dann nervt es mich.

Ja, checke ich.

Du trugst lange Haare und ich keine, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt.
Klingt so, als hätte sie Glatze gehabt.

Das meinte Ise auch. Werde ich wohl wirklich nochmal drüber müssen, wenn da schon zwei von fünf Kommentierenden drüber stolpern.

Die Zeit des inneren Dornröschenschlafes, in dem sich unser schönes und hässliches Städtchen befand, und wir uns mit ihm, beendete unsere Freundschaft nicht. Im Gegenteil glaube ich, dass wir noch tiefer schliefen, weil es sich zu zweit so schön träumen ließ.
"inneren" könnte auch weg.

Ich finde das nochmal präzisierend und ein schönes Adjektiv. Aber ja, denke ich nochmal drüber nach, lass ich erstmal noch wirken.

Allein im Dunkeln bist du nie gern gewesen. Du bist nie gern allein gewesen. Immer mussten andere dir zeigen, was dein Wert ist, weil du dir selbst nicht geglaubt hast. Man nennt das Minderwertigkeitskomplex. Davon hattest du immer zwei Schippen zu viel, nichts was man gesunde Demut hätte nennen können.
Auch wenn die meisten dich für ein Großmaul hielten, das verrate ich dir mal im Vertrauen, haben sie dich auch bewundert wie einen Youtube-Star.
Das Bild von ihm ist für mich irgendwie verzerrt.

Das verstehe ich auch. Vielleicht ist dieser zweite Satz, den du zitiert hast, auch wirklich problematisch. Vielleicht lässt sich das dadurch schon beheben. Teste ich nochmal aus.

Das Gewitter aber lag schon in der Luft.
Tja. Das Gewitter. Ist das eventuell irgendwie metaphorisch gemeint? Also dieser Tennislehrer kommt da immer mal wie Klaus aus der Kiste und am Ende wird er vom Blitz erschlagen. Da ist sie so emotionslos, dass sie für mich zur Kunstfigur wird.

wie Klaus aus der Kiste hehhe. Also je nachdem wie du das mit der Kunstfigur meinst. Ich finde das ein Stück weit schon okay. Also dass man so ein Ereignis auch infrage stellen kann. Das dieses Authentitäts-Konstrukt wackelt zwischendurch, wenn es bewusst eingesetzt ist. Vielleicht ist das mein später Tribut an Decadence (wie auch immer), der sich durch wirklich einige Texte zieht.

Zu deinem siebzehnten hatte deine Mutter dir gesagt, dass sie besser nicht mit dir schwanger geworden wäre. Du hast sogar genickt, meintest du.
Die Eltern sind etwas clichéhaft, finde ich, so durchgängig böse.

Ja, da gebe ich dir schon recht.

Wie sonst auch zog Ben es vor, vor uns in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen.
Ja, sehr viel tell, zwischendurch verliere ich etwas die Lust.
Tamara ging vollständig in der Freude darüber auf, Teil von etwas zu sein.
Dito, alles Behauptungen, obwohl ich verstehe, was sie meint.

Ich bin mir über diesen Punkt echt unschlüssig. Auch natürlich schade, dass dich das im Lesen ausbremst. Das will ich nicht, ist ja klar. Hätte nicht gedacht, dass das so stoppt. Muss ich drüber nachgrübeln. Ich habe eigentlich ein gutes Verhältnis zum Tell. Ich denke mir: wenns gut gemacht ist, schmeckt es auch. So wie dünn geschnittener Speck. Aber ja. Da habe ich wohl (zumindest für dich und Ise zum Teil) nicht das richtige Maß getroffen.

Deine Protagonistin lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück Hier und da klingelt etwas von der Zeit der Pubertät, da blitzt etwas Wahres auf, auch in der Art, wie sie glaubt, schon alles kapiert zu haben und andererseits fühle ich mich so auf Abstand gehalten, dass ich mich frage, wieso soll ich mich für sie interessieren?

O Mann, dazu fällt mir auch irgendwie wenig ein. Finde es natürlich schade, dass diese Leseerfahrung bei dir entsteht. Ich weiß nicht, ob es jetzt an dem Vibe der Story liegt, der irgendwie nicht deine Wellenlänge trifft (das wäre für mich beruhigender) oder ob die Bauweise einfach nicht trägt – das wäre natürlich fatal.

Danke dir für dein Feedback. (Danke nicht zuletzt für die rausgeschriebenen Stellen, die du mochtest)
LG
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei,

ich steige mal ganz ehrlich ein in diesen Kommentar: Ich fand den Text ziemlich anstrengend, musste mich ein paar Mal ermahnen, mich zu konzentrieren und dranzubleiben. Vielleicht krieg ich die Stellen jetzt beim Kommentar noch zusammen und vielleicht hilft es dir. Für mich bist es du, als Autor, der diesen Text trägt, _deine_ Fähigkeit Stimmung zu erzeugen mit Worten, davon ist reichlich im Text, das gefällt mir auch sehr gut. Was mir nicht so gut gefällt? Nun, ich versuch's mal:
Eigentlich fängt es schon mit dem Einstieg an. Den kann _ich_ nicht mal so eben weglesen, dafür bin ich zu ungebildet. Aber von vorn:

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie [sehen] mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen. Wenn überhaupt. Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas. Hier werde ich unsichtbar, höre den Mann neben mir schnarchen, das angesabberte Stück Holz in der Hand, und beschließe, dir einen Brief zu schreiben.
Den ersten Satz finde ich toll. Die Ellipse (ich glaube so nennt man das, oder?) ist fehlerhaft, weil das "sehe", das du einsparst "sehen" heißen müsste. Zudem finde ich "alle" und "sie" zu unspezifisch. In Geografie und Geschichte bin ich definitiv unterdurchschnittlich begabt ;-), d.h. Anantapur, kenn ich nicht, da lese ich aber so drüber hinweg, das stört mich nur wenig. Das: "kann man berechnen" kriege ich auch nicht so richtig sortiert, also beim ersten Lesen denke ich: ok, es geht um jemanden, der gerne Dinge berechnet, aber taucht das im Text nochmal auf? Ok, sie hält ihre Haare mit einem Tuch bedeckt und ist weiß im Gegensatz zu den anderen Leuten im Zug. Auch Tagore kenne ich nicht und lese das als geografischen Begriff, darum begreife ich nicht, warum sie es nur zur Hälfte versteht, wenn überhaupt (hab natürlich mittlerweile mal recherchiert ;-)). Hinterm Fenster eine blaue Weite ... Meer? Himmel? Mit dem Cocktailglas, den Schichten und der Sonne kann ich überhaupt gar nichts anfangen, aber ich verstehe: Die Sonne scheint ... Viel Sonne scheint ... Es ist tendenziell eher heiß ... "Hier werde ich unsichtbar" ... ok. Was bedeutet "hier"? Jetzt in diesem Moment? Hier in diesem Land, in diesem Zug? Warum sagt sie das? Und ist es gut oder schlecht unsichtbar zu werden? Aber ok, sie beschließt, "Dir" einen Brief zu schreiben. Also gut ... dann mal los ... alle meine Fragen, werden beantwortet werden...
Und: Eine Stimmung kommt an bei mir. Ich sehe jemanden im Zug sitzen, lesend und auf die Ankunft wartend, nicht ganz bei der Sache, mal beim Buch, mal die Umgebung beobachtend ...

Wenn man sich konzentriert, dann braucht alles ein bisschen länger. Ich erinnere mich an dein Gesicht, aber das Mädchen, das ich vor ein paar Jahren war, habe ich schon vergessen. Du bist jetzt eine Brücke für mich, ein Archiv, mein Tagebuch. Was ich in dir nicht finde, existiert für mich nicht. Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich wünsche es mir auch, aber brauch es nicht mehr, also lass ich es los. Behalte diese Erinnerungen oder mach damit, was du willst. Sie gehören jetzt dir. Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wieder sehen.
Ist das jetzt schon der Brief? Ja, wahrscheinlich schon, sie spricht ja ein "Du" an. Aber ganz ehrlich, so richtig verstehe ich nicht, worum es geht insgesamt und auch der Erzählerin, aber so what, ich lese weiter ... alles wird sich lösen. Das Kursive ist mir zu dick, nicht von dir als AUtor, aber von deiner Erzählerin, darum ... irgendwie mag ich sie nicht ... das ist doch Quatsch, oder? Das hier ist für dich? Ich meine, sie schreibt einzig und allein für sich ... Rechtschreibung: wieder sehen oder wiedersehen?

