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Zvi, der Sünder(Zeit des Alten Testaments)
Zvi, der Sünder
Der Morgen sagte bereits voraus, dass der Tag wirklich sehr heiß werden würde. Deborah und die Kleine waren bereits wach und warteten mit dem Frühstück auf den Herrn des Hauses. Es war zwar nur eine kleine Lehmhütte am Rande der Wüste, aber es war ihr Haus. Eigenhändig gebaut, mit Schweiß und Tränen, im Angesicht der sengenden Sonne errichtet.
Der Morgen verlief wie jeder Morgen. Man aß wenig, erledigte ein paar Arbeiten in der Hütte und freute sich über eine weitere überstandene Woche. Der Überlebenskampf in diesem Teil der Welt war hart, härter als sonst wo. Die in der Stadt konnten sich zumindest irgendwo etwas zu essen erbetteln. Aber hier draußen in der Wüste? Keine Menschenseele und das nächste Dorf drei Stunden Fußmarsch entfernt. Der ständige Hunger, die Hitze und der Wassermangel machten das Leben schwer.
Kurz vor dem Mittagessen stellte Zvi fest, dass Holz fehlt. Also ging er noch mal raus, um ein paar Äste zu sammeln. Er fand nur wenige, gerade so viel, um eine karges Mahl zu kochen. Es würde nicht reichen, um das Klima in der Hütte in den eisigen Nächten erträglich zu machen.
In der Ferne sah Zvi eine Gruppe von Männern in grauen und weißen Roben. Sie schienen Zvi zu beobachten. Jedenfalls dachte er das. Er hob die Hand zum Gruß, die Männer aber grüßten nicht zurück. Es schien, als würden sie über etwas beraten. Dann setze sich die Gruppe in Bewegung und ging direkt auf Zvi zu. Er dachte sich nicht viel dabei und sammelte weiter sein Holz.
Als die Männer bei Zvi angekommen waren, sprachen sie ihn an.
„Was tust du da?“
Erstaunt über diese seltsame Frage erwiderte Zvi:
„Na das seht Ihr doch! Ich sammle ein paar Äste ein, für das Feuer zum Mittag!“
„Weißt Du denn nicht, dass es eine Sünde ist, am Sabbat zu arbeiten?“
„Ich arbeite doch nicht, wir brauchen nur ein paar Äste, hat ja auch nicht lange gedauert.“
Ohne ein weiteres Wort zu sagen packten die Männer Zvi und zerrten ihn von seinem Haus weg. Mittlerweile hatte auch Deborah gemerkt, dass draußen etwas vor sich ging. Sie ging hinaus und sah, dass ein paar Männer Zvi abführten. Mit besorgter Mine ging sie auf die Männer zu.
„Was macht Ihr mit meinem Mann?“
„Dieser Mann hat gesündigt, wir müssen ihn zum Ältesten bringen.“
Deborah rannte auf die Männer zu und versuchte ihnen Zvi zu entreißen. Doch die Männer waren stärker und stießen sie immer wieder weg.
„Lasst ihn doch los! Was hat er denn getan?“
„Er hat den Sabbat geschändet, eine schweres Verbrechen! Und nun geh zurück in deine Hütte, Weib.“
Deborah fiel hin und blieb sitzen. Mit Tränen in den Augen sah sie den Männern nach. Doch dann rannte sie ins Haus, schnappte die Kleine und ging den Männern hinterher.
Zvi wusste noch nicht so recht, was mit ihm passiert war und blieb während des ganzen Fußmarsches recht ruhig. Die Männer sprachen kein Wort, sondern stießen Zvi nur vor sich her. Im Dorf angekommen holte man Seile und fesselte Zvi an einen Baum, die Hände auf den Rücken gebunden. Zwei der Männer blieben bei Zvi, während die anderen zum Dorfältesten gingen. Nach einiger Zeit kamen sie mit dem Dorfältesten zurück. Er musterte Zvi von oben bis unten und ging dann zurück in seine Hütte. Mittlerweile waren auch Deborah und die Kleine im Dorf angekommen. Doch bevor sie mit Zvi reden konnten, wurden sie aufgehalten und immer wieder von ihm weggestoßen.
„Es wird alles gut! Geh nach Hause, ich bald wieder daheim!“
Doch Deborah ließ sich auch nicht von Zvi wegschicken. Immer wieder versuchte sie an den Bewachern vorbei zu kommen. Schließlich gab sie auf und setze sich mit der Kleinen in den Staub.
Stunden vergingen bevor die Männer mit dem Dorfältesten aus der Hütte kamen. Es hatten sich viele Dorfbewohner vor der Hütte des Ältesten eingefunden. Er sagte etwas und deutete mit der Hand. Zvi konnte aber die Worte des Ältesten nicht hören. Während dessen bemerkte Zvi, wie zwei Männer mit Schaufeln hastig ein Loch buddelten.
Er wurde los gebunden und in die Mitte des Dorfplatzes geführt. Zvi wurde von seinen zwei Bewachern in das Loch hineingestoßen, was ihm bis zur Hüfte reichte. Dann wurde es wieder hastig zu geschüttet. Er versuchte herauszusteigen, aber seine Hände waren immer noch auf dem Rücken gefesselt, und er konnte seine Beine nicht bewegen. Zvi bekam Panik. Der Älteste redete ein paar kurze Worte, Zvi aber hörte sie nicht, sondern versuchte immer noch verzweifelt zu entkommen. Dann ging die Menge ein paar Schritte zurück. Zvi hatte Tränen in den Augen und sah die Menschenmenge an. Im Hintergrund konnte er hören, wie Deborah und die Kleine schrieen. Dann trat Ruhe ein.
Der erste Stein traf Zvi direkt am Kinn. Er schrie. Bald folgte der zweite Stein, der seine Brust traf. Danach prasselten die Steine auf Zvi ein. Etliche Steine trafen seinen Kopf und seine Augen. Sein Gesicht begann anzuschwellen. Er blutete aus Ohren und Nase. Die Augen konnte man nicht mehr erkennen und die Lippen waren zerfetzt. Die Brust und der Rücken war von Steinspitzen zerkratz und bluteten heftig. Die Zvi schrie lauter und lauter. Dann fiel er in eine wohlige Ohnmacht.
Ein erbärmlicher Gestank ließ Zvi aus seiner Ohnmacht erwachen. Jemand hatte ihm den Kadaver eines toten Hahnes unter die Nase gehalten. Als Zvi wieder zu sich kam, prasselten die Steine weiter auf ihn ein. Minuten später war Zvi tot. Sein blutiger Körper war eingeknickt und lag halb eingegraben auf dem Dorfplatz. Langsam löst sich die Menschenmenge auf und ging ihrer Wege. Bald war der Platz menschenleer. Nur Zvi lag da, und Deborah und die Kleine, die abseits von Zvis blutendem Körper im Staub saßen.