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Warum die Kinder dieses Jahr vergeblich auf den Weihnachtsmann warten (feat. Tserk)
Es klingelte - zum fünften Mal. Crocodile Harry sprang auf und rannte wie besessen zur Haustür. Ein Blick hinaus bestätigte seine Vermutung: Es war schon wieder keiner da.
"Niemand, absolut niemand darf ungestraft Klingelstreiche mit Crocodile Harry treiben!", rief er wutentbrannt und schlug die Tür so fest zu, dass sie fast aus den Angeln fiel. Doch gerade, als er sich umdrehte, klingelte es erneut.
"Jetzt reicht's!" C.H. trat die Tür von innen ein.
Die marode Tür fiel nach außen und damit auf den Kopf des kleinwüchsigen Priester Brasson.
"Was fällt Ihnen ein, C.H.!", krächzte Brasson, während er sich unter der Tür hervorarbeitete.
"Selbst schuld, was klingeln Sie auch dauernd an meiner Tür, Sie gnomartiger ... Gnom!"
"Ich würde nie an Ihrer Tür klingeln, Sie Barbar!"
"Ach, dann war das wohl gerade der Weihnachtsmann, was?"
"Hat mich wer gerufen?", fragte der Weihnachtsmann, der nun aus dem Schatten des gegenüberstehenden Baumes trat. C.H. war kurz perplex.
"Ihr seid doch alle krank."
Mit Mühe und Not stellte C.H. die Tür wieder auf, während der Weihnachtsmann und Brasson gelangweilt zusahen. "Hört auf zu gaffen und verschwindet, ihr Idioten!", rief er.
"Meint er uns?"
"Ich glaube nicht. Er sagte was von Idioten, wenn ich das richtig mitbekommen habe", antwortete Brasson.
"Da hast du sicher Recht, Brasson. Aber dieser C.H. hat trotzdem 'ne Meise. Ist wohl die Einsiedlerkrankheit ..."
"Jetzt reicht's endgültig! Wieso habe ich euch überhaupt erfunden? Nichts als Ärger hat man mit euch!"
C.H. brachte die Tür mit einem kräftigen Ruck wieder an ihre ursprüngliche Position und strich Brasson und den Weihnachtsmann aus seiner Gedankenwelt.
Er ging zu seinem Schrank mit der Aufschrift "Stoff", genehmigte sich einen Schluck Wodka und setzte sich geräuschvoll auf seinen Ohrensessel. "Was habe ich nur falsch gemacht?", dachte er laut.
"Alles begann so harmlos ... Es war doch nur ein Spiel."
In diesem Moment klingelte es wieder, allerdings nicht an der Tür. Diesmal war es das Telefon. C.H. überlegte kurz, ob er abnehmen sollte. Womöglich wäre der Weihnachtsmann dran ... Egal.
"Hallo?"
"Was genau meinten Sie mit 'Wieso habe ich euch überhaupt erfunden'?"
C.H. seufzte. Hörte das denn nie auf.
"Nichts! Es war nur ein Spaß, entstanden aus purer Verzweiflung! Ihr macht mich alle wahnsinnig!"
"Herr C.H.! Ich hatte bisher immer sehr viel Respekt vor Ihnen. Aber wenn Sie weiter so wirr reden, dann muss ich an Ihnen zweifeln!", meckerte der Weihnachtsmann.
"Sie zweifeln an mir? Sie an mir? ... Das ist doch nicht normal ... nicht normal, hören Sie?", keifte er ins Telefon.
Der Weihnachtsmann hatte bereits aufgelegt, noch bevor C.H. aussprechen konnte. Stattdessen klingelte es erneut an der Tür. C.H. schwitzte und zitterte plötzlich am ganzen Körper. Er atmete hektisch ein und aus. Auf seiner Stirn bildete sich eine gefährliche Ader. Dennoch ging er zur Tür, öffnete aber nicht sofort.
"Wer ... ist ... da?", brachte er gepresst hervor.
"Hier ist Brasson. Machen Sie gefälligst die Tür auf! Wir wollen Antworten! Sofort!"
C.H. wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. Der bis vor wenigen Minuten stramme Bursche hatte sich zu einem gebrochenen Mann gewandelt, einem Abbild des Schattens seiner selbst. Resigniert öffnete er die Tür.
"C.H.! Wir werden erst gehen, wenn wir wissen, was für ein Spiel Sie hier mit uns treiben. Sagen Sie uns endlich, was wir wissen müssen, sonst holen wir die Polizei!"
"Die Polizei", sagte C.H. leise. "Welch amüsante Vorstellung ..."
Er war einige Momente lang ruhig, dann schien er erst zu begreifen, was Brasson gesagt hatte.
"Die Polizei? Woher kennen Sie die Polizei? Ich habe doch niemals ..."
Hastig drehte er sich um und begab sich schnell in sein Arbeitszimmer, wo er seine Unterlagen nochmals eingehend studierte.
Währenddessen hörte er bereits Sirenen näher kommen. C.H. war erstaunt, denn er wusste: Die nächste Siedlung und damit die nächste Wache war mehr als 60 Meilen entfernt. C.H. war ganz konfus, hatte er doch gerade aus Versehen das Genre gewechselt. Seine Figuren regten ihn einfach zu sehr auf. Er korrigierte den Fehler mit der Wache.
Nun war die nächste Stadt und somit Polizeistation über 50 Kilometer weit entfernt, und hatte mit dieser Geschichte nichts zu tun.
