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Wieder allein
... und sie rannte. Taiga lief so schnell sie konnte. Es ging um das Leben ihrer Mutter, alles andere war gerade egal. Sie wurde geliebt. All die Jahre sollten nur diese Worte an ihre Ohren dringen. Nun war es endlich so weit. Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht, die Taiga immer wieder ablaufen ließ. Sie rannte, in Gedanken klangen die Sätze nach.
“Taiga? Ich bin deine Mutter. Nie solltest du von mir getrennt werden, leider ließ es sich nicht vermeiden, das Geld fehlte, ich konnte dir nichts bieten und wollte dir so ein Leben nicht zumuten. Schon seit einer Weile lag der Zettel mit deiner Telefonnummer auf dem Tisch, und endlich habe ich mich getraut. Falls du mir eine Chance geben möchtest, hinterlasse ich dir die Nummer, unter der du mich immer erreichen kannst, und meine Adresse.”
Das Wasser der Pfützen, durch die sie lief, spritzte an ihre Beine. Taiga hatte nur eine Strickjacke über ihre Schuluniform geworfen, obwohl es geregnet hatte. Sie rannte. Das Licht der Straßenlaternen zeigte ihr den Weg. Völlig außer Atem bog sie in eine Straße ein. Ihr Herz klopfte. In ihrem Kopf hämmerte es. Sie wollte nur zu ihrer Mutter. Es war still in der Stadt, niemand war zu der Zeit unterwegs. Auch Taiga hatte eigentlich nicht vorgehabt noch einmal hinaus zu gehen. Das Tennistraining hatte sie ziemlich geschlaucht, die Badewanne war schon mit angenehm heißem Wasser gefüllt. Doch dann klingelte das Telefon und eine rauchige Stimme hauchte Taiga ins Ohr, sie solle zur Wohnung ihrer Mutter kommen, sonst würde sie diese nie wieder sehen. Der gleichmäßige Ton brachte das Mädchen wieder zur Besinnung, sie ließ den Telefonhörer fallen, schnappte sich den Schlüssel und rannte hinaus.
Die Wolken verdeckten den Mond und die Sterne. Taigas gleichmäßigen Schritte waren die einzigen Geräusche in der Straße und hallten von den Wänden wieder. Sie sah ihren Schatten im Flimmern des Laternenlichtes. In der Nähe fiel ein Schuss. Es war unerklärlich, aber irgendwie war es Taiga klar, dass dieses gefallene Geräusch für sie nichts Gutes bedeuten würde. Als sie um eine Ecke bog, sah sie ihre Mutter, die gerade auf die Knie fiel. Taiga stürzte zu ihr.
“Mama?”, flüsterte sie verzweifelt und umklammerte die Hand ihrer Mutter. Diese öffnete die Augen.
“Meine kleine Maus. Ich liebe dich so sehr.”
“Mama, Mama nein! Du darfst mich nicht verlassen, ich habe dich doch gerade erst gefunden!”
“Es tut mir so leid. Das wollte ich dir nicht antun. Ich hatte so viele Pläne für unsere Zukunft aber- ”, Taigas Mutter hustete und schnappte nach Luft, “aber meine Vergangenheit hat mich eingeholt.”
“Geh’ nicht weg, lass mich nicht allein! Nein, bitte nicht, Mama”, Taiga schrie so laut sie konnte. Sie wollte, dass sie jemand hört, ihr hilft. Sie wollte, dass Gott sie hört und sie versteht. Ihr ihre Mutter wiedergab. Doch es passierte nichts.
Es begann erneut zu regnen.
Der Regen prasselte auf sie nieder und vermischte sich mit Taiga’s Tränen.