Es war schwül und Sommer. Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben. Du trugst lange Haare und ich keine, weil ich das albern fand und langhaarige Mädchen für angepasst hielt; vor allem aber mich selbst, wie du weißt. Wir tauschten Namen aus, als hätten wir uns dazu verabredet. In dem Kino, in dem immer nur alte Streifen liefen, trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See und bezeichneten uns als romantischen Sondermüll. Kurz: Wir lernten uns kennen.
Du (als Autor) kannst das so gut, das lese ich ganz deutlich heraus. Aber das Präteritum ging mir oft auf die Nerven, mir war's oft zuviel gehobene(?) Sprache, nicht immer, beim Honig zB nicht, aber: "Du trugst lange Haare" ... ähm ... ok ... nee, ich mag sie nicht besonders deine Ich-Erzählerin ... vielleicht die Jugend, so Hesse-Pathos irgendwie ... eigentlich schon erlaubt, wenn man jung ist ... vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, bin vielleicht zu alt für so'n Pathos ... der ganze Absatz. Kurz: Wir lernten uns kennen ... und davor so viel Geschwurbel ... Du (als Autor) schreibst schön, aber inhaltlich komm ich nicht ran ...

Wir kochten Spaghetti und hielten uns für erwachsen; schauten Stummfilme in Farbe und verrieten uns unsere Wünsche und Ängste.
Wie alt ist sie? 22?

Ich hab sie von Anfang an gehasst, wie zwei fette Krebsgeschwüre mit Beinen und Mündern, und gestaunt, dass es dich nie befallen hat.
Den Vergleich mag ich ...
Ob du eine Schwuchtel bist, hat er dich gefragt.
Der Vater? Zuvor sprichst du von den "Eltern" ...
Ich hab dir angeboten, zu sagen, dass wir ein Paar sind. Du hast mit dem Kopf geschüttelt und von da an haben wir uns nur noch bei mir getroffen. Meine Eltern haben uns wie Geschwister behandelt. Sie liebten dich, genau wie ich.
Bitte entschuldige, wenn ich so offen bin, ich lass dich einfach mal in meinen Kopf gucken und hoffe, damit behilflich zu sein, nicht verletzend, aber was ich denke/dachte war: blabla ... jaja ... Konzentration ... nein, nicht querlesen ...

Wie verstört du warst. Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen, weil du dich so geschämt, es aber nicht ertragen hast, auch nur ein Mal ein kleines Geheimnis ganz allein für dich zu behalten. Du hast mich angestiftet. Alles habe ich ausgespuckt, wir haben uns ausgezogen voreinander, ohne uns jemals zu berühren. Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar. Er hat die Zeichen nicht gesehen oder hat sie nicht sehen wollen.
Es tut mir leid, lieber Carlo, du hast ja schon viel gutes Feedback bekommen ... Es interessiert mich einfach nicht. Ich mag sie nicht, deine Erzählerin, und darum interessiert mich auch nicht, was sie zu sagen hat. Diese direkte Ansprache mag ich auch nicht, ja klar, sie schreibt einen Brief, aber dann darin dieses "lyrische Präteritum" ... Eigentlich mag ich Coming of Age Geschichten, aber für mich funktioniert die Erzählperspektive nicht ... Die Erzählerin reflektiert die Vergangenheit, ist aber mMn noch nicht "erwachsen" oder "weise" genug als dass mich ihre Reflexionen wirklich interessierten, darum mag ich ihrem mäandernden Gedanken nicht folgen. Möglicherweise ist es auch einfach ihre etwas geschwollene Art zu schreiben, die ich nicht mag. Ich weiß auch nicht so genau, wo die Geschichte eigentlich hin will, was sie mir sagen will. Bei mir springt irgendwie nicht so richtig etwas an dabei, darum mache ich mal an dieser Stelle Schluss und hoffe, du kannst trotzallem mit meinen Gedanken etwas anfangen.

Viele Grüße
Katta

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey @AWM ,

danke für den tollen Kommentar. Da steckt viel Wervolles für mich drin.

besonders die Zeichnung deiner Charaktere haben mir sehr gut gefallen. Der letzte Punkt verwundert mich irgendwie, weil ich die Motivationen der Charaktere teilweise nicht wirklich schlüssig finde. Man kommt aber beim Lesen in so einen Sog, dass einem das egal ist. Zumindest mir. Mir gefällt auch dieser Erzählrahmen grundsätzlich sehr gut. Besser wäre es noch, wenn sie wirklich einen unbedingten Anlass gehabt hätte, Omer zu schreiben.

Freut mich natürlich. Die Story lebt, finde ich, sehr von der Stimmung, vom Rhythmus, und ich denke, auch vom Stil im weiten Sinne. Ich finde es gerade mega interessant, wie unterschiedlich auf die Story reagiert wird. Aber es gibt schon so eine wiederkehrende Linie in einigen Anmerkungen. Mit dem Anlass hast du schon recht.

Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke.
Ich habe das so gelesen, dass sie eben dort aufgrund ihrer Hautfarbe auffällt und sie ist ja auf der "Flucht." Ich habe aber zwei Probleme damit. Erstens muss sie ja mittlerweiele volljährig sein und selbst, wenn sie gesucht wird und - was unwahrscheinlich ist - in Indien gefunden werden würde, könnte sie ja niemand zwingen zurückzugehen. Zweitens ist es ja auch nicht so, dass in Indien wenige Westler unterwegs sind. Ich war zwar noch nicht in Indien, aber ich denke weiße Backpacker sind da in Zügen nichts ungewöhnliches. Ich glaube das ist ein Darling von dir und ich würde das aus dem Text streichen und mir für einen anderen aufheben.

Das ist jetzt mehrfach angesprochen worden. Da muss ich wohl nochmal ran. Ich wollte darauf hinaus, dass sie unauffällig sein will. Ja, es gibt in Indien sicher viele Westler, aber sie hat keinen Bock, als solche aufzufallen. Eben weil sie einen Moment für sich sucht.

die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas.
Fand ich ein sehr schönes Bild. Du hast generell sehr schöne Bilder in der Geschichte. Ich finde nur, dass es zu nah an dem Bild mit den Händen als Beweisstücke steht. So können beide nicht genug "atmen". Wenn du die Hände streichst, wäre das Problem eh gelöst.

das klingt nach einem guten Plan. Vielleicht überarbeite ich das nicht gleich, sondern dann in einem Abwasch zu einem späteren Zeitpunkt.

Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wieder sehen.
Das verstehe ich nicht so ganz. Dieser komplette Bruch mit Omer. Generell diesen Schwur, alles zurückzulassen, der ist für mich nicht glaubhaft motiviert.

ja, verstehe ich. Da müsste ich wohl nochmal ein bisschen was hinzufügen. Ein bisschen Motivation und auch ein bisschen was zum Tennistrainer (Letzteres habe ich auch schon auf der Überarbeitungs-Liste). Danke für den Hinweis.

Ich hab sie von Anfang an gehasst, wie zwei fette Krebsgeschwüre mit Beinen und Mündern,
Wie gesagt: Du hast sehr schöne Bilder in diesem Text. Da finde ich das hier im Vergleich ein wenig ausgelutscht mit den Krebsgeschwüren. Ich glaube, da fällt dir noch was ein, das mit dem Niveau der anderen Bilder mithalten kann.

gebe ich dir auch recht. Spüre das immer wieder, wenn ich diese Stelle lese. Irgendwie habe ich es nur ignoriert, mir gedacht, ja, so what, sind schönere Bilder dabei, dann kann da auch mal sowas halbgares stehen. Aber kann man auch genau so gut rausnehmen.

Meine Eltern haben uns wie Geschwister behandelt. Sie liebten dich, genau wie ich.
Auch das ist für mich ein Problem hinsichtlich ihrer Motivation, mit allem zu brechen. Omer hat Scheißeltern. Aber sie scheint sehr nette und fürsorgliche zu haben, die sie und ihren Freund lieben. Und sie hat mit Omer einen so engen Freund. Und trotzdem gibt sie das alles so plötzlich auf für jemanden, den sie einfach nur "Tennislehrer" nennt (über diese Distanz wurde schon was gesagt). Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

Ja, ist richtig. Wie gesagt. Da jeweils ein zwei Absätze hinzuzufügen steht auf dem Plan.

