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Thema des Monats Wo wir uns dann wiedersehen

Seniors
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20.11.2001
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Wo wir uns dann wiedersehen

Schweißgebadet wache ich auf. Wieder diese Angst, nie mehr hinauszukommen. Hier Wallraff zu spielen, hatte ich mir viel einfacher vorgestellt. Natürlich wusste ich, dass manche Sekten ihre Mitglieder nicht einfach wieder gehen lassen, darüber wollte ich ja schreiben. Aber ich dachte, es würde reichen, genug Überzeugung vorzugeben, um auch nach draußen zu dürfen; dass sie mich dabei bewacht hätten, damit wäre ich fertig geworden. Stattdessen haben sie mich aber gleich am zweiten Tag von dem kleinen, netten Haus in der Stadt weg und hierher gebracht, in diese Festung mitten in der Einöde, in die kein normaler Mensch seinen Fuß setzen würde. Das alles überstieg meine Vorstellungskraft. Für meinen Roman habe ich längst genug recherchiert, doch ich bekomme nicht einmal Papier und Bleistift.

Im Bett neben mir erwacht Simone, wischt sich die roten, schulterlangen Locken aus ihrem zarten, rundlichen Gesicht, reibt sich die Augen und streckt sich ausgiebig. Vor sechs Jahren hier geboren, kennt sie nichts anderes. Als ich sie zum ersten Mal sah, fragte sie mich, ob ich da draußen viel Angst haben musste. Ich dachte an das Theater, das ich spielen wollte, und sagte: »Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, endlich hier zu sein!«
Der durchs Fenster scheinende Mond beleuchtet die tiefen Grübchen neben ihrem lächelnden Mund und auf dem Kinn, als sie ihren Kopf hebt und fragt: »Geht es dir gut, Sabrina?«
»Ja, mein Schatz. Ich hatte nur schlecht geträumt.«
»Hast du von draußen geträumt?«
»Ja, das hab ich, aber …« Plötzlich steht sie neben meinem Bett und streichelt mir über den Kopf. Ihre Vorstellung von der Freiheit ist schlimmer als die tiefste Hölle. Ich muss ihr endlich die Wahrheit beibringen – schonend – und zugleich vorsichtig sein, mich immer vergewissern, dass sie mir glaubt und mich nicht verraten wird. »Weißt du«, sage ich und ziehe sie zu mir herunter, damit ich ihr ins Ohr flüstern kann, »es gibt auch viele schöne Dinge, die wir hier nicht haben, und ich hatte Angst, sie nie wieder zu sehen.«
Sie richtet sich auf und sieht mich fassungslos an. »Aber dann wirst du sterben.«

Draußen blitzt es dreimal von den Strahlern, die am Turm befestigt und ins Gelände gerichtet sind und für Sekundenbruchteile gespenstische Schatten erzeugen. Drei Uhr. Gleich wird die Wache durch den Schlafsaal gehen. Ich lege den Zeigefinger an den Mund, lasse ein »psch…« durch meine Lippen, Simone huscht in ihr Bett, stellt sich schlafend, ich auch. Sie weiß noch nicht warum, spielt mit, weil es alle tun.
In Gedanken zähle ich bis sieben. Jedes noch so leise Schnarchen ist inzwischen verstummt. Ein Zischen und jemand reißt die Tür auf, geht an den Bettreihen entlang; nicht nur zwecks Kontrolle. Ich spüre die Unruhe im Raum. Fünfzig Menschen liegen kurzatmig und regungslos in ihren Betten, rühren sich nicht, hoffen, heute nicht auserkoren zu sein. Oder kann man sich so etwas wünschen? Hoffen manche vielleicht sogar, dranzukommen? Die Stiefelschritte gehen unsere Seite ab, zielstrebig auf die gegenüberliegende Reihe zu. Hier herüben wird wieder geatmet, Decken werden hochgezogen, bis sie die Ohren bedecken. Das Klopfen auf dem Holzboden bleibt im Gleichtakt, vielleicht haben wir alle Glück, es gibt ja noch neunzehn Schlafsäle – unserer ist allerdings der größte. Fast beim Ausgang angelangt, bleibt der Mann doch noch stehen. »Komm.«
»Nein, bitte, nicht …« Es ist Lisas Stimme, kaum mehr als gehaucht; verzweifelt.
»Don Akku ist schon voller Vorfreude!«
»Bitte!«
»Sei doch froh, dass er dich endlich nimmt. Mit zwölf wird es wirklich Zeit, entjungfert zu werden, sonst musst du dich ja schämen. Dann sieht es aus, als wollte er dich nicht … Und morgen hast du Geburtstag.« Er lacht kurz und setzt hinzu: »Es ist doch Don Akkus Geschenk für dich. Seine Hände werden dich ganz zärtlich berühren und du wirst es schön finden. Alle finden es schön.« Er dreht sich zu uns und fragt laut: »Oder gibt es hier jemanden, dem es bei Don nicht gefällt? Der möge aufstehen und vortreten!«
Niemand meldet sich. Ich denke an Simone und ob es für Lisa etwas ändern würde, wenn ich als Einzige aufstehe. Sie würden mich völlig sinnlos erschießen und Lisa bliebe nichts erspart. So macht man keine Revolution. Ich bleibe liegen.
»Siehst du«, sagt er in sich selbst bestätigendem Ton, »und morgen schon darfst du dir jemanden frei nach deiner Wahl aussuchen. Wie jeder hier darfst auch du an deinem Geburtstag für eine Stunde und mit wem du willst ins Liebeshaus.«
»Aber ich will nicht!«, schreit Lisa unter Tränen. »Ich will auch gar nicht Geburtstag haben!«
»Falsch! Du willst endlich ein ganzer Mensch werden und deine Aufgabe erfüllen, ein vollwertiger Teil unserer Gemeinschaft sein. Don Akku«, er hört sich jetzt deutlich aggressiver an, »erwartet dich sehnsüchtig. Du weißt bloß noch nicht, was du willst.« Lisa wehrt sich dagegen, einfach mitgezerrt zu werden, ihr Bett quietscht, als sie sich daran festhält und es mitzieht. »E-r …« Ich höre, wie er sich beim Schlag auf Lisas Handgelenk anstrengt. »… der Gesandte des Heiligen Batter liebt dich genau so, wie er uns alle liebt. Und wenn du dich weigerst, bekommst du auch keine Energie.«
Die Tür fliegt ins Schloss, die pneumatische Verriegelung schließt sich. Lisas Flehen verstummt. Die Stille drückt. Niemand sagt etwas, es gibt genug Verräter, die hoffen, sich besondere Anerkennung zu verdienen, wenn sie Don oder einem der Wächter über alles berichten, was sie beobachten. Es wird totgeschwiegen und trotzdem wissen die Kinder immer wieder, dass sie nichts Angenehmes erwartet. Sie fühlen die Angst, die Nacht für Nacht wortlos in der Luft klebt, aber nur von wenigen so ungehemmt zum Ausdruck gebracht wird wie von Lisa.
Ich muss Simone hier rausbringen, bevor auch sie eines Tages geholt wird.
Während ich aufstehe und zum Fenster gehe, habe ich das Gefühl, mich für mein Tun rechtfertigen zu müssen. »Hier ist es so heiß, ich lüfte mal«, sage ich, öffne und lasse Lisas Schreie wieder in den Raum. Sie machen mich wütend; das gibt mir die Energie, nicht aufzugeben. Alle sollen sie hören. Lisa wird an Händen und Haaren und mit den Worten »Es ist doch nur zu deinem Besten« aus unserem Gebäude hinüber in den großen Turm gezerrt, ihr Widerstand mit dem Schließen der Tür abgebrochen. Auf dem Dach des runden Turms befindet sich Don Akkus Penthouse, wie der Pluspol auf einer überdimensional großen Batterie.
Es blitzt viermal, ich bringe kein Auge mehr zu.
Es blitzt fünfmal. Ich sende ein Stoßgebet nach dem anderen in den Himmel, obwohl ich nie gläubig war.
Als es sechs Uhr blitzt, ertönt zugleich die Weck-Sirene. Lisa ist immer noch nicht zurück.

Wir gehen jeweils zu zehnt duschen, danach versammeln sich alle auf dem Platz neben dem Turm zum Morgengebet. Simone muss ganz nach vorne, wie alle Kinder, deren Vater Don Akku ist. Wer ihre Mütter sind, darf keines von ihnen erfahren. Meine Augen sind stets auf die Tür des Turms gerichtet, während ich bete, dass Lisa endlich herauskommen möge. Es blitzt siebenmal und auch Don Akku sitzt noch nicht auf seinem Thron. Plötzlich blinkt ein rotes Licht über dem Eingang. Mir wird schlecht. Ich kann nicht länger hinsehen, doch meine Augen starren wie von selbst weiter auf das Geschehen. Zwei Wächter schleppen einen großen, blauen Sack aus dem Turm. Sie gehen damit durch ein gesichertes Tor, das in den für uns verbotenen Bereich führt. Ich schlucke verzweifelt, doch ein paar Tränen kann ich nicht zurückhalten, trockne sie mit meinem Ärmel und hoffe, dass mich niemand dabei gesehen hat. Da kommt auch schon eine Wächterin auf mich zu. Ich befürchte Schlimmstes. Stattdessen klopft sie mir nur freundschaftlich auf die Schulter und sagt: »Na, na! Du musst wohl noch viel lernen. Hab einfach Vertrauen, dann gibt es keinen Grund zu flennen! Es liegt nur an dir selbst, auch du kannst glücklich werden!« Macht auf dem Absatz kehrt und geht wieder.
Danach erscheint Don Akku in seinem blitzblauen Umhang, darunter Leggings und ein T-Shirt im selben Blau. Auf seiner Brust thront ein großes »+« aus knallrotem Stoff. Wie ferngesteuert geht er auf seinen Thron zu und setzt sich breitbeinig. Die vorstehende Stirn mit den buschigen, friedhofsblonden Augenbrauen wirft wie eine Schirmkappe Schatten über seine väterlich strengen Augen, mit denen er uns der Reihe nach fixiert. Darüber wippen einige ellbogenlange, vom Kopf abstehende flexible Kabelschläuche auf und ab, an deren Enden kurze Haarbüschel herausragen.
Die Menschenmenge steht geordnet in Reih und Glied, verbeugt sich tief und spricht im Chor: »O Don Akku, unser Gesandter des Heiligen Batter, wir grüßen Euch an diesem wundervollen Morgen!« Ich mache die Bewegungen mit, um nicht aufzufallen, und starre mein tägliches Loch in die Luft.
Don Akku hebt seine linke Hand und senkt sie langsam, alle hocken sich auf den Boden.
»Ihr wisst«, beginnt er und legt eine kurze Kunstpause ein, »wir sind nichts als Materie. Nicht der Körper macht uns aus, sondern die von unserem allmächtigen Batter gesandte Energie des Lebens. Lisas Materie war von schlechter Qualität, verkrampft und steif – absolut unbrauchbar für unsere Gemeinschaft –, daher hat Batter ihre Energie zu sich geholt. Sie bekommt andere Materie und wird schon bald als neues Mitglied zu uns stoßen. Batter will nur das Beste für uns alle, und wenn er sich irrt, korrigiert er seine Fehler.«
Ich könnte dieses Schwein auf der Stelle umbringen. Damit hätte ich dann den größten Fehler korrigiert. Aber es sind zu viele treue Wachen hier, und ich will doch Simone retten … Ich brauche endlich einen Plan, seit Wochen suche ich nach einer Gelegenheit, ohne sie zu finden.
Es wird gesungen und gebetet, bis es acht Uhr ist. Danach marschieren wir geordnet im Gänsemarsch in den großen Speisesaal, frühstücken Reis mit Rosinen. Simone setzt sich wie immer neben mich, ich gebe ihr ein paar meiner Rosinen; sie liebt sie so. Und sie braucht Kraft, wenn sie anschließend, wie alle anderen auch, für die Gemeinschaft und vor allem für Don Akku arbeiten muss. Simone tut mir jedes Mal leid, wenn ich sehe, wie sie in der Weberei schuften muss und es noch dazu gern tut, weil sie glaubt, damit ihr Leben zu verlängern. Der Heilige Batter gibt nur Energie, wenn man arbeitet, und das gilt für alle ab fünf. Wer es nicht schafft, hat einfach schlechte Materie erwischt und Batter korrigiert seinen Fehler …

Das Geklapper der Löffel in den Schüsseln nimmt ein Ende, wir danken Batter für das vorzügliche Mahl und gruppieren uns wie gewohnt, um zu den verschiedenen Arbeitsstellen zu marschieren. Ich bin der Landwirtschaft zugeteilt.
Als wir in Richtung der eingemauerten Felder gehen, drehe ich mich noch einmal um, bevor ich Simone aus dem Blickfeld verliere und schicke ihr ein Lächeln, wie jeden Tag. Und wie immer lächelt sie zurück und winkt. Doch heute sehe ich dabei noch etwas anderes.
Don Akku übergibt einem seiner Gehilfen einen Koffer und gestikuliert dabei aufgeregt herum. Ich blicke wieder nach vorn, sage kein Wort. Offene Kritik hat noch niemandem gut getan. Als ich mich noch einmal umdrehe, läuft Don Akkus Verbündeter gerade eiligen Schrittes in Richtung des schweren Stahltors, durch das ich hereingekommen bin und welches von Scharfschützen bewacht wird. Don Akku ist wieder in seinem Turm verschwunden.

