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gesellschaft

Genre: gesellschaft

  1. Bügelfalten

    Ich öffnete die Haustür und starrte auf eine ausgestreckte Hand, die eine Visitenkarte hielt. „Guten Morgen, Herr Gaupp, Phillip Fischer von der Morgenpost. Wir waren für 10 Uhr verabredet." „Gewiss, kommen Sie herein.“ Wir setzten uns an den Kamin. „Was ist das für eine sonderbare Serie, die...
  2. Tics & Tricks & Pflichtbewusstsein

    Am frühen Vormittag wollte ihre Praxishelferin wissen, ob sie den Anruf einer ziemlich aufgewühlten Person durchstellen solle, einer Tia. „Sahra? Ich bin eben angekommen. Ich warte nur noch auf das verschissene Gepäck. Das was ich noch hab. Ist mir eminent wichtig. Wenn die das verbummelt haben...
  3. Rotverschiebung

    Es ist überall rot. Früher als erwartet, kommt halt darauf an, was man erwartet. Gestern noch dieses zarte Rosa, wie in den letzten Monaten – dann sowas. Die sanften Farbtöne hatten die meisten bald ignoriert, sich damit abgefunden. Es bestand die Hoffnung, dass diese etwas lästige Anomalität...
  4. Die Suche nach den Farben

    Panama Zwischen den aufragenden Glastürmen Panamas kreisen Geier, ein Symbol oder eben einfach Vögel, die in der Stadt zwischen den Meeren eine ideale ökologische Nische gefunden haben. Containerschiffe am Horizont, die den Kanal in die eine oder andere Richtung durchqueren. Sie gleiten wie...
  5. Für Katinka wär das hier nix

    Liebes Tantchen Galina, jetzt hast du dich ganz allein um Mamotschkas Beerdigung kümmern müssen. Glaub mir, ich hab alles versucht, um freizubekommen. Wenigstens für einen Tag, auch wenn der von hier bis nach Kyjiw nicht gereicht hätte. Aber da waren sie gnadenlos, keine Ausnahme, auch nicht für...
  6. Das Ende und der Neuanfang

    Ein Blick in seine Augen. So sehr vertraut und liebevoll. Ich selbst hatte schon viele positive und negative Erlebnisse bewältigt, jedoch war er bei vielen von diesen an meiner Seite. Und das war er auch an jenem Tag. Mit zitterigen Händen und schwammigen Knien stand ich an der Arbeitsplatte...
  7. Störfrequenzen

    Leo wusste, dass ich sie genau dort finden würde. Die Kassette stand auf dem Regal, eingeklemmt zwischen einer Bob-Dylan-Biographie und dem Gitarrenbuch von Peter Bursch. Die Hülle war vergilbt und das Einlegeblatt in seiner schwungvollen, eleganten Handschrift bekritzelt. Oben in der Mitte...
  8. Die Eichenhütte

    Oma hat gewunken, als sie mich durch die Glastür des Wohnzimmers sah. Eigentlich wollte ich der Pflegerin nur schnell die Einkaufstüte geben und wieder fahren. Aber sie hat sich schon aufgesetzt, musste sich dafür am Dreieck festhalten, das über dem Krankenbett hängt. „Wusstest du, dass die...
  9. Dreieinhalb Stunden

    Dreieinhalb Stunden Thorben war ein liebevoller, vorausschauend denkender Mann. Schon bei ihrer ersten zufälligen Begegnung im Zug nach Straßburg war Karin dem Charme ihres überaus stilvoll gekleideten Sitznachbarn mit den goldbraunen Augen und der tiefen Stimme erlegen. Seine hünenhafte...
  10. Klappstühle und Boris R.