Du hattest deinen ersten feuchten Traum und stottertest und deine Zunge war wie taub und dann musste ich es aussprechen, weil du dich so geschämt, es aber nicht ertragen hast, auch nur ein Mal ein kleines Geheimnis ganz allein für dich zu behalten.
Sehr schöne Stelle. Aber ich würde das konkret benennen an dieser Stelle. Das ist ja ein ganz wichtiger Moment zwischen den beiden gewesen. Er ist schwul.

Danke. Nee, er ist nicht schwul. Er wollte bloß nicht vor ihr zugeben, dass er einen feuchten Traum hatte. In meiner Skizze hat er auch von ihr geträumt, auch wenn sie sich ja eher platonisch lieben bzw. nur befreundet sind.

Du hast mich angestiftet. Alles habe ich ausgespuckt, wir haben uns ausgezogen voreinander, ohne uns jemals zu berühren. Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar. Er hat die Zeichen nicht gesehen oder hat sie nicht sehen wollen.
Diesen Absatz fand ich etwas kryptisch. Musste ich mehrere Male lesen. Auch weil der Themenwechsel zum Tennislehrer hier so schnell kommt und auch ihr Begehren so verklausuliert ausgedrückt ist.

Ja, check ich. Ich hab festgestellt, dass der Text vorgelesen nochmal viel mehr Möglichkeiten bietet, Dinge über Betonung zu klären. Aber ja, kann ich verstehen, dass es da selbst bei erfahrenen Lesern hakt.

Die Zeit des inneren Dornröschenschlafes
"inneren" würde ich streichen.

kam jetzt auch schon zweimal der Vorschlag. Ja, breitgeschlagen. Mach ich. Danke dir! Bei so Darlings wird man wirklich nochmal endgültiger überzeugt, wenn man es mehrfach hört. Da spielt die Kompetenz des Lektors keine Rolle, finde ich.

Die unter Essstörung litt und die einzige Person war, die ich kannte, die nichts wollte, außer sehr guten Noten, die sie ihren Eltern zeigte, die ihr rieten, Freunde zu treffen, die Tamara nicht hatte.
Hast extra gemacht, aber das Schachtelige würde ich trotzdem ein wenig reduzieren.

Ja, ist sonst so ein Formalismus. Gebe ich zu.

Man nennt das Minderwertigkeitskomplex. Davon hattest du immer zwei Schippen zu viel, nichts was man gesunde Demut hätte nennen können.
Würde ich ganz streichen. Ich finde, wenn man den Absatz ohne das liest, wirkt es stärker.

Wurde auch schon kritisiert. Ja, besser wäre es wohl. Danke, auch ein wertvoller Hinweis.

Hast gelächelt und ich hab gelächelt. Wir haben gelächelt.
Würde auch den letzten Satz streichen hier. Mir ist schon klar, warum du das machst, aber das fand ich etwas schmalzig.

'schmalzig' :lol: Ja, kann mir irgendwie vorstellen, wie das bei dir ankommt. Wie du so still am Computer drüberliest und kurz innehältst, aus dem Fenster guckst und dann: "Schmalzig."
Ja, meinetwegen. Kann ich mich von trennen.

wie man so schön sagt.
Ich finde, das hast du etwas zu oft drin im Text.

stimmt schon.

St. Omer
Ich finde den Namen komisch. Habe ihn gegoogelt etc. Aber mein Problem damit ist, dass ich nicht das Gefühl habe, dass Omer aus einem Elternhaus kommt, das ihr Kind Omer nennt. Die kommen eher proletenhaft rüber. Können mit der Kreativität ihres Sohnes nichts anfangen. Da finde ich den Namen viel zu exotisch und nicht bodenständig genug. Ein "normaler" Name würde auch den Kontrast zur Außergewöhnlichkeit dieses Jungen erhöhen.

auch da ist was dran. Der Name wurde auch schon mindestens einmal kritisiert. Ich fand das so geil, dass ich ihn vorher Omer genannt habe und das dann so schön mit St. Omer aufging. Vielleicht bleibe ich auch dabei :D

Doch wenigstens fiel dir auf, dass deine Mutter einmal erwähnt hatte, sie habe Glasmalerin werden wollen, bevor deine Fruchtblase und damit ihr Traum geplatzt sei.
Ist es seine oder ihre Fruchtblase?

stimmt :Pfeif: da lässt sich der Satz natürlich nicht so schön auflösen.

Dann zeigt der Konjunktiv an, dass die Mutter das so gesagt hat. Und das finde ich etwas drüber und passt auch wieder nicht zum Bild, das ich von den Eltern habe. Das sind für mich die Worte der Erzählerin mit der geplatzten Fruchtblase.

Ja, das stimmt. Es ist die Erzählerin, die den Zusammenhang sieht. Muss ich mal schauen, ob ich das retten kann.

Wie sonst auch zog Ben es vor, vor uns in verklärter Weise von seiner Vergangenheit zu sprechen
Würde "vor uns" streichen

jap

Tamara ging vollständig in der Freude darüber auf, Teil von etwas zu sein.
Würde machen: ... ging vollständig darin auf, ...

ja

Sie wollte ja so gern, aber die potenziellen
die Potenziellen

danke

Was Ben machte, wusste ich gar nicht mehr so richtig.
Hier muss sie ja im Präsenz erzählen, weil sie den Brief gerade schreibt.

muss ich mir nochmal ansehen. Ist eigentlich so prozessual gemeint. Sie weiß das dann schon 'damals' ein paar Monate nach den gemeinsamen Ereignissen nicht mehr so richtig.

Kopf schlug jemand Tennisbälle. Weiß und feucht.
Tennisbälle sind gelb

Das bezog sich auf die weißen, 'feuchten' (Geräusch) Blitze bzw. war so als Übertrag gedacht, weil Tennisbälle ja auch manchmal wie so Blitze hin und hergeschossen werden. Aber sehe ein, dass das nicht klappt. Glaube, Chutney hatte sich auch über die Stelle geärgert.

Du hast davon in den Nachrichten gelesen: Tennistrainer zu Asche verbrannt
Hier würde ich eine Schlagzeile wählen, die so wirklich in der Zeitung stehen könnte. Das würde eher niemand schreiben. Tennistrainer (36) stirbt nach Blitzschlag.

verstehe ich, aber da hänge ich dran.
Vielleicht würde es ja schon reichen wenn ich das in Klammern gesetzte Alter von dir übernehme. Ja, das fänd ich gut. Danke dir.

Ja, hier eben wieder die Motivation von ihr. Der Tennistrainer hat extrem viel Gewicht, wir erfahren aber kaum etwas über ihn. Deshalb ist es auch nicht nachvollziehbar, dass sie ihm mehr Gewicht gibt, als allen anderen Menschen in ihrem Leben.

Das stimmt und das haben ja auch echt einige geschrieben. Es ist auch ein bisschen mit einem Augenzwinkern, eben grotesk. Aber merkwürdigerweise geht diese Art des 'Humors' bei so echt wenigen Leuten auf, habe ich das Gefühl :heul:

Zum Gewitter: Wenn man es genau nimmt, könnte man dir da ein bisschen eine Deus Ex Machina vorwerfen. Das Gewitter ist der Faktor, der eigentlich alle Konflikte der Geschichte löst/oder zuspitzt. Es ergibt sich aber eben nicht aus der Handlung. Dadurch, dass ich das Gewitter zugleich als Bild verstehe, wird das ein wenig abgeschwächt.

das gehört für mich dazu. Einfach so eine absurde Wendung, die mit dem Alltäglichen der Geschichte kontrastiert. Aber scheint, wie gesagt, irgendwie nicht so wahrgenommen zu werden.


Danke dir, AWM, für den sehr schönen Kommentar.


