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Werbungskakophonie-Phobie

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18.04.2002
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Werbungskakophonie-Phobie

Kann ich den Ansprüchen genügen?
Es ist der reinste Stress, trotzdem rein ins unausweichliche Unvergnügen, ganz unbedacht, ich lebe bunter, mach mir Freude auf, weil ich es mir wert bin, ganz munter, mitunter. Bin bereit für etwas völlig Neues, vertraue Pink, auch Reparieren oder Austauschen, saugünstig und so, alles wird jeden Tag ein bisschen besser, gibt mir mehr Kraft gegen Fett, macht sogar Kinder froh, aber es macht meinen Kopf nicht glücklich, ich bin doch nicht blöd – oder?
Voller Energie sagen die, im TiVi, der Energiehase, hat’s an der Blase, doch da hilft ganz geschwind, der Granufink, dieser Vogel, kein Uhu, doch denk ich an den, denk ich ans Vögeln, tropffrei und sauber, Spaß ist stärker als Schmutz. Sauberkeit ist wichtig, vor allem in Töpfen, die sind nicht quadratisch, dafür aber praktisch, lupen- und stubenrein auch Schüsseln des Klos, bis man sich drin spiegeln kann, wer immer das will. Überall gilt – Heil dir, citrusfrüchtiger Sakrotan – das sakrosankte Reinheitsgebot, auch für Bier, bauchnabelprickelnd, egal ob Kölsch oder Lager. Wobei das Bettenlager seltsamerweise ein dänisches ist. Dänen sind doch eher bekannt für äquatoriales Aquavittrinken, das lässt den Menschen hinken und tiefer sinken.
Alles ist möglich – nur mir nicht. Man trinkt und sinkt und singt: ‚das verleiht Flüüügel‘, ganz oben wollen wir sein, erleben, was verbindet im ‚alles aber günstig‘ Verein, mindestens Bankkarriere, ganz ohne Schwere: Leistung, die Leiden schafft ohne Rampenlicht, nur eine Lampe aus dem Geizistgeil-Markt mit Quecksilbergift. Kommt das in die Erde, vergiftet es sogar Pferde, ganz schlecht ist das für so ein ‚Vorsprung durch Technik‘ Auto‚ denn: vergiftete Pferde haben keine Pferde-Stärke (untauglich für Pudding), die es eigentlich sowieso nicht mehr gibt sondern nur Pril durchspültes Watt; da biste platt wie das Deutsch nördlicher Länder, wobei die Deutschländer Würstchen doch schmecken, qualitätsgeprüft, als ob Pferde in ihnen stecken, die gerade ver … -wundert schauen, wie sie mit Yoghurt unblähend verdauen, sonst ein Wunsch junger, dynamischer Frauen, die, zugegeben, an ihrer Q10 Hautlotion kleben, weißer geht’s nicht, so ist ihr Leben, im Hipp-(ex) und Hop Werbungs-Einheitsbrei, denn guter Geschmack ist unsre Natur, natürlich, wir wissen, was Natur kann, dann und wann. Ich will raus aus diesem einschleimenden Sumpf, will nicht ‚was Mann will‘, keinesfalls um- und nicht beworben werden, mit Zeug. Tatsächlich: ich liebe es nicht.

Na gut, da wollen wir mal das Schweigen der Verdammnis über diesen Tatbestand drüber ziehen - üben Sie den folgenden Werbeslogan, damit das Ganze nicht umsonst ist:

‚Saugen Sie Staub sauber mit dem Saugrüssel Sauger!‘

Und dann schreien Sie vor Glück.

 
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Ja, ich geb zu, dass war unfein von mir, dass so zu behaupten, ohne zu belegen oder zu argumentieren. Aber ich bin ein bisschen muede und den Iser habe ich auch nicht auf dem Nachttisch liegen. Aus Fiktionalitatstheorie halte ich mich eh weitesgehend raus, weil mir das Hirnschmerzen verursacht. Es gibt ja auch so viele.
Ich glaube trotzdem, dass Du hier einiges durcheinanderwirfst: Fiktionalitaet, fingierte Realitaet, Irrealitaet. Das bewegt sich auf unterschiedlichen Ebenen und ist nicht so leicht mal eben zu entwirren. Also dass beispielsweise ein Maerchen keine Kurzgeschichte sein kann, weil es unrealistisch ist, Phantastik aber aus ungenannten Gruenden doch, das haut schon mal nicht hin.

