Was ist neu

Wecker auf vier

(Vor)lese-Alter
(Vor)lesealter: 13-15
Challenge 1. Platz
Challenge 1. Platz
Wortkrieger-Globals
Wortkrieger-Team
Seniors
Beitritt
24.01.2009
Beiträge
4.098
Zuletzt bearbeitet:

Wecker auf vier

Unsere Klasse fuhr nicht nach Amsterdam, Paris oder Barcelona, sondern in einen Kurort für Senioren an der polnische Ostseeküste. Nach Kolberg. Im Winter. Einmal täglich scheuchten uns die Lehrer den Strand entlang, danach ließen sie uns in Ruhe und ich verbrachte den größten Teil des Tages im Keller der Jugendherberge an der Tischtennisplatte.
»Ich muss dir was zeigen!« Keine Ahnung, wo sich Hannah in der letzten Stunde rumgetrieben hatte, aber nun war sie wieder aufgetaucht und tippelte von einem Fuß auf den anderen.
»Was denn?«
»Nicht hier, draußen.«
Ich folgte ihr die Treppe hoch und vor die Tür. Sofort begann ich zu frieren.
»Siehst du ihn?«
Ich schaute mich um, sah niemanden. »Wen?«
»Leo natürlich.«
»Nee, sehe ich nicht.«
»Dort drüben.« Sie deutete mit einem Kopfnicken zum Spielplatz hinüber. »Im Schiff.«
Durch eines der Bullaugen erspähte ich tatsächlich Leos Lockenkopf.
»Guck da nicht so auffällig hin!«
»Die beachten uns doch gar nicht.«
»Eben. Und genau deshalb musst du mir einen Gefallen tun.«
»Hä? Mir ist saukalt. Ich geh wieder rein.«
»Ja, zieh dir was an und komm wieder raus.«
»Und dann?«
»Frag doch nicht immer so viel. Tu mir bitte, bitte einfach den Gefallen.«
Was auch immer Hannah vorhatte, sie würde keine Ruhe geben, also holte ich Mantel und Mütze und ließ mich von ihr hinter den Fahrradschuppen ziehen, wo sie eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche zog.
»Seit wann rauchst du?«, fragte ich.
»Ich muss üben.«
»Rauchen?«
»Damit ich mit zu denen ins Boot kann.« Sie nestelte das Zellophan ab.
»Du spinnst!«
Hannah steckte sich eine Zigarette in den Mund und zündete sie an, stieß den Rauch aber sofort wieder aus.
»Warum willst du mit ins Boot?«
»Weil Leo da drin ist!«
»Ja, und?«
»Ich stehe auf ihn.«
»Seit wann?«
»Seit drei Stunden. Mel hat mit ihm Schluss gemacht.«
»Hat sie?«
»Wenn du nicht den ganzen Tag im beschissenen Keller beschissenes Tischtennis spielen würdest, würdest du auch was vom Leben mitbekommen.«
»Wusste gar nicht, dass du auf Leo stehst.«
»Mann! Der war mit M E L zusammen.« Hannah grinste breit. »Bis heute Nachmittag.«
Wieder paffte sie an der Zigarette, wieder verzog sie das Gesicht.
»Schätze, du musst das Zeug auch einatmen«, sagte ich.
»Weißt du, wie eklig das schmeckt? Ich mach das step by step.« Sie hielt mir die Kippe hin. »Willste auch mal?«
»Ich stehe nicht auf Leo. Ich geh wieder rein.«
»Warte!« Hannah nahm noch einen Zug, diesmal nicht Backe, und begann sofort zu husten. »Scheiße!«, sagte sie, als der Anfall vorbei war. Sie trat die Zigarette aus. »Nach dem Abendbrot üben wir weiter.«
»Echt jetzt? Leo, ja?«, fragte ich.
»Der ist doch süß. Und der weiß, wie es geht.«
»Wie was geht?«
»Na, Sex halt.«
Ich zeigte Hannah einen Vogel.
»Tue nicht so, als ob es dir egal wäre.«
»Und wenn doch?«, fragte ich.
»Und warum frisst du dann die Pille?
»Das war die bescheuerte Idee meiner Mutter.«
»Bist aber brav zum Arzt gerannt.«
»Du doch auch!«
Hannah grienst. »Eben.«
Ich schüttelte den Kopf. Leo, da konnte sie rauchen, bis ihr die Lunge krepierte, einen wie den wird sie nie abbekommen. Werden wir nie bekommen. Wir dürfen von solchen Typen nur träumen. Und das auch nur heimlich.

Abends reiste eine weitere Klasse an. Sie kamen aus Hannover, waren zwei Jahrgänge älter und unglaublich laut. Aus jedem Zimmer röhrte Musik, Matratzen wurden hin und her getragen, Türen geschmissen. Innerhalb von Minuten wurde der Flur zum Rummelplatz. Ich hatte Kopfschmerzen, Hannah hockte im Nachbarzimmer. Wenn einer der Hannoverjungs an deren Tür vorbeigockelte, glucksten oder kreischten sie oder riefen dämliche Kommentare. Aus dem Fenster sah ich vier der Hannovermädchen beim Piratenschiff. Sie standen vor den Bullaugen, aus denen Leo und seine Kumpels die Köpfe steckten. Es wirkte nicht so, als würde Leo wegen Mel trauern. Er kletterte aus dem Schiff und setzte der Blonden nach, die kreischend vor ihm weglief. Leo fing sie im Handumdrehen ein, nahm ihr die Kippe weg, zog daran, tat, als ob er sterben würde. In diesem Moment wurden die Mädels zurück ins Haus gepfiffen. Es gab Abendbrot für die Neuankömmlinge. Pech für Leo. Vielleicht hätte sie ihm ja das Leben gerettet. Jetzt musste er sich ganz allein retten.