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Liebe @Katta ,

o weier, da habe ich bzw. die Story bei dir, glaube ich, den falschen Nerv getroffen. Das tut mir leid. Runtergebrochen bleibt bei mir vor allem hängen, dass du die Protagonistin nervig findest. Ich kann auch verstehen, woher das kommt, sehe das auch. Vielleicht kann ich das ein bisschen aushebeln, indem ich da Schlüsselstellen rausnehme. Dass du sie dann magst, bezweifle ich aber trotzdem; das war nicht nur ein bisschen Antipathie ihr gegenüber, fürchte ich. Damit geht es dir hier bei den Kommentator wahrscheinlich am ehesten wie Chutney (auf deren Meinung ich auch einiges gebe). Ich nehme da vor allem als Erfahrung (mit dieser Story) raus, dass es wirklich auch nochmal im Feinen unterschiedliche Geschmäcker bei dieser Art Story (für mich ist das eine Art zu schreiben) gibt.
Ich nehme nochmal einzelne Punkte deiner Kritik auf:

Die Ellipse (ich glaube so nennt man das, oder?) ist fehlerhaft, weil das "sehe", das du einsparst "sehen" heißen müsste.
Zudem finde ich "alle" und "sie" zu unspezifisch
d.h. Anantapur, kenn ich nicht
Auch Tagore kenne ich nicht und lese das als geografischen Begriff, darum begreife ich nicht, warum sie es nur zur Hälfte versteht, wenn überhaupt (hab natürlich mittlerweile mal recherchiert ;-)).

Bei der Ellipse würde ich das nicht 'fehlerhaft' nennen, sondern (bedeutungs-)'offen' (im Gegensatz zu geschlossen, verständlich etc.) – das kann durchaus auch eine große Qualität sein. Da sehe ich auch einen wesentlichen Aspekt deiner Kritik. Ich glaube, dass du die Offenheit des Textes nicht magst, vielleicht auch, dass die Story dir nicht genug geboten hat, als dass du bereit gewesen wärst, dich auf diese Offenheit einzulassen; also Leerstellen vermehrt selbst zu füllen. Das heißt, sie knüpft bei dir emotional oder wie auch immer nicht an. Du hast ja dann auch gefragt, ob das vielleicht an deinen Präferenzen liegt. Ich denke, ja. Einerseits habe ich das Gefühl, dir ist der 'gehobene' Ton der Story zuwider – was ich verstehen kann, mir geht es mit anderen Texten auch manchmal so. Andererseits (Achtung, jetzt wird's spekulativ) sind das vielleicht einfach auch Figuren und Konflikte (vielleicht Sprachbilder), die in deiner Erfahrungswelt abgedeckt sind. Ich kann das nicht besser ausdrücken. Was ich meine ist, dass du das alles womöglich irgendwie kennst. Vielleicht würdest du sogar ähnliche Themen beackern. Aber da lehne ich mich aus dem Fenster, gebe ich zu. Ich kenne das nur, dass man dann entweder Feuer und Flamme ist oder aber es ganz scheiße findet. Fand es nämlich auch interessant, dass dir 'Am alten Hafen' so gut gefallen hat. Der ist unmittelbar nach(!) diesem Text hier entstanden, aber durchaus mit den gleichen Mitteln. Gut, sind einfach zwei unterschiedliche Stories. Aber vom Sound her oder von dem, was man da interessant finden könnte, würde ich fast sogar sagen, diese Story hier hat inhaltlich eigentlich sogar noch mehr zu bieten. Deswegen all diese Vorüberlegungen, falscher Nerv getroffen und so weiter. Aber was soll man abschließend sagen? Es sind natürlich trotzdem unterschiedliche Stories, unterschiedliche Figuren.

Und: Eine Stimmung kommt an bei mir. Ich sehe jemanden im Zug sitzen, lesend und auf die Ankunft wartend, nicht ganz bei der Sache, mal beim Buch, mal die Umgebung beobachtend ...

Das hier, die Charakterisierung und noch ein paar kleine Details wären das gewesen, worauf ich bei dem Abschnitt gerne herausgekommen wäre :lol: Schade, dass das so überlagert wurde.

Wenn man sich konzentriert, dann braucht alles ein bisschen länger. Ich erinnere mich an dein Gesicht, aber das Mädchen, das ich vor ein paar Jahren war, habe ich schon vergessen. Du bist jetzt eine Brücke für mich, ein Archiv, mein Tagebuch. Was ich in dir nicht finde, existiert für mich nicht. Halte mich nicht für selbstsüchtig, das hier ist für dich, ich wünsche es mir auch, aber brauch es nicht mehr, also lass ich es los. Behalte diese Erinnerungen oder mach damit, was du willst. Sie gehören jetzt dir. Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wieder sehen.
Ist das jetzt schon der Brief? Ja, wahrscheinlich schon, sie spricht ja ein "Du" an. Aber ganz ehrlich, so richtig verstehe ich nicht, worum es geht insgesamt und auch der Erzählerin, aber so what, ich lese weiter ... alles wird sich lösen. Das Kursive ist mir zu dick, nicht von dir als AUtor, aber von deiner Erzählerin, darum ... irgendwie mag ich sie nicht ... das ist doch Quatsch, oder? Das hier ist für dich? Ich meine, sie schreibt einzig und allein für sich ... Rechtschreibung: wieder sehen oder wiedersehen?

Ja, mit der kursiven Stelle habe ich gehadert. Aber ein bisschen zu dick, dachte ich mir, ist hier kein Beinbruch. Das ist am Anfang. Lesende werden mir hier noch die Chance geben. Es leistet ja auch einiges.

Aber das Präteritum ging mir oft auf die Nerven, mir war's oft zuviel gehobene(?) Sprache, nicht immer, beim Honig zB nicht, aber: "Du trugst lange Haare" ... ähm ... ok ... nee, ich mag sie nicht besonders deine Ich-Erzählerin ... vielleicht die Jugend, so Hesse-Pathos irgendwie ... eigentlich schon erlaubt, wenn man jung ist ... vielleicht bin ich nicht die richtige Zielgruppe, bin vielleicht zu alt für so'n Pathos ... der ganze Absatz.

Finde es übrigens super, dass du deinen Leseeindruck ganz genau schilderst. So kann ich wirklich nachvollziehen, wie es dir beim Lesen ging. Danke für die Ehrlichkeit. Das ist viel wert.

Ich hab dir angeboten, zu sagen, dass wir ein Paar sind. Du hast mit dem Kopf geschüttelt und von da an haben wir uns nur noch bei mir getroffen. Meine Eltern haben uns wie Geschwister behandelt. Sie liebten dich, genau wie ich.
Bitte entschuldige, wenn ich so offen bin, ich lass dich einfach mal in meinen Kopf gucken und hoffe, damit behilflich zu sein, nicht verletzend, aber was ich denke/dachte war: blabla ... jaja ... Konzentration ... nein, nicht querlesen ...

auch hier. Ist natürlich scheiße, sowas zu lesen, aber auch wichtig, um einschätzen zu können, was das bedeutet, wenn jemand nicht mitgeht bei so einer Story. Ich kann mir ja dann immer noch überlegen, was ich mit der Info mache.

Es interessiert mich einfach nicht. Ich mag sie nicht, deine Erzählerin, und darum interessiert mich auch nicht, was sie zu sagen hat.
Diese direkte Ansprache mag ich auch nicht, ja klar, sie schreibt einen Brief, aber dann darin dieses "lyrische Präteritum" ...
Die Erzählerin reflektiert die Vergangenheit, ist aber mMn noch nicht "erwachsen" oder "weise" genug als dass mich ihre Reflexionen wirklich interessierten, darum mag ich ihrem mäandernden Gedanken nicht folgen.
Möglicherweise ist es auch einfach ihre etwas geschwollene Art zu schreiben, die ich nicht mag.

Ja, okay. Ich hab s gerafft :lol: :D
Wie gesagt, meine Überlegungen dazu decken sich mit dem zweiten größeren Absatz hier in meiner Antwort.

Danke fürs Kommentieren. Harte Sparring-Runde, hat auch gut getan hehe.
Viele Grüße
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei :-)

Heute habe ich frei!

Klassischer CarloZwei! Ich mag ihn. Ganz platt gesagt.