Ehrlich gesagt, weiss ich aus dem Stehgreif nicht mal, ob eine Kurzgeschichte offiziell fiktional zu sein hat. Und wenn ja, sagt das erstmal nichts darueber aus, wie realitaetsaehnlich die dargestellte Welt zu sein hat. Du scheinst ja "fingierte Realitaet" als Synonym fuer Realismus (also eine erfundene Welt, die aber sehr realitaetsnah daherkommt) zu gebrauchen (ein klass. Antonym zum Realismus waere Phantastik. Das koennte Deinem "Irrealen" entsprechen, wenn Du das nicht wiederum von der Phantastik unterscheiden wuerdest, die dann ja doch mit diesem Realismus=fingierte Realitaet vereinbar zu sein scheint). Das ist aber m.W. nicht, wie es gemeinhin verstanden wird. Deshalb passt das Maerchenargument auch nicht. Ich faende solch ein Realismuskriterium als Merkmal einer Kurzgeschichte auch eher seltsam. Davon habe ich noch nie gehoert.

Also, es ist ein bisschen schwer fuer mich, Deine Gedankengaenge, die ja verstaendlicherweise nur relativ kurz dargestellt sind, so zu rekonstruieren. Ich bin zudem kein Fiktionalitaetsexperte. Aber ich bin mir auch ohne Iser relativ sicher, dass da einiges schief ist - gerade das Maerchenargument meine ich, und diese Forderung nach fingierter Realitaet, die ich fuer eine Forderung nach Realismus als Kennzeichen einer Kurzgeschichte halte. Wenn es gewuenscht ist, kann ich das morgen trotzdem mal genauer recherchieren und es dann hier hinschreiben oder als pm verschicken.

lg,

fiz (muede)

 

Lieber Woltochinon!

Keine Ahnung ob es tatsächlich diesen Text in einer Werbung gibt oder aus deinen Fingern in die Tasten lief

... ich lebe bunter ... mach mir Freude auf ...

das ist jedenfalls was für mich heute bleibt!

Ich öffne eine gaaaanz große Dose davon und trink sie auf einen Zug aus, ein gutes Gefühl.


Ob es eine Kurzgeschichte ist oder ein Meckertext ... was solls.

Es sind viele Bilder drinnen, gleich mit kritischen Anmerkungen versehen, Reime die sich über seltsamen Wortfindungen ausschütten vor Lachen.

Werbung ist oft unzumutbar und so mute ich sie mir selten zu. Es gibt da diesen wunderbaren Schalter auf meiner Fernbedienung. Mit dem drücke ich gelassen, diesen geistigen Wahnsinnigkeiten, meinen Ego-Daumen aufs Auge und schon ist es still.

Mir hats gefallen, mich mit einem Nervthema amüsant auseinanderzusetzen.

Und der Sauger am Schluss konnte nur von Fred Feuerstein sein ..
und den mag ich auch.

schnee.eule

 

Hallo feirefiz,

ja, diese ganzen Theorien sind halt nix für späte Stunden. Letztlich sind wir dem Definitinonsteufel in die Fänge geraten: Wenn man vor so einem Dialog nicht klärt (oder nur zum Teil), was man unter den Begriffen versteht, kommt man schnell in Schwierigkeiten. Eigentlich ist so ein Thema besser mündlich bearbeitbar.

Ich mach‘s also kurz, wir können uns schließlich noch PNs schreiben:

Bei einer phantastischen Kurzgeschichte soll der Leser immer noch glauben, dass es die Protagonisten gibt, auch wenn sie in einer Welt agieren, die nicht unserem Alltag entspricht.
Das Märchen (welches sich oft durch ‚Es war einmal‘ zu erkennen gibt, hat nicht den Anspruch, uns in eine (künstliche) Realität zu entführen. Wenn beim ganz ‚normalen‘ Rotkäppchen plötzlich ein sprechender Wolf auftaucht, ist das ein Kontinuitätsbruch, jeder weiß, jetzt ‚märchelt‘ es so richtig, das weiß jeder und soll es auch so empfinden. Käme ein Ufo in Herr Meiers Garten, dann sollen wir annehmen, in einer phantastischen Geschichte, dass in der geschilderten Welt wirklich ein Ufo gelandet ist (Herr Meier hat deshalb wirklich Angst und versteckt sich im Keller).


