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Alles schon gesagt

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21.12.2015
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Alles schon gesagt

Urs fährt den PC hoch und öffnet die Datei „Menschen wie du und ich“. Es ist die Liste aller Texte, die er bisher für diese Kolumne bei der SSZ geschrieben hat. Heute ist die Deadline, da muss er wieder liefern.
„Was Originelles, bitteschön, und diesmal nicht auf den letzten Drücker“, hat der Feuilletonredakteur gesagt und dabei mit seinem Luxusfüller ein Staccato auf die Schreibtischplatte geklopft. Das war vor drei Tagen. Und Urs hat immer noch keine Idee.
Die Liste ist lang, über hundert Titel. Urs beschreibt den Alltag, mal witzig und heiter, mal ernst und kritisch, immer ganz nahe an den Menschen. Er weiß, er hat ein Gespür für kleine Absurditäten im Zwischenmenschlichen, die niemandem auffallen, bis er sie unter die Lupe nimmt. Sein Lieblingstext handelt von einem Nachbarschaftsstreit, der sich an den Hundehäufchen im gemeinsam benutzten Garten entzündete. Jede Partei hatte einen Dackel. Sie dekorierten das jeweils feindliche Häufchen mit kleinen Fähnchen in den Landesfarben, sodass der Garten sowohl mit dem Schweizer Kreuz als auch mit der italienischen Tricolore geschmückt war, sehr zum Spaß der Kinder im Viertel.
Oder die Geschichte, wie eine Ehefrau ihrem Mann ein Stückchen Romadour, sorgfältig in Stanniol gewickelt, unter das Seidentüchlein seines Sakkos stopfte, bevor er zur Vorstandssitzung davoneilte.

Urs seufzt. Er hat in letzter Zeit das Gefühl, dass das Leben langweiliger geworden ist.
„Verdammt. Alles schon gesagt.“
„Kein schlechter Titel." Ruth steht in der Tür zum Arbeitszimmer. „Gefällt mir. Das 'Verdammt' würde ich weglassen. Mach lieber ein Fragezeichen.“
Ruth hat eine grüne Kochschürze an, ihre Haare sind zu einem Pferdeschwanz hochgebunden, ihr Gesicht glänzt rosig. Sie bringt den verführerischen Geruch von Gebratenem mit.
„Essen ist fertig. Kommst du?“
Auf dem Esstisch steht eine Vase mit Vergissmeinnicht und Narzissen. Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.
„Gibt's was Besonderes heute?“, fragt Urs und meint beides, den Blumenstrauß und das Essen.
„Nicht wirklich …, nein, ich glaube nicht.“
Ruth häuft Rösti auf die Teller und sticht für sich ein Spiegelei aus dem Keramikpfännchen ab, Urs bekommt drei. Dann streut sie je eine Handvoll Schnittlauch drüber.
„He, warum so üppig? Zwei täten's auch. Und warum so viel Grünzeug?“
„Ist gut fürs Gedächtnis.“
Was hat sie denn bloß heute?
Nachtisch gibt es keinen, nur einen Espresso. Warum auch? Beide achten auf ihre Figur, gegenseitig.
Ruth unterstützt Urs bei seinen Texten. Als gelernte Buchhändlerin hat sie ein gutes Gespür für Sprache und Interpunktion. Die Inhalte kommentiert sie gar nicht mehr. Eigentlich schade, denkt Urs, da gab es so herrliche Streitereien mit anschließender Versöhnung.
„Findest du den Titel wirklich gut? Du meinst, damit könnte ich was anfangen? ... So was wie eine Schreibblockade? Nicht schlecht, aber was soll dann das Fragezeichen?“
Vier Fragen auf einmal. Ruth schaut schräg an Urs vorbei auf die Wand hinter ihm.
„Ich wüsste schon einen Satz, den du noch nie gesagt hast.“
„Ich? Mach's doch nicht so spannend. Was soll das für ein Satz sein?“
Ruth betrachtet weiterhin die Wand. Dort hängt ein schlichter Abreißkalender. Für jeden Tag gibt es eine fette schwarze oder rote Zahl. Früher haben sie sich amüsiert über die Sprüche auf der Rückseite. Wie Kinder haben sie sich gestritten, wer abreißen darf. Unser ganzjähriger Adventskalender.
„Du hast noch nie gesagt: 'Ich liebe dich'.“
„Was? Ich? Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Du sagst ganz viele Sachen zu mir, doch, da hast du einige Fantasie. Aber diesen Satz hast du noch nie gesagt, jedenfalls noch nie zu mir.“
Urs holt tief Luft. Nichts hasst er mehr als Beziehungsdiskussionen. Eigene hatte er schon in den Affairen vor seiner Ehe mit Ruth. In der Redaktion kann jeder zweite damit aufwarten.
„Warum fängst du jetzt damit an? Ich versteh dich nicht.“
„Du wolltest einen Satz hören, den du noch nie gesagt hast. Bitte schön, das ist er. Im Übrigen glaube ich, du bist da nicht der einzige. In den Medien wird er allerdings geradezu inflationär gebraucht, auch von Männern."

