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Wird es je anders sein?
Der sterile Gang ist dieses Mal seltsam leer – beinahe gespenstisch – und doch so wie immer. Das grelle Licht und die weißen Gänge schaffen es immer wieder, mir einen eiskalten Schauer über den Rücken zu jagen. Ich zittere – wie immer. Wird das je anderes sein?
Ich verschnelle meine Schritte und schaffe es endlich, bis zu der mir bekannten Tür mit der Nummer 238. Ich betrete das Zimmer und schließe die Tür schnell hinter mir. Kaum zu glauben, dass ich mich in einem Krankenzimmer wohler fühle als auf dem Flur.
Mein Blick ist auf das einzige Bett im Zimmer gerichtet und ich gehe darauf zu. Er liegt da – wie immer. Seine Augen sind wie im Schlaf geschlossen, seine Gesichtszüge sind entspannt und ruhig.
Wären die vielen Apparaturen nicht, könnte man wirklich glauben, er schlafe. Das Zischen des Beatmungsgerätes aber belehrt mich eines besseren. Er liegt im Koma und wer weiß, wann oder ob er je wieder aufwachen wird.
„Na du?“ Ich setze mich vorsichtig auf die Bettkante und beuge mich über ihn, um ihn zu küssen. Einer der behandelnden Ärzte sagte mir, ich solle mit ihm reden, vielleicht höre er mich. Aber wenn er mich hört, warum wacht er nicht auf? Warum gibt er mir kein Zeichen?
Seine Arme sind übersäht mit kleinen Schnittwunden und Abschürfungen. Der Verband, der um seinen Oberkörper gewickelt ist, ist ansatzweise am Deckenrand zu erkennen. Der zweiter Verband ist um seinen Kopf gewickelt.
Brutale Schläger hatten ihn so zugerichtet – niemand weiß warum. Spaziergänger hatte ihn vor sechs Wochen in einer Gasse nahe dem Stadtzentrum gefunden. Nun liegt er hier.
Kaum zu glauben, dass es passiert ist. Wir wollten zusammenziehen, aus unseren zwei Leben ein einziges machen. Eine Familie gründen. Kinder? Wir hatten so viele Pläne gemacht. Und nun? Er sieht so hilflos aus, blass und kraftlos. Wird er je wieder aufwachen?
Ein plötzliches Piepen reißt mich aus meinen Überlegungen.