Ich lehne die Leiter an einen der Kirschbäume, da sie bereits viele rote Früchte tragen, klettere mit einem Korb hinauf. Jetzt kann ich zwar noch nicht über die Mauer sehen, aber hören, wie sich ein Auto in eiligem Tempo von der Anlage entfernt. Ich beschäftige mich mit den Kirschen. Und damit, was wohl in dem Koffer ist und wo er so schnell hingebracht werden soll.
Die meisten Sektenmitglieder haben alles abgegeben, was sie hatten. Einige taten es gern, weil sie an eine Gemeinschaft glaubten, die nur in ihren Wunschträumen existierte, wo allen alles gehörte und alle sich liebten.
Waren es brauchbare Dinge, wie eine Reisplantage, gingen sie ins »Allgemeineigentum« über, das von Don Akkus Vertrauten verwaltet wird, die anderen mussten ihr Erspartes in bar abliefern, um aufgenommen zu werden, und ich frage mich, was damit geschieht, da wir unser Leben hier praktisch selbst erarbeiten. Vielleicht war all das Geld in dem Koffer? Warum duldet man Don Akku überhaupt in diesem Land? Wer hat da einen Vorteil davon?
Ich selbst galt als mittellos und musste nur das bisschen Geld, das ich in der Hosentasche hatte, abliefern, da ich über die Drogenberatung »Goldene Zukunft« herkam. Als ich einmal zwecks Recherche in die Drogenszene eingetaucht war, zeigte mir Django, ein Süchtiger, dieses Haus, erzählte, dass er da Essen bekommen konnte, wenn er zuvor ein bisschen mithalf. Nichts sah nach Zwang aus, er konnte kommen und wieder gehen, niemand hielt ihn auf. Später, als ich meinen Drogenroman fertig hatte und Django eine Ausgabe schenken wollte, fand ich ihn im Park schräg gegenüber der »Goldenen Zukunft«. Er war deutlich abgemagert und so hinüber, dass er kaum einen Satz zustande brachte. Ich behielt mein Buch in der Tasche, holte den Notizblock heraus. Soweit ich ihm folgen konnte, wurde Tanja, seiner Freundin, eine stationäre Therapie angeboten, seither hat er sie nicht mehr gesehen und er selbst bekam Hausverbot.
»Im Ernst?«, fragte ich ungläubig. »Das tut mir leid, Django.« Meine Gedanken begannen zu arbeiten. Es war mir plötzlich klar wie Bergkristall, worum es sich hier handeln würde und dass ich da recherchieren musste. Also traf ich alle Vorbereitungen, unterschrieb bei meinem Anwalt eine Erklärung, wonach keine von mir unterzeichnete Einverständniserklärung, mich in diesem Haus freiwillig aufzuhalten, länger als zwei Wochen Gültigkeit hätte, und beauftragte ihn, mich danach herauszuholen. Dann spielte ich guten Gewissens die therapiewillige Junkiefrau und gab sogar noch meinen Reisepass im Glauben ab, es würde alles gut gehen. Die »Schwester« bei der Aufnahme erklärte, das seien Sicherheitsvorschriften, falls irgend etwas passieren würde, ein Brand ausbreche oder so, und zeigte mir einen kleinen Stapel anderer Ausweise, die sie in einem feuerfesten Schrank aufbewahrte. »Wenn Sie clean sind und nach Hause gehen, bekommen Sie ihn wieder«, sagte sie freundlich lächelnd. Ich dachte kurz daran, umzukehren, aber ich war wie besessen von meiner Recherchesucht. Sicher lässt mein Anwalt mich längst suchen, aber kann ich mich darauf verlassen, dass man mich in absehbarer Zeit hier findet? Gewiss wurden die Spuren aus der »Goldenen Zukunft« hierher sofort verwischt, es gab sie vermutlich gar nie.
Es blitzt dreizehn Mal und ich bringe meine letzte Ernte ins Verwertungshaus. Beim Essen treffe ich wieder auf Simone. Als hätte sie nur darauf gewartet, mir das zu erzählen, flüstert sie mir zur Begrüßung ins Ohr: »Stell dir vor, Don Akku hat einen gelben Bettvorleger bestellt, auf dem er meinen Umriss als Muster eingewebt haben will!« Sie lacht, findet es tatsächlich lustig. Ich stelle mir ihre Blutspritzer auf dem Gelb vor, entringe mir dennoch ein »Witzig!«, umarme und drücke sie. Die Zeit drängt gewaltig. In der ansonsten leeren Suppe schwimmen drei Scheibchen Karotten und vier Erbsen. Ich gebe Simone mein Gemüse, auch von ihrer anderen Sitznachbarin, Heidi, bekommt sie etwas ab. Alle lieben Simone, doch nur bei mir fühlt sie sich geborgen, das zeigt sie mir jeden Tag. Wenn wir endlich draußen sind, werde ich sie adoptieren, dazu bin ich fest entschlossen.
Anschließend bekommen wir wieder einmal Reis, diesmal mit Champignonsauce, die ihn beinahe zu einem Festmahl macht.
Während die anderen kaum über ihren Tellerrand hinausschauen, beobachte ich mit gestrecktem Hals durch das Fenster, wie Wächter und engste Mitarbeiter Don Akkus hektisch umherlaufen, sich absprechen, die Ranghöchsten von ihnen zielstrebig zum Turm gehen und eintreten. Ich löffle meinen Teller leer, man kann nie wissen, was noch kommt.

Die Kinder müssen bis fünfzehn Uhr in die abgedunkelten Schlafsäle, während für uns Erwachsene das sogenannte Nacktyoga am Programm steht, welches mit Yoga nur selten etwas gemeinsam hat. »Unser Inneres geht mit uns durch verschiedene Körper und bleibt dabei immer dasselbe, deshalb müssen wir uns auch in beiden Körpern zuhause fühlen. – Die heutige Übung soll uns diesen Wechsel von einem Geschlecht ins andere erleichtern. Dafür stellen sich Frauen und Männer gegenüber auf. Betrachtet und berührt euch so, wie ich es vormachen werde, denkt euch hinein in den anderen Körper, als wäre es euer eigener«, ist die Anweisung von Don Akku persönlich, diesmal ohne Umhang, dafür mit weiter Schlabberhose. Er wählt eine Frau aus der Menge, um mit ihr die Begrapsch-Übungen vorzuzeigen. Sexuelle Gefühle zu zeigen, ist dabei verboten. Sex existiert fast nur mit Don Akku, Verhütung gibt es nicht, im Gegenteil: Frauen müssen melden, wann sie die Regel haben, damit er sich die besten Tage aussuchen kann. Abgesehen von dem jährlichen Geburtstagsstündchen im Liebeshaus belohnt er ab und zu einen der Wärter damit, dass er sich mit jemandem seiner Wahl vergnügen darf; davon sind jedoch die Frauen, die sich gerade in ihrer fruchtbaren Phase befinden, ausgeschlossen.
Der Mann mir gegenüber ist ein typischer Softie Mitte zwanzig, Schüchternheit in jeder Bewegung, aus Angst, etwas falsch zu machen. Als müsse er einen Text abschreiben, schaut er zwischen mir und Don Akku hin und her, während er seitlich an meiner Taille und über die Hüften entlangfährt, danach über den Hintern und den Rücken wieder nach oben. Dasselbe mache ich bei ihm, damit haben wir die Aufwärmrunde hinter uns gebracht. Manche, die schon lange da sind, sind mit einer mich erschreckenden Ernsthaftigkeit bei der Sache. Ich spiele mit, weil auch jetzt keine gute Gelegenheit für einen Aufstand ist. Sie schließen die Augen und bewegen sich wie in Trance, ohne sexuell erregt zu wirken.
Nun müssen sich die Männer hinter die Frauen stellen, um sich besser vorstellen zu können, selbst einen Busen zu haben. Mein »Partner« drückt mich dabei fest an sich und ich merke, wie etwas von hinten zwischen meine Beine wächst. Langsam kann ich mich gegen eine gewisse Erregung nicht mehr wehren, bei der Enthaltsamkeit hier ist das wohl kein Wunder, aber ich sage trotzdem: »Mensch, reiß dich zusammen, wenn das einer sieht!«
»Was soll ich denn dagegen tun?«, fragt er unschuldig.
»Denk dir …« Mir fällt nichts ein, woran er denken soll, da ich selbst nichts anderes mehr denken kann, als daran, wie es wäre, wenn wir jetzt alleine wären. Ich schließe meine Beine fest um ihn, damit niemand etwas sehen kann, doch das macht uns beide nur noch erregter. In seinem Drang, sich aufzurichten, drückt und reibt er meine empfindlichsten Stellen, ich kann kaum mehr ruhig stehen, weil es überall kribbelt. Es würde wohl niemand bemerken, wenn ich ihn in mich … Da vollführt Don Akku einen Stellungswechsel und ich weiß uns nicht anders zu helfen, als nach hinten zu greifen und den Mann kurz aber kräftig zwischen seinen Beinen zu zwicken. Es wirkt.
»Willst du nicht auch hier raus?«, frage ich, während wir wieder die Rollen tauschen und ich seine Männlichkeit untersuchen soll.
»Draußen …«, beginnt er und verschwindet in seinen Gedanken. Nur, als ich vorschriftsmäßig seine Brustwarzen mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger drücke, drehe und ziehe, stöhnt er einmal leise auf.
»Ja? Draußen …?«, frage ich schnell.
»Du weißt nicht, was ›draußen‹ für mich bedeutet. Ich …«
»Wie lange bist du schon hier?«
»Monate … nein, es sind schon –« Er sinkt wieder in seine Erinnerungen. Ich versuche, ihn nicht mehr zu erregen, tue nur so, als berührte ich seinen Schwanz, als Don die Hände seiner Auserwählten über seinen Bauch abwärts führt und ebendort platziert. Bei seiner weiten Hose sieht man ja nichts, während wir nackt herumstehen und von den Wächtern beobachtet werden.
»Wovor fürchtest du dich draußen?«
»Vor mir selbst … und vor der Leere in mir. Vor der Einsamkeit, die mich umbringt. Hier bin ich gut aufgehoben. Habe zu essen, ein Bett, bin für etwas gut.«
»Aber du hast doch auch Gefühle … ich hab sie gesehen.«
»Die interessieren doch draußen auch keinen … haben sie nie interessiert. Ich habe immer nur sehnsüchtig zugesehen, wenn andere in Gruppen im Park saßen und Spaß hatten … oder Verliebte, die miteinander schmusten und dann gemeinsam nach Hause gingen, während ich den Vögeln zusah, wie sie Brotkrümel vom Boden pickten. Es tat so weh, wenn ein Pärchen Hand in Hand an mir vorbeiging … Meine Gefühle zählen nicht. Egal, ob ich hier oder dort bin. Aber hier bin ich immerhin Teil eines Ganzen, habe einen Sinn und eine Aufgabe.«
Gerade, als ich meine Antwort überlege, schickt der Turm fünfzehn Blitze, die ich sonst erlösend finde, heute jedoch viel zu früh. Wir formieren uns wieder nach Schlafsälen getrennt, ich verliere ihn aus den Augen.

Zwischen dem anschließenden Chorgejammer, zu dem auch wieder die Kinder kommen, und unterwürfigen, für dieses schöne Leben dankenden Gebeten finde ich ein wenig Zeit, mit Simone zu reden. Ich spüre, dass sie mir vertraut, doch ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Ich möchte ihr von fröhlich tobenden, lachenden Kindern erzählen, aber nichts, was diese spielen, kennt Simone – keinen Spielplatz mit Klettergerüsten und Schaukeln, kein Fangen- oder Versteckspiel, keine Wasserrutsche, keinen Drachen, keinen Ball, keine Puppe zum Liebhaben. Was würde sie sich vorstellen, wenn ich ihr von einem Ringelspiel erzähle, wo doch ihr ganzer Horizont an den Mauern dieses Lagers endet? »Simone«, flüstere ich und nehme all meinen Mut zusammen, »ich würde dir gern die schönen Dinge draußen zeigen.«
»Aber das darf man doch nicht!«, flüstert sie aufgeregt und fast zu laut zurück.
»Draußen würde dir das keiner verbieten. Da darf man fast überall hingehen, wo man will. Ich bin ganz sicher, dass es dir draußen gefallen würde.«
Sie sieht mich ungläubig an. »Das ist doch gefährlich. Und wenn uns die Energie ausgeht, was ist dann?«
»Wenn es keinen gibt, der sie einem nimmt, bleibt sie in einem drin, bis man ganz alt ist.« Simone ist sprachlos, wie versteinert sitzt sie da, und ich spreche weiter: »Das hab ich auch schon selbst miterlebt, es gibt Menschen, die sind über hundert Jahre alt und noch immer fröhlich. Aber ich hatte noch nie das Gefühl, in einem neuen Mitglied ein altes wiederzuerkennen. Hattest du das schon einmal?« Simone schaut drein, als hätte man ihr alles gestohlen, ist immer noch zu keinem Wort fähig, doch sie schüttelt zaghaft den Kopf. Ich nehme sie in den Arm, streichle sanft über ihren Rücken. Was mag jetzt alles in ihr vorgehen, wie sehr habe ich ihre Welt schon aus den Angeln gehoben? Liebt sie mich genug, um mich nicht zu verraten?

