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Wut
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Wut
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Hallo zigga,
sauberes Stück Arbeit hast du da geleistet. Gefällt mir wahnsinnig gut. Ich habe noch die letzte Geschichte, die ich von dir gelesen habe im Kopf, die mit den Terroristen, und die hat mir leider ganz und gar nicht gefallen. Diese hier wiederum hat mich von vorne bis hinten begeistert. Die Art, wie der Bruder am Telefon spricht:
»Irgendwas stimmt nicht mit mir«, sagte er, »ich hatte gerade so ’nen komischen Traum, und jetzt bin ich aufgewacht, und irgendwas stimmt nicht mit mir.«
Dieses Wiederholen mancher Teile ... ich mag solche wörtlichen Reden, bekomme sie aber, wenn ich sie versuche, nie wirklich gut hin. Klingt bei mir nicht wirklich realistisch.»Ich weiß nicht, wieso mich das so tangiert. Aber seit ich aufgewacht bin, kann ich an nichts anderes mehr denken, und jetzt denke ich, dass irgendwas nicht mit mir stimmt, weißt du, im Kopf, dass ich durchdrehe.«
Die Story an sich erinnert etwas an eine düstere Version von Big Fish - was ist wahr, was ist nicht wahr, was ist wirklich passiert etc. Was mir hier vielleicht einen Deut besser gefallen hätte, wäre, wenn du dem Bruder eine kleine Kopfmacke verpasst hättest. Irgendetwas, das ihn etwas leichtgläubiger gemacht hätte, dann hätte er die Geschichte wahrscheinlich auch noch schöner gefunden. (Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Sache mit den Goldbarren nicht gestimmt hat) Und das wäre irgendwie nett gewesen, wenn der Bruder, der weiß, was der Vater für ein Arschloch sein kann, seinem hirngeschädigten Bruder, der mit dem Arschloch-Vater zusammenleben muss, eine schöne Vergangenheit "einredet", damit sein Leben etwas erträglicher wird und der Bruder sich, wenn es zuhause schlecht läuft, in diese Vergangenheit zurückziehen kann.
Der Sprachstil selbst ist äußerst prägnant, wobei ich jetzt nicht sagen kann, woran das genau liegt, er ist aber sehr gelungen und passt zu der gedrückten Stimmung der Geschichte.
Habe wirklich nichts daran auszusetzen und nur Lob für dich - ich hoffe du verzeihst mir die Schleimerei.
lg,
zash
Hi zigga
»Irgendwas stimmt nicht mit mir«, sagte er, »ich hatte gerade so ’nen komischen Traum, und jetzt bin ich aufgewacht, und irgendwas stimmt nicht mit mir.«
Vorweg: Ich bin etwas hin- und hergerissen. Auf der einen Seite finde ich das sehr intensiv erzählt, ich finde auch du beschreibst den Vater sehr gut und ich kann absolut nachvollziehen, wie er mit dieser psychischen Gewalt seine Familie terrorisierte. Auf der anderen Seite kann ich aber auch nicht ganz verstehen, warum der Erzähler seinen Bruder da nicht rausholt:
Ich hörte ihn atmen, dann sagte er plötzlich: »Ich weiß nicht, wie du das all die Jahre ausgehalten hast.«
»Was?«, sagte ich.
»Er ist ein Affe«, sagte er.
»Ja«, sagte ich, »aber er tut alles für dich.«
Ich hörte ihn schnaufen, dann sagte er: »Ich weiß ja. Ich weiß das ja alles, und ich bin ihm ja auch dankbar dafür.
Die Geschichte mit den Goldbarren finde ich eine tolle Idee. Da kommt die ganze Tragik des Geschehens heraus, wenn er mit solch einer erfundenen Geschichte seinen Bruder trösten muss, ihm ein Leben zeigt, das möglich gewesen wäre - das ist sehr traurig. Hast du aber toll dargestellt.
Mit dem zweiten Teil - als er von der Wirklichkeit erzählt - bin ich nicht so begeistert. Es wirkt auf mich etwas distanzierter, eher heruntererzählt (was natürlich deine Absicht war), obwohl es gut geschrieben ist. So fügt es sich auch gut in den Aufbau der Geschichte ein. Mir fällt da auch nix Besseres ein - Rückblenden wären eine Möglichkeit, würden aber auch wieder einen Bruch geben. Also es passt schon, aber von der Wirkung erreicht es mich nicht ganz so sehr wie die erfundene Geschichte. Obwohl du - wie gesagt - den Vater schon toll darstellst, mit den Details, der pulsierenden Ader, dass er nie körperliche Gewalt anwendet, weil das eine Grenze für ihn ist - das ist irgendwie gruselig, vielleicht hätte der ältere Bruder mit körperlicher Gewalt besser umgehen können, aber dieser Psycho-Terror über Jahre ist eine echte Folter.
Ich habe mich schon gefragt, warum der Erzähler nie aktiver versucht hat, seinen Bruder da rauszuholen (vielleicht hat er es, aber die Geschichte schweigt dazu - wobei dieses "er tut alles für dich" dagegen spricht). Er hat ihm ja sonst auch geholfen, warum hier nicht? War ihm hier die eigene Flucht wichtiger? Aber warum das, wo er doch zum Zeitpunkt der Flucht den Vater eigentlich schon "besiegt" hatte? Das sind so Fragen, die ich mir nach dem Lesen gestellt habe. Vielleicht bindet ihn ja auch noch etwas an den Vater, Mitleid etwa:
Später kam er dann zu uns aufs Zimmer und sprach davon, dass er so beschäftigt, so erschöpft sei, dass er das alles nur für uns tue. Schließlich entschuldigte er sich, und wir sagten, dass wir ihm verzeihen würden.
Auch die Sache mit dem Sessel hab ich nicht so ganz verstanden. Warum sitzt der Bruder immer da drin und hat überall sonst so schreckliche Schmerzen? Warum ist er in seinem jetzigen Zustand nicht in einem Krankenhaus?
Sonst ist das aber echt eine tolle Geschichte. Wie gesagt, intensiv und glaubwürdig erzählt. Paar Kleinigkeiten noch:
Ich setzte mich auf den Küchstuhl
Mein Bruder traf das schwerer als mich.
zwischen all dem angestauten Hass und diesen Beulen, die ihm wuchsen
Viele Grüsse,
Schwups
Hey zigga
Ich tu mich schwer mit dem Text.
Den Anfang finde ich super, überhaupt das ganze Gespräch am Telefon, die Atmosphäre, die du aufbaust, da dachte ich, das ist zigga in Bestform. Die Dialoge sind sehr gut, auch der Satzrhythmus:
Ich sagte ihm, dass er sich keine Sorgen machen solle, ich sagte ihm, dass dieses Gefühl von den Schmerzmitteln käme, »von den starken«, sagte ich, »die bringen deinen Kopf durcheinander«, sagte ich.
Im ersten Abschnitt ist mir nur die Wortwiederholung "sofort" negativ aufgefallen, er erkennt gleich zweimal sofort etwas.
Tja, ich war also mittendrin in deiner Geschichte, ich las mit Begeisterung, der Typ hängt auf und der Text bricht weg.
