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Wia i Wienarisch g´lernt hob – oda: Die freindlichn Wiena (Wienerisch)

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Wia i Wienarisch g´lernt hob – oda: Die freindlichn Wiena (Wienerisch)

Wia i Wienarisch g´lernt hob – oda: Die freindlichn Wiena (jetzt mit Übersetzung)

Die "Übersetzung" findet Ihr hier.

Ãnfãng Juli wårs, kurz vor die Sommaferien, wia mei Mutta g´mant håt: „In den Ferien werden wir nach Wien übersiedeln.“
Pfoa, des wår a Watschn!
I wår dãmois gråd elf Jåhr oit, håb kurze Håår ghåbt, sodaß i ausgschaut håb, wia a Bua. Des is praktisch, håt mei Mutta befunden und in Linz håts jå a nix ausgmåcht, weil mi jå jeda kennt håt. Gråd erst håb i mit meine zwa Freindinnen ewiges Z´sammhoitn g´schworn g´håbt, håb i in die große Stådt übasiedln miaßn, in der i nur mei Tant´ und mein Cousin kennt håb.
„Jetzt wirst a weana Baazi?“, hãm meine Schuikollegn ungläubig gfrågt. Dãnn hãms ma Schauamärchen erzöht von arrogante Wiena, die kan akzeptiern, der ãnders is.
I hob mi gfiacht davor, echt! Nur mehr Häusermeere san vor mir auftaucht und Menschn ohne Gsichta, die ålle ãn mir vorbeigrennt san und kana wår dabei, den wås i kennt hätt.
So wår des dãnn jå a in da Schui: Lauta fremde Gsichta, kana von meine Freind dabei.
Im Untarricht hob i do jo von da erstn Minutn ãn g´lernt und se hãm ålle recht intaressiert g´wirkt.
Sie hãm net amoi wårtn kennan, bis daß de Lehrarin mein Nãmen gsågt håt, håms scho g´schrian:
„Bist a Bua oda a Madl?”
“A Diandl”, håb i gsågt und de gãnze Klass´ håt brüllt. Ane håt sogår an Låchkrãmpf kriagt, weu´s goa nimma håt aufhean kennan. De håt des åba garantiert eh mit an saumäßign Musklkåta biaßn miassn, de Funsn de.
I war´in dem Moment ãm liabstn im Bodn vasunkn. Mia håbn mei Geschlecht oba dãnn schnö´ aufklärt, die Lehrarin wår jå im Bilde, und i håb an Plåtz neb´n an ãndern Madl kriagt. Die wår a ka Wienarin, aus Jugoslawien is die kumman g´wesn und bis jetzt is´ imma allan g´sessn.
Wia i mi so umg´schaut håb, bin i draufkumman, daß auf mindestens zehn Schuitåschn a Pickal mit der Aufschrift „Ich bin ein freundlicher Wiener“ pickt is (die Träger von de Tåschn wårn komischaweis a imma bei denan, die mi ausglåcht hãm, dabei).
So, wia des in der Klass ãngfãngan håt, is des a weitagãngan. Is ma wieda amoi „Woat a wengal“ außegrutscht, håt ma des Låchn im gãnzn Schuihaus g´heart. „Des is laf“ håb i ma a nur mehr denk´n diaffn, åba niemois aussprechen.
I håb des jedenfois schnö´ ãngnomman, mi ãnpaßt sozusågn. Bin dãnn zum Wienerliedsingen gãngen, des da Direktor va´ãnstaltet håt. Richtige Schrammeln hãm´ma dort g´sungan.

Wie i Monate späta zum erstn Mål seit da Übersiedlung mein Cousin troff´n håb, håt der fåst kann Untaschied mehr g´merkt.
Er håt si in ana Trafik a Micky Maus-Heft kauft und i bin då hintn gstãndn und håb auf eam g´wårt, wie die Vakäufarin g´frågt håt:
„Wås kriagt denn der junge Herr då hinten?“
„I bin a Madl“, håb i gsågt.

Und wãnn i heit an Wiena triff, der wås Kartoffeln stått Erdäpfln sågt, dãnn erzöh´ i eam des, wia des haßt, auf Wienarisch.

 

Hallo Lord!