Dein Text eröffnet im Lesen immer wieder Motive und Motive und Motive, ohne sie, aus meiner Sicht, zu einem Ganzen zusammenzufügen. Ich finde das nicht schlimm, denke aber, dass die eine oder andere Leserin überfordern könnte. Dein kleiner Text enthält ein großes Figurenensemble; nach dem Ende des Textes bleibt als Quintessenz "Erinnerung"; etwas, was du sehr gut kannst und sehr schön beschreibst, nur fügen sich die Bilder des Erinnerungsstoffes nicht zu einem kohärenten Ganzen. Wie gesagt - ist nicht schlimm. Überhaupt nicht. Es ist deine Entscheidung, ob du die eine oder andere Figur auslässt oder das eine oder andere Motiv (zum Beispiel die religiöse, priesterliche Dimension, Gewalt in der Familie) auslagerst.

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.

Mir fiel es nicht leicht, sich den Erzähler im ersten Absatz vorzustellen. Du könntest die Szene etwas stärker konzentrieren. Das heißt: "Hinter der Sonnenbrille sehe ich ihn, er mich nicht". Das ist ein Kammersetting, ein Abteilsetting, so meine Vorstellung. Dein ganzer Text dreht sich ja auch um Vertrautes, Intimes, der könnte in einem Großraumwagen oder IC95 Berlin-Wien mit Doppelstockgarnitur und weißblauem Innenlicht gar nicht spielen ...

Ohnehin betonst du mit dem Satz sehr stark das Visuelle, die Augen. Auch später greifst du mit dem "Blitz" ein visuelles Motiv auf.

Den kleinen Satz "das kann man berechnen" fand ich interessant, er wird ja im Vorsatz durch das "vielleicht" relativiert. Da driftet dein Erzähler ins Rationale, andererseits hat er das "Gefühl" etwas nur zur Hälfte zu verstehen. Er sagt ja nicht: Ich verstehe das nicht. Recht unsicher, der Typ, sich nicht wirklich festlegen können. Ein klassisches Thema von Dir :-)

Nach den ersten Zeilen und mit Verweis auf den Titel fragte ich mich, welches Motiv in deinem Text stärker wirkt: Das der Reise oder das der Bahn. Die Eisenbahn, nunja, fährt nach Fahrplan, hat ein Ziel, ist definiert. Sieht der Erzähler die Ereignisse seiner Vergangenheit auch so an? Quasi fatalistisch dem Schicksal folgen? Oder ... nicht :-D Ehrlich gesagt: Ein wandernder Erzähler erschien mir für deinen Text passender, andererseits ist das auch nichts neues. Oder ein wartender? Auf irgendeinem hektischen Busbahnhof?

Wenn man sich konzentriert,
Im zweiten Absatz baust du die Dimension einer Trennung sehr ruhig und sprachlich sehr leicht ein: Einerseits ist sie "Archiv, Tagebuch, Brücke", sprich ein Mensch, der die Vergangenheit eines anderen durch seine Existenz ordnet. Andererseits gehören die Erinnerungen ihr und so spaltet der Erzähler seine Vergangenheit ab ... hat ja was freudianisches an sich ...

Deine Erinnerungen finde ich immer sehr gut erzählt. Das kannst du einfach :-)

trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See
Das würde ich streichen.

Die Zeit des inneren Dornröschenschlafes, in dem sich unser schönes und hässliches Städtchen befand, und wir uns mit ihm, beendete unsere Freundschaft nicht.
Kreativbunter Satz, schön :-)

Die unter Essstörung litt und die einzige Person war, die ich kannte, die nichts wollte, außer sehr guten Noten, die sie ihren Eltern zeigte, die ihr rieten, Freunde zu treffen, die Tamara nicht hatte.
Sehr stark!
Deine zwei Krebsgeschwüre waren nach wie vor ein Thema.
Krebs, sehr subjektiv, finde ich immer ein schwieriges Thema, da es oft einen Effekt über ein Wort erzeugt: Nur das Wort "Krebs" wirkt aus dem Text und dreht bzw. verstärkt die Wirkung. Mit einem "Krebsgeschwür" gibt es in einem Text nur ein Davor und Danach. Vielleicht könntest du eine Kategorie tiefer stapeln. Schlechte Blutwerte? Histologische Veränderungen am Gebärmutterhals? Irgendeine familiäre Disposition für eine Erkrankung? Deine Texte wirken ja nie über einzelne Wörter sondern über das Ganze, über den Eindruck, den sie vermitteln. Keine Krankheit sondern ein Risiko - keine Prävention nach sondern vor der Diagnose.

Ein ähnliches Problem sehe ich mit dem gewalttätigen Vater und der Essstörung. Das sind, aus meiner Sicht, oft Informationen, die in einem Text danach schreien, Wirkung zu erzielen. Oh Gott, das Leid. Oh Gott, das arme Kind. Umarmt mich, ich bin Opfer! Ein böser, harter Mensch würde sagen: Der Text jammert.

Blitzkaskaden färbten den Himmel, Fensterscheiben platzten und wir hörten unsere Stimmen nicht mehr.
Das würde ich auf Blitze reduzieren. Ohnehin finde ich, ohne das ich das erklären könnte, die Idee mit dem Blitz ziemlich genial. Deus ex machina, irgendwie passt das zu dem Text. Vielleicht, weil du so einen schönen Kontrast zu dem ganzen, sich durch Gedanken überführenden Stil schaffst; vielleicht auch, weil hier mit inhaltlicher Härte eingeschlagen wird.

***

Mensch @Carlo Zwei, recht wirr, mein Kommentar - muss nach Tagen wieder ins Kommentieren gelangen und gelange ins Kommentieren über diesen Kommentar - aber ich hoffe, du kannst etwas mitnehmen.

Lg
kiroly

 

Hey @Carlo Zwei,

habe keinen einzigen Kommentar gelesen, bin also ganz unvoreingenommen. :)

Die wehmütige Stimmung hat mich sofort gepackt. Schon der erste Absatz hat eine unglaubliche Kraft, wie ich finde. Jedes Bild sitzt, und ich sitze ebenfalls mittendrin, neben Ari, lasse die Landschaft an mir vorüberziehen und erinnere mich dabei an vergangene Zeiten, die schön, aber auch ein wenig schwermütig waren. Dieses Mitnehmen auf die Reise hat bei mir sofort funktioniert.

Inhaltlich bin ich über ein paar Dinge gestolpert, die ich nicht so ganz zuordnen konnte. Ich lass dir mal meinen Leseeindruck da, mitsamt der Stellen, die mich begeistert haben:

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen.
Toller Anfang wie gesagt, in dem eine Menge steckt. Ich bekomme nicht nur ein Bild vom Setting, auch Ari kann ich mir sofort vorstellen. Sie ist eine Beobachterin, versteckt hinter ihrer Sonnenbrille wirkt es fast, als reise sie inkognito. Nur das Fette habe ich nicht verstanden. Erst sagt sie vielleicht, dann, dass man es berechnen könne. Hier verstehe ich den Sinn im Kontext nicht. Es sei denn, du willst sie mir als jemanden vorstellen, der alles bis auf die Sekunde plant, aber das wird später ja nicht nochmal aufgegriffen.

(*Edit: Wenn es hier um die Suche nach Glück geht, macht es schon Sinn. Strategische Berechnung scheint mir da nicht unbedingt ein Entspannungsfaktor zu sein.)

Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke.
Aha - sie ist inkognito, möchte nicht als Touristin erkannt werden. Toller Vergleich!


Hinterm Fenster eine blaue Weite, die Sonne drückt sich durch horizontale Schichten wie in einem Cocktailglas.
Toll!


Hier werde ich unsichtbar
Wäre entbehrlich, denn durch die Beschreibung der Situation habe ich das Gefühl bereits.


Ich erinnere mich an dein Gesicht, aber das Mädchen, das ich vor ein paar Jahren war, habe ich schon vergessen.
:herz:


Und um noch etwas vorwegzunehmen: Wir werden uns nie wieder sehen.
Spannend.


Die Süße klebte wie Honig an den Fensterscheiben.
Du hast es echt drauf. Ich merke schon, dass ich fast jeden Satz zitiere. Das ist richtig richtig schön ...


Schliefen wir bei dir, beachteten deine Eltern dich.
Hier würde ich eher beobachteten sagen, es sei denn, sie nehmen sonst nie Notiz von ihm. Aber hier geht es ihnen ja darum, was konkret passiert, wenn sie da ist.


