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Winterwunderland

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04.11.2002
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Winterwunderland

Die Hand am Wasserhahn, beobachtete er das einlaufende Wasser, wie es sich plätschernd mit dem restlichen Wasser vermischte und die Badewanne so immer mehr füllte. Er wartete einige Augenblicke, drehte den Hahn dann zu. Noch ein wenig Badesalz hinein, dann begann er sich voller Vorfreude auszuziehen. Er liebte es zu baden. Besonders jetzt, wo die Tage immer kälter wurden, konnte man so eine warme Wanne richtig genießen. Es machte Spaß, drinnen von warmem Wasser umgeben zu entspannen, während draußen Minusgrade herrschten. Da der Temperaturunterschied auf seiner Haut zunächst so stark war, stieg er nur langsam ins Wasser, ließ seiner Haut genug Zeit, sich an die Veränderung zu gewöhnen. Schließlich konnte er sich gemütlich zurück legen und die Gedanken schweifen lassen, während das angenehm temperierte Wasser seinen Körper umspielte.
Als er zwanzig Minuten später, nur ein Handtuch umgewickelt, das Bad verließ, traf er auf dem Flur seine Mutter. Diese sah ihn prüfend an.
„Hast du schon wieder gebadet, Lukas?“, erkundigte sie sich dann, wobei der vorwurfsvolle Tonfall kaum zu überhören war.
Lukas blieb stehen und nickte.
„Das verbraucht viel zu viel Wasser Junge, du solltest besser duschen. Heutzutage muss man sparsam mit Wasser umgehen.“
"Aber auf diese eine Badewanne kommt es jetzt auch nicht mehr an."
"Natürlich! Jeder Einzelne ist da wichtig. Ist das denn so schwer zu verstehen?"
Lukas schüttelte nachgebend den Kopf. „Nein, Mama.“

Also duschte Lukas am kommenden Tag. Und am Tag darauf. Und am Tag darauf. Als er am vierten Tag aufwachte, schneite es. Es musste die ganze Nacht geschneit haben, so hoch lag der Schnee. Begeistert sah er aus dem Küchenfenster. Eine beeindruckende Schneedecke hatte alles unter sich begraben.
„Hier ist dein Pausenbrot“, hörte er seine Mutter hinter sich sagen. Er drehte sich um, schnappte sich das Brot, packte es in seinen Ranzen und machte sich dann auf den Weg zur Schule. Überall waren Leute vor ihren Haustüren mit Schneeschieben beschäftigt. An den wenigen Stellen, wo der Schnee noch nicht weggeräumt war, ging Lukas ganz langsam und horchte genau auf das charakteristisch knackende Geräusch, das der Schnee machte, wenn er darauf trat, und welches ihm eine kindische Freude bereitete. Irgendwann führte ihn sein Schulweg durch das Neubaugebiet, vorbei an einer großen, zugeschneiten Wiese, die sich auf der noch unbebauten Seite der Straße befand. Er hielt inne, um den Anblick zu genießen. Die ihn umgebende Kälte war gleich viel deutlicher zu spüren, als er stehen blieb. Dennoch setzte er seinen Weg nicht gleich fort. Regungslos stand er da und ließ den Blick geduldig über die Wiese schweifen. Da noch niemand darauf herumgelaufen war, lag der Schnee unberührt vor ihm. Lukas beobachtete fasziniert, wie die dicken Schneeflocken vom Himmel fielen und am Boden mit dem schon vorhandenen Schnee verschmolzen. Was für ein Anblick. Er kam sich vor wie ein Forscher, der ein Gebiet entdeckt hatte, das noch niemand vor ihm betreten hatte. Sollte er nun als erster darauf herumlaufen? Die schneebedeckte Wiese erforschen und sich durch seine Fußstapfen darauf verewigen? Er dachte einen Moment darüber nach. Aber das würde die schöne, perfekte Schneedecke zerstören. Also entschied er, die Schneedecke so unberührt zu lassen, wie sie war, und setzte seinen Weg fort.

Es war früher Nachmittag, als Lukas Schule aus hatte und sich auf den Heimweg machte. Es dauerte nicht lange, da kam er wieder an der Wiese gegenüber des Neubaugebietes vorbei. Doch der Anblick hatte sich verändert. Überall waren Fuß- und Kufenspuren von Schlitten zu sehen. Der Schnee war keineswegs mehr so gleichmäßig wie am Morgen, sondern aufgewühlt und zertreten. Enttäuschung machte sich in dem kleinen Jungen breit. Die Szene keines weiteren Blickes würdigend, ging er weiter.
Zu Hause angekommen, begrüßte er nur kurz seine Mutter, warf den Ranzen achtlos ins Kinderzimmer und verschwand dann ins Bad, um sich eine Wanne einzulassen.