Ich denke, fingierte Realität/Fiktionalität ist ein gutes Mittel um Kurzgeschichten von Märchen, Sage usw. abzugrenzen; da es keinen ‚Literaturpapst‘ gibt (auch wenn manche es gern wären) kann man sich darauf einigen oder auch nicht.


Bei Wikipedia steht (‚Fiktion‘):

„Es gibt viele unterschiedliche Ansätze, Fiktion zu erklären. Eine allgemein akzeptierte Theorie der Fiktion gibt es bis heute nicht.“

Man sieht, es ist ein Fass ohne Boden.


Ich wünsche dir einen munteren Tag ;)

Woltochinon


Liebe schnee.eule,

freut mich, dass du doch noch hier im Forum zu treffen bist!

„Keine Ahnung ob es tatsächlich diesen Text in einer Werbung gibt“

Ja, das ist Originaltext, krass finde ich auch "macht Ihren Kopf glücklicher“ – ein Schuppenshampoo?? Wie soll sich ein Depressiver fühlen, wenn er das hört? Vielleicht trinkt er einen Schluck von dem Zeug …


„Es sind viele Bilder drinnen, gleich mit kritischen Anmerkungen versehen, Reime die sich über seltsamen Wortfindungen ausschütten vor Lachen.“

Danke, dass du auch das Kritische erwähnst.


„Es gibt da diesen wunderbaren Schalter auf meiner Fernbedienung“

O ja, ein wunderbarer Knopf! (trotzdem musste ich kaum Texte recherchieren).

„Und der Sauger am Schluss konnte nur von Fred Feuerstein sein ..“

Irgendsoein armes Mammut muss dann mit seinem Rüssel den ganzen Dreck ... wo bleibt der Tierschutz!?

L. G.,

Woltochinon

 

Zitat:
Wer Kriterien der Kurzgeschichte vermisst, der lese noch mal (schon immer eine kraus’sche Empfehlung gewesen: entweder gar nicht oder zweimal lesen!), begreife sein Tun als Handlung und sich als Protagonisten
Auch diese Definition ueberzeugt mich nicht, denn sie grenzt die Kurzgeschichte nicht hinreichend vom Telefonbuch ab -

und, so dachte ich zuerst,

lieber feirefiz,

warum auch nicht, ist das Telefonbuch doch oft genug grammatikalisch besser aufgestellt als manche Kurzgeschichte. Freilich: es wäre erheblich zu lang und zu mühselig durchzuarbeiten. Umgekehrt hab ich seinerzeit lange bevor er der Harald Schmidt war im Kommödchen erlebt, als er MRR parodierte (bis in den Stimmfall hinein) und das Telefonbuch von Düsseldorf rezensierte.

Was die Zitate angeht,

lieber Woltochinon,

so kömmt's gelegentlich so über mich und es ist allemal einfacher zu zitieren als selbst zu formulieren. Obwohl auch das gelegentlich gelingen mag.

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach - du traust den Steinzeitlern auch nix zu: Die hatten doch auch kleine, feuerspeiende Drachen als Herdanzünder. Wahrscheinlich haben die auch Tiere in Dinos verwandelt, durch Mutation (man braucht nur Mammuts solange über natürliche Strahlungsquellen zu jagen, bis sie mutieren ...).

Mal im ernst: Neanderthaler und der moderne Mensch hatten Kontakt zu Mammuts.

Und dazu fällt mir keine Werbeslogan ein ...


Hallo lakita,

‚Saugen sie Staub sauber mit dem Saugrüssel Sauger!‘ (Original)

Vs.

„Sauber saugen Sie Staub mit dem Saugrüssel Sauger".“

Jetzt habe ich eine ganze Weile über deine Version des Zungenbrechers nachgedacht, dein Vorschlag wirkt etwas ‚glatter‘, meine Version ist eine Aufforderung, die ich halt in diesem Kontext brauche. Trotzdem vielen Dank für deine Anregung.

L. G.,

Woltochinon


Hallo Markus,

den Reim ‚munter, mitunter‘ habe ich gelassen, weil er beim Lesen gut rüberkommt.

An dieser Stelle:

„ziehen, klar - üben Sie den folgenden Werbeslogan, damit das Ganze nicht umsonst war:“

Lasse ich „klar“ und „war“ weg, es klingt künstlich und hart.


L. G.,

Woltochinon

Hallo feirefiz,

an dieser Stelle meines Beitrags (Nr. 18)

„(diese Definition schließt Phantastik für eine Kg. Nicht aus!).“

hätte ich besser SF anstelle „Phantastik“ geschrieben, da man es sonst auch noch mit dem Grenzbereich ‚Fantasy‘ zu tun bekommt.