Ruth starrt weiterhin auf die Wand, so dass Urs sich umdreht. Auf dem Kalenderblatt mit Freitag, 30. April, fällt ihm rechts unten ein handschriftlicher Zusatz auf: HT.
Oh Gott! Der Klassiker! Der vergessene Hochzeitstag!
Beschämt dreht er sich zu Ruth um, die angefangen hat, das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
„Nein, lass nur, geh wieder an deinen Schreibtisch. Ist doch ein gutes Thema, oder?“, lächelt sie und zupft in der Blumenvase das Vergissmeinnicht etwas höher. „Soll ich nachher drüberschauen?“
„Besser nicht. Ich weiß sowieso nicht, ob ich etwas zustande bringe.“

Am Abend, nach einer halben Flasche Barolo, schickt Urs seinen Text an die Redaktion. Titel: Was ich schon immer sagen wollte.

 

Auf dem Esstisch steht eine Vase mit Vergissmeinnicht und Narzissen. Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.

Hallo wieselmaus,

ich glaub nicht, dass man jemals "alles" gesagt haben wird (hab ich schon mal erwähnt, dass ich derjenige bin, der in den slavischen Sprachen den Namen des Deutschen - "schweigen, stumm sein" - verursacht hat innerhalb von vier Wochen CSSR - weil ich nicht so viele Witze auf die Wahrheit - Svoboda, so hieß der General und Präsident - machen sollte.
Und den Hochzeitstag kann ich auch nicht verpassen - 1. April, kein Scherz ... Ich wusste schon, warum ich mich dafür entschieden hatte ... ele sicherlich auch. Es war halt kein Schaltjahr ...

Aber Du merkst schon: Ich bin eher nahe bei Urs ...

Scherz beiseite, aber so ist es unter uns Bären (Urs) und Friedensfürsten - es gibt vor allem für Friensfürsten und

„Menschen wie du und ich“
noch viele andere historischer Daten, deren man sich erinnern sollte.

Trivialeres

Beide Parteien hatten einen Dackel.
Aus dem folgenden Streitpunkt ergibt sich, dass "jede" Partei einen Dackel hatte ...
Hier solltestu den entfliehenden Abschlusspunkt einfangen
„Kein schlechter Titel“. Ruth ...
Dagegen ist hier
„Nicht wirklich …, nein, ich glaube nicht..“
einer zuviel

Ruth unterstützt Urs bei seine[n] Texten.
Du meinst, damit könnte ich was anfangen?[...]So was wie eine Schreibblockade? Nicht schlecht, aber was soll dann das Fragezeichen?“

Gern gelesen vom

Friedel

 

Saying I love you,
ist not the words I want to hear from you.
It's not that I want you not to say, but if you only knew,
how easy it would be to show me how you feel,
more than words is all you have to do to make it real,
then you wouldn't have to say, that you love me,
'cause I'd already know ...

Ein schöner Song, kennst du den @wieselmaus?
Schön wie deine Geschichte, die das Leben eben schreibt, denn es schreibt mit Abstand die Besten.
Und so wie Urs auf der Suche nach dem Besonderen und Aussergewöhnlichen ist, werden wie eben jeden Tag mit genau dem überhäuft, immer abstrakter, konfuser, brutaler, emotionaler und da ist so eine einfache Geschichte aus dem Leben wie deine wirklich herzerwärmend, weil es so echt daherkommt.
Und wird Urs ihr in seiner Story nun sagen "Ich liebe dich" ? Als Geschenk zum vergessenen Hochzeitstag, von jemand der das noch niemals sagte, wäre das schon romantisch.
Aber auch das er es nie tat irgendwie und sie nie danach fragte, würde die Nachfrage doch Zweifel bedeuten. Und es ist schon so, es ist sehr abgenutzt, eigentlich müsste man diese Worte neu erfinden, aber braucht man sie wirklich? Ist Liebe nicht ... more than words can say ... :)

Die Spiegeleier sind echt süß, nicht nur das er drei bekommt und sie sich nur eines nimmt, auch das sie am Hochzeitstag Spiegeleier macht, das hat was.