So habe ich es zumindest empfunden. Denn es folgt eine Riesenrückblende, du versucht die auch szenisch anzureichern, das habe ich schon gemerkt, aber ich hab das trotzdem als Tell gelesen. Und zwar als Tell der eher langweiligeren Sorte, der Text verliert da an Spannung, ich meine nicht Spannung im Sinne von Ich-will-unbedingt-wissen-wie-es-weitergeht, sondern Spannung im Sinne von Intensität, von Zwischenräumen, von offenen Fragen, auch das Atmosphärische ging mir verloren. Ich weiss nicht genau, woran es liegt, (weil auch diese Passagen gut geschrieben sind), aber vielleicht ist die Gesamtkonzeption mitverantwortlich. Du baust da diese unheimliche Szenerie mitten in der Nacht auf, skizzierst auf subtile Weise die Beziehung zwischen den beiden Brüdern, und dann kommt (bis auf den allerletzten Absatz) einfach nur noch ein Rückblick, den man auch gut mit den Worten: "Ich erzähle jetzt noch was über unseren Vater, das macht dann alles viel verständlicher" hätte einleiten können.
Vielleicht liegt es auch daran, dass du so Tell-Elemente drin hast: "Mit sechzehn verlor ich meine Angst" oder "Mein Bruder hatte nie dieses Erlebnis".
Womöglich könntest du das gesamte Gespräch ausdehnen, über den gesamten Text ziehen, die Rückblenden verteilen, flockiger einstreuen? Das wird verdammt anstrengend, du musst die am Telefon schweigen lassen. "Erzähl noch eine Geschichte" - "Nein, ich möchte schlafen" - "Weisst du noch, als...?" Aber vielleicht würde sich das lohnen, diese Atmosphäre, auch das Geheimnis, weshalb der Bruder einen solchen Hass verspürt, länger aufrecht zu erhalten.
und als die ersten Geschwulste auftauchten, fragte ich mich, ob es da nicht einen Zusammenhang geben könnte, zwischen all dem angestauten Hass und diesen Beulen, die ihm wuchsen.
Ich will noch mal deine Sprache, die Erzählstimme, die Atmosphäre loben, das ist im ersten Teil sehr stark. Aber für mich hat sich der Text während dem Lesen gewissermassen verflüchtigt und ich bin am Ende - weil die Geschichte so toll beginnt - fast ein wenig frustriert davor gesessen.
Lieber Gruss
Peeperkorn
Hallo zusammen,
das ging ja schnell! Ich gehe mal der Reihe nach vor ...
Hallo zash,
Danke dir und freut mich, dass du was mit anfangen konntest.sauberes Stück Arbeit hast du da geleistet. Gefällt mir wahnsinnig gut.
Weiß nicht, ob du das nicht ohnehin schon machst, aber mir hilft es oft, meine Dialoge laut vorzulesen. Ich schreibe das dann auch so mit, wie es sich für mich authentisch anhört, gibt ja Leute, die krampfhaft versuchen, ihre Dialoge zu literarisieren, aber das klingt oft so unnatürlich, so aufgesetzt, ich finde, man sollte nicht scheuen, ruhig im gesprochenen Wort Wiederholungen und Umgangssprache zuzulassen. Kein Plan, ob dir das jetzt weiterhilftDieses Wiederholen mancher Teile ... ich mag solche wörtlichen Reden, bekomme sie aber, wenn ich sie versuche, nie wirklich gut hin. Klingt bei mir nicht wirklich realistisch.
Das ist echt eine gute Idee. Der Bruder wirkt ja jetzt schon etwas kindlich - so ist das ein gemeinsames Träumen. Aber ja, ich denke mal drüber nach, finde ich gar nicht übel.Was mir hier vielleicht einen Deut besser gefallen hätte, wäre, wenn du dem Bruder eine kleine Kopfmacke verpasst hättest.
Geil, immer her mit der Schleimerei!!Der Sprachstil selbst ist äußerst prägnant, wobei ich jetzt nicht sagen kann, woran das genau liegt, er ist aber sehr gelungen und passt zu der gedrückten Stimmung der Geschichte.Habe wirklich nichts daran auszusetzen und nur Lob für dich - ich hoffe du verzeihst mir die Schleimerei.
Wenn du Bock hast, schreib mal rum, was dir an der Terroristen-Geschichte nicht getaugt hat, oder wieso du sie nicht mochtest. Ehrlich, interessiert mich.
Big Fish kenne ich übrigens nicht, schaut aber gut aus, Tim Burton. Werde ich mir die Tage mal ansehen, schätze ich.
Danke dir fürs Vorbeischauen, Lesen, Kommentieren, und richte deiner Mitbewohnerin ruhig mal nen schönen Gruß aus!
Servus Schwups,
schön, wieder von dir zu hören!
Vorweg: Ich bin etwas hin- und hergerissen.
Ja, ich auch. Arbeite seit zwei Wochen an der Geschichte, und jetzt war ich an so einem Punkt, wo ich mir dachte, was solls, ist ja ein Schreibforum, mal sehen, was die anderen dazu sagen.Mit dem zweiten Teil - als er von der Wirklichkeit erzählt - bin ich nicht so begeistert.
Es ist so, dass ich einfach Lust habe, ganze, runde Geschichten zu erzählen, weißt du, nichts vom Plot, was nach dem Lesen noch halb kryptisch irgendwo zwischen den Zeilen hängt, und man muss durch viel Kopfarbeit sich das irgendwie selbst zusammenschustern ... ich habe gerade einfach Lust, wirkliche runde Eindrück von Figuren oder einem Plot zu geben, wo man sich danach befriedigt zurücklehnen kann und nicht das Gefühl hat, irgendwas würde fehlen, sei nicht ganz klar. Deswegen der zweite Teil, auch wenn das irgendwie nur so semiintensiv wirkt.
Hm, ich finde es gar nicht so komisch. Meine Grundkonstellation war, dass der Bruder einfach keine andere Möglichkeit hat, als bei seinen Eltern/dem Vater vorübergehend zu wohnen. Viele Schwerkranke würden auch ein solches Elternhaus in Kauf nehmen, sage ich jetzt mal, anstatt in einem Krankenhaus zu liegen, wo sie bloß an ihr Kranksein erinnert werden und überall andere Kranke sehen und bloß Krankenhausessen zu sich nehmen können. Gerade, weil das mit dem Vater ja so ein Hin und Her ist; (zumindest hatte ich das so vor Augen) er ist schon scheiße, aber er balanciert da auf einem schmalen Grat, wo man, geraden, wenn man in einer psychischen Abhängigkeit wie der Bruder ist, dann doch immer zurückkommt, doch immer verzeiht, obwohl man das tief in sich drin eigentlich gar nicht will, sich da ganz anderes abspielt. Das war zumindest mein Plan.Auch die Unterhaltung wirkt seltsam, wenn ich den Kontext betrachte. Warum nimmt der Erzähler den Vater hier in Schutz?
Naja, aber was soll er tun? Letztendlich muss sich jemand wie der Bruder da doch irgendwann aus eigener Kraft herauslösen, rebellieren, die Verbindung kappen; wenn man das nicht schafft, bleibt man da ewig hängen.Ich habe mich schon gefragt, warum der Erzähler nie aktiver versucht hat, seinen Bruder da rauszuholen
Das freut mich!Obwohl du - wie gesagt - den Vater schon toll darstellst, mit den Details, der pulsierenden Ader, dass er nie körperliche Gewalt anwendet, weil das eine Grenze für ihn ist - das ist irgendwie gruselig, vielleicht hätte der ältere Bruder mit körperlicher Gewalt besser umgehen können, aber dieser Psycho-Terror über Jahre ist eine echte Folter.
