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Wälder des Nordens

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10.08.2004
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Wälder des Nordens

>>Wohin seid ihr gegangen? Mich zurückzulassen... <<

Er rannte wie ein gehetztes Tier, orientierungslos und ohne Ziel. Der Puls hämmerte in seiner Brust. Es kostete ihm viel Kraft, sich einen Weg durch das Gewirr von Bäumen zu bahnen. Geäst peitschte ihm ins Gesicht, hinterliess rote Furchen. Vor seinem inneren Auge spielten sich Schreckensszenarien ab, Schreie verhallten in seinem Kopf. Aus den Schreien wurde schliesslich ein Murmeln. Es wurde immer lauter, befahl und bedrängte ihn. Er versuchte sich zu wehren, es zu erdrücken. Beide Hände presste er an sein Haupt. Augenblicklich verstummte es, als wäre es nie da gewesen. Benommen blieb er stehen und horchte in sich hinein. Doch da war nichts, nur das rasende Pochen seines Herzens.

Er schaute sich um. Dem Geschehen um ihn herum hatte er bisher keine Beachtung schenken können. Mit dem Blick eines Tunnels hatte er nur seinem eigenen Verderben zu entfliehen versucht. Da waren jedoch nur Nadelbäume, ein endloses Meer von Tannen. Nicht diese hölzernen Riesen aber, machten diesen Ort so unscheinbar. Es war diese, noch nie empfundene Stille. Nichts regte sich in der Abenddämmerung, kein Geräusch war wahrnehmbar. In diesem Niemandsland war man ganz auf sich allein gestellt, Mensch gegen Tier. Diese Untat, die man ihnen angetan hatte, konnte nicht das Werk eines Menschen sein…

Gleich preschte er wieder los. Diese Ruhepause hätte er sich nicht leisten dürfen. Jede Sekunde war kostbar und entschied über sein Schicksal. Der Himmel erstrahlte nun in warmen Farben, Schatten wurden immerzu länger. Seine Glieder waren schwer wie Blei, wollten seinem Willen nicht mehr Folge leisten. Es war seine willenstarke Verbissenheit, die ihn so weit hatte kommen lassen, doch im jetzigen Zeitpunkt war sie bedeutungslos geworden. Verzweifelt versuchte er sich weiterzuschleppen, etliche Male stützte er sich an Stämmen um nicht zu fallen. Irgendwann hatte alles keinen Sinn mehr. Die Erschöpfung war zu gross und sein Unterleib fühlte sich ganz taub an. Gezeichnet von den Strapazen liess er sich niedersinken. Wie gelähmt lag er zwischen Farn und Moosen. Der erdige Geruch des feuchten Waldbodens vernebelte seine Sinne. Es dauerte nicht lange, da überwältigte ihn der Schlaf.

Plötzlich befand er sich an einem stillen See. Dieser Ort war ihm fern und gleich so nah. Die glatte Oberfläche widerspiegelte die umliegenden Wälder. Apathisch blickte er in diese unwirkliche Spiegelwelt, versank beinah in ihr. Ein gleissendes Licht liess die Illusion verblassen. Er erblickte ein loderndes Feuer am Ufer des dunklen Gewässers. Ein Steinwurf davon entfernt, sassen vertraute Gestalten. Sie riefen ihm etwas zu, die Wortfetzen erstarben jedoch auf halbem Weg. Ein trüber Schleier legte sich über dieses Fragment seiner Erinnerung. Unerwartet stiegen schreckliche Bilder in seinem Geiste auf. Er verstand nicht…

Etwas hatte ihn aus seiner nächtlichen Abwesenheit aufschrecken lassen, er wagte nicht die Augen zu öffnen. Etwas stimmte nicht… Sein linker Unterarm fühlte sich seltsam nass an. Ein unerklärbarer, rauer Reiz hatte ihn gekitzelt. Nach einigen Sekunden fasste er Mut und schlug die Lider auf. Zwei grosse Nüstern bliesen ihm Atem ins Gesicht. Aschfahl blickte er direkt in ein riesiges Augenpaar. Vorsichtig versuchte er sich aufzurichten, diese Bewegungen hatten jedoch schon ausgereicht, dies anmutige Tier in die Flucht zu schlagen. Das braune Wesen mit dem mächtigen Geweih war ins Unterholz eingetaucht und so aus seinem Blickfeld entwischt. Ein Lächeln verzauberte sein Gesicht, seine einstigen Kräfte waren zurückgekehrt.