Naja, nicht nur Männer vergessen sowas, bin zwar getrennt, aber früher war das mein Part und mir fällt auch gerade nicht ein ob es der 23.3. oder der 28.3. war. Aber ich weiß das Jahr! ;)

Liebe Grüße
Charly

 

Hallo @wieselmaus,

bei Urs denke ich sofort Schweiz, und das stimmt dann ja auch. Gibt es einen besonderen Grund, dass die Geschichte dort handelt, oder war dir einfach danach?

Urs beschreibt den Alltag, mal witzig und heiter, mal ernst und kritisch, immer ganz nahe an den Menschen. Er hat ein Gespür für kleine Absurditäten im Zwischenmenschlichen, die niemandem auffallen, bis er sie unter die Lupe nimmt.
Na, zum Glück ist da einer, der seinen Blick fürs Zwischenmenschliche geschärft hat! :lol:

Er hat in letzter Zeit das Gefühl, dass das Leben langweiliger geworden ist.
„Verdammt. Alles schon gesagt.“
Das ist sehr schön ironisch, dieser Übergang zwischen seinem privaten Lebensgefühl und der beruflichen Schaffenskrise.

Auf dem Esstisch steht eine Vase mit Vergissmeinnicht und Narzissen. Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.“
Ich muss hier irgendwie an Loriot denken, dieser spröde Vergleich, finde ich klasse.

„Gibt's was Besonderes heute?“, fragt Urs und meint beides, den Blumenstrauß und das Essen.
Hochzeitstag …?:hmm:

Beide achten auf ihre Figur, und zwar gegenseitig.
:lol:

Die Inhalte kommentiert sie aus Erfahrung gar nicht mehr. Eigentlich schade, denkt Urs,
Hier bin ich etwas irritiert, du erzählst doch aus Urs' Perspektive, eigentlich. Dann passt "aus Erfahrung" nicht so richtig, das würde Urs sicher so nicht denken.

Ruth betrachtet weiterhin die Wand. Dort hängt ein schlichter Abreißkalender.
Hochzeitstag vergessen. Klarer Fall ...

Früher haben sie sich amüsiert über die Sprüche auf der Rückseite. Wie Kinder haben sie sich gestritten, wer abreißen darf. Unser ganzjähriger Adventskalender.
Das ist schon irgendwie traurig, das zu realisieren: den Verlust der anfänglichen Unbekümmertheit, des Herumalberns.

„Du sagst ganz viele Sachen zu mir, doch, da hast du einige Fantasie. Aber diesen Satz hast du noch nie gesagt, jedenfalls noch nie zu mir.“
Ich will mich ja nicht einmischen, aber hat sie es denn schon zu im gesagt? ;)
Immerhin hat er einige Fantasie, wie es scheint, ihr das ab und zu anders mitzuteilen. Aber dieses "noch nie zu mir" lässt natürlich auch Misstrauen entstehen, das sie wohl zu haben scheint ...

Nichts hasst er mehr als Beziehungsdiskussionen. Eigene hatte er schon in Affairen vor seiner Ehe mit Ruth.
Meinst du wirklich eigene, oder eher einige? Affäre

zupft in der Blumenvase das Vergissmeinnicht etwas höher
Feines Detail :thumbsup:.

Am Abend, nach einer halben Flasche Barolo, schickt Urs seinen Text an die Redaktion
Und die andere halbe Flasche trinkt er dann hoffentlich mit seiner Frau, denn er weiß doch, wie es sonst kommen kann, er kennt doch die Geschichten, diese zum Beispiel:
wie eine Ehefrau ihrem Mann ein Stückchen Romadour, sorgfältig in Stanniol gewickelt, unter das Seidentuch seines Sakkos stopfte

Das ist wieder so eine Geschichte, die erst ganz unscheinbar und still daherkommt, und dann steckt da aber richtig viel Witz und Ironie drin. Habe ich gerne gelesen.

Liebe Grüße von Raindog

 

Hallo Friedel,

wieder einmal warst du die Nummer Eins bei den "followers".
Es freut mich sehr, dass du den Abschnitt mit dem Blumenstrauß an den Anfang gestellt hast. Na ja, du kennst mich: Meistens hege ich Absichten mit so harmlosen Arrangements.

Und den Hochzeitstag kann ich auch nicht verpassen - 1. April, kein Scherz ... ich wusste schon, warum ich mich dafür entschieden hatte ...

Äüßerst klug und gekennzeichet von Selbsterkenntnis, damit hat man ein ordentliches Potenzial, um auf die Langlebigkeit einer Ehe zu hoffen. Im Alter gewinnt man damit zusehens ein Alleinstellungsmerkmal.