Genau, ich hatte das so vor Augen, dass er sich nicht lösen kann, dass er immer wieder verzeiht und sagt: Ok, ja, du bist so arm dran, ich nehme das hin.Vielleicht bindet ihn ja auch noch etwas an den Vater, Mitleid etwa:
Es ist so, dass Krebspatienten oft bei Tumoren z.B. im Rücken große Probleme haben, schmerzfrei zu liegen/sitzen. Oft sind das dann einzelne Liege-/Sitzpositionen (die besonders gut in einzelnen Möbelstücken funktionieren), die dann besonders schonend/schmerzfrei wahrgenommen werden, und die Personen versuchen dann natürlich so oft wie möglich in dieser schmerzreduzierten Position zu verharren.Auch die Sache mit dem Sessel hab ich nicht so ganz verstanden. Warum sitzt der Bruder immer da drin und hat überall sonst so schreckliche Schmerzen?
Super, ich freue mich!Sonst ist das aber echt eine tolle Geschichte. Wie gesagt, intensiv und glaubwürdig erzählt.
Danke dir für dein Feedback, fürs Lesen, das ganze Allround-Programm! Kleinigkeiten sind auch schon ausgebessert, danke.
Hi Peeperkorn,
vielen Dank für deinen Kommentar! Deine Einschätzungen bringen mich immer sehr weiter, danke dir.
Ich mir auch so ein wenig!Ich tu mich schwer mit dem Text.
geil!Den Anfang finde ich super, überhaupt das ganze Gespräch am Telefon, die Atmosphäre, die du aufbaust, da dachte ich, das ist zigga in Bestform.
Danke dir, manchmal reizt es mich, ein wenig mit Konventionen zu brechen, v.a. wenn ich glaube, dass das den Sprung zu etwas "Eigenem" schafftDu hast vier mal "sagte ich" drin, aber das funktioniert gut, im Gegenteil, du bekommst dadurch so einen eigentümlichen drive rein, das hat mir gefallen.
Ja, also, ich hab das schon Schwups geschrieben, ich kann das nachvollziehen. Ich habe das sogar hier mehr oder weniger hochgeladen, um das herauszufinden. Ich habe das Teil zur Hälfte geschrieben, hatte die Reststory/-plot im Kopf, und dann wollte ich einfach so ein rundes Teil draus machen, schön zum Ende hin auserzählt, nichts groß Kryptisches, keine Lücken, die dem Leser auch nach Ende des Lesens stören, sondern ein, ja, "rundes" Bild des Konflikts der beiden Prots. Weiß nicht, ob mir das gelungen ist, aber das war mein Anliegen.Tja, ich war also mittendrin in deiner Geschichte, ich las mit Begeisterung, der Typ hängt auf und der Text bricht weg.
So habe ich es zumindest empfunden.
Immer schwierig mit dem Weglassen!Diesen Gedanken hatte ich schon, als der Begriff "Geschwulst" das erste Mal fiel. Ich finde, das solltest du dem Leser überlassen.und als die ersten Geschwulste auftauchten, fragte ich mich, ob es da nicht einen Zusammenhang geben könnte, zwischen all dem angestauten Hass und diesen Beulen, die ihm wuchsen.
Ich will noch mal deine Sprache, die Erzählstimme, die Atmosphäre loben, das ist im ersten Teil sehr stark. Aber für mich hat sich der Text während dem Lesen gewissermassen verflüchtigt und ich bin am Ende - weil die Geschichte so toll beginnt - fast ein wenig frustriert davor gesessen.
Gruß,
zigga
Hey zigga
also, hm.
Mir geht es ähnlich wie Peeperkorn. Die erste Hälfte finde ich super, die zweite dann enttäuschend.
Mir fehlt in dieser Geschichte auch die Spannung und der Konflikt, denn im Grunde "passiert" ja nichts - der Protagonist telefoniert mit seinem Bruder und dann erzählt er seine/ ihre Lebens- und Familiengeschichte. Aber da ist keine Wendung, nichts.
Ich meine, das ist toll geschrieben, eine berührende Szene, aber ich könnte mir das eher als Teil von etwas Längerem vorstellen.
Ich geh trotzdem mal durch -
Finde ich einen super ANfang!Er rief mich an, da war es mitten in der Nacht. Ich brauchte zehn, zwanzig Sekunden, bis ich bei klarem Verstand war, aber als ich seinen Namen auf dem Display erkannte, wusste ich sofort Bescheid.
Nach den ersten beiden Sätzen und dem "ich erkannte, dass etwas nicht stimmte" dachte ich: "Okay, irgendwas ist passiert." und ich hatte auch das Gefühl, dass der Protagonist das dachte ... und dann gähnt er, das passt für mich irgendwie nicht rein, das klingt dann wieder so nach Langeweile. Wenn ich mir Sorgen mache/ angespannt bin, gähn ich doch nicht, oder?An seiner Stimme erkannte ich sofort, dass etwas nicht stimmte. Er fragte mich, ob ich schon geschlafen hätte, er fragte mich, ob ich morgen arbeiten müsse. »Nein«, sagte ich, dann: »Was gibt’s?« Ich schloss die Augen und gähnte, ich konnte es nicht zurückhalten.
von welchem Erbe denn? Wer hat ihm denn was vererbt? Die ELtern leben in dieser Vorstellung ja zumindest noch.Und ich bin ein berühmter Maler geworden, ich habe mir von meinem Erbe die besten Zeichenlehrer der Welt einfliegen lassen
Den Satz brauchst du m.M.n. nicht, der erklärt mir hier zu viel - das wird schon durch die darauffolgenden Sätze deutlich, in denen du beschreibst, wie er sich im Kindergarten verhält. Abgesehen davon finde ich den Satz ein bisschen "floskelhaft"Meinen Bruder traf das schwerer als mich. Vielleicht, weil er älter war, weil er bis zu meiner Geburt mit ihm und meiner Mutter alleine gewesen war. Schon in jungen Jahren hatte mein Vater irgendetwas in ihm gebrochen, das keiner mehr reparieren konnte;
ist mir auch zu viel erklärtEr sagte, er könne das nicht rauslassen, er sagte, da sei diese Wut in ihm, und er fürchte, er bringe jemanden um, wenn er sie rauslasse.
die Szene hat mich irgendwie an "No Exit" erinnertSein Kopf war blutrot, die Ader an seiner Schläfe pumpte, und ich tat nichts, als zu lachen. Mein Vater schrie wieder – und als er merkte, dass ich einfach weiterlachte, packte er mich, an den Schultern;(...) Dann begann er, mich zu schütteln: Er schüttelte mich und schrie, und ich lachte: ein, zwei Minuten lang – bis er meine Schultern losließ und mich am Hals packte:
ist mir auch zu viel erklärt ...Mein Bruder hatte nie dieses Erlebnis; er hatte es nie geschafft, abzuspringen, sich loszureißen.
Sprachlich ist der Text ansonsten super, vor allem die erste Hälfte! Da gibt es kaum einen Satz, den ich verändern würde! Die Beziehung zwischen ihm und seinem Bruder, die ganze Situation, das hast du sehr schön eingefangen.
Ich hoffe, du kannst mit den Anmerkungen was anfangen!
Lieben Gruß,
Tintenfisch
Hallo Tintenfisch!
Ja, den zweiten Teil der Story, den hassen alle!
Ich kann das schon nachvollziehen. Als ich das geschrieben hab, hab ich mir meine Wortkrieger-Brille aufgesetzt und auch diesen "Bruch" bemerkt, der dann bei der Rückblende einsetzt. Ich war mir nicht sicher, ob das nur ich so sehe, weil ich zu tief im Text drin war, oder ob das auch der allgemeine Leser wahrnimmt und schlecht findet.
