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Zivilcourage

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24.04.2005
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Zivilcourage

Lena war froh, daß sie endlich diese Lehrstelle als Arzthelferin gefunden hatte. Die Kolleginnen, der Arzt und auch die Patienten waren alle freundlich und hilfsbereit und hatten Geduld, auch wenn einmal etwas nicht auf Anhieb klappte. Die Arbeit machte ihr viel Freude und war abwechslungsreich. Das einzige, was Lena ein wenig störte, waren die Arbeitszeiten. Die lange Mittagspause von 3 Stunden konnte sie zwar zu Hause verbringen, aber abends musste sie oft bis 19.30 Uhr in der Praxis bleiben.
Danach hatte sie noch eine dreiviertel Stunde Fahrt in der U-Bahn vor sich, so daß sie meist nicht vor 20.30 zu Hause war.
Um sich die lange Zeit zu vertreiben, nahm sie oft ein Buch mit, in dem sie während der Fahrt lesen konnte.

An diesem Abend, es war ein kalter und feuchter Dezemberabend, hatte Lena besonders lange in der Praxis bleiben müssen, denn die Abrechnungen mit den Krankenkassen sollte erledigt werden. Es war das erste Mal, daß Lena dabei mithelfen sollte und die Kolleginnen mussten ihr vieles erklären, wodurch natürlich eine ziemliche Verzögerung eintrat.

Als sie sich schließlich auf den Weg zur U-Bahn-Haltestelle machte, hatte es angefangen zu schneien und Lena war froh, als sie auf dem Bahnsteig stand, denn hier war es wenigstens trocken. Nur noch wenige Menschen warteten außer ihr auf den Zug.
Lena setzte sich auf eine Bank, neben eine alte Frau mit einem Gehstock. Sie sah auf die Anzeige, auf der aufleuchtete, daß der nächste Zug in sechs Minuten hier halten würde.

Als die Bahn schließlich einfuhr, stieg Lena in einen Waggon, in dem ein paar jüngere Männer saßen, die Bücher und Zeitungen lasen und sie nicht beachteten. Die alte Dame stieg hinter ihr ein und setzte sich so hin, daß sie Blickkontakt mit Lena hatte.
Lena holte ihr Buch heraus, begann zu lesen und hatte bald schon ihre Umgebung völlig vergessen.

Ein paar Haltestellen weiter stieg eine Gruppe von 10 Jugendlichen ein. Nachdem die Türen der Bahn sich geschlossen hatten und der Zug weiterfuhr, begannen diese Jungen, die anderen Fahrgäste zu beschimpfen, die Sitzpolster mit mitgebrachten Messern aufzuschlitzen und die Scheiben anzukratzen.
Als ihnen das zu langweilig wurde, sahen sie sich suchend um und entdeckten Lena. Sie gingen auf sie zu und setzten sich so hin, daß Lena völlig eingekeilt war.
In ihr kroch die Angst hoch. Sie tat zwar so, als hätte sie die Gruppe nicht bemerkt und tat so als würde sie völlig ungerührt weiterlesen, aber ihre Hände begannen zu schwitzen und die Wörter vor ihren Augen zu verschwimmen.
Ein Junge fing an, ihr Fragen zu stellen. "Wie heißt Du? Wie alt bist Du? Wo fährst Du hin?"
Lena beantwortete keine dieser Fragen und starrte immer noch in ihr Buch.
Aber davon ließ sich keiner der Jungen entmutigen, im Gegenteil, sie rückten alle noch näher an Lena heran. Ein Entkommen war völlig unmöglich.
Nun sah Lena von ihrem Buch auf und blickte hilfesuchend der Reihe nach alle anderen Mitreisenden an. Alle beobachteten die Szene schweigend und sahen auch Lenas verzweifelten Blick, aber keiner machte Anstalten, ihr zu Hilfe zu kommen. Lena traten die Tränen in die Augen und ihre Hände zitterten.