Hannah stürzte ins Zimmer und durchwühlte ihren Koffer. »Wir organisieren eine Disko. Unten im Tischtenniskeller.«
»Aha.«
»Ein paar sind los, besorgen was zum Trinken.«
»Schon klar.«
»Das wird der Hammer!«
»Sicher.«
»Ich muss dringend was mit meinen Haaren machen!«
Vielleicht hätte sich Hannah einfach Zöpfe flechten sollen wie das Mädel aus Hannover, für das Leo gestorben war. Aber sie hielt schon Föhn, Bürste und Haarspray in den Händen, bereit für die Spiegelbelagerung im Waschraum. Als sie zurückkam, sah sie aus, wie einmal durch die Autowaschanlage geschoben.
»Krass, oder?«, sagte sie.
Ich nickte. In der Tat.
»Mel hat mir die Haare gemacht«, sagte sie stolz.
»Mel?«
»Ja.«
Das war schräg. Wahrscheinlich hatte Mel ohne Leo einfach Langeweile.

Wodka für die Cola bekam man auf der Toilette. Hannah hatte nur Augen für Leo, Leo für die Hannover-Püppi, und die Hannover-Püppi für Mel? Konnte das sein? Jedenfalls hing sie an ihr wie der Tau am Grashalm. Mel interessierte sich vor allem für den Wodka. Als die Lehrer das mit dem Alkohol spitz bekamen, erklärten sie die Disko für beendet und schickten alle auf ihre Zimmer. Es war gerade mal neun. Unser letzter Abend ging richtig in die Hose. Zusammen mit drei nüchternen Hannoveranern wurde ich zum Aufräumen verdonnert. Lustlos schleppten wir die Stühle zurück in den Speisesaal und stellten die Tischtennisplatte wieder auf. Die Lehrer saßen oben Wache, wir ließen uns viel Zeit. Keiner von uns war scharf auf Zimmerarrest. Nach dem Aufräumen spielten wir Tischtennis. Ich im Doppel mit Cadan gegen die anderen beiden. Cadan war ziemlich cool auf seine Art. Irgendwie der Typ Beobachter, nicht so ein Macho oder der Alleinunterhalter vom Dienst. Auf mich wirkte er wie ein Geheimnis. Vielleicht lag das aber auch nur an seinen Klamotten: Schwarze Jeans, schwarzer Hoodie, schwarze Wollmütze, schwarze, halblange Haare. Cadan war wie ein großes, schwarzes Loch. Halb Ire, halb Chilene, geboren in der Schweiz. Und er spielte echt gut. Nach jedem Punkt, den ich für unser Team holte, klatschte er mit mir ab. Bei jedem Punkt, den ich versemmelte, sagte er: »Scheiß drauf!«
Wir waren ein super Team, bis die Lehrer uns doch auf die Zimmer beorderten. Auf der Treppe flüsterte Cadan mir zu: »Stell dir den Wecker auf vier.«
Fragend schaute ich ihn an.
»Ich warte unten auf dich.«
War das Ernst oder Verarsche? Wollte Cadan sich treffen? Mit mir? Mitten in der Nacht?
»Bis später!«
Ich schwebte ins Zimmer. Ein Typ wie Cadan! Total verrückt-verkehrte Welt! Hannah saß auf ihrem Bett und funkelte mich wütend an. »Wieso dauerte das denn so lange?«
»Wir hatten es nicht eilig.«
»Mel hat gekotzt. Die Müller ist richtig ausgeflippt.«
»Und du? Wie geht es dir?«, fragte ich, denn auch Hannah war mit ihrer Cola auf dem Wodkaklo.
»Hatte ja nur einen Drink.«
»Sei froh. Kotzen war noch nie geil.«
»Leo ist so ein Arsch!« Hannah war in Plauderlaune. Im Gegensatz zu mir.
»Klar. War er schon immer.«
»Der hatte nur Augen für die Trulla aus Hannover. Die mit den albernen Zöpfen.«
»Hm. Ist mir auch aufgefallen.«
»Der kann mich mal!«
»Biste wieder entliebt?«
»Quatsch!«
»Ich denk, der kann dich mal?«
»Mann, morgen fahren wir ab. Da ist die doch Geschichte.«
»Und dann bleibt Leo nichts anderes übrig, als sich in dich zu verknallen, oder was?«
»Du kapierst das nicht, oder? Jungfrau zu sein, ist so uncool. So vorgestern.«