Als Abendessen gibt es Milchreis mit Kirschen. Natürlich überlasse ich Simone wieder meinen Anteil an frischen Vitaminen, sie braucht sie dringend. Ich hatte ohnehin während der Ernte genascht, obwohl das natürlich verboten ist. Aber bisher wurde ich noch nie erwischt und es zählt immerhin nicht zu den Vergehen, die mit dem Tod bestraft werden. Man bekommt dann Übungen verordnet, die den Geist korrigieren sollen. Genaueres weiß ich nicht, doch es interessiert mich, und so hoffe ich sogar, einmal dabei erwischt zu werden.
Nach dem Essen muss ich noch einmal auf die Felder, da ich an der Reihe bin, sie mit Wasser zu versorgen. Die Sonne steht bereits tief und ich versuche mir auszumalen, was Simone gerade macht, und ob sie auch wirklich dicht hält. Ich will mir eine Gute-Nacht-Geschichte für sie ausdenken, doch meine Gedanken sind so wirr, dass mir keine Idee kommt, wie ich ihr das Leben der Kinder draußen schmackhaft machen könnte, wie ihr die Angst vor der Welt draußen nehmen.
Wir treffen uns wieder, als alle sich zum Gebet versammeln. Nach dem zwanzigmaligen Blitzen bleiben die Lichter dieser Turmhälfte an und beleuchten die versammelte Menschenmasse. Don Akku steht vor seinem Thron, er trägt die Haare offen und wird durch Glasbausteine im Boden in rotes Licht getaucht. Stehend leiert er seine Gebete herunter. Die Masse singt an vorgegebenen Stellen »O Heiliger Batter, wir lieben Dich«, dann tritt Stille ein.
Sein Blick schweift über die Menschen hinweg, driftet in die Ferne ab, wo er kurz verharrt, dann räuspert Don Akku sich und sagt: »Jemand will uns ausrotten. Jemand von draußen mit sehr viel Macht. Wir sind hier leider nicht mehr willkommen.« Er setzt sich stöhnend. »Ich habe einen Boten entsendet, der das Unglück hoffentlich abwenden kann, doch wenn man uns tatsächlich vernichten, unser kleines, heiliges Reich auflösen und uns vertreiben will, müssen wir unseren Weg gehen.« Er erhebt sich langsam, lässt seinen Blick erneut über die Menschenmasse und dann Richtung Himmel gleiten, hebt die Arme und sagt: »Ihr wisst ja, wo wir uns dann wiedersehen.«
Mit einer kurzen Handbewegung winkt er uns ab, wie man irgendwelche Brösel vom Tisch wischt. Wir trotten in unsere Schlafsäle.
Wo wir uns dann wiedersehen … Ich muss Acht geben, dass mir mein Abendessen nicht wieder hoch kommt.
Jeder hier weiß, was damit gemeint ist.
Schon seit längerer Zeit fanden in unregelmäßigen Abständen Selbstmordübungen statt. Für den Fall der Fälle. Wie jetzt, falls der Geldkoffer nicht hilft. Niemand kam dann aus. Für die Übungen hatten sie uns in der Zeremonienhalle verschiedene Drogen verabreicht, die sie in Kapseln abgefüllt hatten. Einer nach dem anderen musste sie vor Don Akku persönlich einnehmen, damit es im Ernstfall nur mehr Routine ist. »Wo wir uns dann wiedersehen« wirkt wie eine Hypnose auf die meisten Menschen hier. Wie ferngesteuert fügen sie sich den Anweisungen, im Vertrauen darauf, Don Akku würde es nur gut meinen. Und wer es nicht glaubt, fügt sich trotzdem, um kein schwarzes Schaf zu sein, das geschlachtet wird. Das Kopfweh, das ich eben bekomme, hat mir gerade noch gefehlt. Als läge eine zentnerschwere Last auf meinem linken Auge. Hier mit Simone zu flüchten ist fast aussichtslos. Ich bin am Verzweifeln und sollte doch nachdenken.
Simone kriecht unter ihre Decke, ich setze mich zu ihr, will mit ihr reden und weiß einfach nicht, wie ich meine Gefühle in kindgerechten Worten ausdrücken kann. Seit meiner Kindheit hatte ich mir noch nie so sehr gewünscht, ein großer Vogel zu sein, wie jetzt. Ich träume kurz davon, Simone einfach auf meinen Rücken zu setzen und mit ihr hinauszufliegen, bis zur nächstbesten Stadt, da bemerke ich mein Flüstern: »… mit seinen Flügeln über die Mauern hinweg in die Freiheit. Weites Land tut sich vor ihnen auf; soweit sie sehen können, gibt es keine Mauer, die sie einsperrt. Der Vogel trägt Simone über Berge, da wird das Land ganz hoch, wie hier, wenn ich die Decke aufrichte, aber noch viel höher als Don Akkus Turm, und von da oben kann man dann hinunter schauen …« Simone schaut zum Fenster hinaus auf den Turm. »… aber von den Bergen ist der Ausblick viel schöner, und in den Städten gibt es ganz viele und sogar noch weitaus höhere Türme, die nur dafür gebaut wurden, dass man von oben hinunterschauen kann. Simone und der große Vogel fliegen weiter, über grüne Wälder und Wiesen, blaue Flüsse und Seen bis zu einer Stadt mit vielen roten Dächern. Sie landen auf einem Balkon an einem gelben Haus und gehen in eine bunte Wohnung, die dem Vogel gehört und in der Simone nun leben darf. Eine Wohnung ist so etwas Ähnliches wie Don Akkus Penthouse, aber draußen hat fast jeder so etwas für sich und seine Familie, nicht nur ein Einziger. Sie bekommt ein ganzes Zimmer für sich, in dem sie machen darf, was sie will. Und sie können sich jeden Tag zu essen kochen, was ihnen schmeckt und so viel sie wollen und wann es ihnen passt. Und was das Sonderbare ist: Simone merkt plötzlich, wie gerne sie lebt. Mit jedem Mal, wenn sie sich über etwas freut, wenn sie lacht oder spürt, dass sie geliebt wird, kommt mehr und mehr Energie in sie! Am Ende des Tages hat sie so viel davon, dass sie glaubt, sie müsse wie eine Glühbirne leuchten, aber selbst nach hundert Tagen ist noch immer Platz für mehr Energie, und sie sammelt sie überall ein. Als würde sie Blumen pflücken, sammelt sie Lachen und Freude, und sie findet Freunde, vor denen sie sich nicht …« Ich sehe, dass Simone eingeschlafen ist, und genieße ihr zufriedenes Gesicht. Jetzt bin ich sicher, sie wird mit mir kommen, wenn mir nur ein Plan einfällt.

Ich liege die halbe Nacht wach in meinem Bett, zähle die Blitze vom Turm. Die Mauern sind zu hoch, um darüber zu klettern. Selbst die Obstbaumleiter reicht nur bis zwei Meter unter deren Kante – zu viel Abstand, um sich den Rest hochzuziehen, abgesehen von der Frage, wie man auf der anderen Seite wieder hinunterkommen sollte, ohne sich ein paar Knochen zu brechen. Die wenigen Vertrauten von Don Akku, die draußen Geschäfte für ihn erledigen, kenne ich alle nicht persönlich, um vielleicht einen zu überreden … Irgendwie muss es aber doch möglich sein. Simone lacht kurz im Schlaf, so etwas habe ich von ihr bisher noch nie gehört. Sollte ich versuchen, die anderen zu einem Aufstand zu überreden? Kann ich das denn, ohne mein Leben aufs Spiel zu setzen und damit Simone alleine zu lassen? Könnte ich bloß in die Menschen hineinsehen, wissen, wem ich trauen kann und wem nicht. Ich überwinde mich, flüsternd, so dass ich niemanden wecke, in den Raum zu fragen: »Ist noch jemand wach?«
Eine dünne Stimme meldet sich, wenige Betten von mir entfernt. Im schwachen Lichtschein erkenne ich eine erhobene Hand und tapse barfuß zum Bett des Mannes. Ich kenne ihn nicht, doch er sieht vertrauenswürdig aus. »Hast du auch Angst?«, flüstere ich.
»Angst, wovor? Wir werden vielleicht Batter sehen, hoffentlich … ich wünsche es mir schon so sehr. Ich kann gar nicht schlafen vor lauter Aufregung. Ich war immer treu und …«
Ich lasse ihn reden, gehe zurück zu meinem Bett. Überlege, ob Simone und ich es schaffen könnten, uns zuvor irgendwo zu verstecken, und ob unser Fehlen dann wohl auffallen würde.

Drei Blitze. Einen Moment lang wünsche ich mir, heute auserkoren zu sein. Ich würde ihm Rückgrat und Rippen brechen und ihn dann so verformen, dass er sich selbst einen bläst. Bis tief in den Rachen, dann bleibt er gut stecken.
Der Wächter kommt und geht mit gleichmäßigen Schritten durch den Raum, verlässt ihn wieder. Keiner von uns ist heute dran. Wenig später erspähe ich durch das Fenster, wie ein Mann zum Turm geführt wird. Für ihn brauchen sie keine Gewalt, er fügt sich seinem Schicksal ohne Widerspruch.
Ich versuche, die restliche Zeit doch noch zu schlafen, um morgen keine Gelegenheit für die Flucht zu übersehen.
Plötzlich reißt uns alle um fünf die Sirene aus dem Schlaf, der Turm blinkt rot und grün. Das habe ich noch nie gesehen. Vielleicht finde ich wenigstens ein Versteck für Simone, sie ist klein und hat leichter irgendwo Platz. Wäre sie in Sicherheit, könnte ich den Aufstand wagen … Im Geist suche ich sämtliche mir bekannten Gebäude nach Mauernischen oder anderen Hohlräumen ab, während ich Simone wecke, die noch immer fest schläft. Sie gähnt ein »Guten Morgen, Sabrina« und schaut verwirrt umher.
Während ich ihr beim Anziehen helfe, ergreife ich die vielleicht letzte Chance, mit ihr zu reden. »Simone, ich will nicht sterben, und du doch bestimmt auch nicht, oder?«
»Ich möchte gerne sehen, wovon du mir erzählt hast …«
»Dann müssen wir uns verstecken, damit sie uns nicht finden. Kennst du vielleicht einen guten Schlupfwinkel?«
»Nein, ich durfte mich noch nie verstecken. Als ich klein war, hab ich es trotzdem ein paar Mal gemacht, dann musste ich eine Stunde nackt auf dem großen Platz stehen. Wer rein ist, hat nichts zu verbergen, sagt Don Akku.«
»Hm. Falls wir ein Versteck finden, in das nur du hineinpasst, dann musst du dir das jetzt gut merken: Egal, was hier passiert, du bleibst da drin, und kommst erst heraus, wenn ich dich abhole oder wenn ganz sicher alles vorbei ist. Das ist, wenn alles ganz still ist und Autos mit blauen Lichtern und Sirenen kommen. Den Männern in den Autos kannst du dann alles erzählen. Sie werden dir helfen.«
»Und wo bist du dann?«, fragt sie besorgt.
Die Sirenen verstummen endlich. Über Lautsprecher werden wir angewiesen, rasch in den Zeremoniensaal zu kommen. Ich schaue mich um. Alle sind wach, doch keiner wacht auf.
»Vielleicht kann ich ein paar andere finden, die mit mir flüchten …« Sie schaut erschrocken. »… dann laufe ich zuerst mit denen hinaus, weil sie uns bestimmt verfolgen werden. Aber du kannst dich drauf verlassen, dass ich dann zurückkomme, um dich zu holen. Wenn ich die Kapseln jedoch schlucken muss, dann sollten wir uns jetzt voneinander verabschieden.«
Ein Aufseher kommt und brüllt: »Abmarsch, aber flott!« Mit dem Rücken zu ihm gewendet knie ich mich vor Simone und binde Schuhbänder zu, die sie gar nicht hat, betend, dass das Schwein den Raum verlässt.
»Wir sind gleich soweit«, sage ich, dann dreht er sich endlich um und geht in den nächsten Saal. Ich nehme Simone fest in den Arm, streichle ihren Kopf.

Gerade, als wir uns doch zögernd dem Ausgang unserer 50-Betten-Suite nähern, hören wir draußen die Wächter miteinander reden: »Die hintersten fünf sind schon komplett leer.« – »Okay, dann haben wir nur noch diese hier und können dann das Zeichen geben.« Sie teilen sich in andere Säle auf, treiben dort die wenigen Menschen an, die sich für den Tod nicht extra beeilen wollen.
»Lauf schnell in den vorletzten Schlafsaal und such dir rasch ein Versteck!«
»Komm du mit!«
»Wenn sie mich draußen sehen, werden sie dich nicht herinnen suchen, deshalb geh ich lieber hinaus.« Sie sieht mich ängstlich an, doch ich drücke ihr einen Kuss auf die Wange, sage »Mach’s gut, Simone« und gebe ihr mit einem leichten Klaps das Zeichen, endlich loszurennen. Ich gehe vor das Haus, halte kurz die Hände vor Mund und Nase, schließe meine Augen, atme einmal tief durch. Dabei lösen sich die zurückgehaltenen Tränen, deren Druck so hoch ist, dass sie mir richtig aus dem Gesicht springen.
Hinter mir höre ich plötzlich Stimmen und ich weiß es sofort, drehe mich um. Sie haben Simone gefunden. »Pass auf die Kleine auf! Wäre dumm, wenn sie uns verloren geht und Batters Schutz verliert!«, ruft mir der Wächter zu. Zum Glück begnügt er sich damit. Simone steht wie erstarrt da, sieht mich erschrocken und prüfend an, bevor sie in meine Arme läuft.
»Bist du dir wirklich ganz sicher, Sabrina?«, fragt sie und hält den Kopf dabei schief.
»Ja, Simone. Ich bin mir nicht nur sicher, ich weiß es.« Beruhigend streichle ich über ihre Wange. Dann schaue ich mich nach einer Möglichkeit um, wie wir jetzt noch entkommen könnten. Viel zu viele Wachen sind damit beschäftigt, alle Menschen in die Zeremonienhalle zu treiben. »Wenn wir jetzt bloß Flügel hätten wie Vögel, könnten wir einfach aufsteigen und in die Freiheit fliegen«, sage ich und sehe zum Himmel. Ein strenger Aufruf aus dem Lautsprecher holt mich zurück. Ich drehe mich um und schaue einem Wächter in die Augen. Sehe Angst darin. Er sagt nichts, steht nur da, öffnet unschlüssig den Mund und schließt ihn wieder. Dann sehe ich, wie sich seine Augen mit Wasser füllen, immer glasiger werden. Fast schluchzt er, als er doch noch sagt: »Ihr müsst in die Halle gehen.«
Ich sehe ihn mit einem tiefen Blick an, versuche, darin sämtliche sich in mir befindlichen Gefühle unterzubringen, sehe weiter seine Angst aufsteigen, senke meinen Blick auf seine Waffe. »Hilf uns.«
Simone sagt es mir von selbst nach, ihr Gesichtsausdruck ist ein einziges Bitte: »Hilf uns.«
»Das kann ich doch nicht!« Seine Stimme wird dabei ganz hoch, verzweifelt singend. »Ich bin doch Wächter.«
»Ge-we-sen! Du kommst genauso dran wie wir!«, kontere ich und breche den Staudamm, seine Tränen finden keinen Halt mehr. »In zwei Stunden bist du entweder tot oder ein freier Mensch – du kannst wählen.«
»Da kommt ein Kollege«, sagt er leise, wischt mit dem Handrücken flüchtig sein Gesicht trocken und verwandelt sich wieder in die ernste Marionette, die er zuvor war. »Abmarsch, jetzt.«
Ich sehe ihn und seinen Kollegen Schuldgefühl einflößend an. Alle beide sind höheren Ranges, was an den symbolisierten drei Batterien auf ihrer Uniform zu erkennen ist. »Ihr Wächter könntet uns alle retten, wenn ihr nur wolltet. Was ist er denn schon ohne euch?! – Sowas von feige, was ihr seid!« Ich spucke vor seine Füße – zum ersten Mal in meinem Leben habe ich genügend Wut, um so etwas zu tun –, nehme Simone an der Hand, gehe mit ihr wenige Schritte weiter Richtung Zeremonienhalle und drehe mich nochmals um. Der Hinzugekommene legt dem anderen gerade die Hand auf die Schulter und ich kann es mir nicht verkneifen: »Naja, vielleicht fruchtet es ja noch …«
Bevor wir in die Halle gehen, bleiben wir noch einmal stehen und schauen zurück. Die beiden rufen den anderen Anweisungen zu, worauf diese zu einem Schuppen laufen.
Ich sehe gerade noch, wie der Wächter, mit dem ich gesprochen hatte, mir mit dem Kopf ein Zeichen gibt, das ich wie »Lauft in diese Richtung!« deute, doch in dem Moment kommt ein anderer Wächter aus der Halle und zieht uns hinein.