Schließlich rückte einer der Jugendlichen so dicht an sie heran, daß Lena seinen Atem riechen konnte. Er hatte Alkohol getrunken. Lena ekelte sich vor ihm, als sein Mund immer näher kam; offensichtlich wollte er sie küssen.
Lena schloß die Augen und erwartete dieses widerliche Gefühl; die Lippen dieses fremden Jungen auf ihren.

Da plötzlich hörte sie die Stimme der alten Dame. "Laßt doch das Mädchen in Ruhe", sagte sie ziemlich laut. Lena öffnete die Augen und sah die alte Frau näherkommen. Dabei hatte sie ihren Gehstock erhoben, so als wolle sie ihn als Waffe gegen diese Jugendlichen einsetzen.

Die Gruppe wandte sich von Lena ab und der alten Frau zu. Zunächst waren sie alle fassungslos aber dann standen sie auf und gingen nun drohend auf die Frau zu.

Lena nutzte ihre Chance: Sie drückte den Notrufknopf und sofort meldete sich der Fahrer. Mit zitternder Stimme erzählte Lena dem Fahrer, was hier vor sich ging.
Die Gruppe hatte das natürlich mitbekommen, ließen von der Frau ab, die nunmehr auf dem Boden lag und wollten sich wieder Lena zuwenden. Aber nun waren die anderen Fahrgäste aufgestanden und traten gemeinsam der Gruppe entgegen, um Lena vor einem weiteren Angriff zu schützen.

Der Fahrer hatte unterdessen aus seinem Fahrerhäuschen heraus die Polizei alarmiert, die auch prompt reagierte und schon zwei Haltestellen weiter wurden die Jugendlichen erwartet und von den Beamten in Gewahrsam genommen.
Für die alte Dame wurde ein Krankenwagen gerufen. Lena erkundigte sich bei den Sanitätern, in welches Krankenhaus man die Frau bringen würde, bevor sie selber von einem Streifenwagen nach Hause gebracht wurde.

Schon am nächsten Tag machte sie sich auf, die alte Frau zu besuchen. Sie hatte einen Riesen-Blumenstrauß besorgt.
Die Frau lag blaß in ihrem Krankenbett, war aber zum Glück nicht allzu schwer verletzt.
Lena bedankte sich sehr herzlich bei der Frau für ihr mutiges Eingreifen. Dann bat sie sie noch um ihre Adresse, damit sie auch weiterhin in Kontakt bleiben konnten.

Lena fand, daß sie tief in der Schuld dieser Frau stand, denn sie wollte sich nicht ausmalen, was noch alles mit ihr passiert wäre, wenn diese Frau nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen wäre.

 
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Hallo Kruemelchen,

deine Geschichte halte ich für nicht sehr stimmig und schlecht ausgearbeitet. Du umreißt die Handlung zu sehr, als dass du sie wirklich erzählst. Dadurch fühle ich mich als Leser nicht miteinbezogen. Auch verstehe ich nicht, wozu der lange Anfang wichtig ist und warum der Leser wissen muss, dass Lena nicht gern arbeitet. Für den Plot an sich ist das wöllig unwichtig. Und der ist leider nicht sehr innovativ, zu oberflächlich abgehandelt und zu flüchtig erzählt, als dass Spannung aufkommen könnte. Die Figuren bleiben Stereotypen, sie sind einfach nicht plastisch. Und zudem hast du noch einige kleinere Fehler drin.

die Abrechnungen mit den Krankenkassen sollte erledigt werden.
sollten und Wortwiederholung im folgenden Satz.
Ein paar Haltestellen weiter stieg eine Gruppe von 10 Jugendlichen ein.
Zahlen bis zwölf schreibt man aus, liest sich besser.
Dabei hatte sie ihren Gehstock erhoben, so als wolle sie ihn als Waffe gegen diese Jugendlichen einsetzen.
Wollte, da Vergangenheit.
bevor sie selber von einem Streifenwagen nach Hause gebracht wurde.
Warum?
Viele kleiner Holperer ließen sich ausmerzen, wenn du die Geschichte dir selbst laut vorlesen würdest, so findest du die am schnellsten.