Das Ding ist bloß, dass ich mir halt bewusst war, dass das auf irgendeine Art "falsch" ist, der zweite Teil, irgendwie etwas Verbotenes, aber sobald ich meine Wk-Brille abgenommen habe und den Text als "Testleser" gelesen habe, hat mich das komischerweise gar nicht so gestört. Vielleicht liegt das an ein paar Storybändern, die ich die letzte Zeit gelesen habe, und deren Geschichten so gar nicht nach "Gerüsten" aufgebaut sind, die wir hier mehr oder weniger verwenden, aber die trotzdem für mich sehr gut funktioniert haben. Kann aber auch gut sein, dass ich das Teil einfach viel zu oft gelesen habe, und mich das weichgekocht hat, auf irgendeine Art, und ich mal paar Wochen warten muss, und wenn ich das dann noch mal lesen, sehe und empfinde ich das so wie ihr. Im Moment ist es aber fast so, als ob ich das Gerüst mit der zweiten Hälfte gar nicht schlecht finde, mir die Geschichte darin einfach gefällt, und ich das Gefühl habe, ich könnte den Leser mit dem Vorhangöffnen und Erzählen der Früher-Geschichte mit dem Vater gut durch die zweite Hälfte mitziehen ... mal sehen.
kann man nicht vor dem Tod schon vererben?von welchem Erbe denn? Wer hat ihm denn was vererbt?
äähm ... ich bin mir nicht ganz sicher!die Szene hat mich irgendwie an "No Exit" erinnert (weißt du, welche Szene ich meine?)
Findest du echt? Das war als Wendung geplant: So lebte mein Bruder drei, vier Jahre lang, immer mit dieser verschütteten Wut in sich; und als die ersten Geschwulste auftauchten, fragte ich mich, ob es da nicht einen Zusammenhang geben könnte, zwischen all dem angestauten Hass und diesen Beulen, die ihm wuchsen.Aber da ist keine Wendung, nichts.
Danke dir fürs Vorbeischauen+Lesen+Kommentieren, Tintenfisch!
Ich nochmal.
Also, juristisch gesehen ...kann man nicht vor dem Tod schon vererben?
Okay, das hat für mich dann als Wendung zu wenig Raum eingenommen.indest du echt? Das war als Wendung geplant: So lebte mein Bruder drei, vier Jahre lang, immer mit dieser verschütteten Wut in sich; und als die ersten Geschwulste auftauchten, fragte ich mich, ob es da nicht einen Zusammenhang geben könnte, zwischen all dem angestauten Hass und diesen Beulen, die ihm wuchsen.
Ich versteh dich schon, dass du den Text magst, ich find ihn ja auch schön. Ich finde auch nicht, dass du etwas "Verbotenes" damit machst. Für mich hats halt nur nicht so funktioniert
Hej Zigga,
ich finde die Idee, dass Wut zu Krankheit führt, nicht verkehrt. Für mich hätte es aber gereicht, wenn du das angedeutet hättest, ohne es so ausdrücklich in den Raum zu stellen.
So kann ich mich nicht richtig für die Geschichte begeistern. Mir ist da niemand nahe gekommen und oft ist das für mich der Fall, wenn die Figuren zu wenig Präsenz haben.
Vielleicht liegt es daran, dass es viele Erinnerungen und dagegen nur wenig Gespräch in der Gegenwart gibt.
Dem Bruder kann ich Wut und Krankheit kaum abnehmen, für mein Empfinden wird beides zu wenig gezeigt. Erzählt schon ...
Ein wenig Interesse an der Figur regt sich bei mir lediglich für den Vater, den empfinde ich als am stärksten gezeichnet. Ich hab gerade nur einen kleinen Bildschirm, sonst würd ich versuchen das am Text zu erklären, jetzt ist es erstmal ein Gefühl.
Bei dem Erzähler fiel mir noch auf, dass er im Text mehrmals "meine Freundin" sagt. Das klingt unpersönlich und passt für mich nicht zu dem intimen Gespräch mit dem Bruder. Oder auch zu den eigenen Gedanken.
Da Du selber ja anscheinend recht zufrieden mit der Geschichte bist, hoffe ich, dass Du Du meine Überlegungen ... verschmerzen kannst.
Gruss
Ane
Gute Nacht, Ane,
Nee, zufrieden bin ich nicht!! Eher hin- und hergerissen, ich habe das Gefühl, ich hätte die Story gut noch mal 2, 3 Wochen liegen lassen und dann noch mal lesen sollen, dann hätte ich wohl eine klarere Meinung dazu.
Ja, stimmt schon, ich habe hier mal viel durch Tell und weniger wirklich durch Handlung erzählt, vielleicht war das auch so ein Ausprobieren für mich, ob das denn nicht doch funktioniert.
Das "meine Freundin" spielt sich ja lediglich in der Gedankenwelt des Prots ab, ich hab jetzt gar keine Erklärung dafür, wieso ich das gemacht habe, vielleicht, weil die Freundin am wenigsten eine Rolle spielt, und eher als Teil der Stimmung/Charakterisierung des Prots fungiert.
Ja, ist immer so ein Balanceakt, wie viel zeigt man, wie viel sagt man, und wie viel lässt man im Ungesagten, und wo ist da die Goldene Mitte. Ich schaue mal, was ich mit dem Text hier mache, ob ich ihn in 2, 3 Wochen noch mal neu aufrolle, oder ob ich ihn in den Ordner der missglückten Fragmente stecke, oder ob ich ihn plötzlich total abfeiere, weiß man ja nicht.
Danke dir auf jeden Fall für deine Einschätzung, ich werde sie im Hinterkopf behalten, Ane, hat mich gefreut, wie immer.
Gruß
zigga
Hallo @zigga,
nach Michails Deal habe ich mir ein paar ältere Sachen von dir angesehen – und danach in der Familie verteilt; F-F-Alarm ist bei uns jetzt zu einem festen Begriff geworden und du hast neue Fans bekommen :-)
Ich will damit sagen, zigga, dass es eine deiner großen Stärken ist, Geschichten mit viel Personal zu schreiben und jedem deiner Figuren Leben einzuhauchen. Ich empfinde das wirklich als sehr lebensnah, wie du schreibst.
Hier hast du mal was anderes gemacht, eine ruhige Geschichte mit einem Protagonisten und keinen aktiven Nebenfiguren. Der Bruder am Telefon bekommt für mich aber schon ein Gesicht und natürlich der Protagonist, den habe ich gleich in mein Herz geschlossen. Dem Vater bin ich, dadurch dass ich ihn nur über das Erzählen kennengelernt habe, nicht sehr nahe gekommen – klingt jetzt sicher dämlich, das Kennenlernen und Nahekommen, aber ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken könnte. Es ist halt schon ein wenig wie im echten Leben, mit den Figuren in einer Geschichte. Man muss sie persönlich kennenlernen, um sich ein Bild, einen Eindruck verschaffen zu können – nun ja, für mich ist es halt so.
Mit meiner eigenen Schreiberei komme ich zur Zeit nicht weiter, weil mir nix mehr gefällt, was ins Erzählen abdriftet und ich das Show einfach noch nicht richtig drauf habe. Das hat, und da nehm ich jetzt auch kein Blatt vor den Mund, nach dem intensiven Auseinandersetzen mit Michails Deal angefangen. Jetzt hänge ich da irgendwie fest, lese diese Geschichte und finde im zweiten Teil eben das, was ich mir abgewöhnen will :-) Echt zigga, du machst es mir nicht leicht.
Ich finde es gut, dass du das hier mal so ausprobiert hast. Mir hätte es anders zwar besser gefallen, doch die Geschichte ist interessant und ich mag den Protagonisten und seinen Bruder. Von daher passt das schon. Doch dieses Rundum-Wohlfühlgefühl hat ein bisschen gelitten.