Während ich kaum bis gar nicht schlief, fiel Hannah in den Winterschlaf. Sie bekam nicht mit, wie ich aufstand, mich anzog und das Zimmer verließ. Auf Strümpfen schlich ich über den Flur in den Waschraum, putzte die Zähne und bürstete die Haare.
Durch den Türspalt schimmerte Licht. Cadan hatte mich nicht verarscht. Er war da! Mein Herz beschleunigte wie ein Gepard auf Antilopenjagd. Ich hasste es dafür. In Zeitlupe drückte ich die Klinke und öffnete die Tür. Cadan saß auf dem Fußboden, die Beine lang ausgestreckt, den Rücken an die Wand gelehnt:»Hey Teammate.«
»Hey.«
»Biste also wirklich gekommen.«
»Warum denn nicht?«
»Hätte ja sein können, du kneifst.«
Ich schloss die Tür und setzte mich zu ihm. Eine Weile saßen wir einfach nur so da, sein Duft streifte meine Nase, sein gleichmäßiger Atem beruhigte mich. Es fühlte sich gut an, neben Cadan zu sitzen.
»Schließ die Augen.«
»Warum?«
»Warum nicht?«
Ich gehorchte und wartete, was folgen würde. Aber es passierte nichts. Gar nichts. Wieder hörte ich Cadans Atem und sog seinen Duft ein, der mir jetzt viel intensiver, viel schöner vorkam. Irgendwann bewegte sich Cadan neben mir. Ich spürte seinen Körper dichter an meinen heranrücken, die Berührungen unserer Beine, Arme, spürte seine Finger, wie sie mir das Haar hinter die Ohren strichen, wie sie über meine Augenbrauen glitten, die Nase nachzeichneten, um in gerader Linie über meine Lippen zum Kinn hinunter zu streifen, wieder zurück zu den Augenbrauen sprangen und Kreise auf meine Stirn malten.
»Nicht wieder aufmachen«, flüsterte Cadan und wechselte abermals seine Position. Jetzt hockte er auf den Knien über meinen ausgestreckten Beinen, blies seinen Atem über meine Stirn, meine Augen, meine Nase, meinen Mund. Blies über meinen Hals und streifte mein T-Shirt über die linke Schulter. Berührte sie mit den Lippen. Ganz sacht, als würde sich ein Schmetterling drauf setzen. In mir war völliges Chaos. Es war schön, was Cadan da tat, aber meine Gedanken überschlugen sich: Was, wenn er mich küsst? Wenn seine Hände weiter wandern? Oder ... Und dann waren da wieder nur die Schmetterlinge mit ihren sachten Flügelschlägen, Cadans Hände in meinen Haaren, auf meinen Schultern, seine Hände, die nach meinen griffen, um sie auf seinen Rücken zu legen. Na klar, ich Trottel! Natürlich sollte ich auch irgendwas tun und hier nicht sitzen wie eine schmelzende Wachsfigur. Mach es wie er, ertaste ganz langsam das Terrain. Es ist nur ein Rücken, da kann man wohl kaum etwas verkehrt machen. Langsam öffnete ich die Augen. Ich wollte Cadan sehen. Ihn zu sehen, fühlte sich sicherer an.
»Alles okay?«, fragte er.
Ich nickte.
Cadan küsste mich sanft. Konnte es nicht einfach so bleiben? Küsse hauchen, das war einfach. Und schön! Doch als Zähne und Zunge dazu kamen, gefiel mir auch das. Es fühlte sich überhaupt nicht wie sabbernder Frosch an. Nie wieder wollte ich aufhören, Cadan zu küssen. Ich war so auf unsere Münder fixiert, dass mir seine Hände unter meinem Shirt, auf meinem Rücken, meinen Schultern, meiner Taille wie ein Hintergrundrauschen erschienen. Erst, als er meine Brüste berührte, von meinem Mund abließ, mich von der Wand weg auf den Boden zog, mein Shirt hochschob, seine Lippen meine nackte Haut trafen, seine Hände scheinbar überall gleichzeitig herumspazierten, als er seinen Schoß dicht an mich presste und ich seine Erektion spürte, die feuchte Wärme in meinem Schoß zunahm, als er mir langsam die Hose öffnete, als oben jemand über den Flur lief und wir uns ganz still verhielten, auf die Schritte lauschten, setzten meine Gedanken wieder ein. Er würde doch nicht? Hier auf dem dreckigen Linoleum neben der Tischtennisplatte? Mit einer wie mir? Nein, das konnte nicht sein. Cadan zwinkerte mir zu. Schnitt Grimassen und ich musste mir das Lachen verkneifen, niemand kam die Treppe zu uns herunter, oben kehrte wieder Ruhe ein, und Cadan begann mir die Jeans über die Hüften zu ziehen. Irgendwie war ich froh, dass er mir den Slip ließ, eine kurze Freude, da er ihn später einfach beiseite schob. Mein Verstand brüllte: Hau ab! Dass willst du doch gar nicht. Nicht so! Aber mein Körper fand alles neu und aufregend und auch schön, ich ließ Cadan, ließ ihn machen, hinderte ihn nicht, als er einen Finger in mich schob, staunte, als er die Hosen runterließ, das passt doch nie, das kann ich nicht wollen, das muss wehtun, ich liebe ihn doch gar nicht, das Kondom, wo kommt das Kondom auf einmal her, ich sollte hier dringend abhauen, ich werde ihn nie wieder sehen, ist doch scheiß egal, was er von mir denkt, was Hannah denkt, Cadan der sich auf mich schiebt, jetzt ist es zu spät, er tut es wirklich.
»Autsch!«
»Ich bin gleich drin. - Bleib locker. - Ganz ruhig.«
Cadan drang ein. Ich spürte den Schmerz, spürte dieses Ding in mir, wie es sich bewegte, hörte Cadans Atem, sah sein verzerrtes Gesicht, wollte, dass es schnell vorbei ging, spürte, wie der Schmerz etwas nachließ, wie Cadan sich schneller und schneller bewegte, hörte, wie er hechelte, sah, wie er zuckte und auf mir zusammensackte. Ich spürte, wie sich sein Ding zurückzog. Cadan rollte sich von mir und streifte das Gummi ab, warf es achtlos neben sich auf den Boden. Er lag auf dem Rücken, sein Atem wurde ruhiger, mein Herz drosselte das Tempo. Es war passiert. Einfach so. Ich war keine Jungfrau mehr. Vorsichtig richtete ich mich etwas auf, nur um zu sehen, ob ich in einer Lache von Blut lag, aber ich sah keines, zog Slip und Hose an, wann hatte er mir den eigentlich ausgezogen? Cadan lag noch immer flach auf dem Boden, er hielt die Augen geschlossen, sein Gesicht strahlte Zufriedenheit aus. Ich watschelte zur Tür, sehnte mich nach einer Dusche und frischer Unterwäsche, warf einen letzten Blick auf den seligen Cadan, auf das benutzte Kondom und fragte mich, ob das Brennen zwischen den Beinen je wieder aufhören würde.