Don Akku sitzt vorne auf seinem Thron, schimpft auf die Welt und lobpreist Batter. Vor ihm steht eine Traube Menschen, die ihm wie in Trance zujubeln. Dahinter stehen die, die zwar nicht jubeln, aber ihr Schicksal brav hinnehmen. Sie sind die größte Gruppe. Hinten und am Rand verteilt stehen einige mit ängstlichen Gesichtern, manche diskutieren mit anderen. Zu ihnen reihe ich mich ein. Endlich finden wir zusammen, ich spreche zwei junge Frauen an, die sehr zum Aufstand entschlossen wirken. Da ich die Türe im Auge behalte, kann ich sehen, wie »unser« Wächter von einem noch höheren förmlich hereingeschoben wird, welcher Don Akku ein Zeichen gibt. Dieser unterbricht sein Gebet, nickt und sagt: »Schließen.«
Simone und ich gehen auf unseren Wächter zu, ich bedanke mich bei ihm für die gut gemeinte Chance. Er sagt: »Erfüllst du mir einen letzten Wunsch?«
»Welchen?«
»Küss mich. Mich hat noch nie eine Frau geküsst.« Ich sehe, wie sich eine Träne langsam ihren Weg über sein Gesicht bahnt.
»Wie heißt du?«
»Athanasios.«
»Bist du Grieche?«
»Ist das wichtig?«
»Nei…« Gierig presst er seine Lippen auf meine. Ich gebe mich kurz dem Zungenspiel hin, drücke ihn dann von mir weg. Mit einem Räuspern schaue ich auf Simone. »Wenn du uns hier lebend rausbringst, heirate ich dich sogar.« Er sieht mich überrascht an, hebt langsam seine Hand und kratzt sich nachdenklich am Kopf.
»Wärst du mir bloß früher über den Weg gelaufen. Bei mir war es ein Selbstmordversuch, weil …« Wieder hält er sich die Tränen zurück. »Don Akku hat meinem Leben dann wieder Sinn gegeben … hab ich geglaubt. Bis heute.«
Ich schaue ihm kurz in die Augen, zuversichtlich, möchte ihm Mut machen. »Ich hör mich mal bei den anderen um. Vielleicht haben sie ja eine Idee. Ja, und noch was: Wer hat alles einen Schlüssel von hier und vom Tor draußen?«
»Alle, die einen Rang höher sind als ich.«
»Wunderbar.«
Ich nehme Simone bei der Hand, wir gehen los, da sagt er noch: »Komm, ich geb dir was. Du musst mich dafür aber noch einmal küssen.« Er deutet auf seinen Bauch, wo ein Pistolengriff aus seiner Hose ragt. Ich drücke mich an ihn, die Pistole wechselt den Halfter, der keiner ist. Mein Gott, eine Waffe in meiner Hose! Ich bete, dass sie nicht von selbst losgeht. Und überhaupt, dass bald alles vorbei ist.
Athanasios sieht mich verliebt an.
»Liebe braucht Freiheit«, sage ich, lächle ihm zu und gehe mit Simone.
»Aber wie?«, höre ich ihn noch fragen, doch ich habe keine Antwort.

Als wir bei den anderen ankommen, hören sie zu reden auf und sehen uns misstrauisch an, mit kurzen Blicken zu Athanasios. »Keine Angst, er ist auf unserer Seite«, erkläre ich, meine Tunika leicht anhebend. Ein paar machen erschrocken einen kleinen Schritt nach hinten, andere Gesichter erfüllt ein letzter Hoffnungsschimmer, aber die beiden, mit denen ich zuvor gesprochen habe, sagen leise: »Mensch, super!«
Sie könnten auch lauter jubeln, denn vorne hat das Sterben bereits eingesetzt. Die Ersten haben ihre Zyanid-Pillen schon geschluckt, liegen am Boden und leiden lautstark ihre Qualen.
Die Wortführerin reicht mir die Hand und sagt: »Ich bin Tanja, und du?« Wie lange hatte ich mich nach einem Mädchen namens Tanja erkundigt, bis ich schließlich aufgegeben hatte? Sie muss es sein.
»Da draußen gibt es jemanden, der auf dich wartet.«
Sie sieht nachdenklich drein. »Ja?«
Vorne ein Tumult, eine Frau wehrt sich, hängt an ihrem Leben. Sie wird erschossen. Ein Aufschrei, der sogleich wieder verstummt. Nur kurz haben sie sich erschrocken, sind schon wieder artig.
»Wenn er noch lebt, der gute Django.« Das zu sagen, war jetzt nicht fein, aber ich habe ja selbst erfahren, wie viel Kraft Schmerz geben kann. Und Kraft brauchen wir jetzt alle, ob es weh tut oder nicht. Nach der kurzen Besinnungspause lenke ich wieder aufs Thema: »Alle mit vier Batterien besitzen Schlüssel für die beiden Tore. Habt ihr schon irgendwelche konkreten …«
Drei Wächter kommen auf uns zu, einer greift nach Simone. Ich halte sie fest, sie sagt dem Wächter mutig: »Ich will bei Sabrina bleiben!«
»Sabrina kann gern mit nach vorn kommen, wenn sie dich nicht alleine lassen will.«
Er zerrt sie mit sich, ich merke, wie Tanja Richtung Athanasios läuft, verlasse mich auf ihn und seine Hilfe, bleibe bei Simone.
Vorne angekommen, muss sie sich zu Don Akkus Kindern stellen. Ich lasse sie los, sage ihr, dass sie sich einreihen soll. »… wenn Schüsse fallen, leg dich auf den Boden, damit du nicht getroffen wirst!«
Ich stehe drei Meter vor Don Akku. Spiele mit dem Gedanken, die Pistole zu ziehen, doch ich hatte so etwas noch nie in der Hand. Wer weiß, ob ich treffe? »Sicher nicht, wenn du es nicht probierst«, sage ich zu mir selbst. »Was soll schon schiefgehen?« Ich greife unter meine Tunika, nehme die Waffe in beide Hände, wie ich es aus Krimis kenne, ziele, als mir jemand von hinten die Arme nach unten drückt. Hätte ich bloß irgendwann Karate gelernt. Er möchte mir die Waffe aus den Händen nehmen, doch ich nutze sein Loslassen, um mich umzudrehen und ihm mit aller Wucht mein Knie zwischen die Beine zu jagen. Treffer. Ich ziele erneut und diesmal schneller auf Don Akku, drücke sogleich ab. Meine Ohren vernehmen einen zweiten Schuss direkt nach meinem. Oder war es nur ein Echo? Don Akku verdreht die aufgerissenen Augen und er sieht gar nicht so aus, als freue er sich auf seine baldige Ankunft bei Batter. Als er langsam auf seinem Thron zusammensackt, erkenne ich im Scheinwerferlicht glänzende Tränen, die seine Wangen hinunterlaufen. Sind es Tränen der Erkenntnis? Der Erkenntnis über sein weggeworfenes Leben? Ich drehe mich um und sehe Athanasios mit seiner Waffe. Sicher war sein Schuss der Treffer, aber ich bin stolz, den Mut aufgebracht zu haben. Keinesfalls will ich sterben, weil ich zu feige war, mich zu wehren.
In Sekundenschnelle setzt ein Kampf unter den Wächtern ein, geduckt laufe ich zu Simone, schnappe ihre Hand und wir rennen zu den Leichen, die hinter Don Akkus Thron herumliegen. »Leg dich da hin und stell dich tot, dann werden sie dir nichts tun!«
Ich versuche, mit meiner Waffe noch etwas auszurichten, traue mich jedoch nie, abzudrücken, aus Angst, den Falschen zu erwischen. Nur zwei Mal kann ich mich überwinden, weil ich sie einem Gegner von hinten direkt ansetzen kann. Keine Gefahr, ihn zu verfehlen. Der Zweite geht gerade in die Knie, dreht sich dabei zu mir, was mir einen kurzen Schreck einjagt, und ich sehe seine vier Batterien. Ich warte, bis er am Boden liegt, und sage: »Komm, gib mir die Schlüssel freiwillig, dann ersparst du mir die Suche.« Währenddessen entwende ich ihm seine Waffe, und er tastet noch nach seiner Hosentasche, bevor er endgültig stirbt. Ich greife hinein und finde einen ganzen Schlüsselbund. Ich stehe auf, sehe Tanja, gebe ihr die Waffe und sage, dass ich den Schlüssel habe. Dann laufe ich, um Simone zu holen. Zwischen all den Leichen kauert sie ängstlich wimmernd am Boden. Ich nehme sie auf meinen Arm, trage sie über die Toten hinweg.
Die Schüsse verstummen, viele der Wächter sind auf unsere Seite gewechselt, doch der Zeremoniensaal gleicht bereits einem Schlachtfeld. Ich suche Athanasios, doch ich sehe nur in verkrampfter Haltung gestorbene Menschen, nebeneinander, übereinander. Erbrochenes verrinnt mit Blut. Es stinkt nach Urin, Magensäure und Tod. Simone gräbt ihr Gesicht in meine Schulter, um nichts zu sehen. Ich suche einen Weg zum Ausgang, ohne über all die Leichen steigen zu müssen, doch es lässt sich kaum vermeiden.

Beim Überschreiten der Schwelle nach draußen spüre ich meine Knie fast nicht mehr, so weich sind sie plötzlich geworden. Trotzdem trage ich Simone weiter, drücke sie, gebe ihr einen Kuss auf die Wange und sage: »Gleich sind wir frei!« Dann fange ich vor Erleichterung zu heulen an. Tanja und einige andere umarmen uns ebenfalls. Ich warte, bis alle heraußen sind, aber Athanasios kommt nicht. Die anderen drängen, weiterzugehen.
Wir gehen an den brennenden Schlafsälen vorbei zum großen Tor.
Ich reiche Tanja die Schlüssel.

Gefolgt von nur einer Hand voll Überlebender, öffnen wir das Tor, gehen in die Freiheit. Die Sonne steht groß und rot am Horizont, wie ein mit Blut gefüllter Swimming-Pool. Simone klammert sich ängstlich an mich und gibt mir so die Kraft, sie zu tragen. Ganz ohne Batter.

*

 
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Mein Beitrag zum Thema des Monats April 2007, "Sekten". Mit starken Anleihen bei der Volkstempelsekte, bei der bei einem Massenselbstmord 1978 an die 900 Menschen ums Leben kamen.

 

Tag, Susi!
Stilistisch lässt sich, wie meistens bei deinen Storys, kaum etwas bekritteln. Persönlich mag ich es zwar lieber etwas verschnörkelt, aber der sachliche Stil passt zu dem Thema sicher hervorragend.
Inhaltlich ... tja. Das größte Problem bei dem Text stellt für mich die Analogie zu einem Straflager dar. Ich hatte von Anfang an eine Szenarie wie aus einem am. Knast-Film vor mir: Wärter, hilflose Insassen, die nicht fliehen können, Türme, Scheinwerfer, der sadistische Gefängnisdirektor... An einer Stelle fällt das Wort Gehirnwäsche. Aber bei mir kam nie das Gefühl auf, bei den Drangsalierten handle es sich um Sekten-Mitglieder, die man "umgedreht" hat. Müssten nicht so gut wie alle dem Sektenführer treu ergeben sein? Bis auf eine Szene gegen Schluss hin war für mich klar, dass den Don Akku (cooler Name, übrigens!) alle hassen / fürchten, statt ihn zu lieben und zu verehren. Warum sonst sind sie ihm gefolgt? Irgend etwas muss der Mann ja an sich haben.

Auch die Charakterisierungen waren mir etwas zu dürftig. Selbst die Protagonistin kommt mir zu blass rüber. Ich denke, den Raum, den du für die vielen Beschreibungen des Geschehens verwendet hast, hättest du teilweise besser für Charakterisierungen verwenden sollen.

Der Schluss ist ungewohnt amerikanisch: "Hurra! Die Kavallerie kommt! Wir sind gerettet!" :D
Kleines Zugeständnis deinerseits an den Mainstream?

Alles in allem: Nett zu lesen, aber nicht herausragend. Was meinem Geschmack nach noch fehlt, um dem Story-Gerippe ordentlich Fleisch zu verpassen, habe ich bereits beschrieben. Ist aber natürlich nur meine Meinung. :)

 

Hallo Rainer!

Freut mich, daß Du die Geschichte gelesen hast! :)

Das größte Problem bei dem Text stellt für mich die Analogie zu einem Straflager dar. Ich hatte von Anfang an eine Szenarie wie aus einem am. Knast-Film vor mir: Wärter, hilflose Insassen, die nicht fliehen können, Türme, Scheinwerfer, der sadistische Gefängnisdirektor...
Lies mal zum Beispiel hier und da. – So weit entfernt von dem, was sich damals abgespielt hat, ist das wirklich nicht.

Aber bei mir kam nie das Gefühl auf, bei den Drangsalierten handle es sich um Sekten-Mitglieder, die man "umgedreht" hat. Müssten nicht so gut wie alle dem Sektenführer treu ergeben sein? Bis auf eine Szene gegen Schluss hin war für mich klar, dass den Don Akku (cooler Name, übrigens!) alle hassen / fürchten, statt ihn zu lieben und zu verehren.
Eigentlich dachte ich, das dadurch zu zeigen, daß sie alles widerspruchslos hinnehmen, etwa auch den Tod von Lisa, nach dem sie beten, als wäre nichts gewesen.

Warum sonst sind sie ihm gefolgt? Irgend etwas muss der Mann ja an sich haben.
Einerseits waren ja wie gesagt nicht alle ganz freiwillig da, das mit der Drogentherapie hab ich mir zum Beispiel nicht aus dem Ärmel gezogen. Andererseits waren am Anfang tatsächlich Ideologien dahinter, im Beispiel der Volkstempelsekte sollte es ja sogar mehr eine Art marxistische Kommune werden.

Auch die Charakterisierungen waren mir etwas zu dürftig. Selbst die Protagonistin kommt mir zu blass rüber. Ich denke, den Raum, den du für die vielen Beschreibungen des Geschehens verwendet hast, hättest du teilweise besser für Charakterisierungen verwenden sollen.
Welche Beschreibungen (konkret) sind Deiner Meinung nach überflüssig?

Der Schluss ist ungewohnt amerikanisch: "Hurra! Die Kavallerie kommt! Wir sind gerettet!"
Kleines Zugeständnis deinerseits an den Mainstream?
Ähm, kam das nicht satirisch rüber? Sollte es eigentlich, da sie sich ja schon selbst gerettet haben.

Danke fürs Lesen und Deinen Kommentar,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Häferl schrieb:
So weit entfernt von dem, was sich damals abgespielt hat, ist das wirklich nicht.

Hm. Okay. Sollte auch kein Vorwurf sein. Für mich kam einfach nicht das richtige "Feeling" auf, weil es zu sehr an Knast-Filme erinnerte. Ich bin halt doch in Klischees verfangen und brauche die Bestätigung dieser. :)

Einerseits waren ja wie gesagt nicht alle ganz freiwillig da, das mit der Drogentherapie hab ich mir zum Beispiel nicht aus dem Ärmel gezogen.

Gut, das weißt du dann sicher besser als ich. Tatsächlich habe ich mich mit dem Thema nie eingehender befasst. Aber man lernt ja gerne dazu.

Welche Beschreibungen (konkret) sind Deiner Meinung nach überflüssig?

Ich würde gar nicht von "überflüssig" sprechen - eher davon, dass das Verhältnis zur Charakterisierung für mich nicht stimmt. Sabrina bleibt mir einfach zu blass - ich erfahre zu wenig, obwohl die Geschichte sehr lang ist. Jedenfalls ist das mein unmittelbarer Eindruck.

