Was ist neu

Wieder eine von diesen blöden Geschichten, die nicht einmal ein Happy End haben

Seniors
Beitritt
29.11.2005
Beiträge
885
Zuletzt bearbeitet:

Wieder eine von diesen blöden Geschichten, die nicht einmal ein Happy End haben

Da anfangs immer die Anderen das Sagen hatten, blieb mir zunächst nur das Hören. Manchmal verging mir das zusammen mit dem Sehen, wobei der Verlust des Hörens auch mal verstärktes Fühlen müssen zur Folge haben konnte. Selbst wenn ich Leid teilte, blieb immer noch eine Hälfte für mich, und die war oft gänzlich mehr. Jene, die behaupteten, klüger zu sein, gaben niemals nach. Solange ich die Füße nicht unter meinen Tisch stellen konnte, wurde ohnehin nur gemacht, was ich nicht wollte.

Bald war es unvermeidlich geworden, lieber erst einmal was Kaufmännisches zu lernen, weil ich einfach keinen Bock auf Gartenarbeit verspürte. Da ich nun eine Arbeit hatte, musste ich mir wenigstens keine mehr machen. Ich war ein komischer Vogel, der morgens stundenlang schwieg, vielleicht auch nur, weil es mich wurmte, so früh anfangen zu müssen.

Während meiner Lehrjahre gewann ich die Erkenntnis, dass allein Übung jene, die mich etwas lehrten, zu dem gemacht haben musste, was sie scheinbar sein wollten – und fiel aus allen Wolken. Aber oft wussten die auch nicht so genau, was sie taten, und sie zeigten sich bei stichhaltigen Kleinigkeiten meist ungeheuer dickhäutig. Immerhin schien es sich zu lohnen, die Geräuschbegleitung bei Nichtigkeiten erheblich zu steigern. Die lehrreichen Jahre sollten für mich nicht gerade herrlich werden, zumal mir der unentwegte Blick zu den hohen Trauben Kopfschmerzen bereitete. Mit den Rosinen war das leichter gewesen. Die waren einfach da.

Mein Chef war auf dem rechten Auge blind, der konnte es sich nicht erlauben, auch noch das andere Auge zuzudrücken, wenn in der Abteilung mal wieder allgemein der Durchblick fehlte.

Wenn ich das alles nicht mehr sehen konnte, fand ich abends ab und zu bei einem Korn etwas Ablenkung in einer Kneipe um die Ecke, zumal dort gelegentlich ganz nette Hühner anzutreffen waren. Da gefiel mir eines Tages eine Liebe auf den ersten Blick. Sie trank nur stilles Wasser und hatte wohl ein Tief, während ich zunächst stumm meine Suppe auslöffelte, in der ganz schöne Brocken herumschwammen. Es war einer dieser Abende, an dem ich mir gern mal endlich den ganzen Kümmel von der Seele geredet hätte.

„Wie geht es Ihnen denn so?“, wagte ich sie schließlich zu fragen. Man wollte ja nicht gleich mit dem Dir ins Haus fallen.
„Liebe geht durch den Magen“, entgegnete sie traurig.

Nun denn, dachte ich, dann ist ziemlich klar, was am Ende dabei heraus kommt. Und ließ es bleiben.

 

Hey Rick,
für mich war die Schmerzgrenze schon fast nach dem ersten Absatz erreicht. ;)

Es ist wirklich gekonnt und gelungen und das alles, aber es nutzt sich wahnsinnig schnell ab. Wirklich schneller als schnell. Dabei bin ich eigentlich ein großer Freund davon, Olli Dietrichs "Spocht", die drei Typen bei der Bullyparade in den schwarzen Anzügen und, ja, ich gestehe auch dieser Willy Astor, aber hier ist es ja nur die Form; ein Inhalt und "weitere" Gags gibt es nicht. Während bei "Spocht" (Franzi van Almsick ist einfach zu langsam ...) es dann immer noch aus sich selbst heraus lustig war und die Wortspiele das noch verstärkt haben und natürlich dort noch die Mimik des Vortragenden dazu kam, das Spiel mit der "Blödheit der Wortspiele", so eine Metaebene. Nach "mit der Dir ins Haus fallen" hätte Olli Dittrich wahrscheinlich eine zweiminütige Pause gemacht.

Hier ist ja nur die Frage: Welches Sprichwort nimmst du dir als nächstes vor und wie?

Deshalb wirklich: Respekt vor dem handwerklichen Können und dem Geschick. Aber so richtig gelungen, finde ich es nicht.

