Wie kann ich mich an jemanden kuscheln, dessen Parfüm mir Kopfschmerzen bereitet!?
...basiert auf der traurigen Wahrheit...
„Na, wie geht’s dir!?“, fragte sie. Ich hasste sie dafür.
„Geht so, danke“, antworte ich, ein gequältes Grinsen aufgesetzt. Mit erwartungsvoller Miene stand sie mir gegenüber und wartetet darauf, dass ich noch etwas sagen würde. Ich rollte mit den Augen und seufzte:
„Bitte, sag’s mir einfach ins Gesicht! Mehr verlang ich doch gar nicht“. Tränen schossen mir in die Auge. Ich hatte mir fest vorgenommen nicht zu heulen.
Sie starrte mich schweigend an. Damit schien sie nicht gerechnet zu haben.
„Jonathan, was ist mit dir passiert? Was willst du von mir hören!?“, stammelte sie endlich.
Jetzt war ich richtig angepisst.
„Dass du dich nicht an mich kuscheln kannst, weil mein Parfüm dir Kopfschmerzen bereitet!“, brach es aus mir heraus. Fragend, verängstigt sah sie mich an. Da war er wieder, der Blick der mich ein ums andere Mal besänftigt hatte, der mich stets zu ihrem willenlosen Sklaven gemacht hatte.
Nicht heute, nicht jetzt. Nie wieder.
„Dass du mich ach so toll findest, ich dich aber leider nicht mehr fragen würde, ob du mitkommen wolltest, wenn ich ausgehe!“. Penetrantes Ding. Wer hatte ihr damals auf diesem selten dämlichen Provinzvolksfest beigestanden? Wer hatte sich, nur für sie, einen Film über ein hypochondrisches, sprechendes Zebra gegeben? Wer hatte sich unzählige Male, des Wassers überdrüssig, ins Schwimmbad gequält? Und wessen Handyrechnung war es, die stets ein gewaltiges Loch ins monatliche Budget gerissen hatte, nur um ihr, wenigstens ansatzweise, nahe sein zu können. Ich beendete meinen inneren Monolog und starrte ihr mit zorniger Miene in die kristallblauen Augen.
„Mein Gott, bist du schön“, dachte ich. Es passierte schon wieder. Ich wollte ihr in die Arme fallen, mich entschuldigen und um eine neue Chance, endlich alles richtig machen zu können, betteln.
Ich verpasste mir einen gehörigen Tritt in die Eier. Symbolisch gesprochen. Ich musste dem allen ein Ende setzen. Um unser beider Willen. Die letzten Wochen waren eine einzige Tortur gewesen. Herzschmerz, unsägliches Leid und enttäuschte Hoffnungen. Shakespeare hätte es nicht besser schreiben können.
Mein Leben war komplett aus allen Fugen gerissen.
Ich wusste, sie würde mich danach hassen. Der kurzen Zeit des reinen, qualvollen Schmerzes würde sicher schnell Erleichterung folgen. So hatte ich es mir jedenfalls ausgemalt.
Es war die beste Lösung für beide Parteien. Vom rationellen Standpunkt aus, versteht sich. Emotional kam es einem nuklearen Fallout gleich.
„Ich, Ich. Was!?“, warf sie mir unkoordiniert entgegen. Ihre Stimme zitterte.
„Jamie hat mir alles erzählt. Sämtliche Highlights eurer Konversation. Jetzt will ich es nur noch mal aus deinem Mund hören, mehr verlang ich gar nicht“, sagte ich trocken, ohne eine Miene zu verziehen. Ich versuchte es zumindest.
Sie sah mich fassungslos an. Ungläubig schüttelte sie den Kopf, beim Versuch etwas zu erwidern, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Dicke Tränen quollen aus ihren kristallblauen Augen.
„Ich habe, in meinem ganzen Leben, noch nie etwas so schönes gesehen“, dachte ich.
Da war er wieder. Der Blick.
„Mein Ambrosia, der einzige Grund, auf Erden zu wandeln“, hatte ich einmal gesagt. Ich würde mich nach etwas anderem umsehen müssen.
Meine Knie wurden weich. Ich gab mir nicht mehr lange, bis ich in die Knie gehen, und in Tränen ausbrechen würde.
Ich hasste sie dafür.
„Aber ich, ich...“, stammelte sie erneut.
Sie hatte heute noch keine zwei zusammenhängenden Sätze von sich gegeben. Sehr ungewöhnlich.
Ich musste es beenden. Sie hatte mich fast.
„O.K., hab schon verstanden“, sagte ich, drehte mich um, im Begriff zu gehen.
„Warte!“, sie packte meinen Arm. Ich wendete ihr meinen Kopf zu, starrte direkt in ihr hoffnungsvolles Gesicht. Ich zögerte und verlor mich in ihren kristallblauen Augen. Ich hasste sie dafür.
Nein.
Ich riss mich los und ging, ohne eine Wort.
Ich konnte sie nicht hassen. Ich liebe sie.