Warten
Es war einer dieser kalten und nebligen Novemberabende, an denen sich niemand gerne draußen aufhielt. Aber für seine Liebste stellte er sich doch gerne in die Dunkelheit und ließ die feuchte Kälte in seinen Körper eindringen. Das war natürlich nicht sehr angenehm
Er hatte es schon oft auf seine Liebste gewartet und das zu jeder Jahreszeit. Aber gerade im Herbst, war es doch sehr unangenehm. Eigentlich war er es immer der wartete. Daran erinnern, wann sie einmal auf ihn gewartet hatte, das konnte er nicht, nein beim besten Willen nicht. Es war der normale Ablauf, wenn sie sich verabredeten. Er war über pünktlich und wartete und Sie verspätete sich und ließ auf sich warten. Das war mittlerweile zur Gewohnheit geworden, zu einer für ihn ungeliebten, ärgerlichen Tradition.
Gegen die Kälte hüpfte auf der Stelle, lief hin und her, hauchte in seine Fäuste und immer wieder ging sein Blick zur Uhr.
Um 8 Uhr abends hatten Sie sich verabredet und genau in diesem Moment, fing die Kirchturmuhr an zu schlagen. Acht Mal hörte er den Glockenklang und dann schaute er sich um, aber niemand war zu sehen. „Ging die Uhr vor?“ schoss es ihm durch den Kopf. „Nein, dass konnte nicht sein. Es war 8 Uhr und basta. Jetzt sollte sie hier sein.“ Aber sie kam nicht, so oft er auch auf die Uhr schaute, es änderte sich nichts. Er zappelte und wackelte in der Kälte, aber wie sehr er auch versuchte gegen die Kälte anzuarbeiten, es half nicht viel. Er fühlte sich ziemlich durchgefroren und im Stich gelassen.
5 nach 8 und wieder musste er warten. Es war immer das gleiche, er kam pünktlich, gab sich Mühe und versuchte immer dann an Ort und Stelle zu sein, wenn er es zugesagt hatte. Wollte er sich um 5 Uhr treffen, so war er auch spätestens um 5 Uhr dam, meistens um viertel vor 5. Wenn er sich um halb drei verabredet hatte, so war er um halb drei oder früher da. „Warum sonst sollte jemand sich zu einer bestimmten Uhrzeit verabreden, wenn er doch immer eine halbe Stunde später kam. Hieß denn dann 8 Uhr 8:30 UHR, aber warum sagt man dann nicht gleich 8.30 Uhr?“ Er verstand diese Verhaltensweise nicht.
10 nach acht und langsam wurde er ein wenig ärgerlich. Er hatte das Gefühl schon Stunden zu warten und irgendwie wurden ihm viele Gelegenheiten bewusst, bei denen sie zu spät gekommen war. Er addierte die Wartezeiten auf und kam auf einen unfassbar großen Zeitraum, den er nur mit warten verbracht hatte. „Was für eine Zeitverschwendung!“ Diese Vorstellung steigerte seine Wut erheblich. Zunächst war er nur wütend, fand aber keine Worte. Dann aber begann er vor sich hin zu schimpfen. „Immer muss ich warten. Beim nächsten Mal gehe ich um Punkt 8 Uhr wieder weg. Es ist eine Unverschämtheit, immer das gleich…..!“ und so weiter und so weiter ……. Beruhigen konnte er sich nicht und er wollte es auch nicht.
15 Minuten nach 8, sein Schimpfen wurde immer lauter. Andere Passanten die vorbei kamen, schauten ihn etwas merkwürdig an und er blickte grimmig und böse zurück. Die Leute schauten dann schnell zur Seite und sahen, dass sie weiterkamen. Immer wieder schaute er auf die Uhr und jedes Mal wurde er ein bisschen wütender. Er konnte allerdings auch nicht gehen, dazu war er zu Pflichtbewusst. Er hatte zugesagt um 8 Uhr da zu sein und er hielt sein Versprechen. Er war zuverlässig. Er wollte im Recht bleiben und wenn sie dann kam, wollte er es sie spüren lassen, sie ganz klein machen und ihr deutlich zu verstehen geben, was sie ihm wieder angetan hatte. „Irgendwann muss sie doch einmal begreifen, dass das nicht geht. Immer mich warten lassen. Sie hat keinen Respekt vor mir. Aber das mache ich nicht mehr mit. Soll sie sich doch einen anderen Dummkopf suchen, der auf sie wartet und sich alles Bieten läst. Dieser unpünktlichen Schnecke werde ich es zeigen. Wenn sie hier noch auftaucht, werde ich ihr ordentlich Bescheid sagen, so richtig den Marsch blasen. Nicht mit mir!.“
20 Minuten nach Acht. Sein Gesicht hatte sich mittlerweile zu einer Wut verzehrten Fratze verformt. Sein Körper begann zu zittern. Er verlor so langsam die Kontrolle über sein Handeln. Plötzlich hielt er inne, ganz ruhig war er geworden und wie vor Spannung erstart lieb erstehen. Da hörte er schnelle Schritte, die näher kamen und schon konnte er sie erkennen: „Da kommt sie endlich. Nach endlich.“ Nun wusste er instinktiv wie er seine Wut loswerden konnte. Er setzte sich in Bewegung, auf die Frau zu und bei jedem Schritt den er näher kam, wurde er wütender. Er wusste, wenn er bei ihr war, würde er von dieser Wut und diesem Hass, der sich in ihm aufgestaut hatte, befreit. Als er vor ihr stand, nahm er ihr Gesicht und ihre Worte nicht mehr wahr. Er bemerkte auch nicht wie er plötzlich los schlug und trat und nicht eher aufhörte zu schlagen und zu treten bis sein Opfer sich nicht mehr bewegte. Er stand vor ihr, war ganz ruhig und starte auf die vor ihm liegende Frau. Plötzlich hörte eine entsetzte und angsterfüllte Stimme hinter sich: „Was hast Du getan, Robert?“