 

Hallo little alien,

mir will sich die gesellschaftliche Relevanz Deiner Geschichte nicht recht erschließen. Wasserverschwenung als Rache dafür, dass eine Schneedecke zertrampelt wurde?
Ansonsten aber eine runde, stimmungsvolle Geschichte.

Dies fiel mir noch auf:

- Die Hand am Wasserhahn [Komma] beobachtete

- Er wartete noch einige Augenblicke, drehte den Hahn dann zu. Noch ...

- Diese sah ihn Prüfend an (prüfend klein)

- dein Schulbrot ... seinen Schulranzen ... Weg zur Schule ... führte ihn sein Schulweg ...

- Völlig unberührt lag der Schnee vor ihm. Es war noch niemand darauf herumgelaufen. - Wo genau ist der Unterschied zwischen 'unberührt' und 'völlig unberührt'? Und wenn der Schnee unberührt ist, oder auch völlig unberührt, ist es logisch, dass noch niemand darauf herumgelaufen ist - sonst wäre er ja nicht mehr unberührt.

-kurz seine Mutter, warf seinen Ranzen achtlos in sein Zimmer

Viele Grüße vom gox

 

Danke für die schnelle Antwort gox. Die Vorschläge habe ich gleich schonmal umgesetzt.

mir will sich die gesellschaftliche Relevanz Deiner Geschichte nicht recht erschließen. Wasserverschwenung als Rache dafür, dass eine Schneedecke zertrampelt wurde?
Ansonsten aber eine runde, stimmungsvolle Geschichte.

Obwohl dem Leser natürlich mehrere Interpretationsmöglichkeiten offen stehen, ist das nicht die Interpretation, die ich angestrebt hatte. Nun möchte ich aber auch nicht allen anderen Lesern schon alles vorweg nehmen. Darum sei nur soviel gesagt: Meiner Meinung nach, geht eine andere Überlegung im Kopf des Jungen vor.

 

little alien schrieb:
...ist das nicht die Interpretation, die ich angestrebt hatte. Nun möchte ich aber auch nicht allen anderen Lesern schon alles vorweg nehmen...

Das ist schon OK. Allerdings halte ich es ohnedies für fatal, wenn der Autor seine Geschichte oder deren gewollte Interpretation erklären muss. Wenn etwas nicht oder nicht richtig verstanden wird, liegt das selten am Leser. ;-)

Viele Grüße vom gox

 
Zuletzt bearbeitet:

ich finde es aber auch ziemlich mühselig dem Leser die "beabsichtigte" Interpretation immer so unter die Nase zu reiben. Dann muss man halt mal etwas nachdenken, was für Möglichkeiten es da gibt. Meine Schwester zum Beispiel hat es auf Anhieb verstanden.
Und vielleicht wollte ich ja, dass es nicht nur eine, total klare Interpretation gibt. Wer den Jungen als hirnlosen Verschwender sehen möchte, kann dies tun. Wer eine "bessere" Idee hat, dem sei das auch gelassen.

 

ich finde es aber auch ziemlich mühselig dem Leser die "beabsichtigte" Interpretation immer so unter die Nase zu reiben...

Ist es denn nicht, vielleicht mühselige, Aufgabe des Autors, dem Leser nahe zu bringen, was er meint?

Viele Grüße vom gox

 

ich meinte damit nicht, dass es mir zuviel Arbeit wäre, ich will damit nur sagen, dass ich es unnötig finde. Geschichten sollen doch auch zum Nachdenken anregen und Freiraum für eigene Gedanken des Lesers lassen. Ich werd mal abwarten, ob vielleicht jemand anderes sie noch liest und keine solchen Probleme mit der Idee hinter der Geschichte hat.

 

Hallo little alien!

Mag sein, dass Deine Schwester die Aussage der Geschichte auf Anhieb verstanden hat - mir hat sich das in Wasser/Schnee verpackte Thema leider nicht offenbart. Gibt es im Winter mehr zu vergeudendes Wasser? Sieht es in besagter Jahreszeit nur anders aus? Sollten wir mit dem Baden auf Schneeflocken warten? Könnte der gesellschaftliche Bezug in der Gegenüberstellung von Badenden und Duschenden zu finden sein? Oder gar: volle Badewannen sind schöner als zermatschter Schnee?