Insegesamt bleibt mir der Plot also zu gewöhnlich, vorhersehbar und oberflächlich, genau wie die Figuren. Die einzelnen Szenen werden zu schnell abgefertigt, das Erzähltempo ist zunächst zu ausführlich und dann zu schnell. Alles in allem hat deine Geschichte noch viel Überarbeitung nötig, so hat sie mich nicht überzeugt.

lieben Gruß,
Anea

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Krümelchen,

der Anfang deiner Geschichte hat mir im Prinzip gefallen, denn er ist lebendig, anschaulich und vermittelt Athmosphäre. Leider aber ist er, wie schon Anea sagte, für den Rest der Geschichte fast komplett entbehrlich.
Wichtig ist nur: Weil Lena Arzthelferin ist, kommt sie oft recht spät aus der Arbeit, und heute besonders, weil sie noch Abrechnungen erledigen musste.
Darum ist die U-Bahn schon recht leer.
Diese Informationen kannst du in einem Absatz zusammenfassen, dann bleibt dir mehr Raum für den Rest. Denn hier, wo es um das eigentliche Thema geht, verwandelt sich die bisher lebendige Geschichte zeitweise in einen Bericht. Du erzählst, ohne zu zeigen.

Ein paar Haltestellen weiter stieg eine Gruppe von 10 Jugendlichen ein. Nachdem die Türen der Bahn sich geschlossen hatten und der Zug weiterfuhr, begannen diese Jungen, die anderen Fahrgäste zu beschimpfen, die Sitzpolster mit mitgebrachten Messern aufzuschlitzen und die Scheiben anzukratzen.

Hier wird es spannend. Aber du wirst nicht anschaulich, schreibst auch nicht, wie Lena das empfindet. Sie muss es doch merken, ein mulmiges Gefühl bekommen. Überlegen, ob sie lieber aussteigen soll. Zumindest aber muss sie schon hier den Notknopf drücken. Zerschlitzte Sitze dürften dafür Grund genug sein, schätze ich. Es ist unlogisch, dass sie es nicht tut - und auch kein anderer. Mein Vorschlag: Lass die zerschlitzten Sitze weg und die Jugendlichen gleich auf Lena losgehen.

Als ihnen das zu langweilig wurde, sahen sie sich suchend um und entdeckten Lena.

Hier schreibst du plötzlich aus Sicht der Jungen. Du wechselst öfter die Perspektive oder schreibst aus unbeteiligter Sicht, was der Geschichte schadet. Sie wäre unmittelbarer, fesselnder, wäre sie ganz aus Sicht Lenas geschrieben. So wirkt sie streckenweise wie ein Zeitungsartikel, vor allem gegen Ende. Es wirkt, als seien dir auf einmal Platz, Zeit oder Lust ausgegangen.

Lena schloß die Augen und erwartete dieses widerliche Gefühl; die Lippen dieses fremden Jungen auf ihren.

Gut!

Lena nutzte ihre Chance: Sie drückte den Notrufknopf und sofort meldete sich der Fahrer. Mit zitternder Stimme erzählte Lena dem Fahrer, was hier vor sich ging.

Zweimal "Fahrer"

Die Gruppe hatte das natürlich mitbekommen, ließen von der Frau ab, die nunmehr auf dem Boden lag und wollten sich wieder Lena zuwenden.

Viel zu berichthaft. Warum liegt die alte Frau auf dem Boden? Was haben die Jungen ihr angetan? Dies ist doch die interessante Idee in deiner Geschichte: Von allen Fahrgästen hilft ausgerechnet die alte, schwache Frau. Ihr Schicksal und was Lena dabei empfindet würde ich besonders betonen.

Aber nun waren die anderen Fahrgäste aufgestanden und traten gemeinsam der Gruppe entgegen, um Lena vor einem weiteren Angriff zu schützen.

Auch dies: Viel zu trocken. Wörtliche Rede fehlt, Rufe, Beschimpfungen. Und standen alle anderen zugleich auf? Stärker wäre es, wenn die alte Frau die übrigen wütend auffordern würde, mitzuhelfen, und die schamrot einer nach dem anderen aufstehen ...

und schon zwei Haltestellen weiter wurden die Jugendlichen erwartet und von den Beamten in Gewahrsam genommen.
Für die alte Dame wurde ein Krankenwagen gerufen.

Zweimal "wurde". Stört nicht nur als Wiederholung, sondern diese Passivkonstruktionen lassen das Geschehen trocken und leblos wirken.

Lena bedankte sich sehr herzlich bei der Frau für ihr mutiges Eingreifen. Dann bat sie sie noch um ihre Adresse, damit sie auch weiterhin in Kontakt bleiben konnten.

Zu trocken. Hier fehlen auch die Dialoge. Lenas Dankbarkeit und Erleichterung gehören schon an früherer Stelle - im Waggon - gezeigt (nicht nur berichtet). Das Ende sollte noch eins draufsetzen. Wie wäre es, wenn Lena neu in der Stadt und einsam ist? Sich zunächst in der U-Bahn über die Alte ärgert, die sie vielleicht mit ihren Taschen nervt? Und dann eines Besseren belehrt wird, in der alten Frau eine Freundin findet? Dann könnte am Schluss auch anklingen, dass die burschikose alte Lady der zu schüchternen und passiven Lena noch so einiges auf den Weg geben kann ...

Ist natürlich nur eine Idee. Jedenfalls wäre es eine Überlegung wert, dem Thema, das allein für sich rasch banal wirken kann, noch einen anderen Aspekt mitzugeben.

Viele Grüße
Pischa

 

Hallo Krümelchen,

im Prinzip kann ich mich Anea und pischa nur anschließen. Mich hat deine Geschichte auch nicht so recht überzeugt. Der Anfang ist in der Tat nicht so wichtig, wenn auch anschaulich geschrieben. Die Szene in der Bahn beschreibst du zu oberflächlich, zu klischeehaft, da gibt es einige Unstimmigkeiten. Über das Ende habe ich mich sogar etwas geärgert, weil mir der erhobene Zeigefinger etwas zu deutlich wurde. Im Endeffekt geht Lena nur zu dieser Frau ins Krankenhaus, weil sie sich ihr verpflichtet fühlt, so kommte es für mich zumindest rüber. Und die spannende Frage ist, ob Lena der Frau auch geholfen hätte. Ich fänd´s spannend, wenn Lena darüber nachdenken würde. Im Großen und Ganzen solltest du versuchen, weniger zu berichten, als die Gefühle und Gedanken uns auch wirklich zu zeigen.

Ein paar Details:

Danach hatte sie noch eine dreiviertel Stunde Fahrt in der U-Bahn vor sich, so daß sie meist nicht vor 20.30 zu Hause war.
Hm. Hier besteht aus meiner Sicht ein Logikproblem: Sie fährt eine Stunde nach Hause, verbringt aber dennoch die Mittagspause zuhause - das heißt eine Stunde hin, eine Stunde zuhause, eine Stunde zurück? Ich weiß, ich bin pingelig. ;)
An diesem Abend, es war ein kalter und feuchter Dezemberabend
zwei Mal "Abend"
Sie tat zwar so, als hätte sie die Gruppe nicht bemerkt und tat so als würde sie völlig ungerührt weiterlesen
Wortwiederholung "tat so"

Liebe Grüße
Juschi

 

Hallo Krümelchen,

auch ich kann dir leider nichts besseres erzählen.
Was ich schön finde ist, dass du deine Geschichte über "das positive Beispiel" an den Mann bringst. Denn oft genug steht ja niemand auf. Und man kann es den Menschen noch nicht mal verdenken, dass sie sehr viel Angst haben.
Was mir neben den schon genannten Kritikpunkten noch auffiel war, dass die Jugendlichen, obwohl sie doch die Meldung beim Zugführer mitbekommen haben seelenruhig noch zwei Stationen weiterfuhren. Das wären doch zwei Stationen bei denen sie hätten abhauen können. ;)

Lieben Gruß, sim

 

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