Ich freu mich, daß Dir die Geschichte gefallen hat und danke Dir fürs Lesen!

Alles liebe,
Susi

PS.: Hab diesmal keine Übersetzung dazugepostet, damit sich nicht alle so komisch vorkommen, wenn sie dann schreiben, sie hätten es auch ohne Übersetzung verstanden. ;)
Werde sie aber zu einem späteren Zeitpunkt (1 - 2 Wochen) nachposten.

 

servas häferl!

guade gschicht. mir gfoit, wia du beschreibst, wie sie des madl in da neichn stod eilebt, und ois metapha dafia der dialekt gnuma wird. :)

nur eines stört mich. müsste es nicht "wean" bzw. "weanerisch" statt "wien" und "wienerisch" heißen? hmm .. naja .. vielleicht täusch ich mich auch .. bin ja schließlich kein wirklicher wiendialektprofi ...

lg
klara

 

Hi Häferl,

da ich eine echte Norddeutsche bin, habe ich etwas Muffensausen gehabt, bevor ich mich an Deine Geschichte herangetraut habe. Werde ich die fremdartigen Töne übersetzen können? Aber ich mußte feststellen, daß ich die Geschichte ohne Schwierigkeiten lesen und verstehen konnte, die Sonderzeichen haben mich - im Gegensatz zu Kristin -nicht gestört. Im Gegenteil, sie halfen mir das exotische der Wiener Sprache zu unterstreichen. Die Geschichte selbst ist schlicht und ich mußte mehrfach schmunzeln. Die Lage des neu hinzugezogenen Mädchens hast Du für mein Gefühl einfühlsam beschrieben. Mir gefällt die Geschichte sehr!

Bei meinen Kritiken liebe ich es, ich gebe es zu, auf Rechtschreib- oder Grammatikfehler hinzuweisen... Das kann ich hier natürlich nicht, denn wie sollte ich entscheiden können, was korrekte Wiener Grammatik / korrekte Wiener Schreibweise ist und was nicht?

Frohe Weihnachten und liebe Grüße
Barbara

 

Hallo Kristin!

Daß Dich die Zeichen beim Lesen so stören, finde ich schade, da sie den Text eigentlich leichter lesbar machen sollten. Wenn ich ein "Åba" schreibe, ist doch das dem richtig geschriebenen Wort (Aber) viel näher, als ein "Oba" - meinst Du nicht?

Hallo Klara und al-dente!

Danke Euch fürs Lesen und Kommentieren! :)

Klara, wenn Du die oberösterreichischen Zeilen liest, wirst Du das "weana Baazi" finden, aber in Wien hab ich noch kein "Wean" gehört...

Barbara, so wie Dir (mit den Korrekturen) ist es mir bei hastdunmotto´s plattdeutschem Text gegangen...:D

Alles liebe,
Susi

 

Ich meine nicht, Kristin, ich hab das nach Peter Wehles "Sprechen Sie Wienerisch" gemacht. So wie hier steht es auch in seinem Buch.

 

Liebe Susi,

ich fand’s köstlich!

Und ich hab fast alles verstanden. :bounce:
Ob ich die Aussprache immer richtig im Kopf hab, weiß ich nicht so genau, aber in etwa passt es glaub ich. Mir helfen die å und ã schon, weil ich die "A"s sonst nicht auseinanderhalten bzw. richtig zuordnen könnte.

håb kurze Håår ghåbt, sodaß i ausgschaut håb, wia a Bua
:) :lol:
„Wås kriagt denn der junge Herr då hinten?“
:lol: :lol:

"weana Baazi" (:D) : Gibt’s da auch noch unterschiedliche Sprechweisen? Südwienerisch, Nordwienerisch, Mittelhochwienerisch ... :D

Für "Funsn" hätte ich gerne eine wortgetreue Übersetzung! :D

"Des is laf" hab ich nicht verstanden. Was ist denn "laf"?

Und was ist eine „Trafik“? Ein Kiosk?

Sehr erheiternd das Ganze!

Servas (oder sagt man das nur zur Begrüßung?)

Christian

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Christian!

Danke fürs Lesen und Deinen Kommentar zu meiner Geschichte! :)

Schön, daß Dir meine ôs und Å´s beim Lesen geholfen haben!
Aber ich denke, ich sollte dann doch mal eine Übersetzung posten...