Frisch geduscht betrachtete ich mich im Spiegel des Waschraumes. Ich war noch immer nicht größer, nicht schlanker, nicht schöner, nicht fraulicher. Ich strahlte nicht, wie Mel strahlte, ich schaute in dasselbe nichtssagende Spiegelbild wie jeden Tag. Langsam zog ich die Nagelschere aus dem Etui und begann, eine Handbreit unter der Spange meinen Pferdeschwanz abzuschneiden. Strähne um Strähne fiel zu Boden, streiften dabei meine nackte Haut, bis nichts mehr übrig war, was ich abschneiden konnte. Ich öffnete die Spange, wuschelte mit den Fingern durchs Haar und betrachtete erneut mein Spiegelbild. Das war eindeutig ich und doch kam ich mir fremd vor.
Ein paar der Mädchen sprachen mich beim Frühstück an. Ich zuckte mit den Schultern. »Mir war eben danach.«
Hannah war völlig entsetzt. »Bei dir ist doch echt was gerissen!«
Wenn Hannah wüsste, wie recht sie damit hatte. Irgendwann werde ich es ihr erzählen, aber nicht jetzt, nicht hier und heute. Sie würde hundert Fragen stellen, so wie damals, als ich die Untersuchung bei der Frauenärztin hinter mir hatte und ich das Gefühl nicht loswurde, Hannah spazierte mit ihren Fragen durch meinen Unterleib wie durch eine Tropfsteinhöhle. Außerdem hatte ich selbst genügend Fragen. Zum Beispiel, ob ich Cadan je wiedertreffen werde? Wahrscheinlich eher nicht. Möchte ich ihn denn überhaupt wiedersehen? Keine Ahnung. Bin ich verliebt? War Cadan verliebt? Ich schaute zu ihm rüber. Er saß mit Mel, Leo und der Püppi am Tisch der Strahlenden. Mel sah selbst leidend noch gut aus. Ich konzentrierte mich darauf, Cadan nicht anzustarren, nicht jede Sekunde zu ihm zu schielen, darauf zu warten, er würde sich zu mir umdrehen, denn das tat er nicht. Schätze, er war nicht verliebt. Würde ich es wieder tun? Nein. Oder doch? Was wusste ich überhaupt? Ich hatte Sex, war keine Jungfrau mehr. Ich hatte es mir schmerzhafter vorgestellt. Allerdings auch romantischer. Es war nicht peinlich. Nicht so, wie bei der Ärztin. Und Küssen war total schön. Hätten wir nur geküsst, ich wäre jetzt total verknallt. Haben aber nicht nur geküsst. Nur küssen, damit kommt man bei Typen wie Cadan nicht durch, schätze ich. Typen wie er haben ihren Preis.
Jetzt redete Cadan, Leo grinste blöd und guckte Mel zu uns rüber? Erzählte Cadan gerade von uns? Nein! So einer war er nicht. Das tat er nicht. War er doch nicht? Verdammt! Was für einer war Cadan eigentlich?
»Erde an Jule!« Hannah winkte mit ihrer Hand vor meinem Gesicht rum.
»Hä?«
»Du hörst mir gar nicht zu!«
»Sorry.«
»Ich habe dich gefragt, ob Leo und Mel wieder ein Paar sind?«
»Woher soll denn ich das wissen?«
»So wie es aussieht, könnte man das denken, oder?«
»Ja. Könnte man.«
»Mist!«
»Du wirst es überleben.«
Wieso lachen die jetzt da drüben? Sogar die leidende Mel? Cadan hat es doch getan. Er hat es ihnen erzählt.
»Erde an Jule!«
»Lass das!«, ranzte ich Hannah an. Ich wollte hier weg. Ich wollte nach Hause, wollte mich in mein Bett verkriechen. Zwischen meinen Beinen brannte es noch immer. Ob das normal war? Noch so eine Frage.
»Hast du die Zigaretten noch?«, fragte ich Hannah.
»Klar.«
»Gibst du mir eine?«
»Echt jetzt? Du willst rauchen?«
»Ich will hier vor allem raus.«
»Du bist echt komisch heute.«
»Mag sein.«
Ich stand auf, räumte das Geschirr ab und ging hinaus, Hannah folgte mir. Draußen pafften wir Nikotinwölkchen in den sauberen Luftkurort.
Dauerte nicht lange, bis die Clique das Piratenschiff enterte. Mel dagegen steuerte direkt auf uns zu.
Scheiße, dachte ich, Cadan hat geplaudert. Ich hasste ihn dafür.
»Deine Haare, hätteste nicht machen sollen. Ich war immer neidisch drauf«, sagte Mel.
»Wachsen ja wieder.«
»Wie du meinst«, sagte Mel und schlenderte zurück zu ihresgleichen.
»Ich habe ihr auch schon gesagt, dass das 'ne blöde Idee war«, rief Hannah ihr hinterher.