Aber Du merkst schon: Ich bin eher nahe bei Urs ...

Da habe ich auch nichts anderes erwartet, du, der du dich immer als einen Kühlschrank bezeichnest. Scherz beiseite, der Urs ist ja kein Schlechter, nur ein wenig narzistisch, der halt auf die Unzulänglichkeiten der Menschen wie du und ich fokussiert ist und dabei vielleicht ein wenig den Blick für das ganz Nahe verloren hat.

Überhaupt: Die Frage, um die es mir ging, lautet: Wieviel Menschen, Männer oder Frauen, gibt es wohl, die in ihrem ganzen Leben diesen Satz nicht über die Lippen bringen? Inflationär ist er in jedem Fall in Ländern, wo zwischen "Ich liebe dich" (Erwachsene) und "Ich hab dich lieb" (Kinder) nicht unterschieden wird.

Nun darf spekuliert werden, ob der Prota den Satz in schriftlicher Form fertigkriegt. Was glaubst du?

Danke für das Trivialere. Hab alles verbessert. So drei Punkte im Dialog machen mächtig was her. Leider lassen meine Augen trotz neuer Bildschirmbrille zu wünschen übrig. Damit muss ich leben.

Herzlichst und danke für Gern gelesen

wieselmaus

 

Ich wäre nicht ich, käme jetzt nicht hierzu

Wieviel Menschen, Männer oder Frauen, gibt es wohl, die in ihrem ganzen Leben diesen Satz nicht über die Lippen bringen?
die Gegenfrage,

liebe wieselmaus,

wie viele instrumentalisieren den Satz aus Eigennutz?

Wenn wir Glück haben, geht die Statistik halbe-halbe aus.

Ich weiß gar nicht, ob ich Dir schon das Zeitmagazin 52/2013 "Liebe: Mit allen Stürmen" empfohlen hab, das jedes wissenschafliche Werk über das, was Liebe sei, in den Schatten stellt. Es ist im Netz eingestellt und ich hoff, dass es noch die gleiche Adresse hat, wie vor nahezu fünf Jahren: www. zeit.de/2013/52/was-ist-liebe, ansonsten einfach "zeit was ist liebe" eingeben.

Tschüss

Friedel

 

Hallo @Charly1406,

ja, ein schöner Liedtext, so weit ich ihn verstanden habe (meine Englischkenntnisse sind nicht die besten:(), passt er hervorragend zu der Geschichte.

Schön wie deine Geschichte, die das Leben eben schreibt, denn es schreibt mit Abstand die Besten.

Hm, ja, natürlich sind da eigene Erfahrungen mit eingeflossen, aber die Protagonisten sind erfunden, bzw. sind zusammengesetzt aus ganz viel Beobachtungen meines (schon recht langen) Lebens.

Was ich gaube, ist, dass ganz viele Menschen schon in dieser Lage waren. Ist schon eine sperrige Sache, dieser Satz, der sowas Forderndes an sich hat, weil er, einmal ausgesprochen, verlangt, kongruent erwidert zu werden, vor allem nicht durch die Verknappung "Ich dich auch."

Als Geschenk zum vergessenen Hochzeitstag, von jemand der das noch niemals sagte, wäre das schon romantisch.

Ha, da hast du mich erwischt. Allerdings gehöre ich zu der kühleren Sorte Romantiker, deren Romantik eher im Verzicht besteht anstelle der Erfüllung. Dafür habe ich hier schon reichlich Schelte bekommen.

Naja, nicht nur Männer vergessen sowas, ...

Glaub ich dir sofort. Andererseits hat jeder so private unvergessliche Kalenderdaten, was auch immer sie fixieren sollen. Mein unvergesslicher Tag ist der 06.06.66, der bleibt wie in Stein gemeißelt. Ist ja auch nicht schwierig ...

Danke für deinen freundlichen Kommentar und liebe Grüße
wieselmaus

 

Hej liebe @wieselmaus ,

wie überraschend, eine kurze und knackige Geschichte von dir zu lesen. Derartige Beziehungsthemengeschichten liegen zigfach herum und du hast eine aufgelesen und etwas inszeniert. Das mag ich.
Und weil diese kurzen Kurzgeschichten grad so n Lauf haben, guck ich genau drauf. Weil es Spaß macht und ich deine Geschichte nutze, um zu lernen. Nicht schlimm, gell? ;)

Der erste Absatz ist jetzt nicht sooo schön, aber ich bin mittendrin und find mich zurecht.