Das Offenhalten von Interpretationsmöglichkeiten halte ich durchaus für legitim, nur sollte der Kern des beschriebenen Themas erkennbar sein.
Im vorliegenden Text mangelt es mMn an diesbezüglichen Hinweisen.


Ciao
Antonia

 

Nagut, da ja sonst weiter nichts kam und die die es gelesen haben sich darin einig sind, dass die angestrebte Interpretation nicht herauskommt, habe ich das Gespräch mit der Mutter etwas verlängert, jetzt ist es vielleicht eindeutiger.

 

Hallo Kleiner Alien,

wenn wir schon beim Ratespiel sind: "Wenn ich's nicht tue, macht's ein anderer."?
War's das?


Das mit der gesellschaftlichen Relevanz einer Geschichte ist so eine Sache, ich persönlich stelle meine Geschichten lieber unter Alltag, dann würde auch eine zertrampelte Schneefläche eher durchgehen ... und am Ende doch als "banal" bezeichnet werden.

Gruß,

AE

 

meine Idee war mehr, dass einem nicht gerade das Gefühl gegeben wird, ein einzelner mache tatsächlich einen Unterschied.

 

Hallo little Alien,

schade, ich hatte in die gleiche Richtung getippt, wie AlterEgo. Und so ist ja das Denken vieler Menschen nunmal immer noch.

Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich ja dann zu naiv oder so etwas in diese Richtung, aber ich hatte die Geschichte schon vorher gelesen. Bevor Du diesen Kleinen Zusatz im Gespräch mit der Mutter hattest und da saß ich wie doof davor und kam nicht wirklich darauf. Der Zusatz hat mich dann auf eben das "wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer" (siehe AlterEgo) gebracht :)

Es ist übrigens immer schwierig wenn Personen, die uns gut kennen die Geschichten lesen. Natürlich kommen sie viel eher auf Intentionen, sie kennen einen ja viel besser und können deswegen auch zwischen den Zeilen lesen wenn es sein muss.

Ansonsten aber recht flüssig, gut beschriebene Winterlandschaft.

Liebe Grüße,
gori

 

Hallo little alien,

mir hat die Geschichte gefallen. Meine Interpretation war von Anfang an, dass dein Prot. aus Rücksicht anderen gegenüber verzicht übt (er duscht, obwohl er lieber baden würde), dieses erlernte Verhalten bei der zugeschneiten Wiese anwendet (er verzichtet wieder, damit auch andere den Anblick der unberührten Schneedecke geniessen können), und dann erkennt, dass die anderen sich nicht so verhalten wie er. Daraufhin kehrt er wieder zu seinem alten Verhaltensmuster zurück. Ich weiß nicht, wie der Dialog mit der Mutter vorher war und ob ich die Geschichte dann genauso interpretiert hätte (ich hab nur deine geänderte Version gelesen), aber so hat die Geschichte für mich eine klare Aussage. Gut gefallen hat mir auch der Vergleich mit der volllaufenden Badewanne und der zugeschneiten Wiese. Lässt ein schönes Bild entstehen.

Hier nur eine Kleinigkeit

das zulaufende Wassers
Wasser

Gruß, Stefan

 

Hallo little alien!

AlterEgo schrieb:
"Wenn ich's nicht tue, macht's ein anderer."?
little alien schrieb:
meine Idee war mehr, dass einem nicht gerade das Gefühl gegeben wird, ein einzelner mache tatsächlich einen Unterschied.
In den beiden Aussagen steckt doch auch der selbe Kern: »Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer« bedeutet nichts anderes, als »ob ich verzichte, macht keinen Unterschied« (weil es eben ein anderer trotzdem macht/nicht macht).

Stimmungsmäßig finde ich Deine Geschichte sehr schön – ich mußte mir gleich eine schöne, warme Badewanne einlassen.