 

Hey Kellerkind,

und Danke für den Nachschlag!

Im Gegensatz dazu verhalten sich die anderen Figuren als wären sie mindestens fünf Jahre jünger.
Du empfindest das so, das will ich gar nicht diskutieren, aber bei fünf Jahre jünger - wenn ich so in meinen Tagebüchern lese, irgendwie ist das nicht wirklich so weit weg - für mich jedenfalls. Aber ich geh eh noch mal an den Text, da werde ich ein Auge darauf haben, versprechen tue ich jedoch nichts.

Mein Vorsatz fürs neue Jahr: Nicht nur die negativen Aspekte aufzählen, sondern auch Zuckerbrot verteilen.
:) Ich kenne das von mir selbst auch gut.

Zwischen der coolen Sau, ihrer Freundin gegenüber und dem passiven Fickobjekt für einen dahergelaufenen Schwanz finde ich nichts Greifbares, das sie für mich zu einer realen Person macht. Ich meine nicht, ihr Verhalten. Sondern die fehlende innere Reflexion ihres Verhaltens. Das bleibt mir emotional auf einer viel zu oberflächlichen Ebene.
Okay. Was die Reflexion betrifft, zumindest auf die Nacht, in dem Moment des Geschehens sicher zu früh, aber im Nachhinein und da will ich ja auch noch mal ran. Im Vorfeld muss ich gucken, aber ich mag die Ambivalenz ganz gern, kann sein, ist nicht so clever von mir, werde ich wohl erst checken, wenn noch bisschen Zeit drüber geflossen ist und ich mehr Abstand zum Text habe.

Zum Beispiel müsste sie doch der Wunsch nach sexueller Erfahrung viel stärker beschäftigen.
Na gut, das kann man ja einflechten ohne groß alles umzurühren.

Und Gott ist unbarmherzig – sowohl seinen Figuren gegenüber, als auch mir, dem Leser, der sie ins Herz geschlossen hatte und sie nun nie wieder mit den selben Augen sehen kann, wie vor diesem schrecklichen Satz.
:D Das hast Du wirklich schön schrecklich beschrieben. Aber ich sehe, wohin es führt.

Jedenfalls ist dieser "Entwicklungssprung" für mich überhaupt nicht nachvollziehbar.
Das wurde schon häufiger angemerkt. Da fehlt es einigen an Figurenzeichnung.

Durch Hinweise, die klar machen, dass sie nur vor Hannah die Coole abzieht, aber selbst für Leo oder die anderen Kackbratzen schwärmt.
Ich liebe deine Art! Schätze - ist angekommen bei mir.

Ich wünsche Dir ein tolles 2020!
Beste Grüße, Fliege

 

Liebe/r @Fliege

nun hab ich auch diese prämierte Geschichte gelesen und möchte vorab sagen: Sie hat mir sehr gut gefallen.

Herzlichen Glückwunsch zum 1. Preis! Wohlverdient.

Ich habe relativ schnell das Fehlerfinden aufgegeben, weil ich mir dachte, dass bestimmt schon viel dazu gesagt wurde und es ja immer auch ein bißchen die Lesefreude hemmt.

Was mir gefallen hat:

Die (Jugend-)sprache: Wenn ältere Menschen versuchen, die Sprache von Jugendlichen zu imitieren, kann es schnell lächerlich, übetrieben oder anbiedernd wirken. Hier empfinde ich das nicht so. Du lässt sie ganz normal reden, aber trotzdem wirkt es authentisch. Vor allem der trockene Humor von Jule hat mir gut gefallen, er steht schön im Kontrast zu Hannahs hektischer Naivität und idiotischen Verliebtheit. Man schließt Jule sofort ins Herz, da sie ruhig bleibt und souverän wirkt.

Umso eindringlicher wirkt dadurch auch die Entjungferungsszene, da Jule einerseits sehr nüchtern ist, aber hier doch von so vielen Emotionen gleichzeitig überschwemmt wird. Ich habe mich allerdings gefragt, ob sie nicht den Mut gehabt hätte, Cadan zu unterbrechen und ihm zu sagen: "Äh, Entschuldigung, aber so nicht...". Andrerseits wirkt Cadan in der Szene so souverän und abgeklärt, dass man sich vorstellen kann, dass Jule vor lauter Angst, falsch zu reagieren, gar nicht reagiert. In Zeiten von #metoo würden findige Anwälte vielleicht sogar behaupten, hier habe eine Vergewaltigung stattgefunden.

Das Ende hat mich ein bißchen enttäuscht, da ich mir noch einen Austausch zwischen Cadan und Jule gewünscht und gerne mehr über Jules Wahrnehmung von ihrem ersten Mal gelesen hätte.