„Was Originelles, bitteschön, und diesmal nicht auf den letzten Drücker“, hat der Feuilletonredakteur gesagt und dabei mit seinem Luxusfüller, den er nie benutzt, ein Staccato auf die Schreibtischplatte geklopft.

Hier frage ich mich, ob ich den Redakteur so genau kennenlernen muss und finde, es genügt, wenn ich weiß, er tickert mim Luxusfüller auf die Schreibtischplatte. Den Zusatz den er nie benutzt wäre für mich verzichtbar, klingt auch nicht schön.

Sie bringt den verführerischen Geruch von Gebratenem mit.

Wunderbar im Kontext: sie sind nicht frisch verheiratet. ;)

„Nicht wirklich …, nein, ich glaube nicht.“

Da roll ich gerne mal mit den Augen. Diese Art Frau, die nein sagt und ja meint. Ein Pool von schwelenden Missverständnissen und vorprogrammierten Mini-Katastrophen.

Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.

Ganz wieselmaus: nutzt das Alltägliche für die Beschreibung der Beziehung/Ehe. Immerhin bemerkt Urs, dass ihm seine Frau schon auch noch gefällt. Alles im Grünen Bereich, denke ich so.

„Du sagst ganz viele Sachen zu mir, doch, da hast du einige Fantasie.

Hier würde der Autorinnenhumor gut greifen. Welche Sachen ihr da so einfielen. Absurd oder bizarr, alltäglich oder unterschwellige Vorwürfe ...

„Warum fängst du jetzt damit an? Ich versteh dich nicht.“

Ist mir auch schon aufgefallen, dass Urs nicht allzu versteht, wenn’s mit ihm und ihr zu tun hat. Brauch ich also nicht.

Im übrigen glaube ich, du bist da nicht der einzige Mann. In den Medien wird er allerdings geradezu inflationär gebraucht.“

Das sind zwei Sätze, die nicht so gut hintereinander passen, denke ich. Ruth dürfte nach dem ersten ruhig noch einen draufsetzen und die Medien können ein Beispiel vertragen. Ich hab Wünsche heute ... :shy:

Schon wieder dieser merkwürdige, schnippische Unterton.

Das habe ich genau so gelesen und wäre also für mich verzichtbar.

Beide achten auf ihre Figur, und zwar gegenseitig.

Herrje, wie putzig.

Ruth unterstützt Urs bei seinen Texten. Als gelernte Buchhändlerin hat sie ein gutes Gespür für Sprache und Interpunktion. Die Inhalte kommentiert sie gar nicht mehr.

Das hätte mir als Dialog besser gefallen - gerade weil es bei den beiden so hübsch grooved.:D

„Du hast noch nie gesagt: 'Ich liebe dich'.“

Weißt du, an dieser Stelle würde es mir gut gefallen, wenn Ruth einfach nur Ich liebe dich gesagt hätte und somit offen geblieben wäre, ob sie nur den Satz meint, den er nie gesagt hat und er angestrengt darüber nachdenken muss, ob er bei der Gelegenheit an ihn gerichtet wäre.

lächelt sie und zupft in der Blumenvase das Vergissmeinnicht etwas höher.

Köstlich! Aber so subtil denkt kein Mann. Never. Äh, ich glaube, ich hätte es auch nicht kapiert. :sealed:

„Besser nicht. Ich weiß sowieso nicht, ob ich etwas zustande bringe.“

Zum Bild, das ich von Urs gewonnen habe, würde es passen, wenn er es wünschte, aber nicht zugeben will und ich das herauslese. Wenn er schon über andere Zwischenmenschlichkeiten so explizit nachdenkt und Kolumnen verfassen kann, dann aber seine eigenen Alltäglichkeiten außer Acht lässt, dann soll ihn das schlechte Gewissen plagen und er möge entweder einlenken oder sich ganz einigeln.
Ich bin aber heute auch aufmüpfig, du. :D

Am Abend, nach einer halben Flasche Barolo, schickt Urs seinen Text an die Redaktion. Titel: Was ich schon immer sagen wollte.

So und weil ich grad so in Stimmung bin, hätte mir an dieser Stelle gefallen, wenn Urs einen heimischen Wein verdrückt hätte. Und zwar eine ganze (verdammte) Flasche.

Es hat mir Spaß gemacht, liebe wieselmaus und ich grüße dich herzlich, Kanji

 

Liebe Raindog,

Das ist wieder so eine Geschichte, die erst ganz unscheinbar und still daherkommt, und dann steckt aber richtig viel Witz und Ironie drin.

