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Zungenküsse

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12.09.2004
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Zungenküsse

Frank war bei allen seinen Freundinnen immer sehr als ausgezeichneter Zungenküsser aufgefallen. Seine Küsse wussten, wo sie hin wollten. Ganz tief in die Seele der anderen. Für immer in die Seelen eintauchen, das konnte er. Und dann gehen. Mit den Seelen. Und seiner Zunge.

Seit vorgestern weiß Frank, dass er bald sterben wird. Der Arzt hat nur gesagt, er solle von nun an nur noch das tun, was ihm wichtig sei. Er solle seine letzten Tage genießen. In vollen Zügen.

Im Wartezimmer saß gestern eine Frau, mit der Frank heftig geflirtet hat. Nachdem sie aus dem Untersuchungszimmer kam, sind sie zusammen in Franks Wohnung gegangen und haben gefickt. Auch sie meinte, er sei ein ausgezeichneter Zungenküsser. Sie habe vieles andere schon besser gehabt, aber seine Zungenküsse, die gingen wahnsinnig tief. Als ob sie das Herz aus dir raussaugen würden. Frank konnte nur lachen über diese Bemerkung. Und stubste mit seiner Nase in ihren Bauchnabel.

Heute hat Frank Krämpfe. Seine Zunge ist gestern abend dick geworden. Er hat auch Kopfschmerzen bekommen, weil er ständig darüber nachgedacht hat, wie groß seine Zunge ist und permanent an seine Schneidezähne anstieß. Heute nun hängt sie ihm schon bis zum Kinn. Sie wächst. Frank denkt an all die Frauen, die er geküsst hat und muss lachen. Zungenküsse.

Jetzt ist Frank im Behandlungszimmer und der Arzt spricht hinter vorgehaltener Hand mit der Schwester Ulla. Ulla mit den großen Brüsten und den grünen Augen. Frank hat manchmal beim Onanieren an sie gedacht. Als er daran denkt, wird er ganz verlegen. Weiß sie das? Ulla kommt auf ihn zu und fragt, ob sie ihm helfen könne, er sehe so verschroben aus der Wäsche. Frank kann nicht sprechen. Seine Zunge tropft das T-Shirt voll. Es ist das, was seine Ex-Freundin Bettina ihm zum Geburtstag geschenkt hat. Darauf steht, aber Ulla kann es nicht lesen, weil die Zunge davor hängt, "Traumzungenkussmann". Sie liest nur Traummann und denkt an die Stunden in ihrer Einraumwohnung, die sie an ihn denkend verbracht hat. Ulla streicht über Franks schütteres Haupthaar und haucht "Na?"

Frank wird lernen, wie er seine Zunge trotz ihres enormen Gewichtes bewegen kann und wird ihr mit seiner Zunge zärtlich über den Oberarm streichen. Sie wird verstehen. Ihre Zunge rausstrecken und an die Worte des Arztes denken: "Er wird sterben, Schwester Ulla, er muss sterben. Seine Zunge wächst aus ihm heraus und sein Körper wird schrumpfen, er wird nur noch eine Zunge sein. Es gibt keine Rettung. Schwester Ulla, schenken sie ihm Freude!" Schwester Ulla wird nach Mandelöl riechen und nach Schwarzem Pfeffer schmecken. Sie wird erkennen, dass Franks Leiden doch gestoppt werden kann.

Morgen wird Schwester Ulla eine Rettungsinitiative gegründet haben. Sie wird an die nur weiblichen Mitglieder Schichtpläne verteilt haben, die Franks unablässige Versorgung mit Zungenküssen garantieren werden.

Bis Frank übermorgen gehofft haben werden wird, Schwester Ulla niemals getroffen gehabt zu haben, weil ihre schwangere Freundin Cordula ihn als Zunge und nicht mehr als Mensch geheiratet haben werden wird und Schwester Ulla deswegen ein Attentat organisiert haben wird und Frank um dreiviertel sieben den Lauf der Pistole auf einer der blauen Adern an seiner Unterseite gefühlt haben werden wird.

 

Aha...:rolleyes:
bist du sicher Zazie, dass du mit deiner Story wirklich aufs Satireboard wolltest? Ich habe nämlich nicht erkennen können, was du mit deiner Geschichte aufs Korn nehmen wolltest.
Vielleicht hab ich aber auch nur heute ein Brett vorm Kopf und was übersehen.

Bitte hilf mir mal auf die Sprünge und sage mir etwas zu deiner Intention.

Dein Schreibstil soll vermutlich das ironische deines Textes unterstreichen, insoweit ist die etwas eigenartige Darstellungsweise, die besonders im letzten Teil deiner Geschichte zutage tritt, gewiss beabsichtigt und als Stilmittel zu sehen, jedoch so richtig Gefallen konnte ich daran nicht finden.
Grad der letzte Teil wirkt auf mich fast zwanghaft gewollt und ich musste an die im Fernsehen laufenden Soapopras denken und dass du vermutlich dies damit karikieren wolltest, aber ich denke, das hätte man auch eleganter machen können.

Insgesamt hat mir daher deine Geschichte nicht so gut gefallen, einmal völlig abgesehen von meiner Frage, was an ihr satirisch sein soll.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo Zazie!

Lieber nicht so viele Zungenküsse, sonst bist Du irgendwann ganz Zunge? Klingt mir nach Sprüchen meiner Oma. Ich stelle es mir witzig vor, diese Entwicklung darzustellen. Auch der Schluß ist ja denkbar, aber der Abschnitt

Seit vorgestern weiß Frank, dass er bald sterben wird ...
passt mE nicht dazu.
Wird Frank wegen der Metamporhose sterben oder aus anderen Gründen? Und wo sind die dann im Folgenden geblieben. Ich empfinde diesen Übergang vom Ernst der lebensbedrohlichen Kranheit und den daraus folgenden Überlegungen zum schrägen Humor der Umwandlung in eine überdeimensionale Zunge als einen bruch in der Geschichte. Da hast Du für mich zwei Themen, die durcheinander gehen: Wie gehe ich mit der Nachricht, dass ich nur noch kurze Zeit lebe, um und wie gehe ich mit der phantastischen Nachricht, dass ich demnächst ganz anders sein werde, um - und warum soll eine Riesenzunge nicht leben können, wenn es sie denn schon gibt.

Satire? Auf der grundlage Schäfer werden wie Schafe und Mopszüchter wie Möpse könnte man übertrieben zu dem Schluß kommen Zungenüsser werden wie Zungen. Das müßte dann aber noch mehr ausgebaut werden und ob es dann wirklich Satire ist oder eher Humor oder Phantastik?

Lieben Gruss

Jo

 

mmh, Hallo Laktia, hallo Jo,
danke fürs Lesen.
Ich weiß auch nicht richtig. Wahrscheinlich sollte die Geschichte doch besser in richtung Fantasy gepostet werden... War unsicher. Verzeihung ...
Ja, Frank als Mensch stirbt daran, dass er zu einer Riesenzunge wird. Die ansich wäre schon lebenfähig, aber er muss ja vermutlich sterben, weil Ulla ihn umbringt (besser seine Zunge).
Es ist vielleicht der Versuch (ich find ihn auch nicht so bombig, aber ich hab gedacht, stells rein, vielleicht kommt der entscheidende Tip von KG.de) darzustellen, dass das, was man selbst und andere am tollsten finden, nicht zu oft sagen/betonen/tun sollte, weil man dann "arrogant" wird, nur noch das Tolle an einem und nicht mehr seine Fehler sieht. Und manche dann eben doch immer noch fasziniert von einem sind, blind vor Begeisterung und Bewunderung, vielleicht auch Liebe.
Das mit den Zeitformen kam irgendwie ganz automatisch. Ich weiß, Futur II klingt meist sehr gestelzt, aber die Soapoperas sollte es nicht unbedingt karikieren. Kam mir gar nicht in den Sinn. Findest du nur den Ausdruck blöd, Lakita oder siehst du grammatikalische Fehler?
Nachdem ihr ja jetzt meine Intention vielleicht gelesen habt, meint ihr, dass ein Verschieben sinnvoll ist, oder doch lieber zuspitzen?
Ein wenig ratlose Grüße,
Zazie

 

Auch auf die Gefahr hin, hier als Jasager verschrien zu sein: ich fand den Text amüsant. Und gerade die Futur-Übersteigerung am Ende liest sich sehr nett.

Gut, der Text ist sicherlich keine Bombe, aber ich denke schon, daß es sich um eine Satire handelt. Es erinnert an Luthers "woran Dein Herz hängt", an Rückenmarkschwund und Todsünde. Und da muß das ewige Schicksal eben eingreifen.

Ein Mensch wird zur Zunge. Kann man metaphorisch lesen, weckt Assoziationen zu Sportlern, die bestimmte Muskelpartien trainieren.

Fazit: Nichts, was ich hundertmal lesen muß, aber das eine Mal hat mich unterhalten.

 

Hallo :)
@cbrucher:
Schön, dass die kleine Geschichte dir gefallen hat. Das mit den unterschiedlichen Assoziationen ist super, also, dass es dir so geht. Für mcih als Leser ist es meist spannender, selbst "private" Ebenen auf ein vages Autorengerüst stellen zu können. Wahrscheinlich ist das aber gerade bei der (beabsichtigten) Satire ungünstig, weil vermutlich etwas Konkretes in dem Fall besser ist. Weil anderenfalls ja eine Kritik an Gott und der gesamten Welt reingedeutet werden kann. Und damit käme ich gar nicht klar, zuviel Verantwortung ;)
@poesiefräse:
ooops, der Hals :lol: na klar, Lauf, ich weiß auch nicht wieso ich auf Hals kam... Auch deine anderen Anmerkungen habe ich direkt mal eingearbeitet. Danke!
Und schön, dass dich die Geschichte unterhalten hat, das freut mich.
Liebe Grüße,
Zazie

 

@poesiefräse:

Es ist immer gut, wenn man etwas dazulernen kann. Dein Hinweis hat mich dazu gebracht, den Begriff "Satire" einmal nachzuschlagen. Und da schwummert mir die Definition: ~ Kritik an politischen Ereignissen oder menschlichen Schwächen in meist ironischem Ton und spöttischer Übertreibung entgegen. Das liefert der Text natürlich nicht. War dann eben doch einmal wichtig, mir das klarzumachen.

 

Sorry, auch mir erschließt sich die Story nicht so wirklich. Ist bestenfalls eine - für mich persönlich nur mäßig lustige - Groteske, an der auch ich nicht wirklich einen satirischen Kern erkennen kann. Wie wäre es mit einem Umzug nach "Seltsam"?

Gruß,
Horni

 

Hallo Zazie,
Deine Geschichte paßt m.E. gut in die Rubrik Seltsam.
Berührt hat mich dabei, daß Du Gefühle und Gedanken ausdrückst, die viele Männer haben: Leben noch genießen, wenn mann dem Tod geweiht ist; sexuelle Phantasien; Hilflosigkeit gegenüber dem weiblichen Geschlecht.
Deinen Zeitbogen von der Vergangenheit über die Gegenwart bis hin zum Futur II finde ich interessant. Gute Idee! Reineweg vom Gefühl her steckt da für mich eine gute Portion Symmetrie und Ausgewogenheit drin – was den Stil betrifft, wohlgemerkt.
Dagegen ist der Inhalt Deiner Geschichte ist wirklich schräg, skurril, welch phantastischer Gedanke. Vom Grundtenor erinnert mich Deine Geschichte an Franz Kafkas „Die Verwandlung“. Auch lesenswert.
Planst Du eine Fortsetzung? Denn, wie jobär schon erörtert hat, ob Frank sterben wird oder nicht, steht ja nicht fest. Im Gegenteil, es gibt sogar mehr als zwei mögliche Szenarien, denn im drittletzten Absatz läßt Du die Möglichkeit, daß die Ulla dem Frank helfen kann, offen.

 

Terranomis,
vielen lieben Dank für deine nette Kritik. Fühle mich gleich bestätigt, dass es eine gute Idee von Horni war, die Geschichte hierher zu verschieben, auch die anderen und ich hatten Bedenken, ob sie wirklich Satire ist (wohl eher nicht).
Schön, dass dich die Geschichte als Mann berührt hat. Also, was ich meine, dass ich es bei dir geschafft zu haben scheine, dass ein Mann rüberkommt, der real sein könnte (mmh, ich verstricke mich, reale Riesenzungen ;))
An die "Verwandlung" musste ich erst nachher denken, kam mir beim Schreiben überhaupt nicht in den Sinn, weil die Geschichte auch ursprünglich einen völlig anderen Fokus bekommen sollte. Aber es stimmt schon.
Der Fortsetzungsgedanke ist ja ziemlich interessant. Vielleicht setze ich mich wirklich mal dran.
Auf jeden Fall erstmal vielen Dank für deine positive Resonanz!
Zazie :)

 

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