Vorerst möcht ich Dich aber mal bezüglich Deiner Fragen zufriedenstellen...;)
Wien teilt sich nicht in Himmelsrichtungen, was die Dialekte betrifft, aber ein bisschen unterschiedlich reden die Leute schon, wenn man es auch heute nur mehr selten merkt.
Die Unterschiede bestehen dabei mehr zwischen Arbeiterbezirken und Nobelbezirken, wobei dies nicht nur die Aussprache, sondern auch einzelne Ausdrücke betrifft. In den Arbeiterbezirken kann man sagen, ist der Einfluß des Rotwelsch (-> wienerische Prägung) größer, was den eigentlichen Unterschied ausmacht.

Funsn ist laut Peter Wehle eine häßliche Frau, ist mir persönlich aber mehr für dumme Frauen bzw. Mädchen geläufig, wie es in der Geschichte auch gemeint war.

"Des is laf" ist oberösterreichisch und ist ein schönerer Ausdruck für dann, wenn man in Wien "des is Årsch" sagt...

Die Trafik hat Kristin schon völlig richtig erklärt. Danke Kristin! :)

"Servas" oder "Servus" sagt "man" nicht nur zur Begrüßung, aber ich persönlich find es komisch und verwende es kaum. Wenn, dann aber eher zur Begrüßung. Beim Verabschieden mag ich mehr das oberösterreuchische "Pfiati" oder "Baba".

Weißt Du, daß Dein Lob ganz besonders gut tut? :)

Alles liebe,
Dein Fan Nr. 1 :lol:

 

Hallo liebes Zuagrastes Wiena-Madl! :) Ich finde Deinen Text wirklich Super. Und ich kann als waschechte Wienerin nur sagen, dass die Sonderzeichen auf den Buchstaben absolut richtig sind. Wenn Du korrekt Wiener Dialekt schreiben würdest, so wie man es spricht, würde man sich beim lesen sehr anstrengen. [Staberl!! --> schrecklich zu lesen, selbst für Wiener] Hast Du gut gemacht.. aber ich muss Dir auch widersprechen: Baba und Pfiati sind nicht nur Oberösterreichisch, sondern verwedet man auch in Wien.

Baba :p

 

Hallo Häferl!

Schreibn im Dialekt, naa, des war mir zu anstrengend... aber zum lesen, schön! Mit den Sonderzeichen hast Du Dir ja ganz schön Arbeit angetan... da ich keine Ahnung hab, was die kleinen Kreise und Stricherl zu bedeuten haben, hab ichs ignoriert :)... besonders schön die Stelle mit den kurzen Haaren... das kam mir verdammt bekannt vor :)

liebe Grüße, Anne

 

Hallo Leonie und Maus!

Danke Euch beiden fürs Lesen - es freut mich, daß Euch die Geschichte gefallen hat! Wiener Dialekt zu schreiben, ist nicht einfach, weil man es so, wie man es spricht, gar nicht wirklich schreiben kann. Hier habe ich die Lösung mit den Ringerln und Wellenlinien über den A´s verwendet, weil es mir bei meiner anderen Geschichte so gegen den Strich ging, daß ich mich immer zwischen A und O entscheiden mußte, wenn es doch ein Mittelding ist (å), bzw. zwischen A und Au (ã).

Soso, Anne, hat man Dich auch für einen Buben gehalten? ;) Als ich die Geschichte schrieb, überlegte ich, ob ich die ganze Szene in die Geschichte schreiben soll: Mein Cousin hatte nämlich etwas längere Haare und ihn fragte die Trafikantin zuerst: "Wos kriagt denn des Madl?" Er: "I bin a Bua und hätt gern des neiche Micky Maus-Heft." :lol:

Alles liebe,
Susi

 

:D :rotfl: ...göttlich.

ja, ist mir schon sehr oft passiert... bis vor etwa 2 oder 3 Jahren regelmäßig.:) oder ich bin mit meinem älteren Bruder verwechselt worden ...

alles Liebe, Anne

 

Da bin ich ja noch eine Übersetzung schuldig... ;)
Die Ausdrücke „Madl“ (Wienerisch für Mädchen) und „Dirndl“ (selbiges auf Oberösterreichisch) habe ich nicht übersetzt, da das wichtig für die Geschichte ist. „Funsn“ war nur sinngemäß zu übersetzen möglich, und auch „Woat a wengal“ und „Des is laf“ mußten so bleiben, die beiden habe ich in der Geschichte in Klammer übersetzt. – Habe aber nur aufs Übersetzen und nicht auf Wortwiederholungen etc. geachtet – denn die „richtige“ Geschichte ist ja die Mundartversion und nicht diese.