Diese Einschätzung gefällt mir natürlich sehr. "Unaufgeregt" ist auch so ein von mir geschätztes Attribut, "hintersinnig" ein altmodischer Begriff, den ich sehr liebe. Da kommt mir das Format "kürzeste Geschichte" etwas entgegen. Und da bin ich derzeit am Experimentieren.

bei Urs denke ich sofort Schweiz, und das stimmt dann ja auch. Gibt es einen besonderen Grund, dass die Geschichte dort handelt, oder war dir einfach danach?

Zwei Intentionen. Eigentlich wollte ich den Text unterm Maskenball veröffentlichen, habe aber im forum nicht gefunden, wo es jetzt geht. Und fragen mochte ich ich auch niemanden, das hätte ja den Witz gemeuchelt. Es sollte auch eine falsche Spur gelegt werden ...
Dann gefiel mir die Sache auch aus inhaltlichen Gründen. Die Fähnchen in der multinationalen Schweiz waren viel plausibler (z.B. im Tessin) als schwarz-rot-goldene gegen ... ja, welche?

Hier bin ich etwas irritiert, du erzählst doch aus Urs' Perspektive

Hast völlig Recht, ich habe aus Erfahrung gestrichen. Im folgenden Satz zeigt sich ja, dass er über die Gründe nicht nachgedacht hat.

Meinst du wirklich eigene, oder eher einige? Affaire

Ich meinte eigene, im Gegensatz zu den in der Redaktion beredeten fremden Geschichten. Die eigenen sind die mit seinen vorehelichen Affairen. Anscheinend ist es ihm gelungen, solche Krisen mit Ruth bisher zu umgehen. Ruth winkt eben nicht mit dem Zaunpfahl, sondern benutzt subtilere Feldzeichen. Ob's auf die Dauer hilft?

Danke für deinen teilnahmsvollen Kommentar, ich fühle mich auch verstanden.

Herzlichst wieselmaus


Lieber Friedel,

das ZEIT-Magazin gibt es immer noch im Netz. Ja, es lohnt sich reinzuschauen. Besonders der Abschnitt über "Macht" gefällt mir sehr. Ich habe vor vielen Jahren mich an Erich Fromm, Die Kunst des Liebens, orientiert. Übrigens ein Schweizer ... Vielleicht hat das meine Ortswahl für die Geschichte unbewusst beeinflusst. Ich bin sowieso Schweiz affin. Es liegt bestimmt daran, dass wir als Kinder in der Schule Schweizer Schokolade gespendet bekamen.

Danke für den Hinweis. Das Thema ist natürlich unerschöpflich.

Gruß wieselmaus

 

Gude @wieselmaus,

deine Kurzgeschichte gefällt mir, ich mag den Charme dieser kleinen Szene. Ein ganz besonderes Highlight, bei dem ich mich sehr amüsiert habe, war das hier:

Beide achten auf ihre Figur, und zwar gegenseitig.
:lol:

Aber eigentlich wollte ich mich erst hierüber empören ... :

„Du hast noch nie gesagt: 'Ich liebe dich'.“
und erst recht über:
Oh Gott! Der Klassiker! Der vergessene Hochzeitstag!
Da das - wie bereits in der Kurzgeschichte verarbeitet - der zu erwartende Klassiker ist. Aber der Charme der Figuren macht da bereits einiges aus und der schöne Kern für mich ist das Gegensatzpaar von "Alles gesagt" zu "Was ich schon immer sagen wollte". Da schwingt soviel mit; im Speziellen die Jagd nach einer Sensation und darüber das Vergessen des Anwesend-Schönen (versehen mit der besonderen Würze, dass sich der Protagonist anfangs damit brüstet, er sei besonders aufmerksam.) Daneben natürlich die immer wiederkehrende Frage: "Was soll ich schreiben?" und "Was wurde noch nicht gesagt - was habe ich noch nicht gesagt?"
Ich finde, deine Kurzgeschichte entlarvt da einiges. :thumbsup:

Zwei Kleinigkeiten habe ich:

Ruth steht unter der Tür zum Arbeitszimmer.
Ich kenne es nur als "in" der Tür stehen (bzw. im Türrahmen, aber das schreibt ja praktisch niemand so aus). Aber "unter" der Tür hört sich für mich wirklich seltsam an.