Meine Eltern haben uns wie Geschwister behandelt.
Vielleicht eher: Meine Eltern haben uns behandelt, als wären wir Geschwister, sonst klingt es, als wären sie die Geschwister der Eltern.


Vom Tennistrainer wusstest du und dass ich diesen Sport verabscheute und doch gute Miene machte, weil ich ihn übers Netz hinweg riechen konnte, und es war ja nicht undenkbar. Er hat die Zeichen nicht gesehen oder hat sie nicht sehen wollen.
Hier bin ich nicht durchgestiegen. Sie konnte ihn übers Netz hinweg riechen? Im Absatz davor klang es so, als hätte Omer ihr gestanden, dass er tatsächlich schwul wäre und vielleicht in den Tennislehrer verknallt. Aber aus oben zitiertem Absatz werde ich nicht schlau.

Im Gegenteil glaube ich, dass wir noch tiefer schliefen, weil es sich zu zweit so schön träumen ließ.
Noch so ein schöner Satz ...


Hier höre ich mal auf. Wie du merkst, schwelge ich in Stimmung, Sprache und Bildern, für mich ist das Poesie.

Inhaltlich und dramaturgisch konnte ich aber nicht hundertprozentig einsteigen. Ich muss zwar nicht wissen, was Ari ausgerechnet nach Indien verschlagen hat, im Gegenteil. Es gefällt mir, dass ich es eben nicht erfahre, das unterstreicht ihren geheimnisvollen Charakter. Ich erfahre nur, dass sie sich danach sehnt, endlich glücklich zu werden, deshalb reist sie nach Anantapur. Anant bedeutet Freude, und da hast du dir sicher was bei gedacht. Aber Ari scheint in ihrer Misere stecken zu bleiben, wie der Zug, der nicht vorankommt. So deute ich es zumindest. Das hat mir als Metapher sehr gefallen.

Auch, weil sie in dem Brief eben ihre persönlichen Gefühle&Gedanken formuliert, erwarte ich keinen großen Spannungsbogen. Das Gewitter und der Tod des Tennislehrers scheinen aber als Höhepunkt konzipiert zu sein. Der ist aber leider komplett an mir vorbeigegangen, weil ich weder einen Bezug zum Tennislehrer aufgebaut habe - mich sein Tod also nicht tangiert - noch herauslesen konnte, welch eine dramatische Veränderung mit dem Unwetter einherging. Auch Ben und Tamara hätte es für mich nicht gebraucht.
Gegen Ende habe ich mich ab und zu gefragt, was Ari eigentlich genau erzählen will mit diesem Tag, der alles veränderte. Vielleicht habe ich aber auch etwas Wichtiges überlesen.

Im Rahmen eines Briefs hätte es für mich eher etwas weniger dramatisch und bei einer rein melancholischen Stimmung bleiben können. Oder das Drama hätte von Anfang an als unterschwellige Bedrohung mitschwingen müssen, damit es mich richtig erwischt. So habe ich aber das Gefühl, du wolltest etwas zu viel in der Geschichte unterbringen.

Trotz Kritik aber sehr gern gelesen.

Liebe Grüße und ein schönes bevorstehendes Wochenende von Chai.

 

Lieber @kiroly ,

war mir wieder eine große Freude, deine Gedanken zum Text zu hören. Da ist immer viel Bereicherndes und immer eine neue Perspektive dabei. Das lese ich gerne mehrmals. Für mich ist das so eine Orange die man zwei Mal auspressen kann. Eine Zauberorange!

Heute habe ich frei!

Und was macht man in seiner Freizeit? Wortkrieger! Richtig :lol:
(Danke, dass du mir was von deiner Zeit schenkst.)

Klassischer CarloZwei! Ich mag ihn. Ganz platt gesagt.

Freut mich :)

Dein Text eröffnet im Lesen immer wieder Motive und Motive und Motive, ohne sie, aus meiner Sicht, zu einem Ganzen zusammenzufügen. Ich finde das nicht schlimm, denke aber, dass die eine oder andere Leserin überfordern könnte.

Ich glaube, das bringt es ganz gut auf den Punkt. Ich denke auch, dass der Text ganz schön offen ist. Aber das ist ein Stück weit immer auch so eine Glaubensfrage. Dinge zu klären, ist dann schon manchmal eine schwere Entscheidung, wenn man es selbst nicht als klärungsbedürftig empfindet. Normale Schreibprobleme, schätze ich.

Ich sitze neben einem Mann, der auf einem Stück Holz kaut. Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht. Der Zug rumpelt, tuckert, schnauft, nach Anantapur, noch zwei Stunden vielleicht, das kann man berechnen. Ich halte meine Haare mit einem Tuch bedeckt, doch meine bleichen Hände liegen vor mir auf dem Tisch wie zwei Beweisstücke. Ich lese vom zunehmenden Mond bei Tagore, aber habe das Gefühl nur die Hälfte zu verstehen.
Mir fiel es nicht leicht, sich den Erzähler im ersten Absatz vorzustellen. Du könntest die Szene etwas stärker konzentrieren. Das heißt: "Hinter der Sonnenbrille sehe ich ihn, er mich nicht". Das ist ein Kammersetting, ein Abteilsetting, so meine Vorstellung. Dein ganzer Text dreht sich ja auch um Vertrautes, Intimes, der könnte in einem Großraumwagen oder IC95 Berlin-Wien mit Doppelstockgarnitur und weißblauem Innenlicht gar nicht spielen ...

das wäre ja schon ein Vorschlag. Ich denke auch, so kleine Klärungen (ist für mich das Gegenstück zur Offenheit; ich habe meine 'Masterarbeit' letztlich über diesen Gegensatz geschrieben) könnten hier schon ausreichen. Ich glaube es geht um Feingewichte. Dasselbe gilt für die Widersprüche bei der Figurenzeichnung von Omer und auch für ein paar andere Textelemente.

Nach den ersten Zeilen und mit Verweis auf den Titel fragte ich mich, welches Motiv in deinem Text stärker wirkt: Das der Reise oder das der Bahn.

Habe drüber nachgedacht. Hält sich ziemlich die Wage oder? :D

Andererseits gehören die Erinnerungen ihr und so spaltet der Erzähler seine Vergangenheit ab ... hat ja was freudianisches an sich ...

Interessant. Muss ich wohl nochmal ein bisschen bei Freud rumblättern. Aber ich bin mir sicher, dass er dazu was hat. Er ist ja ein großer Freud :) davon, Dinge gedanklich voneinander abzuspalten. Das ist auch mein größtes Problem mit ihm. Viele sind ja auch heute überholt. Ist das mit dem 'Unterbewusstsein' nicht sogar auch eine Theorie von ihm? Ich hab mich jedenfalls ab irgendeinem Zeitpunkt gegen diese Kategorie entschieden und auch deren Existenz bestritten. Für mich: bewusst vs. unbewusst. Das reicht, finde ich. :Pfeif:

trafen wir uns, fuhren Papierbötchen auf einem mit Wasserstoffsulfid verseuchten See
Das würde ich streichen.

Wird gemacht. Oder durch Schwefelwasserstoff ersetzt. Aber vielleicht ist auch das zu sehr mit den Wortmuskeln gespielt.

Deine zwei Krebsgeschwüre waren nach wie vor ein Thema.
Krebs, sehr subjektiv, finde ich immer ein schwieriges Thema, da es oft einen Effekt über ein Wort erzeugt: Nur das Wort "Krebs" wirkt aus dem Text und dreht bzw. verstärkt die Wirkung. Mit einem "Krebsgeschwür" gibt es in einem Text nur ein Davor und Danach. Vielleicht könntest du eine Kategorie tiefer stapeln. Schlechte Blutwerte? Histologische Veränderungen am Gebärmutterhals? Irgendeine familiäre Disposition für eine Erkrankung? Deine Texte wirken ja nie über einzelne Wörter sondern über das Ganze, über den Eindruck, den sie vermitteln. Keine Krankheit sondern ein Risiko - keine Prävention nach sondern vor der Diagnose.

