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Wie ich die Zettel entdeckte

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30.03.2008
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Wie ich die Zettel entdeckte

„Ich komme heute später“, steht auf einem kleinen weißen Stück Papier, das dort auf dem staubigen Fußboden liegt. Daneben liegt ein Zweites und ein Drittes. „Geh bitte einkaufen“ und „Nicole anrufen“ sind ihre Botschaften. Ich betrachte sie lange, versuche die Aufgaben in meinen normalen Arbeitstag einzubauen und gehe ins Bad. Auf der Toilette denke ich erneut an die Zettel auf dem Boden. Ist das in unser Beziehung übrig geblieben?, geht es mir blitzartig durch den Kopf. Die Zettel, die stummen Anweisungen. Der Knecht, ohne Möglichkeit zur Antwort. Schnell gegriffen, mit einem Kugelschreiber ähnlichen Gegenstand draufgekritzelt und die Botschaft wartet darauf, gelesen gleichwohl bearbeitet zu werden. Beziehungskommunikation auf einem Format von 5 mal 5 Zentimetern. Der Erfinder der Post Its, Spencer Silver, wird sich 1968 sicherlich noch keine Gedanken gemacht haben, welche Wirkung seine Erfindung auf die Menschheit haben kann. In meiner Welt stehen diese kleinen Papierfetzen für ein Kommunikationsmittel zwischen zwei Menschen, das wirklich funktioniert. Doch fangen wir die Geschichte von vorne an.

Wir, das sind in diesem Fall meine Freundin und ich, sind vor drei Jahren nach Leipzig gezogen. Unsere Beziehung begann wahrscheinlich wie jede andere herzliche Übereinkunft zweier Menschen mit viel Liebe, Zeit füreinander sowie Gesprächen zur jeder Zeit und an jedem Ort. Themen aus einer Palette von „Was machst du morgen?“ bis „In meinen Socken ist ein Loch, was nun?“ Drei Jahre später hat sich vieles verändert. Meine Freundin verlässt am frühen Morgen das Haus, geht zur Arbeit, zur Physiotherapie und zum Training. Und das an jedem Tag der Woche. Sie gehört nicht zu der Sorte von Frauen, die am Morgen extra laut sind, um die Ungerechtigkeit unterschiedlicher Weckzeiten auszugleichen. Wenn mein Wecker gegen acht Uhr dann die Stille verreist, ist sie längst weg. Auf meinem kurzen Weg zum Badezimmer überfallen sie mich dann. Sie liegen auf dem Boden, kleben an der Wand, hängen am Spiegel, baumeln an der Tür oder grinsen mich vom Tisch her an. Diese kleinen weißen Zettel. Anfangs störten sie mich noch. Sie enthielten oft Arbeitsaufgaben oder lästige Erinnerungen. Doch seit einigen Wochen freue ich mich auf jede Nachricht im Format 5 mal 5.

Wer jetzt denkt, das ist irgendwie armselig, den möge ich noch einmal auf unsere Situation hinweisen. Nun, was würden Sie tun, wenn Sie in Ihren Partner nur noch am späten Abend im Bett antreffen? Schlafen andere Pärchen verliebt in der Löffelstellung ein, heißt es bei uns: leise schleichen und noch leiser hinlegen. Ich versuche manchmal etwas lauter zu sein, damit meine Freundin kurz aufwacht, sich freut und mir noch einen Kuss schenkt. Passiert dies nicht, denke ich einige Minuten an Spencer Silver und seine Erfindung. Ich frage mich, welche Botschaft mich wohl am nächsten Morgen erwartet.

Wir haben sein Post-It-System mittlerweile auf unsere Bedürfnisse angepasst. Jeden Tag einen neuen Zettel schreiben, entfällt bei uns. Die most-used-Anweisungen habe ich am Computer zusammengestellt, ausgedruckt und an einer Magnettafel im Flur befestigt. Zusammen mit einigen netten Füllworten, damit die sprichwörtliche Liebe nicht zu kurz kommt. Das Resultat von einigen Bastelstunden liegt nun jeden Morgen auf dem Boden im Flur. Noch völlig verschlafen, ersetzen drei verstaubte Zettel ein: „Guten Morgen Schatz, ich hoffe du hast gut geschlafen. Kannst du nachher bitte Einkaufen gehen. Ich schaff es nicht mehr und wir brauchen noch Äpfel. Das wäre ganz lieb von dir.“ Komme später / Äpfel kaufen / Kuss!!!Auf den Punkt gebracht, werden Sie jetzt denken.