Gruß
Quinn

 

Salü Rick

Vorsicht, denn Mutter trägt gerade die Kiste mit dem Porzelan.
Also ich sitze ja momentan im Haus, genau, dem aus Glas,
den Stein leg ich wieder hin und werde mal einen lassen auf die fünf Geraden,
so sprech ich hier ein Hoch auf deinen Mut,
denn nur wer fällt kann auch wieder aufstehen.
Hier muss man sich an den Bäumen erfreuen,
den tiefen Wald dabei zu sehen ist der Liebesmüh' vergebens.

In diesem Sinne, gern gelesen und erneut gelesen.
Gruss.dot

 

Hehe. Klasse. Punkt. :)

EDIT:

Nach "mit der Dir ins Haus fallen" hätte Olli Dittrich wahrscheinlich eine zweiminütige Pause gemacht.
Und danach wohl gesagt "Ah, schön zu hören, wie der Groschen fällt." ;)

 

Hi Rick,

warum hast du das nicht als Experiment gepostet? Eine tolle Idee, handwerklich gut, gern gelesen.

Gruß, Elisha

 

Hallo Rick,
wär der Titel nicht gewesen, ich hätte das hier schon früher gelesen. Der Name ist mir zu penetrant. So nach dem Motto "Das bin ich: Eine Scheißgeschichte. Lies mich nicht! Aber wenn ich mich so nenne, dann werde ich sicherlich gelesen.";)
Hat sie aber nicht nötig, die Bescheidene zu spielen ... und du auch nicht!

Das Spiel mit den Redensarten ist meisterhaft geführt. Ich habe die Tragikomik genossen. Komische Sprache, tragischer Inhalt - da kann man auch schön mit dem Interpretieren loslegen: Das Leben in Floskeln, Sein und Schein usw.

Gruss
Kasimir

 

Hey Rick,

ich mag und schätze diese Art von sprachlichen Grenzposten ja sehr; der Titel hat mich neugierig gemacht und bereits nach den ersten Zeilen war ich angetan und mit der Moral die Du hier aufspürst, bin ich auch noch sehr zufrieden. Dein Spiel ist sehr rund, sehr pointiert und dabei mit Tiefgang, so daß es nicht in der Oberflächlichkeit dümpeln kann oder wird.

Es freut mich sehr, solcherlei seltsame Einsätze in dieser Rubrik zu finden, herzlich Willkommen :)

Und zum Behufe der Feldforschung oder Ablenkung empfehle ich den folgenden Liedetext, der im Übrigen musikalisch untermalt den Hörgenuss bis in die Akkustik steigert und ihn durch diese perfektioniert : Georg Kreisler - Der Leisten/Nichtarische Arien

Schönes Teil !
C. Seltsem

 

wundervolle Geschichte!

Ein wahrer sprachlicher Genuss!

Nur ein Satz verwehrte mir den Sinn:

Bald war es unvermeidlich geworden, lieber erst einmal was Kaufmännisches zu lernen, weil ich einfach keinen Bock auf Gartenarbeit verspürte.

gibts dazu irgend ein Sprichwort, dass mir nicht einfallen mag oder...?

PS: Ich bin auch großer Fan von Olli Ditrichs Spocht... die drei der Bullyparade stehen ihm etwas nach, was das angeht!

Bitte meeeehr solcher Geschichten =)

 

Hi Rick,

ich habe diese seltsame Geschichte gerne gelesen, wobei ich anfangs auch dachte, dass sie in Experimente besser aufgehoben wäre. Wenn ich überhaupt etwas zu kritisieren habe, dann ist es der erste Abschnitt, der etwas holprig daherkommt.

Aus

Die, die behaupteten, klüger zu sein,
würde ich "Jene, die behaupteten..." machen, um die Doppelung zu vermeiden.

Aber das ist nur geschmäcklerisches Genörgel, das Du natürlich gerne ignorieren kannst.

Nettes Wortspielexperiment, gerne gelesen.

Gruß
George

 

So gelacht

Salutti Rick,

da schaue ich mal eben so vorbei und finde solch einen Text. Mit einem Mal sind die Kopfschmerzen weg - so habe ich gelacht. Wunderbar.

Danke, das war wohltuend! Toll.

Herzlich grüsst, Gisanne

 

Hallo Quinn,

so, so, deine Schmerzgrenze war schon im ersten Absatz erreicht? Ich dachte, du wärst härter im Nehmen *g*. Verstehe natürlich, was du meinst. Eine solche Idee kann schnell penetrant werden. Aber weinselig einen Einfall zu haben, ihn umzusetzen und dann auch noch zu posten widersetzt sich gern solchen Gefahren. Ab dafür!