Ähm, kam das nicht satirisch rüber? Sollte es eigentlich, da sie sich ja schon selbst gerettet haben.

Nein, das ist schon klar! Aber es entspricht dennoch häufigen Film-Enden, wie zB "Jurassic Park 3": Die Überlebenden retten sich an den Strand, und bequemerweise landen in diesem Augenblick die Marines. :D

Gut, mal sehen, was andere zu der Geschichte meinen.

 
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Danke für Deine nochmalige Antwort, Rainer! :)

Hm. Okay. Sollte auch kein Vorwurf sein. Für mich kam einfach nicht das richtige "Feeling" auf, weil es zu sehr an Knast-Filme erinnerte. Ich bin halt doch in Klischees verfangen und brauche die Bestätigung dieser.
Kann ich was dafür, daß Du immer nur Knastfilme ansiehst? :p :D
Ich werd versuchen, vielleicht noch ein bisschen mehr "Feeling", auf jeden Fall mehr Charakterisierung der Protagonistin reinzuschreiben, aber ich weiß nicht, ob ich das heute noch mache - bin im Moment ziemlich k.o. (hier fehlt der Smilie, der alle Viere von sich streckt), außerdem würde mich natürlich auch interessieren, wie andere das sehen.

Gut, das weißt du dann sicher besser als ich. Tatsächlich habe ich mich mit dem Thema nie eingehender befasst. Aber man lernt ja gerne dazu.
Naja, ich bin mehr darüber gestolpert und dem Thema gar nicht ausgekommen. Damals, als das mit der Volkstempelsekte war, war ich gerade dreizehn, und es hat mich ziemlich beschäftigt. Neulich hab ich etwas anderes in diesen alten Zeitungen recherchiert, stieß dabei zufällig auf diese Berichte und blieb jedesmal hängen, konnte über keinen der Artikel drüberblättern. Da hab ich beschlossen, irgendwann eine Geschichte dazu zu schreiben, und dann kam das Thema des Monats und hat aus dem "irgendwann" ein "jetzt gleich" gemacht. Darüber bin ich sehr froh, weil die Irgendwanns so furchtbar dehnbar sind. :)

Erst hatten sie bei der Volkstempelsekte ja geglaubt, es konnten einige hundert Menschen in den Urwald flüchten. Sie sind dann aber beim Abtransport der Leichen draufgekommen, daß (ich glaub, es waren) 180 Kinder unter den Leichen ihrer Mütter lagen ... (Bei uns gab es die Fernsehnachrichten fast immer zum Abendessen dazu, so hat selbst das fadeste Essen eine pikante Note bekommen.) Und um ja nicht in Versuchung zu kommen, das auch in die Geschichte zu schreiben, hab ich die Kinder den Müttern von Anfang an weggenommen.

Sabrina bleibt mir einfach zu blass - ich erfahre zu wenig, obwohl die Geschichte sehr lang ist. Jedenfalls ist das mein unmittelbarer Eindruck.
Du hast Recht, da ich sie vor allem über ihre Funktionen (recherchierende Autorin/sich sorgende "Ersatzmutter"/Kämpferin) dargestellt habe, aber wenig Persönlichkeit. Da werde ich auf jeden Fall noch nachholen, beim "Feeling" weiß ich es noch nicht so recht.

Nein, das ist schon klar! Aber es entspricht dennoch häufigen Film-Enden, wie zB "Jurassic Park 3": Die Überlebenden retten sich an den Strand, und bequemerweise landen in diesem Augenblick die Marines.
Im Fall einer Verfilmung, werde ich dann peinlich darauf achten, daß der Satz auch mit der richtigen Betonung gesagt wird. Oder alle Überlebenden daraufhin zu lachen beginnen. :D

Liebe Grüße,
Susi :)


PS.: Hab erst mal ein paar Wortwiederholungen gekillt, den ersten Absatz ein bisschen gekürzt und die beiden Schlußsätze umformuliert.

 
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Hallo Susi!

Sprachlich und stilistisch gibt es mMn an Deiner Geschichte nicht viel zu mäkeln. Sie ist mitreißend geschrieben, der Spannungsbogen stimmt, die Haupt-Figuren werden lebendig, sie waren mir nie egal beim Lesen.
Auch die Profilierung der tragenden Figuren empfand ich als ausreichend. Wären da nicht ein paar Kleinigkeiten, ich würde kompromisslos meinen Daumen heben. :)
Für mich störend war Deine spürbare Ablehnung gegenüber Sekten, die du in dieser Geschichte unübersehbar transportierst und die durch die Ich-Perspektive noch verstärkt wird.
Dein Beitrag erscheint mir so gesehen etwas zu propagandahaft. Ich fühlte mich als Leser in die Ecke gedrängt und hatte gar keine Chance mir eine eigene Meinung zu bilden. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ich bin keine Glaubenssektiererin, im Gegenteil eine überzeugte Agnostikerin.

Ein paar Beispiele, was ich mit meiner Kritik meine:

Natürlich wusste ich, dass Sekten ihre Mitglieder nicht einfach wieder gehen lassen.
(manche Sekten, würde nicht so absolut klingen)
Es gibt durchaus welche, die nicht so funktionieren.

Oder hier, mit der (leider) unüberhörbaren Stimme des Autors:

Ich würde ihm sein Rückgrat brechen und ihn dann so verformen, dass er sich selbst einen bläst.
Diese Aussage trieft vor subjektivem Hass auf Kinderschänder. Deine Sorge um die missbrauchten und ermordeten Kinder in Ehren, ich teile sie voll und ganz, aber diesen Satz würde ich ersatzlos rausschmeißen und jegliche Emotionen dem Leser überlassen.

Vielleicht Bestechungsgelder für Politiker? Die Richtung ist bestimmt nicht ganz falsch.

Woher weiß sie das? Auch hier höre ich die voreingenommene Autorenstimme. Du entlastest damit die Mitglieder von ihrer eigenen persönlichen Verantwortung (auch gegenüber ihren Kindern) und machst sie zu unschuldigen Opfern von Korruption. Das ist mir zu einfach.

Beim Lesen deines Beitrages entstand in mir der Eindruck, nur Gewalt und straflagerartige Kontrolle könnten das Rückgrat einer Sekte bilden. Ihr Hauptzweck ist Geldgier und die Befriedigung pädophiler Neigungen.
Freiwillig würde doch niemand so dumm sein?
Leider habe ich aber den Eindruck, dass es meistens gar keiner Gewalt bedarf, um Menschen dahingehend zu verblöden. Erst vor wenigen Jahren fand ein kollektiver Massenselbstmord in den USA ohne jede Gewaltandrohung statt, (es waren über 120 Opfer, alles Erwachsene). Dort glaubten die Sektierer an ein göttliches Raumschiff, das ihre toten Körper während einer Mondfinsternis in den Himmel bringen würde. Auch ihr Glaubensführer hatte sich mit ihnen auf den Weg in die selige Ewigkeit begeben.

Ansonsten habe ich deinen Beitrag sehr gerne gelesen.
Etwas kritischer im Hinblick auf die Motivation der Sektenmitglieder, hätte er mir noch besser gefallen. ;)

Liebe Grüße,
Manuela :)

 

Ich bitte um Entschuldigung, dass ich kurz mal off topic gehe - wenn es jemanden stört, möge ein Mod diesen Beitrag löschen.

@ Manuela

Für mich störend war Deine spürbare Ablehnung gegenüber Sekten, die du in dieser Geschichte unübersehbar transportierst und die durch die Ich-Perspektive noch verstärkt wird.

Ich würde dieser Kritik inhaltlich voll zustimmen, wenn es sich nicht um eine fiktive Geschichte, sondern eine Reportage von Susi (oder wem auch immer) handeln würde. Aber du liegst hier einem leider weit verbreitetem Irrtum auf: Die Gleichsetzung von Autor und dem Ich-Protagonisten. Natürlich ist es verführerisch, Texte aus der Ego-Perspektive als Stellungnahme des Autoren anzusehen. Doch obwohl die Aussagen des Protagonisten mit den Ansichten des Autoren übereinstimmen können, müssen sie es nicht zwangsläufig.
Ich muss dies einfach schreiben, weil ich mich immer noch darüber ärgere, wie man mich in einem anderen Literatur-Forum wegen einer SF-Kurzgeschichte, deren Protagonist Hitler war, in die Nazi-Ecke stellte - Motto: Protagonist und Autor kann man nicht trennen.
Deshalb bitte ich darum, Geschichten (!) stets abgekoppelt von der Persönlichkeit des Autors zu lesen. Gerade in dieser Rubrik ist das wichtig - oder nimmst du an, dass Autor X ein potenzieller Kinderschänder ist, weil er über einen Mörder mit Vorliebe für Kinder schreibt?

 

Vorab bitte ich Häferl ausdrücklich um Entschuldigung für meine Antwort auf Rainers Vorwurf!

Ich denke, mit meiner Stellungnahme, an der ich lange herumgetüftelt habe, keineswegs einer Verwechslung von Autor und Protagonisten aufgesessen zu sein. ;) Anhand der zitierten Textbeispiele geht doch eindeutig hervor, was ich mit meiner Kritik zum Ausdruck bringen wollte.
Ich hatte beim Lesen dieses Beitrags (ich habe ihn immerhin dreimal gelesen) manchmal das Gefühl, nicht die Figuren sprechen zu hören, sondern die (lenkende) Stimme des Autors. Und diesem Empfinden habe ich in meinem Statement auch Ausdruck verliehen. Nicht mehr und nicht weniger!
Nichts von meiner Kritik erhebt Anspruch auf absolute Wahrheit, es steht also jederman/frau frei, den Inhalt dieser Geschichte anders zu beurteilen als ich.
Nochmals: Sprachlich und stilistisch fand ich sie beeindruckend, aber für meinen Geschmack klingt stellenweise der Autor durch. Und das hat nichts mit der gewählten Erzähl-Perspektive zu tun. ;)

Liebe Grüße,
Manuela :)

 

Hey Häferl,

Zur Abwechlsung hier ein Kommentar abseits von der Diskussion zwischen Manuela und Rainer.

Ich stimme Rainer in sofern zu, dass mich die Situation, das ganze Setting auch an eine Art Knast erinnert hat, allerdings hatte ich eher das Gefühl, dies ist nach Art von "Das Leben ist schön" - ein Film über einen Juden, der mit seinem Sohn in ein KZ gebracht wird und ihm die Seele rettet, indem er dem Kleinen erklärt, dies sei alles nur ein Spiel. Warum mich das daran erinnert hat? Neben hohen Mauer, Wachen und Schlafsälen hat mich besonders die Situation der "Flucht" und die Suche nach einem Schlupfwinkel für Simone an diesen Film erinnert, denn auch der kleine Junge wird versteckt und darf erst raus, wenn alles vorbei ist.
Ich weiß nicht ob du beim Schreiben ein wenig an diesen Film gedacht hast, vielleicht kennst du ihn auch gar nicht, aber es hat mich dann doch ganz leicht überrascht, dass es anders gekommen ist. Das find ich gut, ich war mir ganz sicher, dass Sabrina sich sozusagen opfert (wie der Vater im Film) und Simone im Nachhinein von Polizei oder Militär als letzte Überlebende gerettet wird. Schön dass du einen anderen Weg genommen hast :)

Vom Schreibstil her hast du mich überzeugt, obwohl ich eigentlich lieber bildhafte Sprache mag, aber dein gewählter Stil passt einfach perfekt in die Geschichte, der Leser wird mitgerissen und fragt sich was als nächstes passiert, und er wird zwischendurch immer wieder vorsichtig auf die falsche Fährte gelockt (meiner Meinung nach zumindest ^^).

Mit anderen Worten deine Geschichte hat mir inhaltlich und auch sprachlich gut gefallen, beides passt gut zusammen.
Was mich einzig stört: Wo ist der Horror in dieser Geschichte?
Klar, die Geschichte passt gut zum Thema des Monats... Aber trotzdem ist dies immer noch die Horror-Rubrik und mir fehlt da der Horror einfach :D

Trotzdem ein :thumbsup: von mir,
LG Glori

 
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Liebe Manuela!

Danke Dir fürs Lesen und Deine Meinung dazu! :)

Wären da nicht ein paar Kleinigkeiten, ich würde kompromisslos meinen Daumen heben.
Das freut mich schon mal sehr! :)

Deine spürbare Ablehnung gegenüber Sekten, die du in dieser Geschichte unübersehbar transportierst und die durch die Ich-Perspektive noch verstärkt wird.
Ein Grund, warum ich gern in der Ich-Perspektive schreibe, ist der, daß man nicht so neutral sein muß.
Aber in manchen Dingen hast Du natürlich Recht, so hab ich das "manch" gleich eingefügt, nachdem ich Deinen Kommentar gelesen hab.
Der Satz mit dem Rückgrat sollte allerdings mehr für die Wut stehen, die die Protagonistin hat, und sich nicht speziell gegen Kinderschänder richten. Durch die Darstellung des Abholens der jeweiligen Opfer und dadurch, daß anschließend ein Mann in den Turm geführt wird, zeige ich ja, daß es jede/n treffen kann.
Deine Eingrenzung ziehst Du vermutlich aus der Tatsache, daß ich gleich zu Beginn die Sache mit Lisa zeige, aber das hat damit zu tun, daß ich die Geschichte für die Rubrik Horror und nicht für Gesellschaft geschrieben habe und einfach mehr Menschen mitfühlen, wenn es ein Kind betrifft, als wenn es ein erwachsener Mann oder eine erwachsene Frau ist - glaube ich jedenfalls.

Woher weiß sie das?
Sie weiß es nicht, sie vermutet es gerade. Schließlich ist sie Autorin und läßt die Phantasie spielen. ;-)
Aber ich nehm den zweiten Satz raus, das "Vielleicht" reicht ja eigentlich.

Du entlastest damit die Mitglieder von ihrer eigenen persönlichen Verantwortung (auch gegenüber ihren Kindern) und machst sie zu unschuldigen Opfern von Korruption. Das ist mir zu einfach.
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Unabhängig davon, wie die Mitglieder dazugekommen sind, brauchen solche Sekten einen Staat, der sie toleriert, also gegen dessen Gesetze ihre Grundsätze nicht verstoßen. Wird nun bekannt, daß sich die Dinge geändert haben, schaut man sich das noch einmal an - so war es auch bei der Volkstempelsekte, nachdem die Unfreiwilligkeit einiger als erwiesen galt. - Daß der Geldkoffer weder dort noch in meiner Geschichte geholfen hat, sondern die Leute sterben mußten, steht im Widerspruch zur Vermutung der Ich-Erzählerin. Wollte ich mich hier auf korrupte Politiker festlegen, hätte ich sie statt dem Massenselbstmord ein Fest feiern lassen. Es war aber nur versuchte Bestechung, auf die sich der betreffende Politiker offenbar nicht einließ. ;-)

Beim Lesen deines Beitrages entstand in mir der Eindruck, nur Gewalt und straflagerartige Kontrolle könnten das Rückgrat einer Sekte bilden. Ihr Hauptzweck ist Geldgier und die Befriedigung pädophiler Neigungen.
Freiwillig würde doch niemand so dumm sein?
Nein, ich meinte ja nicht alle Sekten, die Verallgemeinerung war echt nicht beabsichtigt, und ich sage ja auch nicht, daß grundsätzlich nur Gewalt und Kontrolle das Rückgrat von Sekten bilden könnten. Aber daß es immer wieder mal irgendwo eskaliert und irgendein machtgeiler Führer durchdreht, ist Tatsache, und in meiner Geschichte ist es eben gerade so. Weil es eine Horrorgeschichte sein soll und kein umfassendes Unter-die-Lupe-Nehmen.