Doch die Freude war nur kurzer Dauer. Die widerliche Nässe an seinem Arm liess ihn auf seinen Körper herabblicken. Etwas sprang ihm in die Augen, was er zuvor nicht bemerkt hatte. Ihm war unbegreiflich wie er dies bisher hatte vereiteln können. Er begann heftig zu zittern, seine Brust schnürte ihm die Luft ab. Beide Arme…, beide Arme waren besudelt mit angetrocknetem Rot, es war nicht sein eigen… Befürchtungen wurden zunehmend zu seiner eigenen Wahrheit, Gedanken lichteten sich. Die Fenster seiner Seele weiteten sich ins unermessliche.

>>Nein, das durfte nicht sein… <<

 

Ich hoffe ich habe die Handlung der Geschichte weder zu wage noch zu offensichtlich formuliert. Ich wollte eine Geschichte erschaffen bei der, der Leser etwas nachdenken und Indizien deuten muss um die wirkliche Handlung zu verstehen.

Gruss Aliesa

 

Salut Aliesa!
Die lange versprochene schriftliche Anmerkung zu deiner Geschichte. Ich weiss, es hat lange gedauert, aber da wir jetzt wieder Schule haben, habe ich ja Zeit *lächel*.

Du hast meiner Meinung nach einen spannenden Stil, auch wenn manchmal der ein oder andere Ausdruck fehl am Platz scheint (Ein unerklärbarer, rauer Reiz hatte ihn gekitzelt...). Deine Worte spiegeln eine leise Wehmut wider, auch etwas von der Welt der Phantastik und Musik. Was mir gefällt, ist die Notwendigkeit des Nachdenkens und Interpretierens. Auch, wenn ich vielleicht nicht sofort draufgekommen bin, was du sagen willst, jedenfalls nicht nach dem ersten Ausschnitt, den ich von dieser Geschichte las, so bietet doch diese Geschichte viel Stoff zum Überlegen.

Der letzte Satz macht es offensichtlich, vielleicht ein wenig zu offensichtlich. Gerade diesen letzten Abschnitt würde ich ändern, deine Absicht ein wenig verschleiern...

Hat mir gefallen.
Marana

 

Hallo Marana!

Schön das dir meine Geschichte gefallen hat!!

Zu deiner Kritik:

auch wenn manchmal der ein oder andere Ausdruck fehl am Platz scheint (Ein unerklärbarer, rauer Reiz hatte ihn gekitzelt...).
Dieser Ausdruck scheint nur fehl am Platz wenn man ihn nicht zu interpretieren weiss.
Damit wollte ich andeuten was ihn geweckt hatte. Gemeint ist, dass ein Hirsch oder Rentier an seinem Arm geleckt hat. Zungen haben eine rauhe Oberfläche, können aber auch auf der Haut kitzeln wenn man geleckt wird.


Der letzte Satz macht es offensichtlich, vielleicht ein wenig zu offensichtlich.
Ursprünglich war das Ende nocht nicht so offensichtlich. Es lautete lediglich:
>>Nein, das durfte nicht sein…<<
Doch da ich den Eindruck hatte, das Niemand meine Geschichte interpretieren kann, habe ich es dann abgeändert.
Danke für dein Tipp: ich werde das Ende wieder umändern.

Gruss Aliesa

 

Hi Aliesa!
Nach langer Zeit habe ich es geschafft, deine Geschichte zu lesen. Dein Stil gefällt mir sehr gut, auch wenn ich nicht genau verstehe, um was es dir bei dieser Geschichte geht. Hat dein Prot jemanden erlegt oder woher kommmt das Blut? Gut, es ist jetzt schon spät, vielleicht verstehe ich ein andermal, was du mit dieser trotz allem sehr schön geschriebenen Geschichte sagen willst. Ich fühlte mich auf jeden Fall ins Unterholz eines unberührten Urwalds zurück versetzt.
Liebe Grüße,
vicious

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Aliesa,

deine Geschichte ist ganz gut geschrieben. Sie ist spannend und regt tatsächlich zum Nachdenken an. Da du genau das bezwecken wolltest, hast du eindeutig dein Ziel erreicht.