Nichts hasst er mehr als Beziehungsdiskussionen. Eigene hatte er schon in den Affairen vor seiner Ehe mit Ruth.
Das "Eigene" klingt hier so, als würde es sich auf Beziehungsdiskussionen beziehen. Er hatte eigene Beziehungsdiskussionen? Da kann ich nicht ganz folgen; ich vermute einen Tippfehler vielleicht: Einige hatte er schon ... oder? :shy:
Daneben würde ich ganz subjektiv sagen, dass ich das Wort Affairen hier etwas irritierend finde. Als Leser bewege ich mich ja gerade im Vorstellungsfeld der Ehe und dort haben Affairen eine ganz bestimmte Bedeutung, die hier nicht gemeint ist, sondern eher in einer allgemeineren Bedeutung Liebesabenteuer / gewagte Liebeleien etc.
Ich weiß nicht, ob das jetzt so verständlich war, aber ich kann ja mal meinen Gedankengang nachzeichnen: "Hä? Affaire vor der Ehe? Wie geht denn das? ... Ach so, ja, kann ja einfach nur Liebesabenteuer heißen ..."


Fazit: Eine sehr schön unterhaltende Geschichte!
Liebe Grüße,
Vulkangestein

 
Zuletzt bearbeitet:

Guten Morgen, liebe fleißige Kanji,

wie überraschend, eine kurze und knackige Geschichte von dir zu lesen.

Und weil diese kurzen Kurzgeschichte grad so n Lauf haben, guck ich genau drauf. Weil es Spaß macht und ich deine Geschichte nutze, um zu lernen.

Nun ja, ich bin doch am Experimentieren und hoffe auf Erkenntnisse, wo denn nun die Grenze zwischen Kurzgeschichte, kurze Kurzgeschichte und Kürzestgeschichte ist. Ich wollte auch schon einen entsprechenden Tag setzen, habe aber keinen gefunden. Aber ich will auch lernen.

Den Zusatz den er nie benutzt wäre für mich verzichtbar.

Recht hast du. Schon gestrichen.

Hier würde der Autorinnenhumor gut greifen. Welche Sachen ihr da so einfielen.

Der Ausdruck Sachen ist absichtlich so unbestimmt. Er dient der Provokation, z. B der Nachfrage: welche denn?
Außerdem würde der Autorinnenhumor mit mir durchgehen, und wir hätten am Schluss eine sehr lange Kurzgeschichte.
Immerhin reagiert Urs ganz erwartungsgemäß mit der Mutter aller Beziehungskrisengesprächseröffnungen: Ich verstehe dich nicht (Variation zu: Du verstehst mich nicht. Typisch Mann/Frau. Ohje, jetzt gib's Schläge:peitsch:)

Ruth dürfte nach dem ersten ruhig noch einen draufsetzen und die Medien können ein Beispiel vertragen.
siehe oben.

Ich habe den Text ergänzt:
Schon wieder dieser merkwürdige, schnippische Unterton. Was hat sie bloß heute?
Ziemlich ahnungslos, der Arme.

Ruth wiegelt ab, lenkt ab, stellt den gefährlichen Satz Ich liebe dich in gesellschaftliche Zusammenhänge, wo Urs zu Hause ist. Privat ist er ja ziemlich konfliktscheu ...

... wenn Urs einen heimischen Wein verdrückt hätte. Und zwar eine ganze (verdammte Flasche).

Kommt noch. Vielleicht auch noch ein zweite mit Ruth. Aus Erleichterung. Barolo (Anbaugebiet in der Region Piemont/Norditalien) ist für Schweizer so gut wie einheimisch.:klug:

Hat Spaß gemacht. Ich glaube, du hättest viel lieber eine lange Geschichte. Aber bin ich jetzt schlauer?

Entspannte Tage wünscht dir
wieselmaus

 

Tach Wieselmaus!

Da bin ich doch glatt in deine Korrekturarbeiten reingestolpert, einige der Sachen, die ich aufgeschrieben habe, sind schon abgehakt:).

Mir hat das Stück recht gut gefallen, wie nenn ich's nur? Alltagsepisode, Streiflicht, flüchtiges Erlebnis, Intermezzo? Weiß nicht, jedenfalls hat mich der Text berührt, etwa ab der Mitte.
Und, das kann ich dir sagen, den Holzhammer (war es einer? ich fand schon, vielleicht Klischee oder Binse?) hätte es dazu ganz sicher nicht gebraucht.
Ab

Auf dem Esstisch steht eine Vase mit Vergissmeinnicht und Narzissen. Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.
„Gibt's was Besonderes heute?“

ist bekannt, wohin der Hase unterwegs ist. Jeder weitere Hinweis darauf ist plakativ, ein zusätzliches Korn auf dem Berg.
Oder liege ich falsch?
Vielleicht lese ich den Text auch unter falschen Vorzeichen, vielleicht ist das alles notwendig?
Doch, wie gesagt, schon nach dem Hinweis mit den Blumen hätte der Urs Bescheid wissen sollen, doof der.:shy:

Edit: Hab mal nochmal gelesen, und muss meine Meinung bisschen revidieren. Es ist schon putzig, die Hinweise zu lesen, die der Dummie nicht versteht, aber einige, finde ich, müssten immer noch abgespeckt werden.