Leider habe ich aber den Eindruck, dass es meistens gar keiner Gewalt bedarf, um Menschen dahingehend zu verblöden.
Das hat meiner Meinung nach gar nicht so viel mit Verblödung zu tun, als vielmehr damit, daß Menschen, die sich selbst so völlig aufgeben, indem sie sich einer einzigen, vagen Idee unterwerfen, schon vorher darauf trainiert wurden, einer Autorität zu folgen. Und daß etwas irgendwann eskaliert, weiß man ja vorher meistens auch nicht.
Wenn der Selbstmord bereits zu den Zielen der Sekte gehört, muß es den Leuten wohl vorher ziemlich schlimm gehen. Sonst hat man ja keinen Grund, sein Leben für so ein unsicheres Ziel aufzugeben.

Dort glaubten die Sektierer an ein göttliches Raumschiff, das ihre toten Körper während einer Mondfinsternis in den Himmel bringen würde. Auch ihr Glaubensführer hatte sich mit ihnen auf den Weg in die selige Ewigkeit begeben.
Es kann der offensichtlichste Blödsinn sein - deshalb ja auch hier die Batterie-Sekte, bei der man Leben wie eine Batterie von einem Körper in den anderen geben kann. (Und natürlich, weil es keine todernste Geschichte sein sollte. ;-))

Ansonsten habe ich deinen Beitrag sehr gerne gelesen.
Danke, das freut mich sehr! Mit den Sektenmitgliedern werde ich mich noch beschäftigen - kann es aber für heute (Nacht) auch nicht versprechen, weil ich heute genauso k. o. bin wie gestern. (Nicht vom Schreiben der Geschichte, sondern vom Möbelbasteln.)

aber für meinen Geschmack klingt stellenweise der Autor durch.
Ein bisschen durchklingen will ich ja bei allen meinen Geschichten, und das läßt sich wohl auch bei keinem Autor vermeiden, da die Geschichten ja immer aus uns heraus kommen. Wobei es dafür, daß man sich mit etwas beschäftigt, ja auch immer verschiedene Motivationen gibt - es heißt etwa nicht automatisch, daß einem das Dargestellte gefällt. Ich will jedenfalls keine Schreib-Maschine sein, die nur schöne Worte sinnvoll aneinanderreiht. ;-)


Hallo Glorfindels Erbin!

Danke auch Dir herzlich fürs Lesen und Kommentieren, und natürlich besonders für den Daumen! :)

An den Film "Das Leben ist schön" kann ich mich zumindest nicht bewußt erinnern, obwohl mir der Titel nicht unbekannt ist. Ursprünglich wollte ich aber auch Simone gleich in Sicherheit bringen, weil sie mir schon so leid getan hat. Dadurch, daß sie dann aber aus der Handlung verschwunden wäre und erst ganz am Schluß wieder aufgetaucht wäre, war dann irgendwie auch viel von der Spannung weg - fand ich jedenfalls. Mit ihr ist es jedenfalls spannender und deshalb mußte sie wieder zurückkommen. Was mich dann auch zu der Frage brachte, was wäre, wenn sie alles anzünden, während sie da drin versteckt ist, und die Anweisung nicht lautete, bei Feuer zu laufen - was ich dann natürlich auch noch andeuten mußte ...

Vom Schreibstil her hast du mich überzeugt, obwohl ich eigentlich lieber bildhafte Sprache mag, aber dein gewählter Stil passt einfach perfekt in die Geschichte, der Leser wird mitgerissen und fragt sich was als nächstes passiert, und er wird zwischendurch immer wieder vorsichtig auf die falsche Fährte gelockt (meiner Meinung nach zumindest ^^).
Freut mich sehr, daß Du das sagst, denn ich hatte gehofft, daß es so ist. :)

Was mich einzig stört: Wo ist der Horror in dieser Geschichte?
Also, wenn das für Dich kein Horror ist, mußt Du ja ganz schön abgebrüht sein! :D ;) Alternativ fiele mir nur Spannung ein, da ich so eine Geschichte für Gesellschaft natürlich ganz anders geschrieben hätte - allein schon hätte ich mich dann mehr mit dem Hinein- als mit dem Herauskommen beschäftigt. Für Spannung ist sie mir aber dann doch zu hart - die Horror-Leser haben einfach stärkere Nerven. ;-)
Es könnte sich natürlich Don Akku in ein blutrünstiges Monster verwandeln und alle auffressen ... :hmm: ... glaub ich aber nicht, daß er das tun wird. ;-)

Danke nochmal Euch beiden fürs Lesen, Kommentieren und Gut-Finden, und natürlich auch an Dich, Rainer, ein Danke für Deinen aufklärenden Kommentar!

liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

ich gebe mal ein kurzes Feedback:

Gefallen haben mir deine beiden Hauptcharaktere. Sehr schön, wie du den inneren Konflikt deiner Protagonistin herausarbeitest.

»… mit seinen Flügeln über die Mauern hinweg in die Freiheit. Weites Land tut sich vor ihnen auf; soweit sie sehen können, gibt es keine einzige Mauer, die sie einsperrt. Sie fliegen über Berge, da wird das Land ganz hoch, wie hier, wenn ich die Decke so aufrichte, aber höher als Don Akkus Turm, und von da oben kann man dann hinunter schauen …« Simone schaut zum Fenster hinaus. »… aber von den Bergen ist der Ausblick viel schöner, und Türme gibt es in den Städten viele. Schade, dass er das offenbar selbst nicht weiß … Simone und der Schutzengel fliegen weiter
Eine wundervolle Passage, um Kinder zu überzeugen. Toll!

Die Szene im Zeremoniensaal hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Durchaus vorstellbar, dass es so ablaufen könnte (wobei ich immer der Meinung war, dass alle die Pille gleichzeitig schlucken müssen).

Nicht gefallen hat mir die allgemeine Darstellung der Sekte als Solche und das nichtvorhandene sektentypische Verhalten der "Insassen".
Ich habe nur den ersten Kom von Rainer gelesen und muss seiner Sicht des Straflagers durchaus zustimmen.
Hier solltest du das "Schöne" einer Sekte mehr herausarbeiten. Ich vermisse zum Beispiel die Freude der Insassen, die Liebe zu dem Projekt. Irgendetwas, das mir zeigt, dass diese Leute freiwillig und gerne hier sind.
Denn es ist doch arg unwahrscheinlich, dass sie alle entführt wurden; und so stellte es sich für mich dar.

Mein größter Kritikpunkt ist aber der Don!
Ihn hätte ich mir wesentlich netter gewünscht. Warum lässt du ihn nicht mal durch die Menge wandern, Blumen und Küsse verteilen. Gerade sowas würde doch den eigentlichen Schrecken ausmachen. Scheinbar nette Menschen verbreiten einen viel größeren Schrecken, als diese klischeehaft Bösen.

Ist aber lediglich mein erster Eindruck nach dem Lesen. Insgesamt war es sehr spannend, und ich war ein wenig traurig, dass es so schnell zu Ende war.
Aber vielleicht bringst du uns den Sektenalltag ja noch ein bisschen näher ;)

Gruß! Salem

 

Hallo Salem!

Das freut mich sehr, daß Dir die Geschichte gefällt! :) Herzlichen Dank fürs Lesen und Deine lobenden sowie kritischen Worte!

Um das Fehlende (Sektenleben, Charakterisierung) noch hineinzuschreiben, hatte ich leider bisher weder viel Zeit, noch eine wirklich gute Idee, einmal hab ich stattdessen ein paar andere Kleinigkeiten ausgebessert, jetzt nach dem Lesen Deiner Kritik hab ich die zitierte Stelle noch ein wenig überarbeitet und verändert (sie ist jetzt ein Vogel und kein Schutzengel mehr) - alles nur, um mich nicht mit den wahren Problemen auseinandersetzen zu müssen. ;)

Aber mit Deinem letzten Kritikpunkt, dem Don, hast Du mich jetzt auf eine Idee gebracht, wie und wo ich das Fehlende noch unterbringe. Hoffe, heute Abend Zeit für die Umsetzung zu haben. :)

Danke nochmal für Deine Zeit,

liebe Grüße,
Susi :)

 

Aloha!

Der Stoff aus dem Romane sind, verstaut auf gerade mal neun Seiten. Eine reife Leistung und eingängig noch dazu, auch wenn es mir da an einigen wenigen Stellen – die ich später ausführe – hapert. Auch wenn wir rudimentär etwas über die Philosophie der Sekte erfahren, scheint mir der Hintergrund dennoch zu dürftig, um zu (er)klären, warum Don Akku derart viele Anhänger hat. Abgesehen von der Tatsache, dass ihm hier offensichtlich NGOs –aus welchen Gründen auch immer – zuarbeiten, was aber nicht die Ergebenheit so vieler Menschen erklärt. Abgesehen davon bergen Gemeinschaftsschlafsäle in dieser Größenordnung immer die Gefahr einer Verschwörung. Ich bin sicher, dass ein Sektenführer, der in diesen Größenordnungen agiert, sich entweder dieser Gefahr bewusst ist und die Schlafsäle überwachen lässt oder aber sich seiner Sache so sicher ist, dass dies eine bereits gefährliche Selbstüberschätzung bedeutet. Beides tritt nicht klar zu Tage.

Sekten dieser Größenordnung können nicht an jedem beliebigen Ort installiert werden, erst recht nicht mit einer scheinbaren Exterritorialität. In diesem Punkt hapert die Erzählung m.E. ein wenig.

Trotzdem, der Tiefgang und die Spannung kommen gut herüber, die Diskrepanz zwischen Argwohn und Vertrauen untereinander kommen mir dennoch ein wenig zu kurz. Auf der einen Seite erfahren wir, dass so gut wie niemand im dem Schlafsaal auch wirklich schlafen kann, aber wir finden auch – glücklicherweise – keinen Verräter, der etwas von der Konversation zwischen Prot und Schutzbefohlener mitbekommt. Das ist Glück! Und genau das wird zu wenig herausgestellt … Unter fünfzig Anwesenden keinen Verräter oder keine Verräterin zu finden, ist denkbar ungewöhnlich und liegt ganz und gar nicht in der Natur des Menschen. In jedem Schlafsaal dürfte es mindestens einen Informanten geben, es sei denn, der Sektenführer hat nicht alle Latten am Zaun.

Wenn ich es hochrechne, hat diese Sekte um die 1.200 Mitglieder, inkl. der Wächter (mit etwa 10% angesetzt, was schon sehr niedrig ist). Wir finden um die 200 Überlebenden vor, was m.E. der Gefährlichkeit solcher ‚Institutionen’ nicht gerecht wird und die Option auf ein Entkommen so oder so als gegeben darstellt.

Bei allem Respekt vor Deiner Intention und der erzählerisch gelungenen Umsetzung, missfällt mir das zum Schluss als zu positiv dargestellte Entkommen weniger, während die Opfer irgendwo einfach da sind und keine bzw. kaum (Be)Achtung mehr erhalten. Es sind die Opfer solcher Sekten, lebend oder tot, denen unsere Beachtung gelten muss und es muss Aufgabe eines souveränen Staates – demokratisch oder nicht! – sein, sich solcher absurden Auswüchse frühzeitig zu erwehren. Wenn die Erzählung (auch) darauf abzielt, festzuhalten, dass die Organe innerer Sicherheit korrupt sind oder früher einschreiten müssen, dann kommt dies zu kurz bzw. gar nicht vor.

Unterm Strich lässt mich „Wo wir uns dann wiedersehen“ zwiespältig zurück, denn es bleiben so viele Dinge unaus- und angesprochen …

Dinge, die mir auffielen:

… , es gibt ja noch neunzehn Schlafsäle.
-> Das ist ja doch eine stattliche Zahl an Mitgliedern dieser Sekte, hinzu kommt entsprechendes Wachpersonal. In diesen Ausmaßen und in dieser Ansammlung trifft dies selten zu, aber ich nehme das mal so hin. Eventuell denkst Du über eine kleine Korrektur der Zahl nach, denn neben den notwenigen Kontrollpersonen und einer schlüssigen Lehre, der diese Menschen folgen bzw. sich dieser anschließen ist hier ein gewaltiges Maß an Logistik erforderlich.

»Nein! Bitte! Nicht!« Es ist Lisas Stimme, kaum mehr als gehaucht; verzweifelt.
-> Zwar verleiht das Ausrufezeichen der Aussage besonderen Nachdruck, aber in der Häufung halte ich es für unangemessen, zumal die wörtliche Rede ‚gehaucht’ daherkommt. Das ‚Bitte!’ kann dann gerne sehr nachdrücklich da stehen. Im Übrigen kann diese Stelle durchaus deutlicher und ausführlicher gestaltet werden und auf den Horror, den Lisa – und diejenigen, die es mitbekommen - empfindet, eingehen.

»Don Akku wartet nicht gern, komm jetzt!«
-> Batter … Akku. Hm, na ja …

Und sie braucht Kraft, wenn sie anschließend, wie alle anderen auch, für die Gemeinschaft und vor allem für Don Akku arbeiten muss.
-> Akku, arbeiten

… , wir danken Batter für das vorzügliche Mahl und gruppieren uns wie gewohnt, um zu den verschiedenen Arbeitsstellen zu marschieren.
-> uns, wie

Mißtrauisch ziehe ich eine Augenbraue hoch, …
-> Misstrauisch (Dem kurzen Vokal folgt ein Doppel-s an Stelle des ß.)

Die Zeit drängt gewaltig. In der ansonsten leeren Suppe (sie haben in der Eile wohl den Reis vergessen) schwimmen drei Scheibchen Karotten und vier Erbsen. Ich gebe Simone die Hälfte von meinem Gemüse, …
-> Welche Eile? Und in diesem Zusammenhang davon zu sprechen, die Hälfte des gemüses abzugeben klingt ungewollt ironisch.

Wenig später wird ein Mann zum Turm geführt.

