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Wolf
Ich hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen. Sie war jetzt kein Kind mehr. Ich bemerkte die weibliche Linie ihrer Hüfte und den neuen Duft. Sie roch nach erwachsenen Dingen. Nicht, dass menschliche Sinne es hätten erfassen können. Für mich aber war sie ein offenes Buch: Da war das Aroma von Fraulichkeit und der Geruch eines Mannes, der an einigen Stellen ihres milchweißen Körpers haftete. Ich grinste unwillkürlich. Wir hatten eine tolle Zeit, sie und ich.
Wahrscheinlich hat sie es damals nicht ganz so sehr genossen. Sie war so ein dankbares Opfer; ich erinnere mich an die ausschweifende Jagd und meinen großartigen Sieg. Ah, diese zarten, zitternden Glieder, das perfekte Rund ihres offenen Mundes, die Todesangst in ihren Augen – welch ein Geschenk für jemanden wie mich.
Ich sah, dass sie ihren Schritt verlangsamte. Sie hatte die Gefahr gespürt. Ich wartete. Ich wollte, dass sie mich erkannte. Ihren alten Alptraum.
“Es ist lange her”, schnurrte ich.
Als sie sich umdrehte, verströmte sie die herrlichsten Düfte. Ihre erwachsene Angst roch nach neuen Qualen, oh, wie die Aussicht darauf mein Blut in Wallung brachte!
“Du!” sagte sie, und trotz ihrer ruhigen, tieferen Stimme flutete die Verzweiflung ihre Augen. „Was willst du, Wölfchen?“
“Ah, Sarkasmus, wie überaus mutig.” Ich kicherte. “Du bist eine miese Schauspielerin. Also…“ Ich leckte meine Lefzen und labte mich am Anblick ihres erbleichenden Gesichtes: „…solltest du besser rennen.“
Ich erhob mich auf die Hinterbeine und ließ die Muskeln unter meiner schwarzen, haarigen Haut spielen. „Bereit für ein neues Spielchen? Eins für Erwachsene?“
Mir musste irgend etwas entgangen sein. Das nächste, was ich fühlte, war ein grausamer Schmerz, der in meinen Genitalien explodierte. Dann ein harter Stoß vor meine Stirn. Ich bemerkte zu spät, dass ich einen schrecklichen Fehler gemacht hatte. Mein kleines Mädchen trat mich in die Seite, als ich winselnd zu Boden ging. Ihre Wut prasselte in einem Hagel gut gezielter Tritte und Schläge auf mich nieder. Als ich rückwärts kroch, von ihr weg, blutend und gebrochen, hörte ich sie schreien:
„Verpiss dich, Arschloch!“
Genau das tat ich. Und ich belästigte Rotkäppchen niemals wieder.