Nun, das ist dir jetzt sicher keine große Hilfe gewesen. Dein Anliegen war, ein rundes Bild des Konfliktes darzustellen? Das hast du, finde ich, sehr gut hinbekommen. Für mich sind keine Fragen offen.
Lieber Gruß
Tintenfass
Hallo Tintenfass,
Ja abgefahrennach Michails Deal habe ich mir ein paar ältere Sachen von dir angesehen – und danach in der Familie verteilt; F-F-Alarm ist bei uns jetzt zu einem festen Begriff geworden und du hast neue Fans bekommen :-)
Nee, klingt auf keinen Fall dämlich. Ich verstehe, was du meinst. Ist interessant, denn z.B. fand Ane den Vater am schärfsten gezeichnet, und bekam zu den anderen nur schwierig einen Draht. Bei dir ist das ja genau anders herum - sagt jetzt nichts über dich als Leser aus, finde das nur einen interessanten Fact.Hier hast du mal was anderes gemacht, eine ruhige Geschichte mit einem Protagonisten und keinen aktiven Nebenfiguren. Der Bruder am Telefon bekommt für mich aber schon ein Gesicht und natürlich der Protagonist, den habe ich gleich in mein Herz geschlossen. Dem Vater bin ich, dadurch dass ich ihn nur über das Erzählen kennengelernt habe, nicht sehr nahe gekommen – klingt jetzt sicher dämlich, das Kennenlernen und Nahekommen, aber ich weiß nicht, wie ich es besser ausdrücken könnte. Es ist halt schon ein wenig wie im echten Leben, mit den Figuren in einer Geschichte. Man muss sie persönlich kennenlernen, um sich ein Bild, einen Eindruck verschaffen zu können – nun ja, für mich ist es halt so.
Ja, ist schon so, dass ich im Prinzip auch auf Show stehe, und weniger auf Tell. Will aber nicht gesagt sein, dass Tell nicht funktionieren kann; gibt genug gute Geschichten bzw. Romane, die sehr erzählend gehalten sind, mir als Leser aber genügend Bilder vor die Augen zaubern, dass ich voll dabei bin, und die Geschichte zündet. Ich hab schon in den Vorkommentaren erwähnt, dass ich auch nicht so ganz mit der Story hier zufrieden bin. Der Tell-Teil wurde von fast allen mehr oder weniger kritisiert, selbst bevor ich den Text hier hochgeladen habe, hat mir der Tell-Teil dieser Story schon Bauchschmerzen bereitet, und ich wollte mal sehen, ob das anderen auch auffällt. Ja mhm, manchmal denke ich mir, die Autoren hier aus dem Forum wären verwundert, was für Kurzgeschichten da draußen von namenhaften Autoren publiziert und gefeiert werden - da würden einige (der Kurzgeschichten) hier glatt durchfallen, behaupte ich mal. Aber das ist natürlich keine Rechtfertigung. Die Story muss zünden, hier verschieße ich wohl ein wenig Pulver, da muss ich nachlegen oder mal sehen, was ich mit dem Teil hier mache.
Doch, klar, war es, Leseeindrücke bringen mir immer was. Danke dir dafür.Nun, das ist dir jetzt sicher keine große Hilfe gewesen.
Einerseits ehrt es mich, dass die Story so in deinem Kopf geblieben ist, andererseits finde ich es schade, dass sie dich irgendwo bremst. Mach doch einfach mal weiter; wenn dir das Show dort gut gefallen hat, kannst du ja mal probieren, wie das für dich klappt, was aus dir herauskommt, wenn du so nah an deinem Prot schreibst. Falls es dich beruhigt: Ich hab das Teil auch nicht von heute auf morgen rausgehauen, du kannst meine Exfreundin fragen, die hat schon immer die Augen verdreht, wenn ich monatelang abends um zehn mich an meinen Schreibtisch mit der Aussage verkrochen habe, ich schreibe noch ein bisschen an Michails Deal.Mit meiner eigenen Schreiberei komme ich zur Zeit nicht weiter, weil mir nix mehr gefällt, was ins Erzählen abdriftet und ich das Show einfach noch nicht richtig drauf habe. Das hat, und da nehm ich jetzt auch kein Blatt vor den Mund, nach dem intensiven Auseinandersetzen mit Michails Deal angefangen.
Ja und nein. Mein Anliegen ist zuerst mal immer, eine fette Story zu erzählen.Dein Anliegen war, ein rundes Bild des Konfliktes darzustellen? Das hast du, finde ich, sehr gut hinbekommen.
Du siehst, ich bin noch immer unschlüssig und weiß noch nicht ganz, wie ich die Story hier einordnen/bearbeiten soll. Hast mir aber weitergeholfen, danke dir für deine Einschätzung und Zeit!
Gruß
zigga
Hej zigga,
die Bruder-Beziehung ist gut eingearbeitet. Die Rollen verteilt, die Stimmung gut fühlbar. Ich mag die Ruhe und die Gelassenheit, die viel über die beiden aussagt.
Die offensichtlich ausgedachte Geschichte über eine goldene Kindheit ist rührend und eine hübsche Idee, die nächtlichen Monster zu vertreiben. Sehr fein auch immer wieder der Blick auf die eigene Gegenwart in Form der ruhig schlafenden Freundin. Eine wirklich stimmige Atmosphäre.
Und deswegen erscheinen mir die nachfolgenden Beschreibungen über den Charakter des Vaters, der durchsichtigen Mutter unangemessen und farblos.
Am meisten aber irritiert mich der Titel zum Text. Die ganze Zeit warte ich auf die Wut. Die wird lediglich erwähnt. Vom Bruder, und durch den Vater. Aber gerade dieses zentrale Thema ist für mich nicht spürbar. Eher eine nächtliche Melancholie und Rückschau.
Mit den Fähigkeiten Stimmungen zu erzeugen, hätte ich mir die Wut gewünscht.
Das klingt jetzt doof, aber in diesem Fall ist es so.
Freundlicher Gruß, Kanji
Peace Kanji,
Jo danke, freut mich, dass du die Atmosphäre so gespürt hast.die Bruder-Beziehung ist gut eingearbeitet. Die Rollen verteilt, die Stimmung gut fühlbar. Ich mag die Ruhe und die Gelassenheit, die viel über die beiden aussagt.
Die offensichtlich ausgedachte Geschichte über eine goldene Kindheit ist rührend und eine hübsche Idee, die nächtlichen Monster zu vertreiben. Sehr fein auch immer wieder der Blick auf die eigene Gegenwart in Form der ruhig schlafenden Freundin. Eine wirklich stimmige Atmosphäre.
Jaa ...Und deswegen erscheinen mir die nachfolgenden Beschreibungen über den Charakter des Vaters, der durchsichtigen Mutter unangemessen und farblos.
Am meisten aber irritiert mich der Titel zum Text. Die ganze Zeit warte ich auf die Wut. Die wird lediglich erwähnt. Vom Bruder, und durch den Vater. Aber gerade dieses zentrale Thema ist für mich nicht spürbar. Eher eine nächtliche Melancholie und Rückschau.
Mit den Fähigkeiten Stimmungen zu erzeugen, hätte ich mir die Wut gewünscht.
Das klingt jetzt doof, aber in diesem Fall ist es so.
Danke dir auf jeden Fall für deine Einschätzung und fürs Lesen, Kanji!
Gruß
zigga
Hallo zigga,
an sich finde ich deine Geschichte richtig gut.
Hättest du allerdings das Szenische vom Anfang durch den ganzen Text gezogen, hätte es mir sogar noch besser gefallen.