-> Wie kann der Prot das wissen? Ausführen.

Dabei lösen sich die zurückgehaltenen Tränen, deren Druck so hoch ist, dass sie mir richtig aus dem Gesicht springen.
-> unglaubwürdig … entschärfen

»Was soll schon schiefgehen
-> schief gehen

Ich versuche, mit meiner Waffe noch etwas auszurichten, traue mich jedoch nie, abzudrücken, aus Angst, den Falschen zu erwischen. Nur zwei Mal kann ich mich überwinden, weil ich sie einem Gegner direkt ansetzen kann. Keine Gefahr, ihn zu verfehlen. Der Zweite geht gerade vor mir in die Knie und ich sehe seine vier Batterien. Ich warte, bis er am Boden liegt, und sage: »Na, jetzt kann es dir auch schon egal sein. Gib mir die Schlüssel freiwillig, dann muss ich sie nicht suchen.« Währenddessen entwende ich ihm seine Waffe, und er tastet noch nach seiner Hosentasche, bevor er endgültig stirbt.
-> Unter den gegebenen Umständen klingt die Prot hier unglaubwürdig cool. Dies Passage bedarf dringend er Überarbeitung und Ausführung.


shade & sweet water
x

 

Hallo Häferl,

habe mir deine Geschichte ausgedruckt und ganz in Ruhe gelesen.
Da meine Freundin gerade für die Uni eine Arbeit über Sekten geschrieben hat, war ich sehr interessiert, was du wohl aus dem Thema gemacht hast. Bei mir verhält es sich mit dem Thema Sekten immer so, dass ich zum einen zwar rational verstehen kann, wie die Mechanismen einer Sekte greifen, mir aber immer der letzte Funke des Begreifens abhanden bleibt, um wirklich nachvollziehen zu können, wie sich Menschen dann letztlich tatsächlich derart total einem "Guru" unterwerfen, dass sie sich freiwillig in die "Sklaverei" begeben.
In diesem Punkt hat mich dein Text leider auch nicht weiter gebracht. Du greifst zwar die typischen Positionen auf, an denen gerne die Handlanger warten, wie Beratungs- / Rehabilitationszentren, doch wie letztlich dieses Herübergleiten funktioniert sparst du aus.
Das ist keine Kritik an deinem Text. Schließlich willst du etwas anderers erzählen. Dieser Teil hätte mich lediglich sehr interessiert.

Was du dann jedoch sehr gut skizzierst ist das Alltagsleben in der Sekten-Kommune. Das hast du wahrlich bedrückend eingefangen. Beim Lesen hat sich ein Gefühl eingestellt, als würde ich unangenehm bedrängt werden. Bedrohlich. Hier machst du schön deutlich, warum sich die Schafe widerspruchslos in ihr Schicksal fügen.

Dennoch gibt es einige Stellen, die mich beim Lesen gestört haben, nicht passen wollten.

»Sei froh, dass er dich endlich nimmt. Zwölf zu werden, ohne entjungfert zu sein, ist eine Schande sondergleichen. Und morgen hast du Geburtstag.« Er lacht und setzt hinzu: »Es ist Don Akkus Geschenk für dich.«
das will mir zu harsch klingen. Nicht intelligent genug. Außerdem drängt sich durch das abfällige Lachen der Verdacht auf, dass die Wächter nicht der gleichen Gehirnwäsche unterzogen wurden, da sie das doppelte Spiel zu durchschauen scheinen. Das halte ich für sehr unwahrwscheinlich. Aufsteigen tut man mMn in einer Sekte nur, wenn man gefügiger/ Überzeugter ist, als andere "Bewerber"
Wenn du dich wehrst, machst du ihn besonders geil. Du wirst ihm große Freude bereiten!«
das stößt ins gleiche Horn. Passt einfach nicht. Mir scheint, du wolltest dem Leser nur noch zusätzlich schocken - was aber nicht nötig ist. So verliert die Kg eher ihr kaltes Kalkül

Das hab ich auch schon selbst miterlebt, es gibt Menschen, die sind über hundert Jahre alt und noch immer fröhlich. Aber ich hatte noch nie das Gefühl, in einem neuen Mitglied ein altes wiederzuerkennen. Hattest du das schon einmal?« Simone schaut drein, als hätte man ihr alles gestohlen, ist immer noch zu keinem Wort fähig, doch sie schüttelt zaghaft den Kopf. Ich nehme sie in den Arm, streichle sanft über ihren Rücken. Was mag jetzt alles in ihr vorgehen, wie sehr habe ich ihre Welt schon aus den Angeln gehoben? Liebt sie mich genug, um mich nicht zu verraten
das geht mir eindeutig zu schnell. Für ein Mädchen, das ganz in Akkus Dogma erzogen wurde, lässt sich ihr Glaube zu einfach erschüttern
Sehr gelungen finde ich hingegen, dass du immer wieder die Angst einstreust, Simone könne deine Prota verraten. Diese Angst hat mich die ganze Zeit über begleitet

Mein Hauptkriitikpunkt bezieht sich jedoch auf Don Akku. Der ist mir einfach zu dünn dargestellt. Ein MEnsch, der soetwas großes aufzuziehen vermag, muss über große Intelligenz verfügen. Du stellst ihn jedoch etwas platt dar.

Jemand will uns Böses tun. Jemand von draußen.« Er legt eine künstliche Pause ein, setzt sich. »Ich habe alles veranlasst, um das Unglück abzuwenden, doch weiß ich noch nicht, ob meine Bemühungen von Erfolg gekrönt sein werden. Ihr wisst ja, wo wir uns dann wiedersehen.«
das klingt zu ordinär. Kein bisschen erhaben.

kleinigkeit:

wirkt wie eine Hypnose auf die meisten Menschen hier.
gibt mir kein klares Bild. EinSatz mehr würde da sicher helfen

Könnte ich bloß in die Menschen hineinsehen, wissen, wem ich trauen kann und wem nicht. Ich überwinde mich, flüsternd, so dass ich niemanden wecke, in den Raum zu fragen: »Ist noch jemand wach?«
Eine schwache Stimme meldet sich, wenige Betten von mir entfernt. Im schwachen Lichtschein erkenne ich eine erhobene Hand und tapse barfuß zum Bett des Mannes. Ich kenne ihn nicht, doch er sieht vertrauenswürdig aus. »Hast du auch Angst?«, flüstere ich.
»Angst, wovor? Wer werden vielleicht Batter sehen, hoffentlich … ich wünsche es mir schon so sehr. Ich war immer treu und …«
Ich lasse ihn reden, gehe zurück zu meinem Bett.
sehr gelungene Stelle. Herzklopfen, Hoffnung - entmutigung!

Einen Moment lang wünsche ich mir, heute auserkoren zu sein. Ich würde ihm sein Rückgrat brechen und ihn dann so verformen, dass er sich selbst einen bläst
hier musst ich zwar schmunzeln, finde aber, dass hat in deinem Text nichts zu suchen. das sieht mir zu sehr nach Hollywood-Spruch aus. Ist die einzige Stelle dieser Art und will deshalb nicht passen. Auch nicht zur Prota

Alle sind wach, doch keiner wacht auf.
oh, da habe ich eine ältere version am Wickel. Gut, dass du diese Stelle ausgebessert hast. "Wir wollen doch gar nicht die ersten sein" klang etwas hölzern

treiben dort die wenigen Menschen an, die sich für den Tod nicht extra beeilen wollen.
diesen Satz fand ich ähnlich hölzern.

»Pass auf, auf die Kleine
verschrieben? Pass auf die klene auf, klänge in meinen Ohren runder

Deine Geshcichte gliedert sich in zwei Teile. Diesen ersten Teil habe ich gründlich kommentiert, da er auf mich einen starken Eindruck gemacht hat.
Was dann folgt, finde ich zu rasch abgehandelt. Der Befreiungskampf erschließt sich mir nicht. Plötzlich sind da zwei Lager, die Bösen werden überwunden. Ende. Hm.
Nein, hat mir nicht wirklich gefallen, das Überwinden Don Akkus.
Das hätte subtiler stattfinden müssen, oder eben wesentlich ausgefeilter. Hier verwandelte sich dein guter Ansatz für mich in eine der weniger gelungenen StevenKing-Verfilmungen (Rea M kam mir sofort in den Sinn [auch noch vom Meister selbst gefilmt])

Und der letzte Satz kommt kein bisschen ironisch herüber. Der unterstützt noch dieses Feeling. Den würde ich auf jeden Fall ändern. Gerade der letzte Satz ist ja bekanntlich sher wichtig.

Nun ja,
hoffentlich habe ich nicht zu viel gekrittelt. Der erste Teil gefällt mir auf jeden Fall sehr gut. Vielleicht können dir meine Anregungen ja helfen :)

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo xadhoom!

Ein bisschen Lob steckt immerhin mit drin, das freut mich sehr, auch wenn mir Deine Kritikpunkte natürlich nicht egal sind. :)

Nun bin ich selbst im Zwiespalt, was die Geschichte betrifft. Einerseits wollte ich ja eine Horror-Geschichte schreiben, für Gesellschaft hätte ich sie schon von vornherein ganz anders aufgebaut. Andererseits muß ich mich jetzt natürlich fragen, ob man das überhaupt so trennen kann. Das, was von Dir und den anderen gefordert wird (und dem ich ja auch zustimme), würde sie ja auch in beide Richtungen verstärken, aber: Für Gesellschaft hätte ich sie aus Sicht eines der wirklich Gläubigen geschrieben, um gewisse Dinge zu zeigen. Meine jetzige Protagonistin erscheint mir für manches nicht sehr geeignet, etwa kann sie nur schwer erzählen, wie sich einer der anderen hat „werben“ lassen, weil sie ja nicht dabei war und weil es auch unglaubwürdig wäre, wenn ihr jemand seine Geschichte erzählt – weil sie dafür viel Zeit zum Reden bräuchten, die sie nicht haben.
Das sieht also eher so aus, als müßte ich eine neue Geschichte schreiben.

Ein Fehler war sicher auch, daß ich sie gut ausgehen lassen wollte. Simone sterben zu lassen, hätte ich nicht übers Herz gebracht. Allerdings könnte ich das »Schlachtfeld« noch ein wenig beschreiben, während sie rausgehen. Daß so viele überlebt haben, lag daran, daß ich es noch unglaubwürdiger gefunden hätte, wenn z. B. nur Simone und Sabrina überleben. Das wäre dann richtig kitschig. Du hast wohl Recht: Es dürfte keine Überlebenden geben. Und das schließt dann auch die Ich-Form aus, um die es mir sehr leid täte …

während die Opfer irgendwo einfach da sind und keine bzw. kaum (Be)Achtung mehr erhalten
Das kam auch durch die Ich-Perspektive, da ich glaube, wenn man so etwas entkommt, ist man einfach nur froh, wenn man erst einmal weg ist. Um den Opfern die richtige Beachtung zu schenken, müssen eben auch wirklich alle sterben, dann ist das mit Toten übersäte Schlachtfeld das letzte Bild, oder es müßte eine Geschichte aus Sicht eines der später Aufräumenden sein. Nach dem Massenselbstmord der Volkstempelsekte sollen ja Soldaten gesagt haben, es wäre schlimmer gewesen als Vietnam. Die beschriebene Tätigkeit des Leichenwegräumens kombiniert mit den Gedanken so eines Soldaten ergäbe sicher auch eine gute Geschichte. (Wer die Idee will, kann sie haben, da ich sicher nicht aus Sicht eines Soldaten schreiben kann.)

Es wäre wohl jede andere Perspektive besser gewesen, als die, die ich gewählt hab. So könnte ich zwar noch den einen oder anderen oberflächlicheren Punkt herausarbeiten, aber für die wirklich tiefgehenden Dinge sehe ich da nur sehr spärliche Möglichkeiten.

Danke schon mal für Deine Liste, die werde ich morgen durchgehen. :)


Hallo weltenläufer!

Bei mir verhält es sich mit dem Thema Sekten immer so, dass ich zum einen zwar rational verstehen kann, wie die Mechanismen einer Sekte greifen, mir aber immer der letzte Funke des Begreifens abhanden bleibt, um wirklich nachvollziehen zu können, wie sich Menschen dann letztlich tatsächlich derart total einem "Guru" unterwerfen, dass sie sich freiwillig in die "Sklaverei" begeben.
Auch für diesen Punkt gilt das oben schon Gesagte: falsche Perspektive, um das hier reinzubringen. Zugleich aber auch ein Punkt, der mir selbst sehr wichtig wäre und den ich als Herausforderung für die noch zu schreibende Geschichte gern annehme! :)

Was du dann jedoch sehr gut skizzierst ist das Alltagsleben in der Sekten-Kommune. Das hast du wahrlich bedrückend eingefangen. Beim Lesen hat sich ein Gefühl eingestellt, als würde ich unangenehm bedrängt werden. Bedrohlich.
Freut mich, daß es bei Dir so gewirkt hat! :)

Auch über Deine Anmerkungen mach ich mich morgen her, vorläufig schon mal danke dafür.

hoffentlich habe ich nicht zu viel gekrittelt.
Nein, um Himmels Willen! Ich muß ja wirklich fast allem, was hier im Thread gesagt wurde, zustimmen, ergo hab ich mir einfach zu wenig Zeit für die Geschichte gelassen. Ich hatte zum Beispiel eine Szene im Kopf, wo auf der einen Seite die Protagonistin steht, Simone in der Mitte und auf der anderen Seite jemand, mit dem Simone mitgehen soll (etwa am Schluß in der Halle), während die Protagonistin aber auf sie einredet und Simone einen deutlichen Loyalitätskonflikt durchmacht, also sich nicht entscheiden kann, wem sie jetzt glauben soll. Aber ich fand dann keinen Weg zu der Szene, deshalb hab ich sie bleiben lassen. Das war auf jeden Fall auch ein Fehler, den ich halt nicht hätte machen sollen, dann hättet Ihr nicht so viel zu kritisieren. ;)


Danke Euch beiden fürs Lesen und die ausführlichen Kommentare,

liebe Grüße,
Susi :)

 
Zuletzt bearbeitet:

So, lieber xadhoom und weltenläufer, jetzt zu Euren Anmerkungen:

xadhoom schrieb:
… , es gibt ja noch neunzehn Schlafsäle.
-> Das ist ja doch eine stattliche Zahl an Mitgliedern dieser Sekte, hinzu kommt entsprechendes Wachpersonal. In diesen Ausmaßen und in dieser Ansammlung trifft dies selten zu, aber ich nehme das mal so hin. Eventuell denkst Du über eine kleine Korrektur der Zahl nach, denn neben den notwenigen Kontrollpersonen und einer schlüssigen Lehre, der diese Menschen folgen bzw. sich dieser anschließen ist hier ein gewaltiges Maß an Logistik erforderlich.
Durch »es gibt ja noch neunzehn Schlafsäle – unserer ist allerdings der größte« beseitigt. :Pfeif:

»Nein! Bitte! Nicht!« Es ist Lisas Stimme, kaum mehr als gehaucht; verzweifelt.
-> Zwar verleiht das Ausrufezeichen der Aussage besonderen Nachdruck, aber in der Häufung halte ich es für unangemessen, zumal die wörtliche Rede ‚gehaucht’ daherkommt. Das ‚Bitte!’ kann dann gerne sehr nachdrücklich da stehen. Im Übrigen kann diese Stelle durchaus deutlicher und ausführlicher gestaltet werden und auf den Horror, den Lisa – und diejenigen, die es mitbekommen - empfindet, eingehen.
Die Stelle hatte auch noch ein ganz anderes Problem, nämlich woher Lisa weiß, was ihr blüht. Hoffe, ich hab es ohne Falten hingebügelt.