Wie ich Wienerisch gelernt habe - oder: Die freundlichen Wiener

Es war Anfang Juli, kurz vor den Sommerferien, als meine Mutter meinte: „In den Ferien werden wir nach Wien übersiedeln.“
Das wirkte, wie eine Ohrfeige.
Ich war damals gerade elf Jahre alt, hatte kurze Haare, sodaß ich aussah, wie ein Bub. Das sei praktisch, befand meine Mutter. In Linz hat das ja auch nichts ausgemacht, weil mich ja jeder kannte. Eben erst hatte ich mit meinen beiden Freundinnen ewiges Zusammenhalten geschworen, und jetzt mußte ich in die große Stadt übersiedeln, in der ich nur meine Tante und meinen Cousin kannte.
„Jetzt wirst ein „Wiener Früchterl“?“, fragten meine Schulkollegen ungläubig. Dann erzählten sie mir Schauermärchen von arroganten Wienern, die keinen akzeptieren, der anders ist.
Ich fürchtete mich davor, ehrlich! Nur mehr Häusermeere tauchten vor mir auf und Menschen ohne Gesichter, die alle an mir vorbeirannten und es war keiner dabei, den ich kannte.
So war das dann ja auch in der Schule: Lauter fremde Gesichter, keiner von meinen Freunden dabei.
Im Unterricht lernte ich ja von der ersten Minute an und sie wirkten alle recht interessiert. Sie konnten nicht einmal warten, bis die Lehrerin meinen Namen sagte, schon haben sie geschrien:
„Bist du ein Bub oder a Madl?“
A Diandl“, sagte ich und die ganze Klasse hat vor Lachen gebrüllt. Eine bekam sogar einen Lachkrampf, weil sie gar nicht mehr aufhören konnte. Die mußte das aber sicher eh mit einem saumäßigen Muskelkater büßen, das blöde Weib.
Ich wäre in dem Moment am liebsten im Boden versunken. Wir haben mein Geschlecht aber dann schnell aufgeklärt, die Lehrerin war ja im Bilde, und ich bekam einen Platz neben einem anderen Mädchen. Die war auch keine Wienerin, ich glaube sie kam aus Jugoslawien, und saß bisher immer alleine.
Als ich mich so umsah, kam ich drauf, daß auf mindestens zehn Schultaschen ein Aufkleber mit der Aufschrift „Ich bin ein freundlicher Wiener“ klebte (die Träger dieser Taschen waren komischerweise auch immer bei denen dabei, die mich ausgelacht hatten).
So, wie das in der Klasse angefangen hat, ging es auch weiter. Ist mir wieder einmal „Woat a wengal“ (warte ein bisschen) rausgerutscht, konnte man das Lachen im ganzen Schulhaus hören. „Des is laf“ (oö Ersatz für „das ist scheiße“) durfte ich mir nur mehr denken, aber niemals aussprechen.
Ich habe das jedenfalls schnell angenommen, mich angepaßt sozusagen. Bin dann zum Wienerliedsingen gegangen, das vom Direktor veranstaltet wurde. Richtige Schrammeln haben wir dort gesungen.

Als ich Monate später zum ersten Mal seit der Übersiedlung meinen Cousin traf, merkte der fast keinen Unterschied mehr. Er kaufte sich in einer Trafik ein Micky Maus-Heft und ich stand hinten im Geschäft und wartete auf ihn, als die Verkäuferin fragte:
„Was bekommt der junge Herr da hinten?“
„I bin a Madl“, sagte ich.

Und wenn ich heute einen Wiener treffe, der statt Erdäpfeln Kartoffeln sagt, dann erzähl ich ihm, wie das auf Wienerisch heißt.

 

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