L. G.

Woltochinon

 

Lieber Woltochinon,

jetzt hab ich mir eine dieser von-A-Z-Vitaminlutschtabletten im Mund zergehen lassen, musste danach mein neugewonnenes Energiehoch runterhoppen, vertraute danach der Schlafkompetenz einer Schweizerqualitätsmatratze, wollte danach in die Luft gehen und rauchte doch lieber eine HB … Jetzt lutsche ich ein Kräuterbonbonli der Marke Wer-hats-erfunden-wer? und schreib dies, damit du lesen kannst, wie anregend und ansteckend so eine Phobie sein kann. Da gibt’s nix zu mosern und zu meckern.

Gern gelesen, geschmunzelt und loskommentiert,
lieben Gruss,
Gisanne

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Gisanne,

danke für deine nette Antwort!

„wollte danach in die Luft gehen und rauchte doch lieber eine HB … Jetzt lutsche ich ein Kräuterbonbonli der Marke Wer-hats-erfunden-wer?“

Bist du wenigstens nach all diesen Höhen und Tiefen glücklich geworden?


Seit dem ich den Text geschrieben habe verfolgen mich immer mehr Sprüche, sie rasen hinter mir her, versperren mir den Weg, es werden immer mehr, imm… … arghhh!

Liebe Grüße,

Woltochinon

Hallo lieber floritiv,

entschuldige, dass ich dir erst jetzt antworte. Ich hatte die Antwort auf meinem Zettel abgehakt, aber offensichtlich nicht kopiert und gepostet.

Vielen Dank für dein Durchhalten beim Lesen und deine ehrliche, prägnante Meinung. Einige Kritikpunkte kann ich verstehen, andere nicht.


„Keine Identifikation ist zu diesem Protagonisten möglich“

Das sehe ich natürlich nicht so, ist doch jeder Leser von der Werbungskakophonie umgeben.


„eine Handlung, Interaktion mit anderen Figuren gibt es genauso wenig“
Eine Handlung gibt es am Schluss, aber keine Interaktion mit anderen Figuren (bei einem inneren Monolog gibt es das auch nicht unbedingt), den zum Schrei aufgeforderten Leser kann man wohl nicht als Figur werten, aber als eine Person, mit der interagiert wird. Aber klar - „einen Konflikt oder einen Spannungsbogen“ im klassischen Sinn gibt es nicht. Um die Kakophonie und Schnelligkeit zu erhalten musste ich auf ausgebaute Szenarien verzichten.

„von einer überraschenden Wendung oder anderen Kennzeichen einer Geschichte ganz zu schweigen.“

Dazu habe ich feirefiz schon geschrieben, dass dir das nicht ausreicht, kann ich verstehen, ich halte es schließlich selbst für grenzwertig.

„Ja, ich finde, du hast es dir recht einfach gemacht und verlässt dich scheinbar auf die Originalität deiner Idee.“

Da stimme ich dir zu: Solch einen Text zu schreiben ist einfacher, als meine philosophischen Ergüsse, aber zeitintensiv ist das kleine Stück schon gewesen, man findet immer wieder etwas Veränderungswürdiges.


„Dieser Text ist kein richtiger Woltochinon, da bin ich mir sicher.“

Im Ruhrgebiet würde man jetzt sagen: Jaaa- neee. Das ist schon eine Woltochinon, vielleicht mehr ‚Wolto‘ als ‚Chinon‘. Ich will halt auch mal so etwas schreiben können, dürfen, mal ein Feuerwerksmusik von Einfällen abbrennen können. Für dich ist es nun leider noch nicht mal eine Wassermusik geworden, ich gebe mir jedenfalls Mühe, deinen prinzipiellen Anforderungen wieder einmal gerecht zu werden, versprochen!


Liebe Grüße,

Woltochinon

 

Lieber Woltochinon

Nachdem ich dieses Feuerwerk der aus Funk und Fernsehen bekannten Worthülsen zahlreicher Werbeversprechungen bereits als experimentelle Alltagsbetrachtung gelesen hatte (- als die sie meiner Meinung auch knapp durchgegangen wäre, denn es gibt ja auch humorvollen Horror und gruselige Lachnummern -), möchte ich doch noch einen kleinen Kommentar dazu abgeben.