Wie ich die Geschichte zunächst verstanden habe, scheint nur der Mittelteil mit dem Traum nicht dazu zu passen. Ich habe mich gefragt, was das für ein Feuer sein soll, was mir das für die Geschichte bringt. Und komme zu dem Schluss, dass es kein Tier war, das er getötet hat, richtig? Er hat einen Jäger, wahrscheinlich sogar seinen Freund getötet. Und der Hirsch dankt es ihm. Nur so macht dieser Traum eigentlich Sinn.

Einige Anmerkungen noch:

Es kostete ihm viel Kraft, sich einen Weg
ihm=ihn

Nicht diese hölzernen Riesen aber, machten diesen Ort so unscheinbar. Es war diese, noch nie empfundene Stille.
Beide Kommas sind falsch.

Diese Untat, die man ihnen angetan hatte, konnte nicht das Werk eines Menschen sein…
Das verstehe ich nicht so ganz. Das "ihnen" muss sich hier auf die Tiere beziehen. Du löst aber nie auf, was für eine Untat das war, was ihnen widerfahren ist, wodurch und wie sie leiden. Und wer letztendlich dafür verantwortlich ist. Zumindest lese ich das aus deiner Geschichte nicht heraus.

Es war seine willenstarke Verbissenheit,
willensstark

doch im jetzigen Zeitpunkt war sie bedeutungslos geworden.
„zum jetzigen Zeitpunkt“ oder besser und kürzer „jetzt“

Ein Steinwurf davon entfernt,
Einen

Die Fenster seiner Seele weiteten sich ins unermessliche.
ins Unermessliche

Viele Grüße
Kerstin


P.S.: Okay, mir ist nun doch noch eine Möglichkeit eingefallen, wie wirklich alles seinen Sinn haben kann und wie du es damit vermutlich auch gemeint hast. Dann macht auch der oben kritisierte Satz Sinn, einfach alles. Kam ich eben nur nicht drauf. :shy: Ich sage hier jetzt aber nicht, was ich meine, damit noch andere rätseln können. ;)

 

Hallo ihr zwei!
Ich hab mich wahnsinnig über eure Kommentare gefreut!! Dankeschön!

@vicious:
Mein Prot hat tatsächlich jemanden erlegt, das hast du richtig erkannt. Ich glaube nicht, dass du zu müde warst um meine Geschichte zu verstehen. :) Die Handlung ist schon ziemlich verworren und chiffriert geschrieben.


@katzano:

Sie ist spannend und regt tatsächlich zum Nachdenken an. Da du genau das bezwecken wolltest, hast du eindeutig dein Ziel erreicht.
Das war tatsächlich mein Ziel. Ich wollte eine anspruchsvolle Geschichte schreiben, an der man sich die Zähne ausbeissen kann!

Wie ich die Geschichte zunächst verstanden habe, scheint nur der Mittelteil mit dem Traum nicht dazu zu passen.
Es ist eigentlich genau das Gegenteil: Der Mittelteil passt nicht mit der Realität zusammen. Der Mittelteil am See ist ein Traum. Der Traum eines Ereignisses das er vor geraumer Zeit miterlebte.

Ich habe mich gefragt, was das für ein Feuer sein soll, was mir das für die Geschichte bringt.
Es ist ein simples Lagerfeuer.

Und komme zu dem Schluss, dass es kein Tier war, das er getötet hat, richtig? Er hat einen Jäger, wahrscheinlich sogar seinen Freund getötet.
Damit liegst du richtig!! Doch hat er eine Person oder Personen getötet?!

Und der Hirsch dankt es ihm.
Der Hirsch ist nur neugierig :)

Diese Untat, die man ihnen angetan hatte, konnte nicht das Werk eines Menschen sein…
Zu diesem Satz möchte ich noch nicht zu viel sagen...


Und danke für die Korrektur der Orthographie & Kommas!!

Wenn es gewünscht wird, werde ich die Geschichte auflösen. Aber jetzt dürft ihr gerne noch ein bischen mitraten :D

 

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