Ja, verstehe ich sofort. Das habt AWM und du zurecht rausgeschrieben. Es ist immer leichtfertig, dass mal eben so als Erzählmittel einzusetzen. Gerade weil es auch schon ein Klischee ist. Wie an anderen Stellen war es ein Zugeständnis. Ich glaube auch, dass das für einige Leser kein Problem darstellt bzw. so genommen wird. Aber davon trenne ich mich gerne. Gehört für mich auch in die Feinwagen-Diskussion. Und wenn AWM und du das extra rausschreibt, dann wird es gemacht :-)

Ein ähnliches Problem sehe ich mit dem gewalttätigen Vater und der Essstörung. Das sind, aus meiner Sicht, oft Informationen, die in einem Text danach schreien, Wirkung zu erzielen. Oh Gott, das Leid. Oh Gott, das arme Kind. Umarmt mich, ich bin Opfer! Ein böser, harter Mensch würde sagen: Der Text jammert.

Ja, schon klar. Ich denke, wenn ich das mit dem Krebs rausnehme, nehme ich deine Kritik am Übrigen in Kauf. Ich glaube, dass das nachdem Krebs raus ist, nicht mehr so ins Gewicht fällt.

Blitzkaskaden färbten den Himmel, Fensterscheiben platzten und wir hörten unsere Stimmen nicht mehr.
Das würde ich auf Blitze reduzieren.

Da reicht es mir das Wasserstoffsulfid rauszunehmen :p

Deus ex machina, irgendwie passt das zu dem Text.

Freut mich sehr, dass das für dich aufgeht. Ich hab schon ein bisschen geglaubt, der einzige zu sein, der davor etwas übrig hat an der Stelle. Es ist ja gerade so ein Anti-Mittel. Aber es hat sein Potenzial.

muss nach Tagen wieder ins Kommentieren gelangen und gelange ins Kommentieren über diesen Kommentar

das ist dir sehr gelungen

aber ich hoffe, du kannst etwas mitnehmen.

natürlich :gelb:


Danke für diesen sehr schönen Kommentar, die vielen Anregungen zum Nach- und Weiterdenken.
Viele Grüße!
Carlo

 

Liebe @Chai ,

danke für diesen tollen Kommentar. Die rote Eins über der Glocke hat geblinkt und dann "Chai" und "Anantapur". Hab mich sehr gefreut :gelb:

Ist natürlich eine schöne Sache zu wissen, dass du den Text magst und dass dich gleich der erste Absatz mitgenommen hat; so solls natürlich sein.

Dieses "das kann man berechnen" hast du rausgeschrieben und gefragt, wie das Kontext-mäßig so reinpasst. Das gabs tatsächlich in den Kommentaren auch schon ein bisschen Diskussion zu. Einige fanden das schön, weil es Ari charakterisiert, andere fanden, dass es eine Faden zeigt, der später nicht verknüpft wird. Zeit das mal zu reflektieren. Also für mich ist das auch Teil der Charakterisierung, aber anders als es bei einigen Kommentierenden angekommen ist. Es wirkte, glaube ich, vor allem als wäre sie so analytisch drauf. Das behauptet es ja auch. Andererseits ist das ja jetzt keine große analytische Leistung. Was da für mich drin steckt, ist ein Charakterzug der Erzählerin, anderen Leuten die Welt zu erklären – also bisschen. Ich wünsche mir aber, dass man sie deswegen jetzt nicht gleich nervig findet, sondern versteht, dass sie eine Persönlichkeit mit einer eigenen Logik ist, und wenn man der Geschichte und ihrer Erzählung folgt, kann man auch ein bisschen Eintauchen in ihre Logik und ihre Art, Dinge zu bewerten und so weiter. ich empfinde das auch letztlich als eine Art Selbstzweck. Man muss dann natürlich trotzdem entscheiden, ob einen das interessiert oder nicht. Aber es gibt ja auch Spannungen in der Geschichte, die darüber hinaus Lese-Anreize schaffen.
Aber insofern als Ari eine Erklärerin ist, triffst du das finde ich, dass das was mit dieser Glückssuche zu tun hat. Ich würde auch sagen, dass das ein oder vielleicht das Hauptmotiv dieser Story ist. Unterm Strich erklärt sie diese Sachen ja immer auch ein Stück weit sich selbst, um daraus einen Mehrwert zu gewinnen, was ja definitiv was mit Glückssuche zu tun.

Danke, dass du so viele Stellen rausgeschrieben hast, die dir gefallen. Das macht einen immer ein bisschen stolz :)

Schliefen wir bei dir, beachteten deine Eltern dich.
Hier würde ich eher beobachteten sagen, es sei denn, sie nehmen sonst nie Notiz von ihm. Aber hier geht es ihnen ja darum, was konkret passiert, wenn sie da ist.

hmm. Es ging mir so darum, dass das ihren Erwartungen entspricht und sie ihn dann mal für einen Moment nicht mit Teilnahmslosigkeit strafen. Einfach miese Eltern.

Meine Eltern haben uns wie Geschwister behandelt.
Vielleicht eher: Meine Eltern haben uns behandelt, als wären wir Geschwister, sonst klingt es, als wären sie die Geschwister der Eltern.

sehr gut. Wird auf jeden Fall geändert. Ich wollte die Tage mal ein bisschen überarbeiten, nachdem ich so viele gute Anregungen bekommen habe.

Die Sache mit dem Tennistrainer muss ich mir nochmal vorknöpfen. Da sind einige Ungereimtheiten. Deine Anmerkungen dazu, beziehe ich dann mit ein. Das überschneidet sich mit einigen Anmerkungen Anderer und genau zum Tennistrainer werde ich nochmal zwei Absätze hinzufügen.

Übrigens ist das mit Anant und Anantapur tatsächlich Zufall. Aber was für ein Zufallstreffer! Cool, dass du das weißt und ich jetzt auch :Pfeif: Gerade auch wie du das als Metapher ansiehst, die dieser Zusammenhang, wenn man die Etymologie kennt, ja auch darstellt, finde ich toll. Danke dir! Das bereichert für mich den Text. Allein das Wissen darum :)

Danke für dieses sehr gute Feedback und bis bald!
Carlo

 

Hey @Carlo Zwei,
ich bin gerade zeitlich nicht so auf der Höhe und muss wohl auch erstmal wieder ins Kommentieren finden, drum komm ich noch mal vorbei...

Ja, okay. Ich hab s gerafft :lol:
Oje, wollte dir das gar nicht so unter die Nase reiben, hab es für mich selbst versucht zu verstehen, war aber schwer und darum habe ich immer nur das Gleiche wiederholt.

o weier, da habe ich bzw. die Story bei dir, glaube ich, den falschen Nerv getroffen. Das tut mir leid. Runtergebrochen bleibt bei mir vor allem hängen, dass du die Protagonistin nervig findest. Ich kann auch verstehen, woher das kommt, sehe das auch. Vielleicht kann ich das ein bisschen aushebeln, indem ich da Schlüsselstellen rausnehme. Dass du sie dann magst, bezweifle ich aber trotzdem; das war nicht nur ein bisschen Antipathie ihr gegenüber, fürchte ich. Damit geht es dir hier bei den Kommentator wahrscheinlich am ehesten wie Chutney (auf deren Meinung ich auch einiges gebe). Ich nehme da vor allem als Erfahrung (mit dieser Story) raus, dass es wirklich auch nochmal im Feinen unterschiedliche Geschmäcker bei dieser Art Story (für mich ist das eine Art zu schreiben) gibt.
Haha, nee, da muss dir natürlich gar nix leid tun und sooo schlimm war es nun auch wieder nicht :rotfl:Aber im Ernst, ich habe mich nach dem Lesen und meinem Kommentar noch öfters gefragt, was mich an deinem Text eigentlich so triggert. Ich glaube auch nicht, dass das Ändern von Schlüsselstellen viel an meiner Antipathie ändern würde, aber wer weiß. Wenn ich Chutneys Kommentar beim Querlesen richtig verstanden habe, dann war sie meist genervt, wenn sie dachte, da kommt jetzt aber der Autor durch. Das war bei mir dann, glaube ich, genau umgekehrt. Nur deine Fähigkeit Stimmung zu erzeugen, macht den Text ok für mich. Mich nervt wirklich nur deine Prota und dass sie so viel Raum kriegt für ihr selbstverliebtes Gelaber - Entschuldige!