Das ganze funktioniert mMn nur bei denjenigen Lesern, die bereits durch die Werbesprüche konditioniert wurden, und das war bei mir der Fall, was bei allem Humor auch selbstreflektierendes Stirnrunzeln auslöste, denn manchen Werbespruch baue ich schon mal in meine Alltagskommunikation ein.
"Nichts ist unmöglich ..." la la la. ;-)

Aber, hei, auf jeden Fall hast du mich mit dem Text unterhalten, und das war wohl die primäre Absicht. Das Experiment-Ettikett verleiht dem Text zusätzlich Flügel? die Daseinsberechtigung im Forum und das schmeckt mir.

Soo muss Text, nich?
:D

Liebe Grüsse,
dot

 

Das sehe ich natürlich nicht so, ist doch jeder Leser von der Werbungskakophonie umgeben.
Dass ich eine bestimmte Eigenschaft habe oder in einer bestimmten Umgebung lebe, heißt noch lange nicht, dass ich mich mit Protagonisten identifizieren kann, nur weil sie dieselben Eigenschaft haben oder mit derselben Umgebung konfrontiert sind. Es ist Sache des Textes, diese Fähigkeit in mir anzusprechen. Der Inhalt des Textes ist an sich eben wertlos, erst über die gelungene Formebene kommt er rüber.

-- floritiv

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo dotslash,

„Das ganze funktioniert mMn nur bei denjenigen Lesern, die bereits durch die Werbesprüche konditioniert wurden“

Ja, genau. Ohne Kenntnis der Sprüche funktioniert der Text nicht, dann bleiben nur die Sprachspielereien. (Letztlich ist das bei allen Texten so: ohne passende Kenntnisse erreichen sie den Leser nicht).


„Aber, hei, auf jeden Fall hast du mich mit dem Text unterhalten, und das war wohl die primäre Absicht“

Freut mich sehr, wenn es unterhaltend war. ‚Bittersüß‘ ist die Angelegenheit doch, weil der Erzähler eigentlich arm dran ist.

L. G.,

Wolto

Hallo floritiv,

du schreibst

„Der Inhalt des Textes ist an sich eben wertlos, erst über die gelungene Formebene kommt er rüber.“

Das ist eben die Schwierigkeit: Ist es eine gelungene Formebene, wenn man die Kakophonie als solche darstellt? Wie man das letztendlich handwerklich oder künstlerisch bewertet ist eine andere Sache. Da gibt es Lehrmeinungen, Epochen- und Kulturunterschiede.

Vielleicht bist du, um dotslashs Idee aufzugreifen, nicht „konditioniert“ genug um den Text gustieren zu können – du Glücklicher! ;)

Liebe Grüße,

Woltochinon

Hier noch die Liste der Werbesprüche:


Jeden Tag ein bisschen besser - Rewe

Tropffrei und sauber - Uhu

Leistung aus Leidenschaft – Deut. Bank

Bist du bereit für etwas völlig Neues? - Lätta luftig

Weil ich es mir wert bin - Loréal

Saugünstig - Ersatzteil Verchecker u.a.

Lebe bunter - Fanta

Rein ins Vergnügen - O2/Nokia

Vertrau pink - vanish oxi

Geiz ist Geil - Saturn

Reparieren/austauschen - Carglass

Macht Kinder froh - Haribo

Verleiht Flüüügel - Red Bull

Mehr Kraft gegen Fett - Palmolive

Guter Geschmack ist unsere Natur - Knorr

Alles. Aber günstig. - Alltours

Erleben, was verbindet - telecom

Wissen, was Natur kann - Klosterfrau

Bauchnabelprikelnd - (Schoefferhofer Weizen:
„die Bier, die so schön (h)at geprickelt in mein Bauchnabel“)

Weißer geht’s nicht - Weißer Riese

(dass) man sich drin spiegeln kann – Meister Proper

Spaß ist stärker als Schmutz - Weißer Riese

Qualitätsgeprüft - verschiedene Anbieter werben damit

Quadratisch, praktisch, gut - Ritter Sport

Macht Ihren Kopf glücklicher - Head and Schoulders

Ich bin doch nicht blöd - Media Markt/Saturn

Vorsprung durch Technik - Audi

Nichts ist unmöglich - Toyota

Was Mann will - Nivea sensitiv Deo, Männer

Mach dir Freude auf - Cola

Schrei vor Glück! - zalando

(manche Aussagen wurden für den Text abgewandelt)

 

Hier [noch eine pseudopädagogische Ergänzung zur] Liste der Werbesprüche:

"Wir lieben Lebensmittel" behauptet irgend eine Einzelhandelskette, was mich stark an die Eltern erinnerte, die's halt nicht nur gut meinten und sich immer wieder fragten wie die Lebenmittelkette, ob wir's ihnen jemals dankten.