    …Lucy was a dancer“, singt die Band. "Wie heißt diese Nummer von Purple", frage ich meinen Kumpel. Er gibt vorwurfsvoll zurück: "Natürlich "Knocking at your back door". Schon wieder hat er mich bei einer Bildungslücke erwischt. Natürlich alles gecovert. Die Originale würden auf so einer kleinen...
  11. Ein Abschied

    September 1985, herrliches Spätsommerwetter. Sonst fährt er allein zum Flughafen, wenn er ohne sie verreist. Heute nicht. Sein Flug wird jetzt gerade aufgerufen. Diese letzten Minuten mag er nicht. Sie auch nicht. Abschiednehmen ist besser zuhause. Da sind sie sich einig. Kurz vor dem...
  12. Heiße Sardelki auf der Flucht

    März 1918. Alles vorbereitet, heute geht es los. Unter der Stacheldrahtumzäunung haben wir eine vorhandene Kuhle im Sandboden vertieft. Die ist nun groß genug zum Durchschlüpfen. Gemeinsam mit Erich Köhler, meinem aus Hannover stammendem guten Frontkameraden, verlassen wir spätabends heimlich...
  13. Für dich

    Das Erste, was ich wahrnahm, war das monotone Piepen des EKGs. Eine Infusion tropfte langsam durch die Kanüle in meinem Arm. In der Luft hing ein säuerlich-metallischer Geruch. Draußen war es diesig und kühl; ein schwacher Lichtstrahl fiel mitten in den Raum. Fuck. Was war passiert...
  14. Perfide Freiheit

    Das Erste, was auf einer stationären Entgiftungsstation passiert, ist, dass sie deine Taschen umkrempeln, dein Zeug durchsuchen und dir alles abnehmen, womit du dir theoretisch etwas antun könntest – Ladegerät, Gürtel, Schnürsenkel. „Reine Vorsichtsmaßnahme“, sagen sie. Sie wissen, was auf dich...
  15. Entscheidungen

    Ausgerechnet nach der Scheidung laufe ich Anna, einer alten Studienfreundin in die Arme. Ohne meinen Widerspruch zu hören, schleppt sie mich in diese Bar. Wir sitzen am Tresen und ich stürze bereits den zweiten Caipirinha hinunter. „Katie, mach langsam! Du sollst erzählen!“ „Was?“ Dumm stellen...
  16. Chrissy (14): Zwischen Kochlöffel und Katzengeburt

    Tante Traudl liebte ihre Groschenromane. Für achtzig Pfennige holte sie sich jede Woche das neueste Heft aus dem Kramerladen. Da es in unserem Dorf keine Bücherei gab und ich niemanden kannte, der außer der Bibel noch etwas anderes las, wurde es zu meinem Hobby, Tante Traudls Sammlung zu...
  17. Trip Like I Do

    Christoph hatte sich sein Leben immer als Schallplatte vorgestellt. Kein seltenes Sammlerstück, das auf Börsen gehandelt wird, sondern eine ehrliche, solide Pressung. Ein rotes Label, schwarzer Schriftzug, irgendwo zwischen Melancholie und Techno. Kein Hit, aber auch keine Fehlpressung. Nur...
  18. Novelle Der Ebermann

    Morgen würde der Adlerjunge in Ennos Comic fünfzehn werden und sich auf den Weg durch das Land der Schmerzen machen. Enno wusste nicht, was den Adlerjungen erwartete, nur, dass seine Reise lebensgefährlich sein würde. „Was meinst du, Basko?“, fragte er den Mischlingsrüden, der neben ihm im Gras...
  19. Sommer, Sand, Sowjetliteratur

    Der Suchscheinwerfer der Küstenwache gleitet über den Strand. Ich versuche mich in meinem Strandkorb so klein wie möglich zu machen, aber ich weiß, es wird mir nichts nützen. Bald werden sie kommen und mich verhaften und mir vorwerfen, dass ich über das Meer abhauen will. Drei Monate darauf...
  20. Das Rauschen des Stillstands

    Die Kälte biss immer schärfer in ihre Gesichter. Der Wind trieb Papierfetzen über den leeren Parkplatz, die sich in einem Stapel abgenutzter Reifen verfingen. Über allem hing ein dumpfes Brummen: der gleichmäßige, vibrierende Bass des Truckmotors. Timmy fröstelte, schob die Hände tief in die...

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