Freue mich, dass dir das zumindest Respekt abnötigte.

Hallo dotslash,

danke für deinen launigen Kommentar. Wie man ins Forum hineinschreibt, so schallt es heraus. Sehr amüsante Kritik, danke!

Hallo Bruder Tserk,

lange nicht kommuniziert, schön, dass ich dich mit diesem Text mal wieder erreichen konnte, und dann auch noch positiv. Danke für die Rückmeldung!

Hallo Elisha,

an "Experimente" hatte ich auch kurzzeitig gedacht, aber irgendwie befürchtete ich dann, das käme wohl doch etwas plump daher, für die Experimente-ExpertInnen. Freu mich, dass es dir so oder so gefiel, dieses kleine, seltsame Experiment.

Hallo Kasimir,

auch dir sei gebeichtet, dass ich eine Titelphobie habe. Schön, dass du dich trotzdem überwinden konntest und das dann offensichtlich auch nicht bereut hast. Über die gute Beurteilung des Textes habe ich mich gefreut.

Hallo C. Seltsem,

irgendwie fühle ich mich in der Rubrik "Seltsam" sehr wohl, das liegt vielleicht an den vielen seltsamen Gedanken, die mir häufiger mal durch den Kopf ziehen. Wie ich schon an Quinn schrieb: Der Wein ging rein, die Geschichte kam raus. Und ich dachte: "Seltsam!"

Der Link zu Kreislers Text steigert meine Freude, meine Idee weiß ich nun in prominenter und kluger Gesellschaft anderer Gedanken. Danke für die tolle Kritik und den Tipp!

Hallo Rev. Angeldust,

und wieder kreuzen sich unsere Pfade. Und wieder kann ich mich darüber freuen, bei dir gut angekommen zu sein. Danke.

Die von dir angefragten "Weisheiten" sind der früher von Eltern häufig verwendete Ausspruch "Lerne lieber erstmal was Kaufmännisches" vermischt mit der Sprichwort: "Den Bock zum Gärtner machen" - in einer - zugegeben - recht unbedarften Mischung!

Mehr solcher Geschichten? Da würde ich wohl zum Alkoholiker werden.

Hallo George Goodnight,

ich erinnere mich im Zusammenhang mit deinen Namen an eine ziemlich gute KG, die ich mal von dir hier gelesen habe - muss ich gleich nach einmal nachschauen. Danke für deine gute Kritik. Deine Änderung werde ich sofort übernehmen, mich hat die Stelle gestern Abend auch genervt, aber mir fiel da einfach nicht mal mehr das Naheliegende ein.

Hallo Gisanne,

das du Kopfschmerzen hattest, die nach Lesen des Textes verschwanden, ist ja mal ein ganz ungewöhnlicher und besonderer Erfolg. Hast du auch zu lange nach den süßen Trauben Ausschau gehalten, die immer zu hoch hängen?

Freut mich, dass dir die KG gefiel und dir zu einer verbesserten Gesundheit verhalf. So schließt sich irgendwie sehr sinnvoll der Kreis zur Kritik von Quinn. Schmerzen kommen und gehen. Danke!

Grüße von Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Rick

wobei der Verlust des Hörens auch mal verstärktes Fühlen müssen zur Folge haben konnte.
Entweder du lässt das müssen einfach weg, oder du behandelst das Fühlenmüssen als Substantiv, Komposition zweier Verben. Da spielt der Satzursprung keine Rolle.

elbst wenn ich Leid teilte, blieb immer noch eine Hälfte für mich, und die war oft gänzlich mehr.
um den Konjunktiv hier klarer zu machen, würde ich das Kopulaverb werden, sprich würden heranziehen. Ober wenigstens bliebE schreiben.

ene, die behaupteten, klüger zu sein, gaben niemals nach.
Ich hab heir wirklich arge Schwierigkeiten mit deinem Tempus, der nicht falsch ist, aber für mich so klingt. Oder doch: denn sie gaben niemals nach, kann nicht im selben Tempus wie der HS stehen, da sie erst behaupteten, klüger zu sein, und DANACH gaben sie niemals nach. Also erst Plusquamperfekt, und dann Präteritum. Jene, die behauptet hatten, klüger zu sein, gaben niemals nach.

weil ich einfach keinen Bock auf Gartenarbeit verspürte. Da ich nun eine Arbeit hatte,
Auch hier schwangst du, oder ich verrenn mich da.