Wo ich einen Augenblick darüber nachdenken musste, ob der kranke Bruder vielleicht auch geistig ein wenig zurückgeblieben ist, war die Stelle, als er von der Achterbahn und der Delfinshow sprach. Das fand ich ein wenig verwirrend.
Texliches:
Fliesenund ich auf den Fließen, lachend.
Also, da ruft ihn der kranke Bruder fast jede Nacht an, weil er nicht schlafen kann und er erzählt ihm erfundene Geschichten, bis er wieder einschläft. So weit, so gut. Nur finde ich diesen „Erklärteil“ über den Vater nicht ganz passend zum Rest der Geschichte.
Ich hätte versucht, dies mit in den Dialog einzubauen oder vielleicht in einem späteren Gespräch mit seiner Freundin, die aufwacht und genervt ist und endlich mal wissen will, was denn da (seit Wochen?) los ist.
Ja, viel mehr kann ich gar nicht sagen. Vielleicht kannst du trotzdem was damit anfangen.
Schönen Abend noch.
Liebe Grüße,
GoMusic
Hi zigga
In irgendeinem Kommentar schreibst du, dass dich die Geschichte seit ein paar Wochen umtreibt. Das merkt man ihr an. Ich meine, die Kürze der Zeit von der Idee zur Veröffentlichung. Mir kommt’s unausgereift vor. Einige wirklich gute Sprachbilder, Charaktere, die ich greifen kann, ein Konflikt. All das ist super, aber worauf es hinausläuft, was mich berühren soll, das bleibt merkwürdigerweise ein Rätsel. Da ist die Wut, da ist das Bruder-Bruder-Ding, der Konflikt mit dem Vater, der gar nicht richtig ausbricht und am Ende eine Wendung, die das Ganze möglicherweise zu einem Traum erklärt.
Stilistisch wäre glaube ich weniger mehr. Du überziehst den Text, so wie ich ihn lese, mit irgendwo fixierten Blicken: Die Freundin (die ist ja eh mehr ein Objekt, bleibt nutzlos im Bett liegen), die Lichter draußen, die Laterne, den roten Knopf der Kaffeemaschine. Der Traum ist superschön, führt aber ins Nichts, ebenso wie die Ledersesselsymbolik (an der Stelle wieder so ein paar kafkaeske Bilder, wie man sie hier mittlerweile öfters liest.)
Aber he, zigga, trotzdem eine klasse Geschichte, an der du aber echt arbeiten solltest, dann kommt das mit der Wut auch besser rüber, das wirkt auf mich etwas zahm.
Textstellen:
mit dem Sessel, das ist ein super Bild, auch wenn ich es nur als Komfortzone deuten kann, die er nicht verlassen will.Er saß jeden Morgen und jeden Nachmittag auf diesem Ledersessel, und wenn er nachts aufwachte und mich anrief, saß er immer noch dort. Meine Eltern trugen ihn auf die Toilette und sie trugen ihn in die Dusche, und überall litt er furchtbare Schmerzen, und er litt so lange, bis er wieder auf seinem Sessel sitzen und durchatmen konnte.
was'n Wort»Ich weiß nicht, wieso mich das so tangiert.
schön, aber der fixiert halt bisschen oft irgendwasIch stand auf und sah wieder hinaus, in die Dunkelheit, zu der Laterne, die dünn und hoch ihr Licht über den Gehweg ergoss.
okay, aber warum muss ich mir denken.Er wohnte bei meinen Eltern, und als ich achtzehn Jahre alt war, zog ich so weit weg von meinen Eltern, wie ich nur konnte.
warum?Aber immer, wenn ich ihn sehe, kommt diese Wut in mir hoch. Ich kann nichts dagegen tun.
jetzt der Power-Knopf.»Also gut«, sagte ich, und starrte weiter auf den Power-Knopf.
wer baut denn heute noch Seifenkisten? 50er/60-er Jahre?– baute er uns eine Seifenkiste,
und ein Läufer-Kollege, klingt komisch.; und er ließ seinen einen Läufer-Kollegen kommen
Und mit deinem Erbe bist du in das Erlebnispark-Geschäft eingestiegen, weißt du, du hattest das mit der Seifenkiste nie vergessen, und weil du nicht wusstest, was du sonst mit deinem Geld machen solltest, hast du dir Anteile an einem Erlebnispark gekauft, so richtig mit Achterbahnen und Delfinen-Shows und alles.«
Der Mond schwebte sichelförmig über der Stadt, ein paar Lichter brannten im Hochhaus gegenüber.
mm, reicht das aus?An diesem Tag verlor ich die Angst vor meinem Vater, und ich wusste, dass ich so weit weg ziehen würde, wie ich nur konnte.
jetzt die Wendung zur Illusion, die mir zu unvermittelt kommt.als wären sie Teil eines großen Mosaiks, Bruchstücke unzähliger dieser kleinen Geschichten, die ich mir ständig ausdachte: Und als wäre auch ich bloß ein Teil einer solchen Geschichte, als wäre ich schon lange tot, und bloß die Idee eines anderen.
Lieben Gruß
Isegrims
Hallo Bea Milana maria.meerhaba GoMusic Isegrims!
Danke für euren tollen Kommentare und sorry für die lange Wartezeit, war die letzten Tage bloß mit dem Handy unterwegs, und nie an einem PC.
Bea Milana
Ja danke dir, und ich kann mich dem auch nur anschließen, befürchte ich.es ist schon viel zu deiner KG gesagt worden und ich kann mich dem Gros nur anschließen, ohne es zu wiederholen. Ich finde, du hast das gut geschrieben, keine Frage, aber der zweite Teil wirkt sehr erinnerungslastig.
Focus Bruder-/ Vater Verhältnis
Ja, im zweiten Teil ist irgendwo der Wurm drin kann auch sein, dass das Tell in Ordnung ist, aber einfach nicht straff und packend umgesetzt. Ich werde mich da in ein paar Wochen noch mal drübersetzen und deinen Kommentar im Hinterkopf behalten, dass die Wut mehr spürbar sein muss, man das als Leser mehr nachvollziehen können muss, hast schon recht!Die interessanteste Figur ist für mich der Vater, der sich tot arbeitet und die Familie tyrannisiert. Ich kann sehr gut nachempfinden, wie sehr der Rest der Familie unter diesem Druck, den er weitergibt, leidet. Was und warum der Vater allerdings den Bruder zerbrochen hat und deshalb womöglich Schwulste wachsen, naja, also, nimms mir nicht übel, das fand ich doch "behauptet", eben weil mir die Bilder und Gründe (geht auch im Tell!) dafür fehlen. So hat mich die Wut des Bruders nicht erreichen können. MMn. ist das der Hauptgrund, warum der zweite Teil nicht funktioniert. Neben dem inhaltlichen Manko wirkt das zudem brav aufgezählt, erklärt, ohne zu der Tiefe des Dramas vorzudringen.
Wäre auch eine Option, die dann aber mir im schlechtesten Fall den schönen Vorwärts-Drive im ersten Teil nehmen würden (war meine Befürchtung, als ich auch schon darüber nachgedacht hatte)- den Text umstellen, also den Tell-Teil zerstückeln und homogon in den ersten Teil einbinden. Manchmal funktioniert das und bringt eine Dynamik hinein, die jetzt fehlt.
Es gibt noch mehr erzählerische Möglichkeiten als Block A und Block B.
ok, ist angekommen! Mehr Information- mehr über den Dialog erzählen, der Intensität und Stärke besitzt. Warum nicht das Drama der beiden Brüder in einen packenden langen Dialog legen? Eventuell ein Geheimnis offenbaren, das sein Bruder erst jetzt erzählen kann. Was hat der Vater gemacht? Hat er ihn als kleinen Jungen misshandelt, ihm Zigaretten auf den Körper ausgedrückt, ihm das Kissen auf den Mund gepresst, ihn beinahe erstickt, geschlagen, ihm ständig das Gefühl gegeben, er wäre ein missratenes, ungewolltes Kind, das nur im Weg steht. Ist der Bruder eventuell ein Kuckucksei und gar nicht der leibliche Sohn des Vaters? Verstehst du, ich will doch mehr erfahren, um nachvollziehen zu können, warum der Bruder diese Wut in sich trägt und der andere nicht. Kann er diese Wut ausleben? Hat er eine Therapie begonnen (oder aufgegeben), um dieses beherrschende Gefühl aufzuarbeiten? (Sind nur Fragen, die du dir stellen kannst, musst du mir nicht beantworten ...)
Ja, das kreiden mir ab und an immer mal wieder Kommentatoren an, ich kann das auch schon nachvollziehen. Ich glaube nur, dass ich bloß durch Punkte und Kommata nie den Erzähler mit dem Drive und Sound hinkriege bzw. erschaffen kann, ohne Semikolons und Doppelpunkte öfter als andere zu verwenden. Ich mag das einfach, wie es sich so liestSatzzeichen: Hier ist mir die geradezu verschwenderische Verwendung des Semikolons und des Doppelpunkts aufgefallen. Das hat mich zum Teil sehr gestört, zum Schluß sogar genervt. Es scheint dir stilistisch gut zu gefallen, aber ich möchte dir den Rat geben, beide Satzzeichen sparsamer einzusetzen. (Ich war mal eine zeitlang schwer in den Gedankenstrich verliebt und verwendete ihn so oft, dass mir jemand den weisen Ratschlag gab, es nicht zu übertreiben).
Auf jeden Fall! Selbst wenn Kommentatoren Kritiken von anderen wiederholen, bringt mir das was, weil ich mir denke: Das war keine Einzelmeinung, sondern da gibt es mehr, die diesunddas stört. Die Wut muss mehr spürbar gemacht werden, ich muss das Tell szenischer gestalten, ausbauen, glaube ich, das werde ich zumindest mal probieren. Ich werde weiter dran rumbasteln, sobald ich wieder Zeit habe.Vielleicht ist der ein andere Impuls dabei, der dich weiterbringt,
Geht gleich weiter!
Also danke dir fürs Lesen und Kommentieren, Bea!
Hallo maria.meerhaba
das freut mich.Du weißt, wie ich gerne über den ersten Satz meckere. Keine Angst, deiner ist ganz okay. In seiner Kürze baut er gleich mehrere Bilder auf und das gefällt mir :3 Ein schöner erster Satz.Er rief mich an, da war es mitten in der Nacht.
mach dich mal nicht klein, und schmeichel mir mal nicht so!Ach, ich wünschte, ich könnte auch eine Umgebung so elegant und schön beschreiben können :/Draußen war es tiefschwarz, sternenlos, bloß das weiße Licht der Straßenlaterne fiel auf den Gehweg und das Wohnhaus gegenüber.
Ja, ist wohl auch eine Charakterfrage, wer man im Kern ist, und das zeigt sich dann in (solchen) Extremsituationen, sag ich mal. Oder: Wenn man sich ständig mit der eigenen Gesundheit auseinandersetzen muss, kann man nach einiger Zeit natürlich auch mal zeitweise das eigene Umfeld vergessen, da ist schon was dran.Oh, mann, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schlimm kranke Menschen sein können und wie sie selbst manchmal gar nicht merken, dass sie den anderen schaden. Ich hatte einen Onkel, der war todkrank und jedes Mal wenn er rauchte, musste ihn die Familie danach sofort ins Krankenhaus bringen und obwohl er wusste, was passierte, wenn er sich eine Zigarette anzündetet, hat er trotzdem alle zwei, drei Tage geraucht. Voll arg. Ich glaube, wenn man so schlimm dran ist, merkt man nichts von der eigenen Umgebung mehr.Ich schaute zur Wanduhr: vier Uhr sechsundzwanzig.
Ja, das ist ein interessanter Einwand. Ich glaube, ich hab den ganzen Tell-Teil einfach zu "unszenisch" (ist das paradox?Ich kann mich nicht erinnern, wann sich jemals mein Vater bei mir entschuldigt hat. Allein deshalb macht es deinen Vater für mich sympathischer und ich mag ihn mehr als meinen eigenen. Siehste, da vermische ich meine eigenen Gefühle und Erinnerungen hinein und kann nicht ganz objektiv kritisieren :/ Im späteren Verlauf erzählst du uns, was für ein Arschloch er ist, aber dieses eine Detail mit der Entschuldigung werte ich instinktiv so hoch, dass ich das Arschloch in ihm nicht erkennen kann. Weißt du, eine ehrliche Entschuldigung auszusprechen, das ist nicht einfach, zumindest nicht für mich und vielleicht sorgt eben dieses eine Detail dafür, dass ich in ihm kein Monster sehe. Und er kümmert sich um seinen Sohn. Auch wenn er gemein ist und so, er kümmert sich trotz allem um seinen Sohn und überlässt nicht alles der Mutter. Es geht, ich schaffe es nicht, stattdessen beginne ich deinem Erzähler nicht mehr zu glauben.
Ja, für mich ist das auch noch so halbgar, ich verstehe dasich gehöre wohl auch zu denen, die hin und hergerissen sind und nicht wirklich wissen, ob ihnen die Geschichte gefällt oder nicht. Ein Jain wird dir wohl nicht gefallen, aber etwas anders kann ich dir leider nicht anbieten. Der Anfang ist stark, du hast mich gleich reingezogen und mir alle Figuren sympathisch gemacht, was nicht selbstverständlich ist, sondern eine große Übungssache.
Oook, also ich versteheDavor hast du gute Arbeit geleistet, da hat es mir gefallen, da gibt es von meiner Seite nichts zu bemängeln, aber danach kam es mir so vor, als wäre dir die Puste ausgegangen und du hättest dich nur noch auf das Ende hingearbeitet, um am Schluss nichts zu erzählen und die Geschichte abzuschließen. Die Botschaft kommt rüber, ich weiß, was die Geschichte zu erzählen versucht, aber ja … ich glaube, du verstehst schon :3 Ich sehe gerade, ich habe mich im Grunde nur wiederholt, was die anderen dazu auch geschrieben haben, im Grunde ist es keine konstruktive Kritik von mir. Was soll’s, ich wollte halt los werden, dass mir die erste Hälfte sehr gut gefallen hat :3
Also danke fürs Lesen und Vorbeischauen, Kommentieren, immer gerne, maria.
Hallo GoMusic,
Also auch dir danke fürs Lesen und kommentieren! Im Grund bestätigst du die Kritiken der anderen, und das bring tmir schon was, weil ich dann weiß, dass da wohl tatsächlich was dran sein muss. Aber freut mich natürlich, dass du auch etwas Positives abgewinnen konntest von der Story, das zeigt mir, dass das eigentlich für mich so ein Stadium ist, wo ichs noch nicht veröffentlicht hätte, und ich noch weiter dran gearbeitet und umgeschrieben hätte, was ich mit Sicherheit auch tun werde. Ja, das kann man nicht ausschließen, dass der Bruder auch geistig Schaden genommen hat, das stimmt schon, zash würde es sogar gefallen, das auszubauen .... für mich war die Figur einfach kindlich oder ein Kindskopf, oder halt jemand, der einfach noch gerne sich an solchen Dingen erfreut - gibt es ja jede Menge erwachsener Männer.an sich finde ich deine Geschichte richtig gut.
Hättest du allerdings das Szenische vom Anfang durch den ganzen Text gezogen, hätte es mir sogar noch besser gefallen.
Alles szenisch zu gestalten ist natürlich hart und extrem schwierig, ich werde mal schauen, wie ichs hindeichsel!
Danke dir auf jeden Fall noch mal, GoMusic, alles Gute dir.
Rest folgt!
Gruß
zigga
Hallo Zigga,
Ich finde auch, dass deine Geschichte viel Potential hat. Jedenfalls geht sie mir nicht wirklich aus dem Kopf seitdem ich sie ziemlich bald nach dem Einstellen zum ersten Mal gelesen habe.
Er war keiner dieser prügelnden Väter, er schlug uns nie. Aber hatte er miese Laune, erwartete er von uns, seiner Familie, dass wir dafür herhielten: Er ging jeden Tag arbeiten, bis zur Erschöpfung, und daran waren wir schuld. Er tat es für uns. Das sagte er uns: Schaut her, ich bin euer Vater, und ich arbeite mich tot für euch.
Und der Vater war nie sauer, er hatte nie seine Anfälle, weil sein Geschäft durchgehend gut lief, und er jeden Morgen zehn Kilometer joggte. Wir hatten nie diese andere Seite von ihm kennengelernt, er war der ausgeglichenste Mensch, den wir kannten. Jeden Nachmittag machte er sein Schläfchen auf der Couch, und wir beide lachten uns jedes Mal tierisch kaputt, wenn er dalag und so extrem laut schnarchte.
Ich dachte an meinen Vater, wie er dabei schnauft und schwitzt, und wie diese Ader an seiner Schläfe anschwillt; wie sein Gesicht rot anläuft, sich anspannt, und wie seine Augen glasig werden – ja, so musste es aussehen.
»Ja«, sagte ich, »aber er tut alles für dich.«
Wenn er Großkunden gewann oder Heizsysteme an ganze Gebäudekomplexe verkaufte, schritt er abends pfeifend durch die Haustür, kochte groß auf und wollte, dass wir alle an einem Tisch saßen und aßen, so wie es die Familien im Fernsehen taten.
Aber das Geschäft lief nie gut.
Meinen Bruder traf das schwerer als mich. Vielleicht, weil er älter war, weil er bis zu meiner Geburt mit ihm und meiner Mutter alleine gewesen war. Schon in jungen Jahren hatte mein Vater irgendetwas in ihm gebrochen, das keiner mehr reparieren konnte;
Mein Bruder hatte nie dieses Erlebnis; er hatte es nie geschafft, abzuspringen, sich loszureißen. Mein Vater bezahlte ihm das Studium und die Wohnung, und als Gegenleistung fuhr mein Bruder am Wochenende nach Hause, setzte sich an den Tisch, hörte sich seine Reden an und ließ sich anschließend beleidigen, und irgendwann im Laufe des Wochenendes verzieh er meinem Vater, und Sonntagabend fuhr er zurück, mit hundertneunzig Stundenkilometern, und schlug zuhause auf Wände ein oder ging so lange joggen, bis er zusammenbrach.
Die Frauen in deinem Text, Mutter und Freundin, wirken schon fast komatös, irgendwie irritiert mich das, habe aber auch keine Idee dazu. Es geht ja auch hauptsächlich um das Verhältnis zwischen dem Vater und den Söhnen.
Tja und dann gibt es ja noch die Frage über Krankheitssursachen, die du in deinem Text behandelst. Hat dieser innere Konflikt, die nicht ausgelebte Wut den Bruder so krank gemacht? War er vielleicht wirklich von Anfang an schon verletzbarer? Oder liegt es an noch ganz anderen Faktoren? Oder an allem zusammen? Aber das sind genau die Fragen, die sich sowohl die Kranken, als auch die Angehörigen stellen. Und dir ist da eine sensible Geschichte gelungen.
Liebe Grüße von Chutney
Hallo Zigga,
Deine Geschichte gefällt mir insgesamt sehr gut. Dazu gäbe es eine Menge zu sagen, und Du hast ja schon viele wertvolle Hinweise erhalten. Ich möchte mich bei meinem Kommentar auf ein einziges Detail beschränken, das ein bisschen mit dem zu tun hat, was Maria schon angemerkt hat. Die Be-Wertung des Vaters.
Um es verkürzt vorneweg zu sagen: Ich finde, es ist geradezu eine Mode geworden, die eigenen Eltern zu beschuldigen, sie hätten einen in der Kindheit traumatisiert. Der Mann, den Du da beschreibst, sehe ich absolut nicht als das Monster, das eine lebenslange Wut rechtfertigt. Und dass Schwups von Folter spricht, kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen.
Sicher wünschen wir uns von Eltern charakterliche Reife, wir wünschen uns, dass sie ihre Probleme nicht zu denen ihrer Kinder machen. Aber mal ganz ehrlich: Wie viele Menschen gibt es, die diesem Anspruch gerecht werden.
Der Vater ist ein Tyrann, ein Choleriker, jemand, der sich selbst nicht im Griff hat. Charakterlich ist das ein schwacher Mann und er gewinnt sicher nicht den Pokal für den besten Papa der Welt. Aber gibt es irgendwo einen Hinweis in Deinem Text, dass er seiner Familie schaden will? Gibt es einen Hinweis darauf, dass ihm seine Familie egal ist?
Er jammert abends über seine erfolglose Schinderei und wenn die Söhne darüber lachen oder stöhnen, schreit er rum. Okay, das ist nicht sonderlich mannhaft, aber die Söhne glänzen hier auch nicht gerade als beste Söhne der Welt.
Der (Stief-)Vater meines Vaters war Bergmann. Er sprach wenig, soff wie ein Loch, und wenn er miese Laune hatte, gingen meinen Vater und mein Onkel lieber in volle Deckung. Trotzdem habe ich von meinem Vater niemals Beschwerden gehört, über vermeintliche Traumatisierungen, die dieser Mann ihm durch seine rohe, unbeherrschte Art angetan haben mag.
In Deiner Geschichte kümmert sich der Vater um seinen kranken Sohn, pflegt ihn zu Hause, schleppt ihn aufs Klo. Millionen Kinder wären froh, wenn sie einen solchen Vater hätten.
Mit all dem möchte ich sagen, dass es für mein Verständnis deutlich mehr braucht, um bei mir als Leser den Eindruck zu erwecken, dass hier eine Wut entsteht, die ich nicht ebenfalls als Ausdruck charakterlicher Schwäche betrachte, sondern als gerechtfertigte Reaktion auf ein erlittenes Unrecht. (Aus chinesisch-konfuzianischer Sicht würde man dem Sohn wahrscheinlich sogar Undankbarkeit vorwerfen. Nach dieser Lesart wäre er der Buhmann in der Geschichte.)
Trotz dieses Einwands gefällt mir die Story gut. Ich sehe, dass Du einen Konflikt erzeugst, weil der kranke Sohn sich im Grunde gegen etwas stellt, von dem er sich bislang einfach nicht getrennt hat. Er ist in einer Familie gefangen, die ihm kein inneres, gefühltes Zuhause gibt und er ist zu schwach, zu abhängig, um sich zu lösen. Das finde ich gut gemacht und sprachlich ist das Ganze auch wunderbar gestaltet. Freu mich auf Deine Nächste.
Gruß Achillus
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