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Zeigen, was ist.

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10.11.2003
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Zeigen, was ist.

Dunkels Gesetz ist ein Krimi aus der rheinischen Provinz, wie man sie als Tourist nicht zu sehen bekommt, und wenn doch, dann sieht er vielleicht nur die Landschaft und die verlassenen, heruntergekommenen Häuser, nicht aber die Menschen, die aus irgendeinen Grund da geblieben oder dahin gekommen sind. Da wird nicht viel miteinander geredet und alle, alle träumen im Geheimen von einem zukünftigen besseren Leben – oder von einem, das sie einmal gelebt haben.

Die Sprache ist karg und ohne Schnörkel: Es wird gesagt, was nötig ist und keine Silbe mehr, was natürlich dazu führt, dass Unausgesprochenes dazwischen schwebt, mal als stilles Einverständnis und mal als Drohung. Das gilt nicht nur für das Personal des Romans, sondern auch für den Erzähler, obwohl er sehr genau beobachtet und eine Fülle von Informationen liefert, die einem anderen zum Schwafeln verleiten würden. Er gibt z.B. den Dingen Namen, was in dieser Dichte woanders selten vorkommt: Ein Auto ist nicht einfach ein Auto, sondern ein Mercedes C140, eine Pistole ist eine CZ 75 oder eine Borchardt oder eine Luger, und das Reh verschwindet nicht zwischen 2 Bäumen in den Wald, sondern zwischen 2 Erlen. Diese Beispiele mögen belanglos erscheinen, aber solche und viele ähnliche und besser ausgewählte Details geben dem Roman eine außerordentliche Authentizität mit dem Ergebnis, dass man dem Erzähler jedes Wort abnimmt und ihm die Geschichte glaubt, obwohl sie natürlich nur seiner Fantasie entsprungen ist, vielleicht mit leichter Anlehnung an reale Geschehnisse da und dort.

Ich habe selten so über mir Unbekanntes staunen müssen wie beim Lesen dieses Romans. In den einzelnen Kapiteln - es gibt deren 36 - wird jeweils nur eine Szene kurz beleuchtet, aber dies mit einer Genauigkeit im Detail, die auf eine umfangreiche Recherche schließen lässt. Und wie von selbst fügt sich alles zu einem Ganzen zusammen, einem Ganzen, das anfangs gemächlich umherwandert und dennoch einen antreibt, weiter zu lesen, um dann immer schneller die Fahrt aufzunehmen, bis am Ende geschieht, was geschehen musste angesichts eines Personals, das sich als unfähig erweist, den Lauf der Dinge noch zu ändern. Sie alle sind Gefangene ihrer Vergangenheit, der ehemalige Söldner Dunkel noch mehr als die anderen.

Und obwohl die Lage gegen Ende hoffnungslos erscheint, ist sie das nicht, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ein Krimi ist das wie es nur wenige in Deutschland gibt. Gratulation.

Dunkels Gesetz, von Sven Heuchert (@jimmysalaryman), Ullstein Verlag, Taschenbuch, 14,99 €

 

Schöne Rezension. Und dazu eine, die die stilistischen Eigenheiten des Autors zeigt, ihre Wirkung benennt und dadurch die Besonderheit des Romans verdeutlicht.

 

"Zeigen, was ist", da muss man dann doch außerordentlich optimistisch sein in Bezug auf gewisse Dinge ...

Außerordentlich optimistisch ... na, dann lass doch mal hören, was das für gewisse Dinge sind.

 

Da wir ja hier das Privileg haben, dass der Autor an der Diskussion teilnimmt; bin ich auf der richtigen Spur?

Eigentlich wollte ich weder an der Diskussion teilnehmen, noch Fragen beantworten.

 

Den Titel finde ich gut (weil passend für eine Rezension), auch wenn er diskutierbar ist.

 

Wenn du darüber diskutieren willst, solltest du schon mehr sagen.

 

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