Bei der Ellipse würde ich das nicht 'fehlerhaft' nennen, sondern (bedeutungs-)'offen' (im Gegensatz zu geschlossen, verständlich etc.) – das kann durchaus auch eine große Qualität sein. Da sehe ich auch einen wesentlichen Aspekt deiner Kritik. Ich glaube, dass du die Offenheit des Textes nicht magst, vielleicht auch, dass die Story dir nicht genug geboten hat, als dass du bereit gewesen wärst, dich auf diese Offenheit einzulassen; also Leerstellen vermehrt selbst zu füllen. Das heißt, sie knüpft bei dir emotional oder wie auch immer nicht an. Du hast ja dann auch gefragt, ob das vielleicht an deinen Präferenzen liegt. Ich denke, ja. Einerseits habe ich das Gefühl, dir ist der 'gehobene' Ton der Story zuwider – was ich verstehen kann, mir geht es mit anderen Texten auch manchmal so. Andererseits (Achtung, jetzt wird's spekulativ) sind das vielleicht einfach auch Figuren und Konflikte (vielleicht Sprachbilder), die in deiner Erfahrungswelt abgedeckt sind. Ich kann das nicht besser ausdrücken. Was ich meine ist, dass du das alles womöglich irgendwie kennst. Vielleicht würdest du sogar ähnliche Themen beackern. Aber da lehne ich mich aus dem Fenster, gebe ich zu.
Hier hab ich noch mal zwei Anmerkungen/Fragen:
1. Der Satz auf den ich mich mit der Ellipse beziehe:
Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht.
Du schreibst, dass der bedeutungsoffen sei, aber ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst. Also ich lese das so: Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie [sehe] mich nicht. Und das ist in meinem Verständnis kein grammatikalisch korrekter Satz. Darum sagte ich, dass die Ellipse (also: aber sie mich nicht) fehlerhaft ist, weil ja der Satz, wenn ich ihn ausschriebe auch fehlerhaft wäre. Oder nicht? Sehe ich hier irgendwas nicht? Hab jetzt schon ne Weile gegrübelt, komm aber nicht voran.

Und 2. bezieht sich meine Kritik, die ja gar keine Kritik sein will, sondern nur ein Leseeindruck, nicht auf die Offenheit und die Leerstellen des Textes. Ich mag Offenheit und Leerstellen und ich denke, kann mich jetzt aber nicht mehr so richtig erinnern, dass es beim Hafentext doch auch eine gewisse Offenheit gab, oder? Naja, jedenfalls mag ich auch sehr gerne so mäandernde Gedanken, ich mag es sehr gerne, wie deine Prota von x nach y nach z springt - wo wir wieder bei Lesevorlieben sind, da gehört dein Text, die Textart auf jeden Fall wieder rein. Ich mag nur deine Prota nicht, darum hat sie keine Chance bei mir mit ihren mäandernden Gedanken zu punkten. Ja, und vielleicht hat es was mit der Erfahrungswelt zu tun, die du ansprichst, dass ich das alles irgendwie kenne und vielleicht war ich ja auch mal da und dachte, ich kacke Weisheit auf die Welt, aber am Ende wars eben doch nur ein Haufen Mist ... Ich nehme deine Prota als unreflektiert und selbstverliebt war und finde das unsympathisch, aber offenbar bin ich da ja relativ allein mit diesem Empfinden, darum ist es am Ende auch wurscht und hilft dir nicht weiter, selbst wenn ich jetzt am Text herleite, woher dieser Eindruck kommt. In einem größeren Zusammenhang könnte es ja dann wieder funktionieren, also wenn diese Prota eine Perspektive von vielen wäre, dann hätte ich ja andere POVs, die da einen Gegenpol aufmachen und die Perspektive deiner Prota relativieren. In diesem Text ist es aber eben nicht so. Nichtsdestotrotz, mag ich, wie du schreibst und werde gerne einen Roman von dir lesen (wenn ich mich richtig erinnere, irgendwo davon gelesen zu haben, dass du an einem arbeitest).

Liebe Grüße
Katta

 

Hey @Katta ,

danke, dass du extra nochmal schreibst :) ist auf jeden Fall mega nett, dass du so oft betonst, dass es an Ari liegt heheh. Wie auch immer, es war auch nochmal wichtig. Gerade dieser Punkt mit dem Vergleich zwischen deinem und Chutneys Kommentar. Danke jedenfalls!

Wenn ich Chutneys Kommentar beim Querlesen richtig verstanden habe, dann war sie meist genervt, wenn sie dachte, da kommt jetzt aber der Autor durch. Das war bei mir dann, glaube ich, genau umgekehrt. Nur deine Fähigkeit Stimmung zu erzeugen, macht den Text ok für mich.

Okay, das ist natürlich was anderes und ja, jetzt wo du es nochmal analysierst – stimmt schon. Und danke für das implizite Lob. Tut immer gut.

1. Der Satz auf den ich mich mit der Ellipse beziehe:
Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie mich nicht.
Du schreibst, dass der bedeutungsoffen sei, aber ich habe wirklich keine Ahnung, was du meinst. Also ich lese das so: Hinter der Sonnenbrille sehe ich alle, aber sie [sehe] mich nicht. Und das ist in meinem Verständnis kein grammatikalisch korrekter Satz. Darum sagte ich, dass die Ellipse (also: aber sie mich nicht) fehlerhaft ist, weil ja der Satz, wenn ich ihn ausschriebe auch fehlerhaft wäre. Oder nicht? Sehe ich hier irgendwas nicht? Hab jetzt schon ne Weile gegrübelt, komm aber nicht voran.

Hmm. Am liebsten würde ich Friedrichard rufen wie so einen Dschinn, der könnte dann ein Machtwort hierüber sprechen. Also ich will mich ja darauf einlassen. Bisher habe ich das für korrekt gehalten und angenommen, in der Ellipse dürfe sich auch eine konjugierte Form verstecken. Ach, was solls: @Friedrichard (Tut mir leid, aber ich finde es einfach wirklich nicht im Internet und denke, es ist eine interessante und diskussionswürdige Frage).
Letztlich, würde ich jetzt sagen: ist Ermessen. Womit man dann auch wieder bei der Frage der Offenheit wäre – ist die Leserin bereit, die Konjugation vorzunehmen oder nicht bzw. dem Text zuzugestehen, dass sie dort im angedeuteten Raum verborgen liegt?

In einem größeren Zusammenhang könnte es ja dann wieder funktionieren, also wenn diese Prota eine Perspektive von vielen wäre, dann hätte ich ja andere POVs, die da einen Gegenpol aufmachen und die Perspektive deiner Prota relativieren.

Ja, das ist ein guter Gedanke. Ich glaube, ich habe sie nicht als so nervig empfunden, sodass ich es auch nicht für nötig gehalten habe. Sperrig ja, aber nicht wirklich nervig oder zumindest nicht ätzend. Aber was man nervig findet und was man verzeiht, dass ist nun mal auch persönlich zum Teil, wenn's nicht gerade um gewisse Kanzlerkanditaten geht, wo wir wieder bei Friedrichard wären – das ist schon fast intersubjektiv.
Grundsätzlich aber ist das schon eine gute Idee. Zumal wenn die Sympathie etwaiger Lesender gegenüber der Hauptfigur infrage steht. Da passt vielleicht das Beispiel von Molières Misanthrop, den man ja auch erst so richtig im Spiegel seiner Mitmenschen versteht.

Roman von dir lesen (wenn ich mich richtig erinnere, irgendwo davon gelesen zu haben

Das ist cool zu hören. Ja, es gab verschiedene Projekte. Auch Am alten Hafen ist letztlich das erste Kapitel zu einem Pitch. Aber ich suche gerade noch nach einem Projekt, dass mich auch ein Jahr oder anderthalb bei der Sache hält. Die Geschichte "Twiggy", die ich hier mal gepostet habe, ist mittlerweile siebzig oder mehr Seiten lang. Aber ich möchte am liebsten etwas Neues, mit neuer Energie. Du wirst es jedenfalls erfahren, wenn es soweit ist, heheh :gelb:

Danke, dass du nochmal vorbeigeschaut hast!
Lieben Gruß
Carlo

 

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