Aber es zieht sich durch die ganze KG. Du erzählst von Handlungen, die abgeschlossen sind, da der Erzähler der Prot ist. Da wählt man das Plusquamperfekt. oder schlichtes PErfekt. Während meiner Lehrjahre habe ich die Erkenntnis gewonnen, ...

SChau mal, wie du das siehst.

Deswegen gibt es hier von mir schon mal keinen Respekt für dein handwerkliches Können. Die Kalauer gefallen mir schon besser, aber trotzdem bleibt diese KG unterste SChublade und du solltest dich schämen, ich würde es!

Trotzdem schön, mal wieder was von dir gelesen zu haben. Ich werd mich dann auch gleich mal an die KG von dir machen, die empfohlen wurde. Da hab ich bestimmt mehr Glück.

Sorry und lieben Gruß

 

Ich hab heir wirklich arge Schwierigkeiten mit deinem Tempus, der nicht falsch ist, aber für mich so klingt. Oder doch: denn sie gaben niemals nach, kann nicht im selben Tempus wie der HS stehen, da sie erst behaupteten, klüger zu sein, und DANACH gaben sie niemals nach. Also erst Plusquamperfekt, und dann Präteritum. Jene, die behauptet hatten, klüger zu sein, gaben niemals nach.
Nein, das stimmt so. Im Präsens würds doch auch klappen: "Jene, die behaupten, klüger zu sein, geben niemals nach."
Dass sie behaupten, klüger zu sein, bezieht sich ja nicht darauf, dass sie es einmal gesagt haben (dann würde dein Vorschlag stimmen). Es ist einfach eine allgemeine Aussage über sie, wie beispielsweise "Die, die hier Geschichten lesen, kommentieren sie meistens auch." - Hier ist das Lesen ja eigentlich auch vor dem Kommentieren, der Satz ist tempusmäßig gesehen trotzdem korrekt.

 

Hi Tserk

Auch das finde ich gerade nicht korrekt, da man erst sagen kann, dass sie nicht nachgeben, wenn sie es denn auch tatsächlich nicht getan haben. Ansonsten, wenn mans noch nicht sagen kann, sollte man doch im Futur sprechen. werden niemals nachgeben.
es ist also kein syntaktisches, sondern ein semantisches Problem.

Vielleicht überseh ich da was, mag sein, aber es ist kein Betrachtzeitpunkt vorhanden, denke ich. Was du meinst, ist szenisches Präsens, wo Schilderungen vergangener Ereignisse im Präsens erzählt werden. Das funktioniert aber nicht, da das Nachgeben noch keine abgeschlossenen Handlung ist, und somit nicht im Präsens erzählt werden kann.

Das ist Kleinkrämerei, ja. Denn der Leser weiß ja, wie es gemeint sein soll.
Ich finde nur, es klingt nur nicht und würde es gar falsch nennen.

lieben Gruß

 

Es geht halt darum, dass eigentlich überhaupt kein spezifisches Ereignis geschildert wird, sondern nur eine allgemeine Aussage getroffen wird.
Um beim Forenbeispiel zu bleiben: Dieses "Lesen" ist ja damals, jetzt und zukünftig. Denn hier wurde gelesen, wird gelesen, und wird gelesen werden.

Aber das wird hier Offtopic ... ;)

 

Hallo Aris,

ist ja erfreulich, dass du mal wieder hier auftauchst. Bin leider ziemlich in Eile, weil ich bereits auf gepackten Koffer sitze und längere Zeit weg muss (und ziemlich sauer, weil ich gerade erfahren habe, dass eine meiner Geschichten von irgendeinem Hirni geklaut und in einem anderen Forum als eigenes Gedankengut ausgegeben wurde!). Egal.

Dieser Text hier beinhaltet ja neunzwanzig Sprichwörter und Weisheiten und ich musste sie in ihrer Allgemeingültigkeit (meines Erachtens) in dieser Zeitform schreiben.

Schade, dass dir das nicht so gefiel. Ich schäme mich aber nicht für den Text. Warum sollte ich?

Grüße von Rick

 

Hallo Rick,
auch das Zweitemallesen war schön. Ich dachte mir, das sollte belohnt werden: Empfohlen!

Gruß
Kasimir

 

Hallo Kasimir,

dass dir der Text zweimaliges Lesen wert war, was dann auch noch zu einer Empfehlung führte, hat mich sehr gefreut - vielen Dank!

Grüße von Rick

 

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom