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Jäger und Gammler

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15.03.2008
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Jäger und Gammler

„Du bist so still“, stellte Karl fest.
„Ich warte“, sagte Priva.
„Seit Monaten? Worauf?“
„Weiß ich noch nicht“, sagte Priva, „Ich weiß nur was war, und was war, war nicht das, worauf ich warte. Was mir wichtig war, wurde bedeutungslos. Wovor ich Angst hatte, ist eingetroffen“, flüsterte er.
Er sah in den Nebel des abendlichen Nieselregens: Eine Wolke orangener Glühwürmchen im Lichtkreis alter Straßenlaternen.
„Du wolltest das Richtige tun“, sagte Karl, „du wolltest einmal das Richtige tun und die Welt hat das nicht entsprechend gewürdigt. Jetzt kriegste das große Heulen.“
Priva lachte. „Ja, und hier bin ich jetzt, mitten im Nirgendwo, ohne Boden unter den Füßen.“
„Sagt man das heute so, wenn man sich treiben lässt, hängenbleibt, rumhängt?“
Priva hielt sein Bier hin, sie stießen an, leise klirrten die Sternis. Über ihnen standen Sternis am Himmel. Sie saßen auf einer Bordsteinkante direkt an der Mauer zum Westwerk. Eine Wundermaschine des Lindenauer Nachtlebens, die seit neustem verkauft werden sollte, als könnten Wunder jemandem gehören.
Ein Flaschensammler, der nicht Betsy war, kam vorbei. Witzelte über Privas Schnoppek, sackte ihre vier leeren Flaschen ein und sagte zu Priva, er solle trinken, nicht nuckeln, sonst werde die Flasche nie alle und er nicht betrunken.
„Wahre Worte eines großen Mannes“, antwortete Priva.
„Nicht dass er nicht Recht hätte“, sagte Karl.
Ob er denn glaube, dass sie Zeit hätten?, fragte der Sammler, er habe keine, jedenfalls nicht übrig. „Kennst du meinen Stundenlohn?“, fragte er. Priva schüttelte den Kopf, ohne die Flasche abzusetzen. „Geht dich auch nichts an, ich kenne deinen ja auch nicht, will ich auch nicht wissen. Über Geld spricht man nicht, so was solltest du wissen.“
Karl und Priva sahen sich kurz an und dann wieder den urbanen Sammler.
„Jedenfalls sinkt der Lohn meiner Stunde, wenn Privilegierte täten, als gehörten ihnen nicht nur ihre Flaschen, sondern auch meine Zeit.“
Priva hob die linke Hand, um das Geschwätz aufzuhalten. „Das wird eh nichts“, sagte Karl, „hast ja letztens nicht mal den Cospudener Sees teilen können.“
„Du bist ein Zugezogener“, sagte der Sammler, „ich erkenne Typen wie dich. Ihr zersiedelt Städte, Parasiten seid ihr, die den Städten in ihre Seele pinkeln.“
Priva trank den letzten Schluck und wog die leere Flasche in der Hand. Die würde sich gut mit dem Bürgersteig verstehen, er könnte sie dem Schwätzer zwischen die Beine werfen. Das würde ihr Gespräch sicher über diese kleine Sackgasse hinausbringen. Vor ein paar Monaten noch hatte er nichts anderes gewollt, als Stress ohne Grund zu suchen. Aber jetzt war es anders, er war anders, die Zeit hatte ihn verändert. Das Treiben in den lichtlosen Räumen leerer Tage hatte Priva geläutert, er war frei von Begehren.
„Ich will diesem Idioten nichts tun“, flüsterte er Karl ins Ohr, sagte „Aye“ zum Sammler und tippte gegen sein Cap.
„Wegen dir und Leuten wie dir geht hier alles vor die Hunde“, sagte der Sammler, „weißt du, Plagwitz ist schön gewesen, bevor Douchebags unser Leben hier witterten und so lange twitterten, bis für uns keine Zeichen mehr übrig waren. Jetzt können sich Leipziger wie ich keine Wohnung mehr leisten.“
„Hier, euer Pfand mein Herr!“, rief Priva und warf die Flasche. Sie explodierte zwischen des Sammlers Füßen in tausend Scherben. „Und ich verspreche euch, dass Ihr für jede weitere schiefe Metapher oder Unworte wie Douchebag eine weitere Flasche bekommet!“
„Hm“, brummte Karl gedehnt, als Splitter sein Gesicht trafen, „jetzt hast du doch was getan.“
„Ja, doch.“ Priva pulte ein Glasstück aus seinem Schnurrbart und lächelte dem Sammler.
Der trat zwei, drei Schritte zurück. „Was tust du? Bist du irre? Warum lächelst du überhaupt?“, rief er. Seine Stimme zitterte in den Höhen.

„Ich würde sagen, so sieht ein fassungsloses Gesicht aus“, sagte Priva.
„Ist doch scheiße, der armen Sau so zu kommen“, sagte Karl.
„Würdige ihn nicht herab. Hast du nicht mitgekriegt, er ist ein Geschäftsmann. Du hast ihn reden hören“, sagte Priva. „Außerdem habe ich es gern getan, und es steht in Bibel und Koran: was man gerne tut, ist wohlgetan.“
Der Sammler stand leicht wankend neben seinem Hackenporsche und umklammerte den Ziehgriff.
„Ich versuche mich auch öfter irgendwo festzuhalten, aber es gibt keinen festen Ort auf dieser Welt, oder?“, fragte Priva in unverbindlichem Ton.
Links und rechts von ihnen waren die Gespräche verstummt. Es war fast ganz still auf der Karl Heine, bis ein alter Triebwagen der Leipziger Verkehrsbetriebe über die Schienen ratterte. Schienenschleiffahrzeug stand auf einem Schild an der Seite des Wagens, dessen Geräuschwerk mitten durch die Stille fuhr, wie ein Reifenabdruck auf frisch gefegtem Sand.
‚Tranquility‘, dachte Priva und seufzte lustvoll, „Seelenruhe.“
Der Sammler öffnete die Tasche und zog eine Pfandflasche raus. „Du bist doch irre“, grummelte er, „irre ist der, ortlos, verrückt.“
„Das ist es, was du willst“, stellte Karl fest, „in diesen besonderen Momenten verrätst du dich, dann ist Sprache für eine Hand voll Zeilen mehr kein Spiel mehr. Frieden und Ruhe: Die bescheidenen Wünsche eines Kriegsveteranen.“
Priva nickte. „Ja, ich glaube schon, dass ich das will. Denn mir fällt nichts besseres ein und es klingt so schmeichelhaft, dass es wahr sein muss. Was habe ich nur getan, dass ich mich so nach Ruhe sehne, welch Titanenwerk vollbracht? Ich weiß es nicht. Aber gut zu wissen, was ich durch dich jetzt weiß. Ohne dich wüsste ich nichts über mich.“
Karl winkte ab. Von ferne hörte man Autos am Felsenkeller vorbei fahren. Priva öffnete noch ein Bier. Teures Exemplar mit Ploppverschluss. ‚Wer kauft mir nur ständig so ein Hipstergesöff?‘

Er drehte sich zu Karl und sagte, dass, wollte sich gerade zu Karl wenden und sagen, dass, dass – da knallte dass auf seinem Schädel. Priva rannte gegen eine Glastür, schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund sein Fell, kriegte aber die Tür nicht auf. Der Sammler rannte so schnell die Straße runter, dass sein Hackenporsche von einem Rad aufs andere hüpfte. „Da hast du deine Flasche wieder!“, rief er, „bist nicht auf den Kopf gefallen, was?“
Karls Augen wurden zu Sehschlitzen, durch die er auf Privas Kopf kuckte wie ein Burgbewohner durch die Schießscharte aufs Schlachtfeld. Priva beugte sich ihm entgegen und bewegte den Mund, als wolllte er flüstern, verlor das Gleichgewicht und stützte sich mit der Hand auf dem Bürgersteig ab. „Meine Hand ist ein Igel, aber ich spüre keinen Schmerz. Nur wie sich Scherben ins Fleisch bohren“, lallte er und suchte in Karls Augen nach einer Normalität, die er vor dem Flaschenwurf schon etwas kennengelernt hatte, weit konnte die noch nicht sein.
Der schüttelte den Kopf. „Hier kannst du dich nicht festhalten. Da sollst du dich nicht abstützen.“
Er hockte sich hinter Priva, zog ihn hoch und hielt ihn aufrecht. „Sei nicht so schlaff“, sagte Karl, „du bist zu schwer.“
„Lass mich doch los“, antwortete Priva, „warum werde ich überhaupt festgehalten, Officer?“
„Wenn du wenigstens den Mund halten würdest“, sagte Karl, trank einen Schluck Bier und fluchte, dass er sich keine Kippe bauen könnte, so lange Priva in seinen Armen hing. „Wer hätte gedacht, dass du mal so ein lahmer Rumhänger wirst“, überlegte er und kicherte.
„Es ist selten, dass jemand genau das kriegt, was er verdient. Ist schon was wert, davon Zeuge zu sein.“
„Erst wurde ich Opfer der Schwatzhaftigkeit des Sammlers, der mich mit seinem hinterhältigen Angriff ausknockte, weil seine Dämlichkeit meiner Bescheuertheit nicht gewachsen war. Wie soll das ein gerechter Lohn sein für einen, der stets nur Gutes will? Und zum Überfluss bin ich jetzt noch deinem Gerede ausgeliefert“, sagte Priva, „wie könnte das ein gerechter Lohn für irgendwas sein?“
„Du redest viel, nicht ich. Neunzig Prozent jeder Unterhaltung füllst doch du. Und wenn dein Gegenüber nichts sagst, antwortest du für ihn gleich mit.“
„Aber nur wenn ich weiß, was der Andere sagen will“, sagte Priva.
„Unsinn. Woher willst du denn wissen, was jemand sagen will, der nichts sagt?“
„Darüber darf ich nicht reden“, sang er leise.
„Am besten wäre sowieso, du hältst den Mund.“
„Nichts lieber als das, ich liege im Sterben und könnte etwas Ruhe gebrauchen. Du fängst an.“
Karl knurrte, sagte nichts und sah sich auf der Straße um.
„Weißt du, Karl, für einen Moment war es friedlich und ganz ruhig. Bevor die Straßenbahn die Stille durchfuhr und über ihre Scherben rollte, war es perfekt. Da wurde mir klar, wie still und leicht der verlorene Moment gewesen war. Ich glaube jetzt weiß ich, was Schönheit ist: der Rückblick auf geräuschlosen Frieden.“
Karl grunzte.
Jemand rief, man sollte einen Krankenwagen rufen, mehrere andere wählten die Nummer auf ihren Telefonen. Ein hübsches Mädchen kam rüber und fragte, was sie tun könnte. Karl gab ihr Tabak und ließ sie eine Zigarette drehen. Die Geräusche der Straße kehrten wieder.
„Es klingt alles so seltsam. Und mein Kopf dröhnt und pfeift“, sagte Priva, „der muss mich getroffen haben.“
„Sieht ganz so aus. Du warst aber auch ein ekliger Arsch“, sagte Karl, griff unter Privas Arme und wuchtete ihn zu sich hoch.
„Haltung, Soldat. Du klappst mir hier immer wieder weg.“
„Ja, ja, schon gut“, sagte Priva, wollte sich aufrappeln und stöhnte, als er die Igelhand wieder in die Scherben drückte.
Karl lachte, „schon wieder? Wie dumm kann einer allein sein?“
„Funktionstest ...“, murmelte Priva, „... erfolgreich - ich fühle wieder was außerhalb vom Kopf.“ Er griff mit einer Hand nach Karls Schulter und der anderen nach der Mauer und arbeitete sich hoch in den Stand. „Ich fühle wieder was außerhalb des Kopfes“, stellte er fest, „meine Hand tut weh wie Sau, verdammt, ich hasse Schnittwunden. Nicht zu vergleichen mit so einem kräftigen dumpfen Bonk gegen den Schädel – das hat schon was Sakrales, wie bei den Buddhisten, wenn sie ihren Gong schlagen. Heiliger Klang. Hörst du's auch?“
Karl nahm seinen Arm, schlang ihn um seine Schultern und hielt Priva aufrecht. „Und jetzt?“, fragte er, „du stehst, ja, aber was tun, na, was nun?“
„Mal sehen“, sagte Priva, „wird man niedergeschlagen, steht man erst mal wieder auf. Die Aussicht ist schon mal besser von hier oben. “
„Der Krankenwagen ist gleich da“, sagte das Mädchen, hob langsam eine Hand nach Karls Kopf, streichelte seine Wange und fasste leicht durch’s lichte Haar.
„Ich bin angegriffen und verletzt worden, nicht er“, sagte Priva und drehte ihr seine Wange zu, aber sie reagierte nicht.“Wie auch immer, lass uns los, bevor die Ambulanz kommt, das wird ein Riesentrara ohne Ende. Los jetzt, ins Doktor Seltsam, ich brauche eine Heilung.“
„Kommst du mit?“, fragte Karl das Mädchen. Die schüttelte den Kopf und meinte, sie würde wollen, müsse aber bei ihren Freunden bleiben, sie sei zu Besuch und habe keinen eigenen Schlüssel. „Nur kurz“, meinte Karl, „das Seltsam ist direkt um die Ecke, ich bring dich auch zurück. Komm mit mir. Ich spüre doch, dass du es spürst. Sehe in deinen Augen, was du von meinen Augen abliest. Dass du von mir etwas bekommen kannst, was in diesem Leben nur ich dir geben kann.“
„Du bringst sie nirgendwohin“, fuhr Priva dazwischen, „und sie kommt auch nicht mit. Wir gehen jetzt.“
Karl fasste nach ihrem Gesicht und sah sie an. „Wie schön du bist“, sagte er, „welch seltsames Glück, dich hier und jetzt zu treffen.“
Priva weinte stumm, gegenüber stürzte ein Mehrfamilienhaus geräuschlos ein. „Ihr habt das vielleicht nicht mitgekriegt“, sagte er, “ aber die Sache sieht so aus: Ihr steht voreinander, schmachtet euch an und habt jeweils eine Hand im Gesicht des Anderen. Während ich im Sterben stehe.“
Sie streichelten einander weiter. „Hat einer von euch die Medusa unter den Vorfahren, oder Unzucht mit einem Basilisken getrieben? Seid ihr beide Narziss?“ Niemand reagierte. Priva kuckte noch mal genau hin, machte das Zeichen eines Abwehrzaubers und befreite sich von Karls Arm, mit dem der sogleich des Mädchens Taille umfasste und sie zu sich heranzog, ohne dass sie aufhörten, einander im Gesicht zu berühren.
Die ersten Schritte allein torkelte Priva wie drei besoffene Russen. „Ich muss das Haus halten, fürs Westwerk da sein“, murmelte er, ging langsam an der Mauer lang, hielt sie fest und lehnte sich dagegen, wenn sich die Welt drehte, damit es nicht umkippte. Ein paar Minuten später waren seine Schritte schon fester, brauchte er weniger Pausen. Er sah sich um und merkte, dass die Hälfte des Weges geschafft war. „Bloß weg, bevor die Sanis kommen“, sagte er sich und rief Karl und das Mädchen zum Abschied an, ohne dass eine Reaktion kam.

 

Hej Kubus,

es war, als träfe ich einen alten Bekannten wieder. Ich setzte mich neben die beiden und lauschte ihrer besonderen Weise die Welt in diesem Moment zu sehen. Besoffenen und Kindern höre ich gerne mal bei ihrer philosophischen Draufsicht zu. Sie reden beim Denken und meist wirds lustig.
Hier war es traurig und lustig. Schön zu sehen, dass es Priva noch gibt. Und alles in allem kommt er ja klar. Hat ja Karl.

Priva hielt sein Bier hin, sie stießen an, leise klirrten die Sternies. Über ihnen standen Sternis am Himmel.

Das ' süß und deswegen blieb ich bei den beiden sitzen. Einen gesellschaftskritischen Antagonsiten in Person eines Penners einzuflechten, finde ich sehr gelungen und glaubwürdig. Überhaupt ist diese Ménage-à-trois echt super geworden. Fein und humorvoll. Der Flaschensammler irrt sicher; Priva ist nie und nimmer Hipster. Das ' ja das Dilemma.

Und hier bin ich jetzt, mitten im Nirgendwo, ohne Boden unter den Füßen.“

Alles so unklar im Nieselregen.

Ich will diesem Idioten nichts tun“, flüsterte er Karl ins Ohr, sagte „Aye“ zum Sammler und tippte gegen sein Cap.

Ich glaube dem Piratencapitain.

Er drehte sich zu Karl und sagte, dass, wollte sich gerade zu Karl wenden und sagen, dass, dass – da knallte es über seinem Schädel. Priva rannte gegen eine Glastür, schüttelte den Kopf wie ein nasser Hund sein Fell, kriegte die Tür nicht auf. Der Sammler rannte so schnell die Straße runter, dass sein Hackenporsche von einem Rad aufs andere hüpfte. „Da hast du deine Flasche wieder!“, rief er, „bist nicht auf den Kopf gefallen, was? Hahaha!“

Bis auf die abschließende Interjektion (aber das ist wohl Geschmacksache) ein wunderbar artikuliertes Bild und Empfindungsdarstellung Privas.

Karls Augen wurden zu Sehschlitzen, durch die er auf Privas Kopf kuckte wie ein Burgbewohner durch die Schießscharte aufs Schlachtfeld.

Außerhalb der wörtlichen Rede doch immernoch guckte, oder?

Lass mich doch los“, antwortete Priva, „warum werde ich überhaupt festgehalten, Officer?“
„Wenn du wenigstens den Mund halten würdest“, sagte Karl, trank einen Schluck Bier und fluchte, dass er sich keine Kippe bauen könnte, so lange Priva in seinen Armen hing. „Wer hätte gedacht, dass du mal so ein lahmer Rumhänger wirst“, überlegte er und kicherte.

Ein schönes Kuddelmuddel und wenn's nicht so traurig wäre, eine schöne Nummer.

Darüber darf ich nicht reden“, sang er leise.

Sehr schlau von Priva.

Funktionstest“, murmelte Priva, „ich fühle wieder was außerhalb vom Kopf.“

Ich fühle wieder was außerhalb des Kopfes“, stellte er fest, „meine Hand tut weh wie Sau, verdammt, ich hasse Schnittwunden. Nicht zu vergleichen mit so einem kräftigen dumpfen Bonk gegen den Schädel – das hat schon was Sakrales, wie bei den Buddhisten, wenn sie ihren Gong schlagen. So klingt was Heiliges. Hörst du es auch?

Ich liebe ihn.

Und dass du dann auch noch eine vierte Person ins Bild bringst, die sich Karl zuwendet, und Priva aus der Geschichte eliminiert ist ein glänzender Bruch.

Priva ist ein Supertyp und ich hoffe, er findet, worauf er wartet. Aber bis dahin schreibst du bitte noch ein paar KGs über ihn.

Der Titel ist richtig gut gewählt.

Wenn du noch einmal drüber liest, findest du deine kleinen Wortpatzer und flüchtige Kommata selbst.,;)

Vielen Dank und freundlicher Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

„Es ist selten, dass jemand genau das kriegt, was er verdient. Ist schon was wert, davon Zeuge zu sein.“

Der wortspielende Titel erinnert mich an erste politische Erfahrungen und Ehrungen, zum ersten, als die linke Bewegung und gleich Günter Grass, Böll und co. vom damaligen Verteidigungsminister und CSU-Fuzzy FJ Strauss als Ratten und anderes Pack geadelt wurden und hernach, als der damalige Bundeskanzler, als Wirtschaftsminister der Vater des Wirtschaftswunders, als dieser kluge Mensch zu Zeiten der ersten Wirtschaftskrise unserer schönen Republik und dem Zechensterben uns Demonstranten als nichtsnutziges Volk und Gammler bezeichnete.

Natürlich weiß ich, worauf der Titel anspielt, auf die alten Troglodyten, die wir immer noch sind, wenn auch auf technisch höherem Niveau.

Hallo alter Freund und Kupferstecher,
altes Haus mit immer wieder neuen Fenstern,

Kubus,

aber die Geschichte selbst erinnert mich an einen Größeren, als wir beide es je sein werden.

Als ich nämlich "Erschlagt die Armen" von Shumona Sinha bearbeitete, stieß ich (besser ins Passiv übersetzt: wurde ich gestoßen) auf deren Vorbild: Baudelaires ""Assomons les pauvres", etwa zu übersetzen als "lasst uns die Armen erschlagen!"

Nach der Lektüre moderner Literatur will bei Baudelaire der Erzähler frische Luft schnappen, fühlt sich aber von einem Alten belästigt, der um ein Almosen bittet. Wie von allen guten Geistern verlassen, schlägt der Belästigte auf den Bettler ein - so lange, bis der Prügelknabe nicht mehr anders kann und - zurückschlägt.

Es findet näherungsweise ein Rollentausch statt, denn der Alte wird dem Erzähler gleich und dieser lässt (gäbe es noch ein Klassenbewusstsein, das man zu Baudelaires Zeiten erwarten darf, ja muss) den andern an seinem Wohlstand teilhaben.

Paar Trivialitäten der auch m. E. gelungenen Skizze aktueller Befindlichkeiten:

Priva hielt sein Bier hin, sie stießen an, leise klirrten die Sternies. Über ihnen standen Sternis am Himmel.
Gibts unterschiedliche Schreibweisen der mir unbekannten "Sterni(e/s"?ßt

Ich mach überwiegend ohne Begründung, die Du, da bin ich mir sicher, kennst und um die Du weißt

..., die seit [N]eustem verkauft werden sollte, als ...

... ein und sagte zu Priva, er solle trinken[,] nicht nuckeln, sonst ...

„Hier, euer Pfand mein Herr“, sagte Priva und warf die Flasche. Sie explodierte zwischen des Sammlers Füßen. „Für jede weitere schiefe Metapher oder Unworte wie Douchebag sollt ihr eine weitere Flasche bekommen.“
Gewönne die Form der Aussage nicht mit jedem Pronomen in Höflichkeitsform Richtung Wiedereinführung der Adelshöfe, der hovelcihceit, der feinen und gebildeten Leut? Und von den (Adels)Höfen stammt auch - auch um das ein bisschen kolportierende romantische Ende aufzulockern, das der Geschichte zuvor aber keinen Abbruch tut, denn wo der Blitz einschlägt, hat Vernunft nix zu suchen) - das sich bescheiden gebende Adjektiv "hübsch", das über die frz. courtois im als kurteis auf Minnesanges Zungen entlehnt übers mittelfränkische hövesch/hüvesch zum mhd. hüb(e)sch umgelautet wird.

„Hmmm“, brummte Karl, ...
[hm] bleibt hm, so viele m auch angehängt werden und sei's, bis einem die Luft ausgeht ... Wiederbelebung ist garantiert?

Von ferne hörte man Autos am Felsenkeller vorbei fahren.
vorbeifahren

Und wenn dein Gegenüber nichts sag[...]t, ...

Und auch am Satz, den ich grundsätzlich für zitierwürdig halte
Ich glaube[,] jetzt weiß ich, was Schönheit ist: der Rückblick auf geräuschlosen Frieden.“

... und drehte ihr seine Wange zu, aber sie reagierte ni[c]ht.

Das alles kann der Empfehlung keinen Abbruch, nicht mal ein winziges Schaben antun.

Glückwunsch!, Alda, wie't'm Pott heißt, recht und gut getan, Kanji

 

Hallo Kubus,

steht man erst mal wieder auf. die Aussicht ist schon mal besser von hier oben. “
Die

Das war das Einzige, was ich noch hinzuzufügen habe. Den Rest hat eigentlich schon Kanji gesagt. Herzlichen Glückwunsch Kubus. Die Figuren und die Dialoge sind echt realistisch :D

Liebe Grüße,
alexei

 

Hi, Kanji,

vielen Dank für die Empfehlung, darüber habe ich mich gefreut. fast noch mehr aber über deinen Kommentar - so wie du schreibst, dass die Geschichte traurig und lustig ist, so habe ich es auch empfunden. aber bisher scheinen wir die einzigen zu sein, die das so sehen. das ist ja kein Problem, ich mag es, wenn die Leser andere Seiten und Lesarten einer Geschichte entdecken, wenn die Atmosphäre anders empfunden wird, als ich es beim Schreiben empfand. das ist ja in meiner Erfahrung auch meistens der Fall. Jäger und Gammler haben jetzt schon einige Bekannte und Schreibkollegen gelesen und gehört, gestern habe ich sie das erste Mal gelesen und sie kommt insgesamt ganz gut weg, aber diesen traurig-schrägen Humor hat bis jetzt noch niemand benannt. dabei durchzieht das in meinen Augen den gesamten Text. ich habe mich sehr gefreut, dass du das so gelesen hast.

Schön zu sehen, dass es Priva noch gibt. Und alles in allem kommt er ja klar. Hat ja Karl.

Beziehungen spielen für mich eine sehr große Rolle und das bildet sich auch in den Texten ab. in letzter Zeit habe ich das Bedürfnis, mehr über freundschaftliche Beziehungen zu schreiben, als über erotische oder Liebesbeziehungen. Priva hängt schon sehr an Karl, vielleicht glaubte er sogar, dass er sich an ihm festhalten kann, auch wenn er sich das bestimmt nicht eingestanden hätte.

Der Flaschensammler irrt sicher; Priva ist nie und nimmer Hipster. Das ' ja das Dilemma.

es steckt nicht in jedem Fuchspelz auch ein Fuchs. kann mir Priva auch nicht als Hipster vorstellen, was auch immer das sein mag, davon hat wohl fast jeder eigene Vorstellungen, auch wenn die Leude drüber reden, als teilten sie alle eine Hipstervorstellung und als wäre der Stamm der Hipster eine homogene Masse.

Alles so unklar im Nieselregen.

völlig unklar

Ich glaube dem Piratencapitain.

hehe, good one!

Bis auf die abschließende Interjektion (aber das ist wohl Geschmacksache) ein wunderbar artikuliertes Bild und Empfindungsdarstellung Privas.

Danke. ich habe Interjektion noch mal nachschlagen müssen und bin nicht ganz sicher, ob ich deine Anregung verstehe.

Außerhalb der wörtlichen Rede doch immernoch guckte, oder?

Hochdeutsch ist kuckte nicht, aber ich nehme es trotzdem, weil die Schreibweise erstens näher am gesprochenen Wort ist und es im Norddeutschen, meiner Herkunftsregion, so geschrieben wird, wenn ich mich richtig erinnere. müsste dann wohl eine Dialekt-Version sein.

Ich liebe ihn.

schockverliebt!

Und dass du dann auch noch eine vierte Person ins Bild bringst, die sich Karl zuwendet, und Priva aus der Geschichte eliminiert ist ein glänzender Bruch.

toll gesehen und gesagt, danke dafür! war mir nicht bewusst.

Priva ist ein Supertyp und ich hoffe, er findet, worauf er wartet. Aber bis dahin schreibst du bitte noch ein paar KGs über ihn.

gestern hat mich die InsPiration gepackt, die nächste wird wohl sehr düster und realistisch.

Der Titel ist richtig gut gewählt

danke. ich dachte, den hätte ich erfunden, mir schwirrte eine Textzeile von den Beginnern im Kopf rum, aus dem Song Vaul und Späth, die ich abgewandelt habe. aber Karl meinte, das habe er schon gehört und bei der Suche waren Treffer mit diesem Titel von 2007. ich habs trotzdem erfunden, nur nich als erster. ;)

Ich versuche jetzt gleich über den Text rüberzugehen und die Fehler auszukämmen.. kucken ob die Zeit reicht.

ich danke dir noch mal, deine Antwort auf den Text hat mir einen ganzen Tag versüßt.

bis bald,
Kubus

Friedel,

Der wortspielende Titel erinnert mich an erste politische Erfahrungen und Ehrungen, zum ersten, als die linke Bewegung und gleich Günter Grass, Böll und co. vom damaligen Verteidigungsminister und CSU-Fuzzy FJ Strauss als Ratten und anderes Pack geadelt wurden und hernach, als der damalige Bundeskanzler, als Wirtschaftsminister der Vater des Wirtschaftswunders, als dieser kluge Mensch zu Zeiten der ersten Wirtschaftskrise unserer schönen Republik und dem Zechensterben uns Demonstranten als nichtsnutziges Volk und Gammler bezeichnete.

gegen die Meister der Gruppe 47 kam bestimmt auch der wortgewalttätige FJS nicht an, oder? wie du schreibst: geadelt. von so einem Mia-san-Mia-Seilschaftler beschimpft zu werden, wird denen sicher nicht weh getan, sondern eher zum Lachen gereizt haben. wenn die Schimpfwörter nicht so einfallslos gewesen wären, hätten sie bestimmt Geusenwort-Potential gehabt.

Natürlich weiß ich, worauf der Titel anspielt, auf die alten Troglodyten, die wir immer noch sind, wenn auch auf technisch höherem Niveau.

aha, so ist das also für dich! ja, zum großen Teil steckt für mich auch diese Bedeutung drin.

Hallo alter Freund und Kupferstecher,
altes Haus mit immer wieder neuen Fenstern

es ist ja alles schon geschrieben worden, ich versuche das Material neu zu mixen in der Hoffnung, Literatur zu schaffen, die sich immer mehr dem annähert, was ich sehe und zu sagen versuche. das mit den vielen Fenstern ist ein schönes Kompliment.

aber die Geschichte selbst erinnert mich an einen Größeren, als wir beide es je sein werden

mit 18 war ich 1,79, als ich für meinen neuen Perso gemessen wurde, habe ich 1,80 erreicht. da scheint noch Luft nach oben zu sein.

Nach der Lektüre moderner Literatur will bei Baudelaire der Erzähler frische Luft schnappen, fühlt sich aber von einem Alten belästigt, der um ein Almosen bittet. Wie von allen guten Geistern verlassen, schlägt der Belästigte auf den Bettler ein - so lange, bis der Prügelknabe nicht mehr anders kann und - zurückschlägt.

klingt spannend, erinnert mich an Hamsuns irrational handelnde Figuren.

Gibts unterschiedliche Schreibweisen der mir unbekannten "Sterni(e/s"?ßt

ich glaube nicht. weiß auch nicht, wie ich darauf gekommen bin.

Gewönne die Form der Aussage nicht mit jedem Pronomen in Höflichkeitsform Richtung Wiedereinführung der Adelshöfe, der hovelcihceit, der feinen und gebildeten Leut? Und von den (Adels)Höfen stammt auch - auch um das ein bisschen kolportierende romantische Ende aufzulockern, das der Geschichte zuvor aber keinen Abbruch tut, denn wo der Blitz einschlägt, hat Vernunft nix zu suchen) - das sich bescheiden gebende Adjektiv "hübsch", das über die frz. courtois im als kurteis auf Minnesanges Zungen entlehnt übers mittelfränkische hövesch/hüvesch zum mhd. hüb(e)sch umgelautet wird

ich verstehe nur zur Hälfte, was schlägst du vor?

[hm] bleibt hm, so viele m auch angehängt werden und sei's, bis einem die Luft ausgeht ... Wiederbelebung ist garantiert?

hm, für mich macht das einen Unterschied, ob jemand kurz oder lang hmt. also das sehe ich anders.

vorbeifahren

danke, mit so was habe ich immer mal wieder Schwierigkeiten.

Danke für den Glückwunsch! Es ist mir eine Freude und Ehre.

Hallo, Alexei,

Das war das Einzige, was ich noch hinzuzufügen habe. Den Rest hat eigentlich schon Kanji gesagt. Herzlichen Glückwunsch Kubus. Die Figuren und die Dialoge sind echt realistisch

und Recht hast du, da hat sich ein Spleen aus meiner schriftlichen Kommunikation in die Geschichte geschlichen. Spleens sind trickreiche Schlingel.

Danke auch dir für den Glückwunsch, ich freue mich, dass dir dieser Text besser gefällt, als der letzte.

Herzlicher Gruß, Kubus

 

Nix zu danken,

lieber Kubus.

Interessant find ich, dass Du die Vokabel

Geusenwort-...
(nl. geuzennaam) für die positive Umwertung eines Schimpfwortes wählst, nicht nur, weil ich einen Hang zu den Niederlanden habe oder zu meiner Pfadfinderzeit im Stamm der Geusen beheimatet war, sondern weil die niederländischen Freiheitskämpfer sich des frz. gueux (= Bettler) zum Namen gaben - womit wir schon wieder beim Baudelaire stranden ..., von dem ich gar nicht um die Körpergröße weiß. Die Beziehung von Massa Strauss zur Gruppe 47 resultierte wesentlich aus der Spiegelaffäre, blieb dann aber zeitlebens. Die Rezension des baudelaireschen Poems wie des Romans der Shumona Sinha, "Erschlagt die Armen!" findestu, wenn's denn interessiert, hier http://wortkrieger.de/showthread.php?59244-Erschlagen-wir-die-Armen!

Gibts unterschiedliche Schreibweisen der mir unbekannten "Sterni(e/s"?
ich glaube nicht. weiß auch nicht, wie ich darauf gekommen bin.
Passiert mir auch schon mal. Siehe Hof, höflich, hübsch - bei jungen Mädchen juckts den alten Sack ... und Bier, bleibt bei mir ja nicht bei einem ... i. d. R., wenn auch nicht i. a. R.
Priva hielt sein Bier hin, sie stießen an, leise klirrten die Sternis. Über ihnen standen Sternis am Himmel.
...
„Hier, euer Pfand mein Herr!“, rief Priva und warf die Flasche.

[hm] bleibt hm, so viele m auch angehängt werden und sei's, bis einem die Luft ausgeht ...
hm, für mich macht das einen Unterschied, ob jemand kurz oder lang hmt. also das sehe ich anders.
Mich stören in ernsthaften Texten Comic-Elemente, vielleicht ginge statt des
<„Hmmm“, brummte Karl,
"Hm", brummte Karl gedehnt, als ...
Aber "Hmm" ist immer noch besser als "mmh", das lautschriftlich eigentlich nur als [m:], ob mit oder ohne Dehnungs-h dargestellt werden kann.

Gruß und schönes Wochenende vom

Friedel,
der nächste Woche mal wieder 130 km hinterm Deich bei den Torfköppen ist

 
Zuletzt bearbeitet:

lieber Friedrichard, meine Büroleiterin hat einige einleitende Sätze entworfen, aber der richtige Ton war mE nicht dabei, deswegen steige ich direkt mit der Antwort auf deinen ersten Punk ein:

(nl. geuzennaam) für die positive Umwertung eines Schimpfwortes wählst, nicht nur, weil ich einen Hang zu den Niederlanden habe oder zu meiner Pfadfinderzeit im Stamm der Geusen beheimatet war, sondern weil die niederländischen Freiheitskämpfer sich des frz. gueux (= Bettler) zum Namen gaben - womit wir schon wieder beim Baudelaire stranden ...,

hahaha, wow, eine von Friedels berühmt-berüchtigten Assoziationsketten! ein bisschen was weiß ich ja auch manchmal, aber hier wusste ich nichts außer eben dem Geusenwort, dessen Konzept ich liebe und nachvollziehen kann. so ähnlich handelte ich schon, bevor ich es kannte - in bestimmten, eigenen Lebens-Konstellationen schien es manchmal die einzige echte Option zu sein, um aus der Ecke zu kommen. etwas habe ich hier noch beizufügen: beim Schreiben vorhin fielen mir viele Details meiner letzten, anscheinend komplett verdrängten Liebesbeziehung ein - sie liebte neben mir auch Baudelaire, las uns abends aus dem Original des trunkenen Schiffs vor, damit ich wenigstens was von Rhythmus und Sprachmelodie mitkriege. das war schon was. sie klang dabei als wäre dieses Vortragen eine heilige Handlung. einmal meinte sie, das dürfe nur auf französisch gelesen werden, nicht ins Deutsche übertragen - sie war unter anderem Übersetzerin und nicht um Meinungen verlegen, aber so was sagte sie nur einmal. inhaltlich kenne ich nur die deutsche Version, vielleicht ist das der Grund, warum mich die Leidenschaft für Baudelaire nie erfasste.. ps: das trunkene Schiff war von Rimbaud, nicht Baudelaire, sie hat Rimbaud gelesen

Die Rezension des baudelaireschen Poems wie des Romans der Shumona Sinha, "Erschlagt die Armen!" findestu, wenn's denn interessiert, hier http://wortkrieger.de/showthread.php...-wir-die-Armen!

es interessiert sehr, aber ich bin momentan auf Diät in Sachen Gesellschaftskritik, um inneren Abstand zu linken Thesen zu bekommen. Slogans wie dieser Titel rennen bei mir offene Tore ein - ich fühlte mich aber zuletzt insgesamt zu stark durch solche Programme beeinflusst. der ist trotzdem gemerkt, du scheinst ja große Stücke drauf zu halten, erwähnst ihn nicht gerade das erste Mal! ..

Mich stören in ernsthaften Texten Comic-Elemente, vielleicht ginge statt des
<„Hmmm“, brummte Karl,
"Hm", brummte Karl gedehnt, als ...
Aber "Hmm" ist immer noch besser als "mmh", das lautschriftlich eigentlich nur als [m:], ob mit oder ohne Dehnungs-h dargestellt werden kann.

mich nicht prinzipiell, aber an der Stelle wirkte es etwas albern, nachdem ich deine Sicht kannte. dei Vorschlag ist umgesetzt, danke dafür.

eigentlich wollte ich diese Antwort mit den anderen geben, nur dafür fehlten.. andere Kommentare .. dann hatte ich es vergessen...ja, ich lass gerade gern alles etwas schleifen, wenn keine Geldstrafen drohen .. dass ausgerechnet hier weniger Kommentare stehen, als bei fast jedem anderen Text von mir! .. ist etwas .. als passten sich Ruhe und Frieden in der Kommentarspalte dem Wunsch nach Seelenruhe im Text an.

herzlicher Gruß,
Kubus

PS: ich bin ja jetzt Senior! dachte das käme bestimmt frühestens nächstes Jahr zu meinem Zehnjährigen hier auf WK, aber vielleicht wurde mir der Status wegen meiner emotionalen Reife und den ausgeprägten Nasolabialfalten früher gewährt, hast du diesbezüglich was gehört?

 
Zuletzt bearbeitet:

PS: ich bin ja jetzt Senior! dachte das käme bestimmt frühestens nächstes Jahr zu meinem Zehnjährigen hier auf WK, aber vielleicht wurde mir der Status wegen meiner emotionalen Reife und den ausgeprägten Nasolabialfalten früher gewährt, hast du diesbezüglich was gehört?

Le Bateau ivre, das trunkene Schiff,
(beinahe wäre aus dem Schiff ein bureau geworden, hastu auch ne Vorzimmerdame?),

mein J,

alter Freund,
das klingt ja wie ein Treffen alter(nder) Männer, Senior!

67 f. trug ich Rimbaud in der Innentasche - nicht etwa In His Own Write oder A Spaniard At Work, wie man hierorts wahrscheinlich vermuten wird, selbst wenn ich noch manches Lennon-Gedicht heute vortragen kann. Aber Rimbaud war 17 f. wie der kleine Friedel und Henry Miller hatte den gerade auf die Spur [ra:m'bo:] gesetzt. Der erste Rock ' n ' Roller überhaupt, der konsequent die Brocken in jungen Jahren hinschmiss, und das Rimbaud Projekt spielt immer noch Blues und dessen Abkömmlinge.

Zum Senior (darf man da eigentlich gratulieren, kann man Altern nicht einfach aussitzen?) fehlt noch der Posten im Senat (oder im Sänatorium?). Morgen hab ich die erste Dekade hierorts hinter mir, aber mir droht immer wieder mal die Verbannung ... So lang es nicht auf der heiligen Helena ist ...

Ein Beitrag mehr - wenn auch riskant ...

Tschüss

Freatle

 

Hochgeschätzter Kollege ;), lieber Kubus,

wie kann ich meine Zeit besser nutzen, als ambitionierte Texte zu lesen und ein paar Worte darüber zu verlieren. Selbstredend suche ich bei dieser Gelegenheit ein paar Krümel, fege sie entweder weg oder zeige sie dir, sollst ja was von haben, ist, glaube ich, ohnehin die beste Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Alsdenn: deine Geschichte hat mir weitgehend gefallen, das Sprachakrobatische, Experimentelle daran, einigen versteckten Humor. An einigen Stellen fand ich sie zu schwammig oder zu plakativ. Diese einfache Gegenüberstellung von Hipstern (alle böse und verschlagen) und den Kerlen um Priva, die arm, ehrlich bis zur Selbstaufgabe, hart aber herzlich sind, na ja, das finde ich langweilig. Du tauchst die Szenerie in Dunkelheit und Düsternis besoffener Art und zeigst halt wieder so was Kafkaschwarzes, das in einigen hier derzeit gefeierten Texten enthalten ist und, wenn auch gut, so doch für meinen Geschmack zu wehmütig schwer, deutsch, russisch, was auch immer, ist. Aber wie anfangs gesagt: der Text an sich ist gut und sprachlich beeindruckend.

Textstellen:

„Ich weiß nur was war, und was war, war nicht das, worauf ich warte. Was mir wichtig war, wurde bedeutungslos.
bisschen viel "was war", aber witzig.

„Ja, und hier bin ich jetzt, mitten im Nirgendwo,
dieses mitten im Nirgendwo ist so ein ab genutztes Sätzchen, das nicht gut zum ansonsten kreativen Sprachgebrauch passt.

er solle trinken, nicht nuckeln, sonst werde die Flasche nie alle und er nicht betrunken.
:lol:

Vom Stamm der Hipster, euer Siedlungsgebiet liegt zwischen Macchiato-Strich, Bio-Betankung und Eigentumswohnung, ihr seid Parasiten, die den Städten ihre Seele rauben und dafür sorgen, dass es überall gleich aussieht und nur sie selbst dort mehr leben wollen und können.“
sehr gut beschrieben :Pfeif:

wankend neben seinem Hackenporsche
okay, das mit dem Hackenporsche habe ich nicht ganz kapiert.

‚Wer kauft mir nur ständig so ein Hipstergesöff?‘
na ja, als Hipster würde man so 5€ pro Flasche Bio-Bier kaufen, ne?

„Aber nur wenn ich weiß, was der Andere sagen will“, sagte Priva.
„Unsinn. Woher willst du denn wissen, was jemand sagen will, der nichts sagt?“
„Darüber darf ich nicht reden“, sang er leise.
sehr gut, klingt nach bestem Theater-Deutsch

dumpfen Bonk gegen den Schädel – das hat schon was Sakrales, wie bei den Buddhisten, wenn sie ihren Gong schlagen. Heiliger Klang. Hörst du's auch?“
tolles Bild

viele Grüße und paca
Isegrims

 

Hi, Isegrims,

wie kann ich meine Zeit besser nutzen, als ambitionierte Texte zu lesen und ein paar Worte darüber zu verlieren. Selbstredend suche ich bei dieser Gelegenheit ein paar Krümel, fege sie entweder weg oder zeige sie dir, sollst ja was von haben, ist, glaube ich, ohnehin die beste Möglichkeit sich weiterzuentwickeln.

ja, danke dafür. etwas zu lernen gibt es immer, und mit etwas Glück und dem richtigen Blick lerne ich auch das richtige aus einem Kommentar, um damit an der nächsten Prosa zu feilen. hier ist es ja das inhaltliche, was du ansprichst. darauf gehe ich gleich ein, aber jedenfalls ist konstruktive Kritik insgesamt immer erwünscht.

An einigen Stellen fand ich sie zu schwammig oder zu plakativ. Diese einfache Gegenüberstellung von Hipstern (alle böse und verschlagen) und den Kerlen um Priva, die arm, ehrlich bis zur Selbstaufgabe, hart aber herzlich sind, na ja, das finde ich langweilig.

schade, dann habe ich versagt. eigentlich sind diese Klischees eines meiner Themen, deswegen habe ich auch in einem Kommentar davon geschrieben, dass die Menschen von Hipstern sprechen, als wären sie eine homogene Masse, deren Mitglieder sich alle gleich verhielten und stets mit sich selbst und anderen Hipstern identisch wären. dabei empfinde ich dieses Wort als inhaltslos, wie es fast jedem Wort geschieht, das zu oft verwendet und auf zu vieles angewendet wird: die sind durchgekaut, schmecken nach nichts und werden porös wie alter Kaugummi. aber das sollte schon in der Geschichte rauskommen.
genauso wie die literarischen Abbilder von mir und meiner Bande auch nicht wie klischierte Abziehbilder rüberkommen sollten - hart aber herzlich, so war das nicht intendiert. so sehe ich auch weder die Figuren noch uns selbst. aber das alles hilft ja nichts, wenn sich das nicht im Text abbildet. daher danke für deine offenen Worte, ich nehme sie mit in die nächste Geschichte.

Du tauchst die Szenerie in Dunkelheit und Düsternis besoffener Art und zeigst halt wieder so was Kafkaschwarzes, das in einigen hier derzeit gefeierten Texten enthalten ist und, wenn auch gut, so doch für meinen Geschmack zu wehmütig schwer, deutsch, russisch, was auch immer, ist.

so eigentlich besoffen habe ich sie mir nicht vorgestellt. eher dass sie halt rumlungern und so was wie ein Feierabendbier trinken. wenn sie besoffen wirken, geht ja die gesamte Geschichte fehl - es geht ja darum, sich nüchtern oder fast nüchtern derart ungehalten zu verhalten. aber ich verstehe jetzt, wie dieser Eindruck entstehen kann, klar, der Alkohol war schuld, aber genau das sollte nicht sein. vielleicht die beiden Limonade trinken lassen? das käme mir seltsam vor.
auf diesen Fallstrick bin ich nicht gekommen, vielleicht weil ich keinen Rausch brauche, um mich deviant zu verhalten. ist ein guter Hinweis, wahrscheinlich werden viele so denken, und ich bin nicht drauf gekommen.
und interessant auch, dass das wehmütig, schwer wirkt. ich nehme das so nicht wahr, aber genau dafür sidn ja geliehene Leseraugen wichtig. solche Texte werden hier gefeiert?

bisschen viel "was war", aber witzig.

mit dem Satz habe ich lange gehadert und bin noch nicht zufrieden. ohne dieses was war war was würde der gar keinen Inhalt haben. so dieser hochtrabenden Bedeutung soll ja durch das kleine Sprachakrobatenstück was entgegengestellt werden.

dieses mitten im Nirgendwo ist so ein ab genutztes Sätzchen, das nicht gut zum ansonsten kreativen Sprachgebrauch passt.

stimmt absolut. aber wenn mir nichts besseres einfällt, muss ich das nehmen, oder? - weil das doch eine bestimmte Bedeutung hat. aber das ist ausgelutscht, stimmt, in jedem zweiten meiner Texte ist so was drin, das begleitet mich als mal berauschendes mal beängstigendes Lebensgefühl, aber ich müsste es wahrscheinlich verkleiden, wenn ich es benutze - denn dass ich es benutze, darum führt eigentlich kein Weg, glaube ich, schließlich musz man über das schreiben, was einen treibt oder umtreibt oder interessiert, was einen erfüllt und wonach man jagt. für gezeigte Alternativen sind meine Augen geöffnet.

okay, das mit dem Hackenporsche habe ich nicht ganz kapiert.

wie heißen diese Einkaufswagen, die alte Leute vor allem nutzen, um einzukaufen? ich komme seit Wochen nicht auf diesen Begriff, mir fiel nur diese despektierliche Umschreibung ein ... ist jedenfalls so ein Rollwagen, den mensch zum EInkaufen nimmt und hinter sich herzieht - mit Gestänge und Griff und zwei Rädern. haha, wie heißt das nur? ich bin kurz davor, das Teil aufzuzeichnen... :D

na ja, als Hipster würde man so 5€ pro Flasche Bio-Bier kaufen, ne

in Hamburg vielleicht, aber da die in Leipzig spielt - dort ist selbst teures Bier billig. wobei das wieder zu dem Punkt kommt, dass das ja keine Hipster sein sollen, sondern eben mit dieser Schublade spielen, arbeiten. aber wenn das nicht deutlich wird, ist das vielleicht, was du mit schwammig meinst.

Vielen Dank für den Kommentarrr und die Kritikpunkte und natürlich auch die Blumen, von denen manche so schön sind, dass ich mich zusammen reißen muss, sie nicht auch zu zitieren :)

herzlicher Gruß liebe Isegrims und bis die Tage,
Kubus

 

Hi Kubus,

ich hab grad Lust, hier noch ein bisschen abzuhängen und da denk ich mir, sag ich mal ein paar Worte zu deiner Geschichte, denn das wollte ich schon länger tun. Schön gemacht, das mal vorab.
Als zweites nehme ich deinen letzten Kommentar zum Stichwortgeber: Dass die beiden nicht besoffen wirken sollen. Ich vermute, das ist im Einzelnen nicht das Problem, also mit Privas Schwanken und so, das kann man wahrscheinlich schon ganz gut auf den Schlag mit der Flasche zurückführen. Aber man wird gleich am Anfang - ich jedenfalls - durch das Setting am Anfang darauf gepolt, dass die beiden nicht mehr ganz bei sich sind: Sitzen da unter den Straßenlaternen im Nieselregen ... Wenn du sie da etwas gediegener zeichnest, könnte das vielleicht schon was nützen.

sie stießen an, leise klirrten die Sternis. Über ihnen standen Sternis am Himmel.
Leerzeichen zu viel. Aber das wollte ich nicht sagen, sondern: Du bist der Einzige, bei dem ich solche Wortspiele nicht zum Weglaufen finde. Nein, wirklich, eigentlich doch total platt, aber deinen Texten steht das. Wie machst du das nur?

Ich hab's:

Eine Wundermaschine des Lindenauer Nachtlebens, die seit neustem verkauft werden sollte, als könnten Wunder jemandem gehören.
Du machst das so, dass du durch solche äußerlich ganz ähnlichen, aber doch viel feineren Wortspielen zeigst, das du es drauf hast. Man sagt sich dann: Der weiß, was er tut. Und deswegen darf er dann halt auch, was nicht alle dürfen.

dann wieder den urbanen Sammler.
"urban" vielleicht beim ersten Auftreten des Sammlers? Das ist ja an sich schmückendes Beiwerk, man weiß, dass sie in der Stadt sind, und es schmückt, meine ich, weniger gut als Nachklapp.

Vor ein paar Monaten noch hätte er nichts anderes gewollt, aber jetzt war es anders, die Zeit hatte ihn verändert. Das Treiben in den lichtlosen Räumen leerer Tage, er war geläutert, frei von Begehren.
Kling schön, aber letztlich find ich's nicht ganz stimmig. Die Flasche auf dem Stein zerbersten zu lassen ist ja kein allzu großes Begehren, das beißt sich für mich zu wenig mit dem Treiben in lichtlosen Räumen. Wenn er wirklich nichts anderes wollte, sollte er mir noch immer ziemlich frei von Begehren erscheinen.

„Wegen dir und Leuten wie dir geht hier alles vor die Hunde“, sagte der Sammler, „weißt du, Plagwitz ist schön gewesen, bevor vampirische Douchebags wie du hier unser Leben witterten. Jetzt können sich Leipziger wie ich keine Wohnung mehr leisten.“
Wie schön der Sammler schimpfen kann!

„Hier, euer Pfand mein Herr!“, rief Priva und warf die Flasche. Sie explodierte zwischen des Sammlers Füßen in tausend Scherben.
Auch schön ist die geschwollene Anrede. Eine Überlegung wert eventuell, im Anschluss gewöhnlicher: "zwischen den Füßen des Sammlers", um das Geschwollene Privas Rede allein zu lassen.

Der Sammler stand leicht wankend neben seinem Hackenporsche
Witziges Wort, reicht aber ein mal, finde ich, sonst wirkt es fast schon zu gewollt witzig. Gut, du weißt nicht, wie das Ding konkret heißt, dann muss es wohl bis auf Weiteres so bleiben. (Ich kann dir auch nicht aushelfen.)

Er drehte sich zu Karl und sagte, dass, wollte sich gerade zu Karl wenden und sagen, dass, dass – da knallte dass auf seinem Schädel.
Kurz mal aufstehen zum Szenenapplaus.
Nee, warte mal: Ich klatsch gleich bis zum Ende durch. Höchstens nehme ich noch die Füße dazu, wenn sich Karl und das Mädel so absurd und treffend zärtlich im Gesicht begrapschen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hey, erdbeerschorsch,

und entschuldige bitte die späte Antwort, es war etwas abenteuerlich die letzten Wochen, so dass die Kombo aus freier Zeit und innerer Ruhe nicht zustande kam, mit der ich meine Antwort formulieren möchte. vielen Dank erst mal für den Kommentar und die Denkanstöße, auch für das Kompliment, vielen Dank!

Dass die beiden nicht besoffen wirken sollen. Ich vermute, das ist im Einzelnen nicht das Problem, also mit Privas Schwanken und so, das kann man wahrscheinlich schon ganz gut auf den Schlag mit der Flasche zurückführen. Aber man wird gleich am Anfang - ich jedenfalls - durch das Setting am Anfang darauf gepolt, dass die beiden nicht mehr ganz bei sich sind: Sitzen da unter den Straßenlaternen im Nieselregen ... Wenn du sie da etwas gediegener zeichnest, könnte das vielleicht schon was nützen.

an diese Stelle will ich noch mal ran. wenn die beiden schlicht als betrunken gelesen werden, ist mein eigentlicher Punkt weg. vielleicht könnten die Limonade trinken, das würde Priva wenigstens eine Flasche in die Hand geben. und möglicherweise würde der Ort dann auch eher so wirken, wie ich ihn erlebe - da treffen schon Menschen mit einigem kulturellem und sozialem Kapital zusammen und aufeinander. außer dem Pfandsammler sind dort selten Menschen, die vom Milljöh her eher randständig sind. es ist dort in der Nacht, an Abenden wie dem hier beschriebenen, lebhaft, friedlich, farbenfroh. zwei, drei Sätze zu dem Setting würden das mitunter am besten beschreiben, überlege ich gerade, und ein knappes Statement zu dem Rauschzustand meiner Figuren, den ich mir so als Feierabendbier vorstelle. dann könnten die auch weiter Bier trinken. wenn ich denen eine Limonade in die Hand gäbe, könnte das behauptete Hipstertum von Priva sonst zu überzeugend wirken. ohne damit sagen zu wollen, das wäre ein Hipster-Merkmal. ist jedenfalls ein wichtiger Punkt hier, ich freue mich, dass das angesprochen wurde.

Das mit den Wortspielen ist für mich ein ewiges inneres Hin und Her. einerseits liegen die mir auf der Zunge und fließen aus den Fingern, fühlen sich wie authentischer Ausdruck an. andererseits zwinge ich mich immer wieder, die zu ignorieren bzw im Nachgang aus dem Text auszukämmen - weil ich die Sorge habe, dass Wortspiele jedes Thema und Konzept einer Geschichte untergraben könnten da sie auf Leser lächerlich wirken können.
bei Jäger und Gammler habe ich mehr davon zugelassen und drin gelassen. und zur Charakterisierung meiner Figuren gehört, dass sie auch schlechte Gags bringen, nicht nur feingedrechselte Pointen. in Gesellschaft habe ich immer wieder das Gefühl, dass es diese Tiefflieger sind, die Hemmungen abbauen und die Leute zusammen bringen. clevere Kommentare bleiben ja trotzdem möglich.
meine letztendliche Begründung dafür, das so zu verwenden, ist für mich, dass dieser wortspielerische Umgang mit dem Sprachmaterial, das unsere Wirklichkeit mitformt, in meinen Augen sein eigenes Recht hat als Gestaltungsinstrument einer Geschichte. um auf bestimmte Weise zu wirken.

"urban" vielleicht beim ersten Auftreten des Sammlers? Das ist ja an sich schmückendes Beiwerk, man weiß, dass sie in der Stadt sind, und es schmückt, meine ich, weniger gut als Nachklapp

dem Tipp werde ich wohl folgen. Ideengeber war hier ein soziologischer Text, der den Pfandsammler als urbanes Wesen definiert.
im besten Falle könnte ein Leser diese Assoziation aus dem Augenwinkel bekommen, als kleinen Denkanstoß.

Kling schön, aber letztlich find ich's nicht ganz stimmig. Die Flasche auf dem Stein zerbersten zu lassen ist ja kein allzu großes Begehren, das beißt sich für mich zu wenig mit dem Treiben in lichtlosen Räumen. Wenn er wirklich nichts anderes wollte, sollte er mir noch immer ziemlich frei von Begehren erscheinen.

und wenn es unstimmig wirkt, verkehrt sich sprachliche Schönheit für mich in das Gegenteil - Sprache darf für mich kein Selbstzweck werden.. darauf muss ein Wortspieler mE besonders achten.
meine Interpretation wäre, dass es nicht um die Flasche geht, sondern dass darüber hinaus Privas Aktion beweist, dass sein Nirvana nicht funktioniert und ihn die Welt und Menschen weiterhin angehen.
ich nehme deinen Kommentar hier als Hinweis, wie anders und konkret die Stelle verstanden werden kann, werde aber hier erst mal nichts ändern.

ich war begeistert von der Beredsamkeit des Sammlers! so richtig auf Touren kommen viele Menschen beim Ablästern und der ging dabei richtig gut ab. dass die Situation später eskalierte, lag mE daran, dass er besser austeilen als einstecken konnte. irgend jemand hat ihn auch getriezt, wahrscheinlich um genau so eine Situation zu provozieren, in der der Sammler aus seinem täglichen Singsang herauskommt und sich ohne Maske zeigt.

Auch schön ist die geschwollene Anrede. Eine Überlegung wert eventuell, im Anschluss gewöhnlicher: "zwischen den Füßen des Sammlers", um das Geschwollene Privas Rede allein zu lassen.

freut mich dass Ihr das herauslesen konntet! dem Vorschlag folge ich, mehr Kontrast hilft der sprachlichen Fallhöhe.

Witziges Wort, reicht aber ein mal, finde ich, sonst wirkt es fast schon zu gewollt witzig. Gut, du weißt nicht, wie das Ding konkret heißt, dann muss es wohl bis auf Weiteres so bleiben. (Ich kann dir auch nicht aushelfen.)

mir ist das Wort schon an sich etwas zu viel, zu sehr überzeichnet vielleicht? ein Mal streichen, ob ich das Teil einfach Ziehwagen nennen soll, der Name müsste doch das Bild in den Leserköpfen entstehen lassen. erst Ziehwagen, dann Hackenporsche, wenn der beim Rennen von einem Rad aufs andere hüpft (das machen die glaube ich auch im wahren Leben. erzeugt in meiner Lesart aber ein comichaftes Bild, jedesmal, wenn ich an diese Stelle denke.)

Nee, warte mal: Ich klatsch gleich bis zum Ende durch. Höchstens nehme ich noch die Füße dazu, wenn sich Karl und das Mädel so absurd und treffend zärtlich im Gesicht begrapschen.

:D sehr schön, ich danke herzlich!

beste Grüße
Kubus

 

Hi,

vielleicht könnten die Limonade trinken
Bionade wär doch das Getränk der Stunde - hab ich reflexhaft gedacht. Aber das könnte auch schon zu viel Klischee sein.

Freut mich, dass du dich zurückmeldest!

Besten Gruß
erdberschorsch

 

Hi, Manlio,

Oha, Reminiszenz an einen der Riesen. Daran wirst du dich messen lassen müssen

Aha, eine Reminiszenz: welchen Riesen meinste? Doch nicht Beckett wegen warten, eh? wenn doch, würde ich dazu noch ein, zwei Zeilen schreiben wollen..

Hier baut sich ein Thema auf, das nicht weitergesponnen oder gar aufgelöst wird. Ich weiß nicht, ob mir das gefällt oder nicht. Es gefällt mir und auch wieder nicht.

^^ okay, lass uns zuerst auf der abstrakten Ebene bleiben: Die Parallelität von Gefallen und Nichtgefallen entspricht meinem Verhältnis zur Welt, um es dezent zu formulieren...

das ist ein intertextueller Bezug : was hier gemeint ist, lässt sich erschließen, wenn andere Privageschichten bekannt sind. ansonsten müsste aber auch ohne konkreten Bezug klar werden, was hier gesagt wurde: eben das, was dort steht: jemand Egoistisches hat sich mal den Arsch aufgerissen für andere, was nicht so klappte, wie der sich das dachte. und sogleich kriegte er das große Heulen, weil vielleicht sein Engagement auch nur erweiterter Egoismus war und er nicht das zurück bekam, was er sich von seinem Engagement erhoffte - was im Prinzip das ganze Engagement (im ideellen Sinne, nicht im konkret-praktischen Bezug) ad absurdum führte..

"urbanen" kommt mir unnötig vor, auf dem Land wird er kaum leben

'urbaner Sammler' ist stehende Formulierung für einen Typus der Stadtsoziologie

Das verwirrt mich, auf wen bezieht sich der Satz?

der Dialog wird weitergeführt, nur jetzt von direkter zu indirekter rede gewechselt: Gesprächspartner wechseln nicht.

Das klingt ein bisschen arg gedrechselt.

ja. bin ich unzufrieden mit. danke

Du etablierst das Setting ja sehr peu a peu. Bis zu diesem Punkt hatte ich die drei ganz unter sich gewähnt. Hättste zwischendurch ruhig einfließen lassen können.

hätt mensch machen können. spielt aber eigentlich nicht so die große Rolle, ist halt nur zusätzliches Literaturpersonal, Statisten. ändert meines Erachtens nix wesentliches, ist Kolorit.

Schöner Satz, aber die Wendung verwirrt mich sehr. Wo und wie soll denn da nun eine Tür sein?

da ist keine Tür. das ist ein Vergleich ohne Wie, weil der eben direkt knallt wie eine Tür vorn Kopf. wie Unterschied Joint und Bong, langsam getrunkener Wein und Shot.. das sind so Sachen, wenn die sich erschließen, treffen die bei den Lesern derbe, wenn nicht, schmeißt es erst mal aus dem text als wäre der verkürzte Vergleich eine hyperaktive Drehtür, die keinen Zugang gewährt, sondern den Leser wider vor die Tür setzt, durch die er gerade eintreten sollte

Die aber keinen Gewinn bringt

wurde bisher meist anders verstanden / gewertet, eher gegenteilig. also danke für kritisches Feedback an der Stelle.

Schade auch, dass der Sammler verschwindet. Der war mir schon ans Herz gewachsen.
nice. sympathisch :)

Danke für die Blumen, das Lob, und ebenso sehr fürs Kritisieren. entschuldige die späte Antwort, habe gar nicht mehr in den Faden gekuckt, dachte, der wäre erledigt. freut mich sehr, dass der das nicht war...

cheers,
Kjub

 

Hi, Manlio,

sorry mein Faden hier ist mir mal wieder durchgerutscht, dabei waren wir schon im Gespräch. war alles etwas zu aufregend im Sommer. jetzt ist glücklicherweise Winter.

Also zu dem Beckett-Bezug wollte ich ja noch ein paar Zeilen schreiben. Aber eigentlich kann ich dazu nicht mehr sagen als dass das nicht geplant war und ich Beckett und mein Bild von ihm sehr liebe, obwohl ich seine Romane manchmal nicht durchhalte, weil es nirgendwo was zum Festhalten gibt, alle Gewissheiten sich auflösen. also ich mag das sehr und finde gut, dass es Beckett gab und seine Bücher gibt, auch wenn ich die gerade nicht lese. heute zufälligerweise wieder was über ihn gelesen aus der Zeit, als er Andre the Giant, den später legendären WWF-Wrestler zur Schule fuhr. was für eine Mischung! und dass beide Nachbarn in einer französischen Landgemeinde waren, ist auch schon fast unglaublich. Beckett ist eines der echten Phänomene europäischer Literatur des letzten Jahrhunderts.

urbaner Sammler oder Pfandsammler werden als Typus der Stadtsoziologie seit ein paar Jahren erforscht. und ich dachte halt, dass das eine der seltenen Gelegenheiten ist, wo ich eine wissenschaftliche Bezeichnung für ein interessantes Phänomen in Literatur übernehmen kann. dein Einwand, dass der Sammer logischerweise ein urbaner ist, wird davon freilich nicht berührt.

das ist das Problem wenn man die Metapher ohne wie in den Text setzt. sie ist dann so unmittelbar, dass wir sie kaum mehr wahrnehmen. mir würde es bei anderen Texten sicher ähnlich gehen und ich würde solche Bilder konkret verstehen, einfach weil ich so sehr auf literarische Codes gedrillt bin und dazu gehören eben diese Signalwörter für Metaphern und Vergleiche wie, als ob etc..

Beste Grüße jedenfalls und danke fürs Nachhaken,
Kubus

 

Hi Kubus,

ach, dein Geschichtchen hat was! So filosofisch ... ;) Wenn ich jetzt alle Textstellen zitieren wollte, die mir gefallen, dann könnte das hochgradig ausufern. Ein paar dusselige Fragen hab ich auch im Gepäck. :shy:

Er sah in den Nebel des abendlichen Nieselregens

Fang ich gleich mal als Korinthenkacker an: Wie kann denn der Regen Nebel haben? Der Genitiv unterstellt doch, dass das der Nebel vom Regen ist? Ach, vergiss es.

Priva hielt sein Bier hin, sie stießen an, leise klirrten die Sternis. Über ihnen standen Sternis am Himmel.

Sternis???! Ich glaub, ich sollte mein Großhirn jetzt mal deaktivieren, bevor ich weiterlese.

Witzelte über Privas Schnoppek

Das kleine Greenhorn fragt: Was ist denn Schnoppek?

Ob er denn glaube, dass sie Zeit hätten?, fragte der Sammler, er habe keine, jedenfalls nicht übrig. „Kennst du meinen Stundenlohn?“, fragte er. Priva schüttelte den Kopf, ohne die Flasche abzusetzen. „Geht dich auch nichts an, ich kenne deinen ja auch nicht, will ich auch nicht wissen. Über Geld spricht man nicht, so was solltest du wissen.“
Karl und Priva sahen sich kurz an und dann wieder den urbanen Sammler.
„Jedenfalls sinkt der Lohn meiner Stunde, wenn Privilegierte täten, als gehörten ihnen nicht nur ihre Flaschen, sondern auch meine Zeit.“

Keiner hat mehr Zeit heute. Nicht mal die Flaschensammler.

Vom Stamm der Hipster, euer Siedlungsgebiet liegt zwischen Macchiato-Strich, Bio-Betankung und Eigentumswohnung, ihr seid Parasiten, die den Städten ihre Seele rauben und dafür sorgen, dass es überall gleich aussieht und nur sie selbst dort mehr leben wollen und können.“

Meines Wissens werden die Höflichkeitsanreden in der zweiten Person Plural (Ihr, Euch usw.) groß geschrieben.

„Und ich verspreche euch, dass Ihr für jede weitere schiefe Metapher oder Unworte wie Douchebag eine weitere Flasche bekommen werdet.“

Siehe oben.

Priva weinte stumm, gegenüber stürzte ein Mehrfamilienhaus geräuschlos ein. „Ihr habt das vielleicht nicht mitgekriegt“, sagte er, “ aber die Sache sieht so aus: Ihr steht voreinander, schmachtet euch an und habt jeweils eine Hand im Gesicht des Anderen. Während ich im Sterben stehe.“

Meine Lieblingsstelle.

Ja. Also. Ist jetzt nicht so ein gehaltvoller Kommentar geworden. Sorry. Aber ich habs echt gern gelesen. Skandalös, dass es nicht gedruckt wird. Gut gemacht!

Beste Grüße
Anne

 

Hi, Anne,

Ach, dein Geschichtchen hat was! So filosofisch ... Wenn ich jetzt alle Textstellen zitieren wollte, die mir gefallen, dann könnte das hochgradig ausufern. Ein paar dusselige Fragen hab ich auch im Gepäck

Sweet! Fragen sind immer gut...

Fang ich gleich mal als Korinthenkacker an: Wie kann denn der Regen Nebel haben? Der Genitiv unterstellt doch, dass das der Nebel vom Regen ist? Ach, vergiss es

Manchmal ist der Nieselregen so fein und fällt so langsam, dass er wie Nebel in der Luft zu hängen scheint. Also ich würde sagen, dass der Erzähler sich vom Nieseln an Nebel erinnernt fühlt. Das meine ich.

Sternis???! Ich glaub, ich sollte mein Großhirn jetzt mal deaktivieren, bevor ich weiterlese.

ja, das sind die Momente, in denen ich mich mutig dafür entscheide, so was wie "Sternis" in den Text zu stellen. Bitte deaktivieren Sie Ihr Großhirn und schnallen sich an.

Das kleine Greenhorn fragt: Was ist denn Schnoppek?

ein Synonym für den Oliba, Oberlippenbart. wie Schenkelbürste, Rotzbremse, Pornobalken - aber mit weniger extremen Assoziationen, sage ich mal. ich mag Schnoppek, auch den Klang.

Keiner hat mehr Zeit heute. Nicht mal die Flaschensammler.

ich weiß nicht, wie das früher war. finde aber auch, dass wir uns oft zu wenig Zeit nehmen für die wichtigen Dinge im Leben.

Meines Wissens werden die Höflichkeitsanreden in der zweiten Person Plural (Ihr, Euch usw.) groß geschrieben

Im Brief oder in ähnlicher direkter Anrede beim Kommunizieren mit dir bekannten Menschen, ja, und dann kannst Du alle Anredepronomen groß schreiben, nicht nur die zweite Person Plural (und besitzanzeigende Wörter wie Dein, Dir ...). ich verstehe die Großschreibung als Signal, dass im Kontakt der andere sozusagen groß geschrieben wird. für mich ist das nichts, ich gebe immer nur große Personalpronomen zurück, wenn mir die jemand als Erstes präsentiert. und versuche Höflichkeit eigentlich immer durch Freundlichkeit zu ersetzen (oder auch Unfreundlichkeit, wenn's nicht anders geht, es geht in der Hauptsache um echte Impulse.) das sorgt öfter für Irritationen, weil Hierarchien eher über Höflichkeit und Respekt funktionieren, seltener über Freundlichkeit und Zugewandtheit. für die es in den allermeisten Firmen bspw weder Zeit noch Worte gibt, wie du es vielleicht auch erlebst. ich meine, das ergibt schon Sinn - die Sprache in der Arbeitswelt hat ja den Auftrag sozusagen, mit verschiedenen Hierarchiestufen und anderen Stakeholdern jeweils angemessen zu kommunizieren.

aber das gilt nicht für Geschichten - in Geschichten gibt es keinen Adressaten für die Großschreibung! kein Du fühlt sich dusselig, weil du "du" geschrieben hast.

Danke fürs Vorbeischauen und Fragen und Sagen! Das ist auch meine Lieblingsstelle der Geschichte.

Viele Grüße,
Kubus

 

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