Aber insgesamt ein toller Text. Mit der Sprache und der Thematik (auf Klassenfahrt waren wir schließlich alle mal) könntest du noch eine größere Erzählung oder einen Kurzgeschichtenband draus machen. Die Sprache dafür hast du auf jeden Fall.

LG,

HL

 

Hey @HerrLehrer,

und vielen Dank für den Kommentar. Klar habe ich mich gefreut, wenn da so viele nette Dinge drin stehen. Liest man doch immer wieder gern. Da bin ich ganz uneitel :D.

Sie hat mir sehr gut gefallen.
Merci!

Die (Jugend-)sprache: Wenn ältere Menschen versuchen, die Sprache von Jugendlichen zu imitieren, kann es schnell lächerlich, übertrieben oder anbiedernd wirken. Hier empfinde ich das nicht so.
Geht mir auch ganz oft so. Und ist auch immer so eine Gradwanderung. Bin sehr erleichtert, dass dies nicht in die Kritik geraten ist.

Vor allem der trockene Humor von Jule hat mir gut gefallen, er steht schön im Kontrast zu Hannahs hektischer Naivität und idiotischen Verliebtheit.
Ich mochte den Gegensatz auch, anderen erscheint er zu groß, in Hinblick darauf, dass sie ein Alter sind. Ich mag die beiden aber genau so. Ich mag sogar Hannah, ich habe fast Mitleid mit ihr. Armes Häschen. Aber das verwächst sich noch, ich habe da große Hoffnung für sie.

Umso eindringlicher wirkt dadurch auch die Entjungferungsszene, da Jule einerseits sehr nüchtern ist, aber hier doch von so vielen Emotionen gleichzeitig überschwemmt wird.
Schön, wenn das so wirkt.

Ich habe mich allerdings gefragt, ob sie nicht den Mut gehabt hätte, Cadan zu unterbrechen und ihm zu sagen: "Äh, Entschuldigung, aber so nicht...".
Aber ihr gefällt es ja auch auf eine ganz unbekannte, neue Art. Sie steckt da einfach in einem riesigen Dilemma. Und wer kann denn in dieser Situation schon klar denken? :D

Das Ende hat mich ein bißchen enttäuscht, da ich mir noch einen Austausch zwischen Cadan und Jule gewünscht und gerne mehr über Jules Wahrnehmung von ihrem ersten Mal gelesen hätte.
Das braucht sicher noch paar Tage, Wochen, Monate, und zwei, drei Erfahrungen, bis sie das für sich werten kann. Aber ich wollt mir das noch mal anschauen, ob da nicht noch was in Verlängerung zu machen ist.

Mit der Sprache und der Thematik (auf Klassenfahrt waren wir schließlich alle mal) könntest du noch eine größere Erzählung oder einen Kurzgeschichtenband draus machen.
Ich bin dran, gebe aber keine Garantie auf Fertigstellung. Ich bin nicht so der eifrige Schreiberling für Langzeitprojekte derzeitig.

Ich danke Dir und wünsche ein tolles 2020!
Beste Grüße, Fliege

 

Hi @Fliege,

Congratulations für dir Krone! Ich bin super spät dran, aber wollte dir noch meinen Eindruck kurz dalassen. Ich finde das eine sehr schöne Geschichte. Dieses Alter, die Protagonisten, das hast du drauf. Ich nehme dir das alles ab und spüre auch die Entwicklung, als deine Heldin sich schließlich den Zopf abschneidet (sehr gute Szene!) Ich glaube auch, ich würde unter zehn ähnlichen Jugendgeschichten deine Handschrift heraus lesen können, und das ist viel wert. Mein Kommentar geht jetzt etwas weg von deiner Geschichte, denn ich frage mich, wann du mal etwas in Romanlänge mit solchen jungen Helden und ihren Problemen in Angriff nimmst? Ich meine das gar nicht so schleimig, wie es sich vielleicht jetzt liest, sondern ich traue dir das einfach zu, dass du das sehr gut hinbekommen würdest. Das ist doch Heimspiel! :D Nur als Inspiration.

»Wenn du nicht den ganzen Tag im beschissenen Keller beschissenes Tischtennis spielen würdest, würdest du auch was vom Leben mitbekommen.«
Deine Prot ist mir sympathisch :D
»Hey Teammate.«
»Hey.«
»Biste also wirklich gekommen.«
»Warum denn nicht?«
»Hätte ja sein können, du kneifst.«
»Wovor hätte ich kneifen sollen?«
Hier ist unklar, wer was sagt
Langsam zog ich die Nagelschere aus dem Etui und begann, eine Handbreit unter der Spange meinen Pferdeschwanz abzuschneiden.
tolle Szene! Dieses Bild bringt die Veränderung auf den Punkt.

Sehr schönes und rundes Ding.

Grüße,
zigga

 

Hey @zigga,

Ich bin super spät dran, aber wollte dir noch meinen Eindruck kurz dalassen. Ich finde das eine sehr schöne Geschichte.
DANKE! Schön, dass Du Dich gemeldet hast, egal wann. Aber das wie nehme ich gerne mit.

Dieses Alter, die Protagonisten, das hast du drauf. Ich nehme dir das alles ab und spüre auch die Entwicklung, als deine Heldin sich schließlich den Zopf abschneidet (sehr gute Szene!)
Freut mich sehr, gerade weil ja auch gegenteilige Kommentare kamen. Nun bin ich wieder fein mit mir.