Allerdings finde ich Deinen Vergleich schlecht gewählt: Ob der Schnee schöner ist, wenn man ihn nur ansieht oder wenn man seinen Spaß damit hat, ist eine subjektive Sicht, eine persönliche Erwartungshaltung des Protagonisten, daß die anderen den Schnee auch so schöner finden sollen. Daß das Wasser knapp wird, wenn wir weiter so verschwenden, und dann vielleicht schon die nächsten Generationen zu wenig haben und viel dafür bezahlen müssen, ist ein tatsächliches Problem. Man kann also das eine nicht mit dem anderen vergleichen.
Andererseits ist das Badewannenbeispiel natürlich auch überzogen. »Verwenden, nicht verschwenden« lautet die Devise, und ein Bad fällt allemal unter Verwenden. Eine Umweltsünde begeht zum Beispiel, wer sein Auto jeden Sonntag im Garten auf der grünen Wiese wäscht und mit dem Gartenschlauch ausgiebig abspritzt. Aber noch viel mehr ist es die Erzeugung von Produkten, die wir kaufen. Es ist ein Unterschied, ob man das superflauschige, gebleichte und gefärbte Zellstoffklopapier oder das nicht ganz so flauschige Recycling-Klopapier aus Altpapier verwendet, zum Beispiel. Auch die vielen Flugzeugabgase verseuchen letztlich das Wasser, aber wer denkt denn schon daran oder an Kinderarbeit oder Billiglöhne, wenn das Produkt aus Taiwan oder sonstwoher nur ein Viertel kostet, wie ein vergleichbares deutsches Markenprodukt. Und das Fliegen ist so billig, daß es sich für die Firmen rentiert, jedem Produkt eine vierundzwanzigsprachige Betriebsanleitung (Canon) beizulegen – schon mal überlegt, wie viel Papier da verschwendet wird, und wie viel Gewicht da für nichts herumfliegt, weil es denen ganz egal ist, wie die Welt morgen ausschaut?

Deine Aussage, die Du zwar in ein unglückliches Beispiel verpackt hast, aber trotzdem als Intention hattest, ist ziemlich destruktiv. Mir würde sie besser gefallen, wenn sie in die andere Richtung ginge: Auch wenn es andere nicht tun, ich will mich noch in den Spiegel schauen können, ich will nicht daran schuld sein.

Ein paar Kleinigkeiten noch:

»Die Hand am Wasserhahn, beobachtete er das zulaufende Wasser,«
– wäre da für »das einlaufende Wasser«

»und die Badewanne so immer mehr auffüllte.«
– »anfüllte« oder nur »füllte«

»Noch ein wenig Badezusatz hinein,«
– würde den »Badezusatz« evtl. präzisieren, so klingt es so allgemein

»Es machte Spaß, drinnen von warmem Wasser umgeben zu relaxen,«
– ein deutsches Wort für relaxen wäre entspannen

»Schließlich konnte er sich entspannt zurück legen«
– ah, deshalb das »relaxen« vorhin, damit sich entspannen/entspannt nicht wiederholt? Und wie wäre es hier mit »gemütlich«? ;)

»traf er auf dem Flur auf seine Mutter.«
– abgesehen von der »auf«-Wiederholung trifft er sowieso besser nur »auf dem Flur seine Mutter«.

»Diese sah ihn Prüfend an.«
– Adjektiv klein: prüfend

»das charakteristisch knackende Geräusch, dass der Schnee machte, wenn er darauf trat und welches ihm eine kindische Freude bereitete.«
– das der Schnee
– trat, und

»Irgendwann führte ihn sein Schulweg dann durch das Neubaugebiet,«
– das »dann« könntest Du streichen

»lag der Schnee ünberührt vor ihm.«
unberührt

»Er kam sich vor wie ein Entdecker, der ein Gebiet entdeckt hatte,«
– Entdecker/entdeckt – vielleicht »Forscher«, »Archäologe« oder »Abenteurer«?

»da kam er wieder an der Wiese, gegenüber des Neubaugebietes, vorbei.«
– die Beistriche (Kommas) kannst Du weglassen


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Tut mir leid, dass ich die Story jetzt nach so langer Zeit wieder ausgrabe, aber ich war lange nicht hier und habe deshalb erst jetzt gesehen, dass noch was dazu gesagt wurde. Zunächst mal habe ich deine Vorschläge gerade alle übernommen, Häferl. Dank dir. Auch für deine Kritik
Ganz allgemein wollt ich aber noch sagen, dass dies eine Geschichte ist und kein Essay zum Thema Umgang mit Ressourcenknappheit am Beispiel Wasser. Ob das ganze nun also wirklich Verschwendung ist oder nicht, ist denke ich für die Geschichte irrelevant. Mir will auch dauernd jeder in der Familie einreden, dass es Wasserverschwendung ist, wenn ich bade. Daher kam mir überhaupt die Idee. Der Protagonist ist ein Kind, absichtlich. Ob seine ÜBerlegungen abwegig sind, falsch oder unsinnig, spielt ja keine Rolle. Das ist einfach nur das, was er in seinem Kopf daraus macht. Vielleicht denken Kinder so. Oder ein paar Kinder, oder eben auch nur mein Protagonist.

 

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