wie jeden Morgen
Sie erwachte wie jeden Morgen vom Klingeln des Weckers.
Jeden Morgen war es das Gleiche wie am Tag zuvor.
Wenn sie sich umdrehte lag er nicht neben ihr.
Wenn sie es dann schaffte ins Bad zu gehen stand seine Zahnbürste unbenutzt in der Ladestation.
Wenn sie in den Schrank griff zog sie als erstes seinen Pullover heraus und merkte es natürlich erst wenn sie ihn schon übergezogen hatte und sich im Spiegel betrachtete.
Aber wie jeden Morgen warf sie den Pullover wieder oben auf den Stapel, damit sie ihn morgen wieder anziehen würde.
Wie jeden Morgen kochte sie zwei Tassen Kaffee und ließ den überflüssigen Kaffee in der Kanne kalt werden wenn sie zur Arbeit ging.
Mittags stellte sie wie jeden Tag fest, dass sie für zwei gekocht hatte und schrieb die übliche Rundmail, wer etwas von ihrem Mittagsessen abhaben und ihr bei der Pause Gesellschaft leisten möge.
Sie kam sich selbst dumm dabei vor und hatte das Gefühl, dass jeder es wissen musste, dass sie nun wieder allein wohnte auch wenn sie nie erwähnt hatte wie sie innerhalb von 48 Stunden all ihre Sachen gepackt und mit Hilfe ihrer Tante in eine kleine 1 ½ Zimmerwohnung gebracht hatte!
Niemand sonst wusste es!
Ihre Kollegen schon gar nicht und sie hatte keine Ahnung warum sie ständig das Gefühl hatte er müsste da sein, denn er wusste gar nicht wo sie war.
Alles was sie tat, tat sie irgendwie nur für ihn.
Wenn sie zum Sport ging achtete sie darauf, dass es Kurse waren zu denen er nicht ging aber wo sie garantiert viel Muskelaufbau betreiben konnte.
Wenn sie was aß, dann nur Dinge die gesund waren und sie ihre Figur halten ließen.
Wenn sie einen Film sah, dann Filme die er auch schauen würde, um mit ihm drüber reden zu können.
Wenn sie ein Buch las, dann nur Bücher von denen sie wusste, dass er sie auch lesen würde wenn er sie in die Hände kriegen würde.
Er war immer da, immer präsent in ihrem Kopf...
Nur wenn sie weinte wusste sie mit schmerzhafter Sicherheit, dass er nicht mehr da war. Denn niemand nahm sie in den Arm und wischte ihre Tränen fort.
Wie jeden Abend krabbelte sie auch heute ins Bett und rutsche mit dem Rücken in die Mitte des Bettes und wartete darauf, dass er sie in den Arm nahm, bis sie einschlief.
Sie erwachte wie jeden Morgen vom Klingeln des Weckers.
Und wie jeden Morgen war sie froh, dass das Alles nur ein Traum gewesen war!