Mein Kommentar geht jetzt etwas weg von deiner Geschichte, denn ich frage mich, wann du mal etwas in Romanlänge mit solchen jungen Helden und ihren Problemen in Angriff nimmst? Ich meine das gar nicht so schleimig, wie es sich vielleicht jetzt liest, sondern ich traue dir das einfach zu, dass du das sehr gut hinbekommen würdest. Das ist doch Heimspiel! :D Nur als Inspiration.
Ha! Den Ball kann ich ja gleich mal an Dich zurück spielen. Alles, jedes Wort. Und ja, der Roman dümpelt auf meiner Festplatte umher, schon ewig, ich kann mich so selten motivieren daran zu arbeiten, deshalb wächst er sehr, sehr, seeeehr langsam.

Hier ist unklar, wer was sagt
Habe ich nachgereicht.

tolle Szene! Dieses Bild bringt die Veränderung auf den Punkt.
Wenn das so funktioniert, freut mich das total. Ich habe auch noch paar Sätze mit reingebracht, nach den Anregungen von @Peeperkorn, viel Reflektion ist am Morgen danach noch nicht da. Das kreiselt ja alles noch in ihr. Aber dieses kreiseln, finde ich schon gut, das noch mal zu thematisieren. Die Haare dagegen sind ein sehr eindeutiges Bild und das war wohl ihr Unterbewusstsein, was sie handeln lassen hat, wie sie gehandelt hat. Finde ich auch einen schönen Twist, die beiden Ebenen da nicht im Gleichklang zu zeigen.

Hat mich irre gefreut. Und wie gesagt, auf deinen Jugendroman warte ich auch schon paar Jahre ;).

Beste Grüße, Fliege

 

Liebe Fliege, es ist so viel gesagt worden zu Deiner Geschichte, ich möchte mich auf einen Aspekt beschränken, der für mich besonders wichtig ist. Habe auch die Kommentare quergelesen und fand mehrere Wortmeldungen in dem Zusammenhang sehr aufschlussreich, insbesondere von Annami (unserer Jüngsten?), die sich fragt, warum Cadan, der doch erst so nett ist, sich nach dem Sex abweisend verhält. Tja, warum wohl. Weil er im Gegensatz zu Jule bekommen hat, was er wollte.

Also Thema Desillusionierung. Ich finde die Geschichte deshalb gut, weil sie genau das Gegenteil davon macht, was ich in den letzten Wochen immer mal wieder als kitschiges Eintauchen ins Sehnsuchtswelten kritisiert habe: Sie zeigt die Welt so, wie sie wirklich ist, nicht so, wie die meisten von uns sie sich wünschen.

Ich meine das nicht auf jedes Detail bezogen. Mir kommen bestimmte Dinge nicht realistisch vor, beispielsweise bin ganz bei Annami und Barnhelm (andere haben es auch angesprochen), wenn gefragt wird, »warum zum Teufel würde Jule jetzt zu ihm gehen, was für einen Anreiz hat sie, sich um 4 Uhr Nachts mit einem … Typen zu treffen« Dieses Treffen da nachts, das ist in meinen Augen eine typische Autorenphantasie. Aber egal.

Der Knackpunkt für mich besteht darin, dass die Protagonistin innerhalb von Minuten desillusioniert wird. Ich stimme auch Geschichtenwerker (und den anderen Kommentatoren) überhaupt nicht zu, wenn Cadan hier als besonders miese Type dargestellt wird, denn: Das ist der Mann. So sieht er aus. Und kein bisschen anders. Insbesondere der junge Mann.

Klar ziehen nicht alle jungen Männer das so ab, wie Cadan es hier tut. Aber nicht, weil sie romantischer, einfühlsamer, aufrichtiger, liebevoller … wären, sondern nur, weil sie nicht so entschlossen handeln wie er. Welcher junge Mann träumt nicht davon, ein Mädchen flachzulegen und zwar gänzlich ohne romantisches Tamtam.

Ich finde diesen Aspekt hervorragend um jungen Menschen den Unterschied zwischen den Bedürfnissen von Jungen und Mädchen klarzumachen. All die Phantasien, die in den Köpfen von Mädchen rumspuken, von Zärtlichkeit, Nähe, Liebe, Händchenhalten, Herzen die in den rosa Himmel steigen, das sollte gründlich aufgemischt werden, so wie es die Geschichte tut. Denn das wird kein Mädchen bei einem Jungen finden.

Jemand sagte, so sollte das erste Mal nicht ablaufen. Warum nicht, frage ich? Lieber gleich den Tatsachen ins Auge sehen, als sich jahrelang in Illusionen wiegen. Denn erst die Desillusionierung führt dazu, dass wir überhaupt beginnen, Kontrolle über unser Handeln zu erlangen.

Nachdem Jule nun klar ist, wie Jungen ticken, wird sie zukünftig anders an die Sache herangehen. Sie wird vorsichtiger sein, sich nicht in falschen Hoffnungen wiegen und – das wäre das Ideal – beginnen, nach Handlungsmöglichkeiten zu suchen, um ihre Bedürfnisse auf eine Weise zu befriedigen, die im Einklang mit der Wirklichkeit steht.

Schmetterlinge, rosa Wolken, ewige Liebe, stundenlanges Händchenhalten und Herzen die zum Himmel schweben, gehören in ein Poesie-Album, mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun.