 

Hallo Herr Putz

Die Idee find ich gut, man hätte vielleicht mehr daraus machen können, denn die Figuren, um die es eigentlich geht, bleiben blass. Sie sind die Opfer der Post-Its, die hättest du vielleicht mehr in Aktion bringen können, statt dessen bleibt es bei den üblichen Beziehungs-Problemen, der Alltag ersetzt die Liebe, es wird sich nur noch schriftlich "geliebt" und schon ist es zu Ende.

Ist das in unser Beziehung übrig geblieben?, geht es mir blitzartig durch den Kopf.
Lass das mal den Leser denken.
Drei Jahre später hat sich vieles verändert.
Und das auch. ;)

Wahrscheinlich willst du den Text so kurz halten, dann ist aber Detailarbeit angesagt. Manche Texte - so wie der hier - sind gerade wegen ihrer Kürze wirkungsvoll - also, wenn ich sage, man hätte mehr daraus holen können, dann meine ich nicht, verlängern.

JoBlack

 

Hallo JoBlack,

die Anzahl deiner Beiträge zeigt mir, dass du hier schon deine Erfahrungen gemacht hast, deswegen nehmen ich mir deine Verbesserungsvorschläge zu Herzen. Du hast sicherlich Recht. Da der Text viele autobiografische Züge aufweist, sind einige Details verloren gegangen. Wer will schon zu viel von sich preisgeben. Aber dadurch verliert der Text auch die persönliche Nähe und wird zum Klischee-Lapsus. Eine Überarbeitung folgt.

 

Hi H.Putz,

ändere die Reihenfolge deiner Absätze. So wirkt die Geschichte trotz der guten Idee nicht ideal und seltsam altbacken. Auch finde ich sie etwas übererklärend, da könntest du eventuell noch reichlich streichen. Für so eine kurze Geschichte finde ich den Einstieg über eine Rückblende eher störend, weil er der Geschichte die Zielstrebigkeit nimmt.
Noch einige Details:

Ist das in unser Beziehung übrig geblieben?
von unserer Beziehung
mit einem Kugelschreiber ähnlichen Gegenstand draufgekritzelt
in diesem Fall mE zusammen kugelschreiberähnlichen
Wenn mein Wecker gegen acht Uhr dann die Stille verreist, ist sie längst weg
Ich nehme an, der Wecker zerreißt die Stille, Verreisen ist eher die Sache von diesen Menschenschlangen, die da immer an den Flughafenschaltern stehen.

Achja, und sind Post-Its nicht meistens gelb?

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Sim,

ich habe die Abschnitte 1 - 4. Welche Reihenfolge ergäbe in deinen geschulten Augen den besseren Sinn gleichwohl die bessere Geschichte ?

Ich danke dir für deine Anmerkungen.

 

Hallo H.Putz,

da schicke ich dir die nächsten Tage noch mal einen Vorschlag inklusive einiger Striche.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo H.Putz,

Aus Deiner Geschichte, respektive demErzähler, werde ich nicht schlau.
Im ersten Absatz liest es sich, als ob er mit der Zettelschreiberei ungücklich ist, und sich zum Ausführenden der Handlungsanweisungen seiner Freundin degradiert sind.

Dann auf einmal sind Post-Its die Rettung für das bisschen Restbeziehung?

Wenn der erste Absatz als Rückblende gedacht war, in der der Erzähler die Zeit vor der persönlichen Revolution der Post-It-Notizen per PC reflektiert, muss sie in einer Vergangenheitsform stehen.

Gruß, Pardus

 

Hallo Pardus,

du hast Recht, die Zeitform im ersten Absatz ist verkehrt gewählt und darunter leidet der Sinn-Zusammenhang.

Danke für den Hinweis.

Gruß H.Putz

 

Hallo H.Putz,
Im ersten Moment dachte ich, das wird was philosophisches, und als ich dann las "...fangen wir die Geschichte von vorne an...", erwartete ich halt eine Geschichte. Das ist es in Ansätzen sicher auch, doch ich denke, da wäre wesentlich mehr drin gewesen, da ich schon neugierig auf beide Figuren geworden bin. Außerdem denke ich, es gibt da ein hohes Identifikationspotential, deshalb will man schon wissen: Was ist sonst in der Beziehung los? Am Ende war ich mir dann nicht mehr sicher, ob das Ganze vielleicht auch in die humoristische Ecke sollte; Du siehst, es ist wohl auch ein Problem der Zuordnung. Im vorletzten Abschnitt noch ein Fehler: "..wenn Sie (in) Ihren Partner..", doch die Idee ist schön, feil halt noch ein bisschen dran!
LG,
Jutta

 

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