Aber ich wollte nicht stören!

Gruß

Friedel

 

:klug:
Gingen die nicht so?:
- "Nichts ist unmööööglich -Toyoootaaa"
- "Ich bin doch nicht blöd"- Media Markt/Saturn

Alles Müller - oder was?

 

Hallo Friedrichhard,

„"Wir lieben Lebensmittel" behauptet irgend eine Einzelhandelskette, was mich stark an die Eltern erinnerte, die's halt nicht nur gut meinten und sich immer wieder fragten wie die Lebenmittelkette, ob wir's ihnen jemals dankten.“

Das ist ja das Grausige an der Werbung: Oft wird mit Liebe bzw. Liebesentzug ‚gearbeitet‘: Entweder macht man mit (indem man ein Produkt kauft) oder man ist Außenseiter, kann den Ansprüchen nicht genügen. Vielleicht bedanken sich wenigstens die Aktionäre …

L. G.,

Woltochinon

Hallo Dotslash,

danke für die Korrektur. Habe die Werbesprüche manchmal verändert („Leistung, die Leiden schafft“ anstelle von ‚Leistung aus Leidenschaft‘), da sind mir die beiden Aussagen verändert in die ‚Urliste‘ gerutscht.

Sei gegrüßt,

Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,
Der Konflikt will mir sich nicht spontan aufdrängen, aber so soll die Geschichte wohl auch nicht konzipiert sein. Letztendlich spüre ich Verdruss und glaube, dass die von mir gespürte Disharmonie- im Leben des Protagonisten ?- sowohl über die Sprache der Werbung und der daraus entstehenden Assoziationen erzählt werden soll. Jedenfalls glaube ich, dass hier dargestellt werden soll, welche monströsen Auswüchse man zulässt, anstatt zu hinterfragen, was sich tatsächlich hinter der Phobie verbirgt. Der Apell, die Steigerung der disharmonischen Konsonanten, ist wie ein Aufschrei auf die Eingangsfrage zu verstehen und impliziert, dass der Konflikt nicht gelöst wurde.
LG, GD

 

Hallo Goldene Dame,

wenn die Zeiten nicht golden sind, ist Gold besonders viel wert :)

Besser hätte ich den Text, meine Intensionen, selbst kaum beschreiben können!
Manche Überforderungen kann man nur ertragen, wenn man die Auslöser ins Lächerliche zieht, gewissermaßen den Spieß umdreht – z. B. als Aufschrei gegen die Verlogenheit der Glücksindustrie.

„… Auswüchse man zulässt, anstatt zu hinterfragen, was sich tatsächlich hinter der Phobie verbirg.“

Genau – das ist es ja! Es geht um eine Phobie, eine (eigentlich) unbegründete Angst. Warum lässt man die Macht der Werbungskakophonie zu?

L. G.,

Woltochinon

 

Genau – das ist es ja! Es geht um eine Phobie, eine (eigentlich) unbegründete Angst. Warum lässt man die Macht der Werbungskakophonie zu?
wenn du die Antwort weißt, schreibst du sie auch nieder, damit ich sie nachlesen kann? ;)

 

Meine liebe Leut, ihr schaut zu viel Fernsehen, dazu noch schlechtes, durch Werbung verseuchtes. Und dann tut ihr – mitsamt Autor, dem Schlawiner – noch so, als ob ihr dem nicht entfliehen könnt. Ihr Pharisäer! Statt ein Hohelied auf Werbung anzustimmen, macht ihr euch lustig darüber. Dabei thronen die Werbetexter auf dem Gipfel des Olymps, wenn es darum geht emotional und prägnant zu formulieren. Habt ihr schon vergessen, dass Bertolt Brecht, Frank Wedekind, Erich Kästner, Kurt Tucholsky und Rainer Maria Rilke auch Werbetexte geschrieben hatten?

 

Ach ja, ich erinner mich spontan:

Lieber Onkel Tengelmann / Was geht mich denn Dein Kaffee an!?

Oder:

Hast Du Minimax im Haus / geht das Feuer spielend aus.
Minimax ist großer Mist / wenn Du nicht zu Hause bist.

 

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