C.H. freute sich über sein Talent, den Lauf der Dinge zu ändern und dachte bereits darüber nach, sich des Weihnachtsmanns und Brasson zu entledigen. Doch in diesem Moment tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter.
Erschrocken drehte er sich um und sah den Weihnachtsmann, der auf einmal sehr viel größer und bedrohlicher aussah. Der Knecht Ruprecht der Weihnachtsmänner.
"Und was ... ist das da?", fragte der Weihnachtsmann ruhig und zeigte auf das Stück Papier auf C.H.s Schreibtisch.
"Ähhh, nichts, Weihnachtsmann. Erklär mir besser mal, warum du so wahnsinnig groß geworden bist! Dann verrate ich dir auch, was ich hier habe", sagte C.H. und steckte das Papier vorsichtshalber in eine Schublade.
"Na gut, hört sich nach einem fairen Deal an. Genau genommen weiß ich gar nicht, was du meinst. Ich war schon immer so groß."
C.H. hätte es wissen müssen und war mit sich zufrieden. Lass sie nicht merken, dass du sie veränderst.
"Also gut", sprach C.H., "das Papier ist meine Lohnsteuerabrechnung. Und die geht natürlich nur mich etwas an. Deshalb kann ich sie dir nicht zeigen, Weihnachtsmann."
"Verflixt und zugenäht! Aber gut, deine Privatsphäre respektiere ich natürlich!"
Mit diesen Worten zog der nun etwas kleinere Weihnachtsmann ab nach draußen, wo er von Brasson verbal zusammengefaltet wurde. Brasson nahm die Sache nun selbst in die Hand.
Er kam wutentbrannt herein, verpasste C.H. eine Kopfnuss und packte ihn an der Gurgel.
"Nie im Leben ist das deine Lohnsteuerabrechnung, denn die hab ich für dich schon vor zwei Monaten gemacht! Sprich, C.H.! Sonst mache ich ernst!"
"Was? Sag bloß, das hast du bisher noch nicht gemacht? ... Ach, du Schwätzer, von wegen, mehr hast du doch nicht zu bieten!", rief C.H. und sein Knie fand den Weg in Brassons Magengrube.
Doch der konterte, verpasste C.H. einen Kinnhaken, der ihn taumeln ließ.
"Nicht schlecht für einen Priester", murmelte C.H. "Aber so leicht macht mich keiner fertig!"
Er nahm Kampfhaltung an und winkte Brasson heran. "Komm nur her!" Der ließ sich nicht zweimal bitten.
"Fatal Fist Of Fury!", schrie Brasson, während er unglaublich schnell zuschlug - natürlich nicht schnell genug für C.H., der sich geschickt unter Brassons Faust wegduckte und ihn sogleich mit einem Fußfeger zu Boden beförderte.
Doch C.H.s Triumph währte nur kurz, denn der Weihnachtsmann war auf den Kampf aufmerksam geworden und kam mit einem Kampfschrei auf C.H. zugesprungen.
"Ha!", rief C.H. und kickte den Weihnachtsmann weg, sodass dieser gegen den Schrank geschleudert wurde und liegen blieb, sich vor Schmerzen krümmend.
"Schwache Flugeinlage, die du da eingelegt hast! So hast du gegen mich nicht den Hauch einer Chance!"
Währenddessen hatte sich Brasson wieder aufgerappelt und klopfte sich den Staub von den Kleidern.
"Nun ja ... das war nicht schlecht", gab er zu. "Zur Belohnung zeige ich dir was."
"Häh?!", rief C.H. verwirrt. "Was willst du mir zeigen?"
"Etwas ... von meiner wahren Kraft."
"Ha, ha, ha, der war gut! Gibs doch zu, du bist am Ende!"
Brasson lächelte so diabolisch, dass selbst dem Teufel ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen wäre. Doch C.H. war nicht der Teufel.
"Haaaa!", rief Brasson, ballte die Hände zu Fäusten und spannte seine Muskeln an.
"Was ist das? Seine Kampfkraft steigt rapide an!“
Die Aura Brassons durchdrang C.H.s Körper.
"Nicht schlecht", musste er zugeben.
"Nicht schlecht? Ha, ha, ha!", rief Brasson und ging zum Angriff über. Er verpasste C.H. eine Vielzahl Schläge und Tritte, bevor er ihn endgültig zu Boden schlug.
"Pff, pff ... ha ... hahaha! Nun hast du gesehen, wozu ein Priester in der Lage ist!“ Brasson ballte eine Faust und reckte sie in die Luft.
"Nicht übel", sagte C.H., während er aufstand.
Brassons Augen weiteten sich.
"Wa-Was?! Er steht auf, als sei nichts gewesen!"
"Na ja, ein bisschen hat's schon weh getan", sagte C.H. und rieb sich die Wange.
"Doch nun ... hier", sprach er und jagte Brasson blitzschnell dreimal seinen Ellbogen in die Leber. Dieser kam nicht einmal mehr zum Luftholen, klappte mit weit geöffneten Augen zusammen und blieb liegen.
Jetzt war die Zeit gekommen, sich der Störenfriede endgültig zu entledigen.
"Viel zu lange habe ich euch beide schon ertragen ... Dabei seid ihr meine nutz- und sinnlosesten Geschöpfe ...", verkündete C.H., während er zum Schreibtisch schritt. Er nahm ein beschriebenes Stück Papier, sah es lange an, und zerriss es dann.
An einem weit entfernten Ort betrachteten zwei Männer ihr Werk. Sie waren mit sich zufrieden. Einer schaltete den Computer aus. C.H. verschwand.