Noch ein Gedanke zu Cadan: Reifung wird diesen Jungen hoffentlich dazu bringen, eines Tages über seine biologische Programmierung hinauszugehen und sich zu fragen, ob es nicht etwas gäbe, das Sex als Erfahrung noch reicher machen könnte. Und dann wird auch er verstehen, dass Frauen und Männer verschieden ticken, verschiedene Dinge brauchen usw. Und vielleicht hilft ihm dabei eine Freundin, die in dieser Angelegenheit aus dem Höhlenmann einen kultivierten männlichen Erwachsenen macht.

Gern gelesen, Fliege, vielen Dank dafür!

Gruß Achillus

 

Hey Achillus,

und lieben Dank an Dich!

... die sich fragt, warum Cadan, der doch erst so nett ist, sich nach dem Sex abweisend verhält. Tja, warum wohl. Weil er im Gegensatz zu Jule bekommen hat, was er wollte.
Ja, so wird es wohl sein.

Also Thema Desillusionierung. ... Sie zeigt die Welt so, wie sie wirklich ist, nicht so, wie die meisten von uns sie sich wünschen.
Ich würde nicht so weit gehen wie Du und sagen, dass wirklich alle Mädels in dem Alter nur als Körper vom männlichen Geschlecht wahrgenommen werden, sicher gibt es auch Paare, wo beiderseits Gefühle im Spiel sind, aber wenn da keine Beziehung vorausgeht, dann wirds sehr, sehr schwierig mit dem Märchenträumen.

Ich meine das nicht auf jedes Detail bezogen. Mir kommen bestimmte Dinge nicht realistisch vor, beispielsweise bin ganz bei Annami und Barnhelm (andere haben es auch angesprochen), wenn gefragt wird, »warum zum Teufel würde Jule jetzt zu ihm gehen, was für einen Anreiz hat sie, sich um 4 Uhr Nachts mit einem … Typen zu treffen« Dieses Treffen da nachts, das ist in meinen Augen eine typische Autorenphantasie. Aber egal.
Da es ja nun ein paar mal erwähnt worden ist, habe ich mich nach deinem Kommentar mal im Netz umgeschaut - mein erstes Mal - und mir so Stories durchgelesen, wo Klassenfahrt, Urlaub und solche Dinge bereits im Titel erwähnt worden sind, also soweit von der Realität bin ich echt nicht weg. Eher hätte ich da reale Vorlagen gefunden. Vielleicht schreibt man es dem Charakter meiner Prot. nicht zu, aber sie ist ja nun kein Mauerblümchen und sie denkt auch gar nicht in erster Linie an Sex vor den Treffen, sie wird halt total überrumpelt und das ist aber wieder etwas, was durchaus real geschieht und auch Jule geschehen kann.

... wenn Cadan hier als besonders miese Type dargestellt wird, denn: Das ist der Mann. So sieht er aus. Und kein bisschen anders. Insbesondere der junge Mann.
Ich kenne auch den einen oder anderen Cadan. Übrigens gibt es Cadan auch in weiblicher Form. Das muss ich zum Schutze der Männer mal sagen.

Welcher junge Mann träumt nicht davon, ein Mädchen flachzulegen und zwar gänzlich ohne romantisches Tamtam.
:)

Ich finde diesen Aspekt hervorragend um jungen Menschen den Unterschied zwischen den Bedürfnissen von Jungen und Mädchen klarzumachen. All die Phantasien, die in den Köpfen von Mädchen rumspuken, von Zärtlichkeit, Nähe, Liebe, Händchenhalten, Herzen die in den rosa Himmel steigen, das sollte gründlich aufgemischt werden, so wie es die Geschichte tut.
Jetzt tun sie mir aber fast leid, die grünen Dinger. Aber klar, gut schon mal davon gehört zu haben. Finde ich auch.

Nachdem Jule nun klar ist, wie Jungen ticken, wird sie zukünftig anders an die Sache herangehen.
Das glaube ich allerdings auch. Zumindest wird es wohl schwieriger, sie so derart zu überrumpeln. Der effekt hat sich nach dieser Nacht abgenutzt. Da bin ich mir im Falle Jule ganz sicher.

Sie wird vorsichtiger sein, sich nicht in falschen Hoffnungen wiegen und – das wäre das Ideal – beginnen, nach Handlungsmöglichkeiten zu suchen, um ihre Bedürfnisse auf eine Weise zu befriedigen, die im Einklang mit der Wirklichkeit steht.
Gehe ich mit.

Noch ein Gedanke zu Cadan: Reifung wird diesen Jungen hoffentlich dazu bringen, eines Tages über seine biologische Programmierung hinauszugehen und sich zu fragen, ob es nicht etwas gäbe, das Sex als Erfahrung noch reicher machen könnte. Und dann wird auch er verstehen, dass Frauen und Männer verschieden ticken, verschiedene Dinge brauchen usw. Und vielleicht hilft ihm dabei eine Freundin, die in dieser Angelegenheit aus dem Höhlenmann einen kultivierten männlichen Erwachsenen macht.
Er wäre ja nicht der Erste, der diesen Weg geht. Solange er aber durchkommt und Erfolg damit hat, warum ändern was gut läuft. Er braucht ein Mädel, das er so sehr will, an dem er sich aber die Zähne ausbeisst. Auch die wird kommen.

Danke Dir für deinen Komm. der mich echt gefreut hat, gerade weil er ein ganz anderen blick auf den Text wirft. Eine andere Lesart mit sich bringt.

Liebe Grüße, Fliege

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom