Meine Ueberlegung war, eine Geschichte zu schreiben in der Frau/Mutter ihr Kind verlaesst, weil das in unserer Gesellschaft ein Tabuthema ist, bzw. Frauen, die soetwas tun, verurteilt werden.
…
Außerdem bin ich ein bisserl allergisch auf »ich verlasse Mann und Kind, weil es so emanzipiert ist«,
Das war nicht mein Grundgedanke. Es ging mir um gesellschaftliche Normen. Und um die Ungerechtigkeit, dass Frauen und Maenner das Gleiche tun koennen, es aber nicht gleich bewertet wird.
Das genau macht aber doch die sogenannte Emanzipation aus: Daß frau Dinge tut, die für sie bisher bzw. früher tabu waren, daß sie gesellschaftliche Normen durchbricht, mit dem Wunsch, das Gleiche tun zu können, wie ein Mann, ohne anders bewertet zu werden. Das finde ich vor allem da, wo es um gleiches Geld für gleiche Arbeit, Mitbestimmungsrechte, Jobmöglichkeiten etc. geht, auch ganz gut so. Veränderungen sollten aber immer Veränderungen zum Besseren sein, deshalb sollten wir uns gut anschauen, in welchen Bereichen wir uns den Männern annähern, und wo es vielleicht umgekehrt besser wäre.
Allerdings stellt keiner in Frage, dass Maenner zu Tausenden ihre Kinder verlassen, das ist dann in Ordnung, weil Kinder ja die Mutter brauchen, wird immer gesagt. Aber glaube mir, Kinder brauchen den Vater genauso, also im Idealfall, beide gleichstark. Nur das ist und bleibt der Idealfall. Mittlerweile denke ich aber, wenn ein Vater von Anfang an sich um das Kind kuemmert, auch das ist ja immer noch leider eher die Ausnahme als die Regel, dann kann ein Kind auch ohne Mutter gross werden ohne groesseren Schaden davon zutragen.
Hm, daß sich keiner die Frage stellt, will ich nicht behaupten. Es ist nur schwierig, solche Sachen, die eigentlich eher zum Privaten zählen, gesellschaftlich, also über die Politik zu steuern. Vor allem, weil sich ja niemand was dreinreden lassen will. Aber es sind sich heute glaub ich schon sehr viel mehr Menschen über die Wichtigkeit beider Elternteile für das Kind bewußt, als früher.
Und es gibt auch Bemühungen der Politik, die in diese Richtung gehen, zum Beispiel fordern bei uns die »Kinderfreunde« zur Zeit den
Vaterschutzmonat im Anschluß an die Geburt eines Kindes. Damit sich die Beziehung zwischen Vater und Kind von Anfang an verstärkt – was sicher unter anderem dazu führen würde, daß Väter ihre Kinder auch im Scheidungsfall seltener verlassen werden.
Bei Scheidungen setzt man bereits seit einiger Zeit auf
Mediation, wenn Mann und Frau soweit sind, daß sie nicht mehr miteinander reden können – auch das kommt natürlich den Kindern zugute, weil eine friedliche Einigung immer auch für die Kinder besser ausfällt.
Wir wollen doch glückliche Kinder und nicht nur solche, die bloß »ohne größere Schäden« davonkommen, oder?

Egal, welcher Elternteil es auf die Art Deiner Protagonistin verläßt, heißt es für das Kind oft »Mein Papa/meine Mama hat mich nicht lieb«, und das ist ohne Zweifel schädlich für die Psyche. (Hier hab ich noch einen Link über nachgewiesene
Reaktionen von Kindern auf Trennung und Scheidung gefunden.)
Deshalb sehe ich hier den Weg, daß Frauen den selben Fehler machen wollen wie manche Männer, auf jeden Fall als den falschen, um die Rechte beider Geschlechter anzugleichen.
Außerdem will ich auch einmal feststellen: Es sind nicht immer die Männer schuld, wenn ihre Kinder sie nicht mehr sehen dürfen. Oft sind die Feindseligkeiten so groß, daß die Frauen alles unternehmen, damit der Vater seine Kinder nicht mehr sehen darf oder will. Nicht selten findet dieser Konflikt ja direkt über die Kinder statt, indem hinterrucks geschimpft und ausgerichtet wird, daß es nur so kracht und scheppert – nämlich in den Kindern drin, die dann zum Beispiel schlechtes Gewissen haben, wenn ihnen der Besuch beim Papa gefallen hat. Die Mutter ist dann so beleidigt und zeigt ihrem Kind ihre Eifersucht in Form von übertriebener Kränkung, daß sich das Kind gar nicht mehr sagen traut, daß es den Papa sehen will.
Deshalb kann man auch die Väter, die keinen regelmäßigen oder gar keinen Kontakt mehr mit ihren Kindern haben, nicht alle über einen Kamm scheren. Manche Männer lassen in so einer Konfliktsituation aus dem Grund los, weil sie ihre Kinder seelisch nicht zerreißen wollen – und damit beweisen sie mehr Gefühl für ihre Kinder als die jeweilige Mutter.
Ergo ist das eigentliche Problem dahinter, daß die Menschen nicht gelernt haben, Konflikte friedlich zu bewältigen. – Würde Deine Protagonistin mit ihrem Mann reden, könnten sie vielleicht zu einer Lösung kommen, unter der niemand leiden muß.
Sie tut es aber nicht, weil sie nur ihre persönliche Befreiung vor Augen hat. Das halte ich für ein sehr egoistisches Verhalten, welches meiner Meinung nach nicht zum Ziel – Menschen mit gleichen Rechten – führt.
Warum kann eine Frau nicht schoen sein wollen und gleichzeitig "Erfolgreich sein, ihre Freiheit geniessen usw. Auch hier wird der Frau das Recht auf Vielseitigkeit genommen, entweder das Eine oder das Andere. Auch das wollte ich deutlich machen.
Ich hatte schon erkannt, wie Du das mit dem Schönsein gedacht hast, und meinte nur, es käme möglicherweise mißverständlich rüber, da Du nicht näher darauf eingehst.

Viel mehr stößt mir das Streben nach Erfolg auf. Aus zwei Gründen: Der eine ist, daß sie, um erfolgreich zu sein, sich wiederum anderen Regeln unterwerfen muß – die Verantwortung, die sie abgibt (die für ihr Kind), tauscht sie gegen Verantwortung für
irgendwas, etwas, das offenbar mehr zählt als das eigene Kind. Sie wird also in Wirklichkeit gar nicht freier, vor allem nicht, wenn man bedenkt, daß sich mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit irgendwann das Gewissen zurückmelden und sie unfreier als je zuvor machen wird.
Der zweite Grund ist, daß es mir allgemein nicht so gefällt, wie heute der Gedanke der Emanzipation mißverstanden wird. Weil das Ziel nämlich nie war, daß einzelne Frauen sich rücksichtslos mit allen Waffen an irgendeine Spitze kämpfen, um dann dort nicht anders zu agieren, als ihre männlichen Vorgänger. Ursprünglich war da die Hoffnung in der Frauenbewegung, daß diese Frauen dabei auch ein Bewußtsein mit an die Spitze nehmen, das zum Beispiel zu menschlicheren Arbeitsbedingungen verhilft. – Aber nichts dergleichen. Mit jeder Stufe der Leiter vergessen sie immer mehr, daß es irgendwo da unten noch andere Frauen gab, die immer noch zu niedrige Löhne bekommen, die immer noch Probleme haben, ihre Arbeitszeit mit den Öffnungszeiten des Kindergartens zu koordinieren, etc. – Hauptsache, sie selbst sind oben, hinter ihr die Sintflut. Von der Rücksichtslosigkeit her trifft Deine Protagonistin genau diesen Typ Frau…
welchen Wert hat diese Kreativitaet in unserer Gesellschaft. Eine "Hausfrau" die Langeweile hat und sich mit basteln die Zeit vertreibt. Meiner Protagonistin reicht es eben nicht, weil es auch zu der Klischeehaften Rolle als Mutter und Hausfrau gehoert, sich die Zeit mit basteln zu vertreiben und sie sich aber etwas anderes unter "Leben" vorgestellt hat.
Das ist auch ein Punkt, der in meinen Augen falsch läuft: Hausarbeit und die Beschäftigung mit den eigenen Kindern wird von den Frauen selbst abgewertet – weil wir doch so emanzipiert sind. Aber emanzipiert sein hat nicht wirklich etwas damit zu tun, daß man so wird, wie einige Männer. Genausowenig hat es mit Nicht-kochen-Können usw. zu tun, wie heutzutage offenbar auch einige glauben.
In einer freien Gesellschaft sollten sich
alle frei aussuchen können, ob sie lieber arbeiten gehen oder sich um die Kinder kümmern, oder um andere pflegebedürftige Mitmenschen, ohne dabei finanziell am Hungertuch zu nagen. – Dazu gibt es längst verschiedene Modelle der Grundsicherung, die auch umsetzbar wären, wo aber die Wirtschaft was dagegen hat, weil die Leute dann nicht mehr so abhängig und lenkbar wären – aber das ist ein anderes Thema.
Die Sache mit dem Streben nach Erfolg sehe ich übrigens als den nächsten gesellschaftlichen Zwang, dem diese Frauen auflaufen, ohne es zu merken. Dahinter steht – was sonst – unsere Erziehung. Weil ja die meisten nur Anerkennung gefunden haben, wenn sie irgendetwas Besonderes gemacht haben. Eine besonders schöne Zeichnung, eine besonders gute Note, einen besonders guten Job – sonst bist Du ein Nichts. Du willst Dich gut fühlen – dann schau, daß Dein Schreibtisch ein größerer wird und eine Etage höher steht. Du brauchst das Gefühl wichtig zu sein – dann schau, daß Du ein paar Leute hast, die unter Dir sind. Mit ein bisserl Mobbing geht das schon.
Ich bin seit einigen Jahren zuhause und ich hab mich nie näher am Leben gefühlt. Es hat nämlich viel mehr mit dem Leben zu tun, mich um mein Kind zu kümmern, uns was Gutes zum Essen zu kochen, die Wohnung wohnlich zu machen, Zeit zu haben, mal in der Schule auszuhelfen, diverse Sachen selbst zu machen, usw., als den ganzen Tag in irgendeinem Büro zu sitzen und irgendwelche Zahlen und Akten zu bearbeiten, die mit meinem Leben überhaupt nichts zu tun haben.
Kinder zu erziehen heißt auch, die nächste Generation zu erziehen – und da kommt es auf uns an, ob die es dann vielleicht schaffen, wirklich gleiche Rechte zu haben. Ich finde das eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe, und es befriedigt mich, meinen Teil dazu beizutragen. Es befriedigt mich auch ohne daß mir die Gesellschaft oder irgendwer das bestätigt, weil ich selbst von der Wichtigkeit überzeugt bin. (Und daß ich dazu stehen kann, finde ich unheimlich emanzipiert…
)
Richtig. Aber denke mal an die Beziehungen, bei denen davon ausgegangen wird, dass Frauen in der ihr vorgegebenen Rolle gluecklich zu sein haben. Nur wenige Maenner tuen genau das, was du unter Ideal verstehst. Aus diesem Aspekt heraus sehe ich die Geschichte.
Aber es wird ja nicht deshalb davon ausgegangen, weil die einzelnen Männer so böse sind, sondern weil sie es selbst so gelernt haben in dieser Gesellschaft. Und deshalb finde ich, sollte frau, bevor sie wegläuft, zumindest mit ihm zu reden versuchen. Er ist doch genauso gefangen in dem ihm anerzogenen konservativen Bild eines Mannes, in dem er als Versager gilt, wenn er nicht die Oberhand in der Familie hat, die er natürlich allein ernähren können muß.
– Würdest Du Deine Protagonistin mit ihrem Mann diskutieren lassen, könntest Du viel mehr von der Thematik in die Geschichte bringen.
So war es gemeint, das Kind schlaeft und wird wach und schreit. Der Mann ist muede und geht ins Bett und will seine Frau gelegentlich neben sich haben.
Hm. Du meinst, sie würde sich dafür nicht einen Zeitpunkt suchen, wo ihr Mann nicht da ist? Das Kind schläft ja vielleicht auch einmal tagsüber…
Liebe Grüße,
Susi