»Don Akku wartet nicht gern, komm jetzt!«
-> Batter … Akku. Hm, na ja …
Ich weiß, was Du meinst und verstehe Deine Zweifel, gebe mich aber doch, zumindest vorläufig noch, der Hoffnung hin, daß die böse Ironie doch von den meisten erkannt wird. Eventuell denke ich aber auch noch über eine Änderung der Namen nach, wobei der Hintergrund allerdings gleich bliebe, also das Batterie-Leben-Denken, sowie der batterieförmige Turm.

Bei den beiden vorgeschlagenen Beistrichen stimme ich nicht zu. ;-)

Mißtrauisch ziehe ich eine Augenbraue hoch, …
-> Misstrauisch (Dem kurzen Vokal folgt ein Doppel-s an Stelle des ß.)
Ja, beim Schreiben übersehe ich manches aus der alten Rechtschreibung. Danke. :-)

Die Zeit drängt gewaltig. In der ansonsten leeren Suppe (sie haben in der Eile wohl den Reis vergessen) schwimmen drei Scheibchen Karotten und vier Erbsen. Ich gebe Simone die Hälfte von meinem Gemüse, …
-> Welche Eile? Und in diesem Zusammenhang davon zu sprechen, die Hälfte des gemüses abzugeben klingt ungewollt ironisch.
Die Klammerbemerkung hatte ich schon rausgenommen, und sie gibt ihr jetzt natürlich das ganze Gemüse. Hatte zwar erst die Überlegung, daß die Protagonistin auch Kraft braucht, wenn sie etwas unternehmen will, aber bei der Menge ist das wirklich lächerlich.


Wenig später wird ein Mann zum Turm geführt.

-> Wie kann der Prot das wissen? Ausführen.
Ich dachte, es würde bisher schon rüberkommen, daß die Protagonistin vom Bett aus durchs Fenster sieht. Hab jetzt dazugeschrieben, daß sie es durchs Fenster erspäht.

Dabei lösen sich die zurückgehaltenen Tränen, deren Druck so hoch ist, dass sie mir richtig aus dem Gesicht springen.
-> unglaubwürdig … entschärfen
Doch, das gibt’s, hab ich selbst schon erlebt. :crying:

»Was soll schon schiefgehen
-> schief gehen
Da hast Du zwar absolut Recht, daß das nach neuer Rechtschreibung auseinander gehört, aber ich laß es trotzdem so, weil es für mich ein Wort ist. Nachdem sich die Rechtschreibreform zu einem Teil aus den beliebtesten Fehlern zusammensetzt, kann es durchaus Sinn haben, bei gewissen Dingen den sturen Hund zu spielen und zu hoffen, daß es sich beim nächsten Mal durchsetzt. :D

Ich versuche, mit meiner Waffe noch etwas auszurichten, traue mich jedoch nie, abzudrücken, aus Angst, den Falschen zu erwischen. Nur zwei Mal kann ich mich überwinden, weil ich sie einem Gegner direkt ansetzen kann. Keine Gefahr, ihn zu verfehlen. Der Zweite geht gerade vor mir in die Knie und ich sehe seine vier Batterien. Ich warte, bis er am Boden liegt, und sage: »Na, jetzt kann es dir auch schon egal sein. Gib mir die Schlüssel freiwillig, dann muss ich sie nicht suchen.« Währenddessen entwende ich ihm seine Waffe, und er tastet noch nach seiner Hosentasche, bevor er endgültig stirbt.
-> Unter den gegebenen Umständen klingt die Prot hier unglaubwürdig cool. Dies Passage bedarf dringend er Überarbeitung und Ausführung.
Erledigt. :)


weltenläufer schrieb:
das will mir zu harsch klingen. Nicht intelligent genug. Außerdem drängt sich durch das abfällige Lachen der Verdacht auf, dass die Wächter nicht der gleichen Gehirnwäsche unterzogen wurden, da sie das doppelte Spiel zu durchschauen scheinen. Das halte ich für sehr unwahrwscheinlich. Aufsteigen tut man mMn in einer Sekte nur, wenn man gefügiger/ Überzeugter ist, als andere "Bewerber"
das stößt ins gleiche Horn. Passt einfach nicht. Mir scheint, du wolltest dem Leser nur noch zusätzlich schocken - was aber nicht nötig ist. So verliert die Kg eher ihr kaltes Kalkül
Hab ich beides bearbeitet.

das geht mir eindeutig zu schnell. Für ein Mädchen, das ganz in Akkus Dogma erzogen wurde, lässt sich ihr Glaube zu einfach erschüttern
Sehr gelungen finde ich hingegen, dass du immer wieder die Angst einstreust, Simone könne deine Prota verraten. Diese Angst hat mich die ganze Zeit über begleitet
Ja, es geht zu schnell, weil ich Angst hatte, daß die Geschichte zu lang wird, um überhaupt gelesen zu werden … Andererseits glaubt sie ihr ja noch nicht zu hundert Prozent, wenn sie später noch einmal fragt, ob Sabrina sich wirklich sicher ist. Und erschüttern kann sie wohl schon die Tatsache, daß es überhaupt eine andere Meinung gibt – geben kann.

das klingt zu ordinär. Kein bisschen erhaben.
gibt mir kein klares Bild. EinSatz mehr würde da sicher helfen
Hoffe, es liest sich jetzt besser. :-)

hier musst ich zwar schmunzeln, finde aber, dass hat in deinem Text nichts zu suchen. das sieht mir zu sehr nach Hollywood-Spruch aus. Ist die einzige Stelle dieser Art und will deshalb nicht passen. Auch nicht zur Prota
Hm, ich sah das eigentlich mehr als Ausdruck des Hasses, den sie schon aufgebaut hat. Und als meine Freundin die Stelle las, sagte sie, sie wollte schon immer wissen, ob das funktionieren würde. Weshalb ich seither überlege, ob sie ihm nicht auch noch ein paar Rippen brechen müßte. In so einer Bedrängnis sind solche Gedanken schon realistisch (siehe »Zahltag«, wo zwar nichts Sexuelles vorkommt, aber doch auch Dinge, die die Protagonistin sonst nicht denken würde). Würde sie keinen derartigen innerlichen Haß aufbauen, wäre sie am Ende nicht fähig, auf ihn zu schießen.

oh, da habe ich eine ältere version am Wickel. Gut, dass du diese Stelle ausgebessert hast. "Wir wollen doch gar nicht die ersten sein" klang etwas hölzern
Genau das fand ich auch, deshalb hatte ich sie schon ausgebessert. ;-)

diesen Satz fand ich ähnlich hölzern.
Den muß ich mir noch durch den Kopf gehen lassen, im Moment seh ich nicht, was dran hölzern ist. Vielleicht bin ich aber auch schon überarbeitet.

verschrieben? Pass auf die klene auf, klänge in meinen Ohren runder
Danke, das ist mir noch gar nicht aufgefallen.

Der Befreiungskampf erschließt sich mir nicht. Plötzlich sind da zwei Lager, die Bösen werden überwunden. Ende. Hm.
Nein, hat mir nicht wirklich gefallen, das Überwinden Don Akkus.
Das hätte subtiler stattfinden müssen, oder eben wesentlich ausgefeilter. Hier verwandelte sich dein guter Ansatz für mich in eine der weniger gelungenen StevenKing-Verfilmungen (Rea M kam mir sofort in den Sinn [auch noch vom Meister selbst gefilmt])
Ein bisschen hab ich am Ende gearbeitet und hoffe, daß es dadurch besser geworden ist. Daß es immer erst eines Mutigen bedarf, damit dann auch andere sich aufzustehen trauen, ist leider eine Tatsache, die man bei allen möglichen Gelegenheiten findet. Es ist schwierig, sich erst im Untergrund zusammenzurotten, wenn man nicht weiß, wem man trauen kann, und alle aufgrund der Bedrohung das Theater mitspielen, wie ja auch die Protagonistin selbst mitspielt, um zu überleben, und so kaum merkbare Signale nach außen abgibt, die jemand anderem offenbaren, daß sie zu den denkenden Mitgliedern gehört. Erst in der gegebenen Situation, wenn es dann schon egal ist, ob sie an einer Kugel oder am Gift sterben, also die Bedrohung, für etwas bestraft zu werden, nicht mehr zieht, trauen sie sich heraus. Daher geht es dann auch recht schnell.
Ach ja (Edit): Mit Filmvergleichen fange ich wirklich rein gar nichts an, sorry. Schon gar nicht mit sowas wie Stephen King.

Und der letzte Satz kommt kein bisschen ironisch herüber. Der unterstützt noch dieses Feeling. Den würde ich auf jeden Fall ändern.
Alles neu macht der Mai … :)


Danke, xadhoom und weltenläufer, für Eure kritischen Anmerkungen, und ich hoffe, daß Euch die Geschichte nun besser gefällt. :)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Häferl,

dir ist hier auf jeden Fall eine spannende Geschichte gelungen - ein Wechselbat zwischen Wut, Hoffnung, Enttäuschung und Angst. Und bis zur letzten Zeile zittert man und hofft, dass der Protagonistin und Simone (und natürlich noch vielen anderen) die Flucht gelingt.
Auch aufgefallen ist mir jedoch, die Ähnlichkeit der Burg mit einem Straflager - hier hätte der Sektencharakter meiner Meinung nach noch besser zum Ausdruck gebracht werden müssen. Es wird ja - trotz der Zustände in der Burg - viele Leute geben, die tatsächlich ganz verklärt sind, Don Akku als eine Art Messias sehen und glücklich sind, überhaupt hier sein zu dürfen etc. - du müsstest die Burg einfach noch stärker gegenüber einem Straflager abgrenzen.
Auch die Strukturen der Sekte könntest du noch besser herausarbeiten - deine Geschichte dürfte dann auch gerne etwas länger sein. Ohnehin ist sie mir momentan etwas zu kurz - gerade bei einem solch komplexen Thema muss ja einiges erklärt werden, um dem Leser alles nahe zu bringen. So war auch für mich nicht klar - jemand anders hatte das auch schon angemerkt - warum alle Don Akku derart verehrt haben (was wiederum klar würde, wenn er eine Art Messias wäre).

Die beiden Hauptcharaktäre sind dir sehr gut gelungen - besonders Simone konnte ich mir richtig lebhaft vorstellen. Vor allem hast du mit ihr einen sehr symphatischen Charakter geschaffen, mit dem man mitleidet und sich freut. Die Passage mit Athanasios fand ich ein kleines bisschen übertrieben bzw. mir ging das alles zu schnell - ich glaub ich hätte es ein bisschen besser gefunden, wenn die beiden schon vorher Gefallen aneinander gefunden hätten.

Alles in allem hat mir deine Geschichte aber sehr gut gefallen. Die von mir aufgezählten Kritikpunkte sind alles Dinge, die du meines Erachtens noch optimieren könntest aber nichts, das deine Geschichte schlecht macht.

Eine Kleinigkeit:

Ich dachte »Natürlich! Eine Sekte steckt dahinter, und sie lassen sie nicht mehr gehen, wenn sie einmal richtig dazugehören. Selbst das Abschneiden der Kontakte zur Außenwelt, wie man es immer wieder liest, trifft zu!«, und es war klar wie Bergkristall, dass ich da recherchieren musste.

Es ist natürlich nur eine Kleinigkeit - aber das hier ist mir zu sehr mit dem Holzhammer. Ich denke ein Grundwissen über Sekten dürfte fast jeder haben und wenn du hier einfach nur sagst: "Ich dachte sofort an eine Sekte und es war klar wie ..." würde das ausreichen.

Lieben Gruß, Bella

 

Liebe Häferl,

angesichts der Beschreibung der Batteriesekte denke ich natürlich gleich an die Colonia Dignidad, auch wenn du dich auf den Massenselbstmord der Volkstempler beziehst. Das mag daran liegen, dass von der Kolonie in Chile so viel bekannt wurde.
Manipulationen und Gerhirnwäsche funktionieren natürlich in jeder solchen Sekte ähnlich. Angst und Belobigung und Jenseitsversprechen wären sonst nicht erfolgreich. Man fragt sich immer, wie das Denken sich so abschalten lassen kann, aber unterschätzt natürlich die Kreativität der Psyche unter solchem Druck. Eher ist es also erstaunlich dass deine Sabrina Wallraff so gut bei sich bleiben konnte.
Die Geschichte war eindeutig spannend und ich habe auch nur ein paar ganz unwichtige Anmerkungen:

»es gibt auch viele schöne Dinge, die wir hier nicht haben, und ich hatte Angst, sie nie wieder zu sehen.«
interessant an diesem Satz ist, dass man ihn auch (in ähnlicher Form) oft benutzt, um Diktaturen zu verklären.
Wer ihre Mütter sind, darf keiner von ihnen erfahren.
Hier würde ich im sächlichen Casus für die Kinder bleiben, da es Jungen und Mädchen einschließt. So wirkt es irritierend, da du zuvor nur Mädchen genannt hast, hier aber in den männlichen Casus gehst. Also "darf keines von ihnen erfahren"
und sie lassen sie nicht mehr gehen, wenn sie einmal richtig dazugehören.
hier würde ich wahrscheinlich im Singular bleiben, da sich der Gedanke ja über die verschollene Freundin von Django aufbaut.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Häferl,

meiner Meinung nach steht deiner Geschichte die Verbesserungen gut. Macht jetzt einen in sich stimmigeren Eindruck.
Nun gut, das Ende will immer noch ein bisschen plötzlich daherkommen, hat mich aber nicht mehr so gestört wie beim ersten Lesen.

Übrigens finde ich den Namen Don Akku sehr genial!

Ach ja (Edit): Mit Filmvergleichen fange ich wirklich rein gar nichts an, sorry. Schon gar nicht mit sowas wie Stephen King.
weiß nicht, ob ich das verstanden habe. Meinst du, weil du die Filme nicht kennst, oder weil du dolche Vergleiche schlicht ablehnst??

grüßlichst
weltenläufer

 

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