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Wenn ich ein Vöglein wär ...
Ein sanfter Wind bewegt die Blätter am Baum. Ihr Rascheln ist zu hören. Sonst gar nichts. In der Höhe dreht ein Adlerl seine Kreise. Es ist drückend heiß und irgendwie unheimlich.
"Wenn ich ein Vöglein wär ..." Du lächelst und schaust auffordernd in meine Richtung. Ja, wenn Du ein Vöglein wärst, wärst Du längst fortgeflogen. Aber Du bist geblieben. Den ganzen Winter über und jetzt ist es schon Mai. Weil Du kein Vöglein bist, weil Dich Deine Flügel nicht weiter getragen haben als bis hierher, an unseren Platz, von dem aus man die ganze Welt betrachten, sie aber niemals erreichen kann.
Du stehst auf. Ein sanfter Kuß auf meine Wange. "Es ist soweit." sagst Du. Ich frage nicht, antworte nicht. Was gäbe es jetzt noch zu sagen?
Heute nimmst Du den anderen Weg. Nicht heimwärts mit mir. Den Weg, den unpassierbaren, in die weite Welt. Aber Du läufst nur, bis ich Dich nicht mehr sehen kann. Dann sagst Du das Wort, schließt Deine Augen und fliegst in den Himmel.
Wenn ich ein Vöglein wär, fräße mich der Adler.
Mein einziger Engel - werden wir uns je wiedersehen?