… Und warum so viel Grünzeug?“
„Ist gut fürs Gedächtnis.“
Schon wieder dieser merkwürdige, schnippische Unterton. Was hat sie denn bloß heute?

Die Nachsätze raus, wenigstens der Erste. Ich glaube schon, dass das "ist gut fürs Gedächtnis" ganz für sich wirkt.


Beide achten auf ihre Figur, und zwar gegenseitig.

Das ist sehr schön, gefällt mir auch. Ich bin ja nun der Freund der Verknappung:D, nur soviel sagen, wie notwendig. Insofern wäre ich erfreut, wenn diese zwei überflüssigen Wörter gestrichen würden.

hat sie ein gutes Gespür für Sprache und Interpunktion. Die Inhalte kommentiert sie gar nicht mehr.

Hihi, bei mir ist es genau umgekehrt.:lol:

Im übrigen glaube ich, du bist da nicht der einzige Mann. In den Medien wird er allerdings geradezu inflationär gebraucht.“

Wer, der Mann:dozey:
Aber vielleicht sagt er ihn ja genau deswegen nicht, weil der Satz durch diese inflationäre Nutzung entwertet wurde? Wäre wirklich mal ein schönes Thema für eine KG.
Im Übrigen wird im Übrigen groß geschrieben:klug:.

Aber rundum hat mir deine Geschichte gefallen, vielleicht dein Geschichtchen (im guten Sinne), sosehr, dass ich sie mehrmals las und beim letzten Mal sogar die überarbeitete Version. Ich suchte die Stellen, die mir aufgefallen waren und da waren schon einige überarbeitet.:thumbsup:

Schöne Grüße von meiner Seite!

 

Hallo Wieselmaus!
Auch mir gefällt deine Geschichte sehr gut. Beim zweiten Lesen fand ich sie noch besondererer...rerer.

Besonders Sätze wie dieser machen sie ein bißchen herb, aber auch sehr charmant:

Hübsch, findet Urs, hübsch wie seine Frau. Etwas ungewöhnlich in der Zusammenstellung.
Sehr schön.

Für mich hätte es den vergessenen Hochzeitstag nicht unbedingt gebraucht. Ein stinknormaler Dienstag hätte mir für die Geschichte noch besser gefallen.

Das Ende ist natürlich wunderschön. Aber: Ich hätte so wahnsinnig gerne den Artikel gelesen:)

Liebe Grüße vom Lotterlieschen

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Vulkangestein.

schön, von dir zu lesen. Und dann noch so lobend.
Falls es dich interessiert, ich habe ein wenig verbessert, alles Anregungen aus den Kommentaren. Unter der Tür stehen ist in meiner Gegend durchaus gebräuchlich, aber mein Herz hängt natürlich nicht dran. Im Grunde sind beides Abkürzungen für die Bilder im Türrahmen stehen und unter dem Türbogen stehen.
Ich finde es gut, wenn man auf dieser Weise dazu gebracht wird, selbstverständliche Wortwahl zu hinterfragen.

Eigene und einige beziehen sich jeweils tatsächlich auf die Beziehungsdiskussionen. Die früheren Affairen (vor seiner Ehe mit Ruth) waren immer dann für ihn beendet, wenn der Ausdruck "Beziehung" auftauchte, natürlich von seinen Partnerinnen. Schon das Wort treibt ihn in die Flucht.

... und der schöne Kern für mich ist das Gegensatzpaar von "Alles gesagt" zu "Was ich schon immer sagen wollte".

Wunderbar! Total meine Intention getroffen! Deshalb lasse ich den drohenden Konflikt deeskalieren mit der Hoffnung, er möge nicht in eine schon hundertmal erlebte und gelesene Sitcom-Nummer abgleiten. Im Grunde könnte man auch einen anderen ungesprochenen Satz ins Visier nehmen. Es gibt da von Christine Brückner einen Titel: Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen. Irgendwie spukte der mir im Kopf herum.
Der Klassiker "Hochzeitstag" ist halt ein dankbarer Aufhänger, schon allein, um dem Blumenstrauß ein (hintersinniges) Flair zu verpassen.

Danke fürs Lesen und Kommentieren
Liebe Grüße
wieselmaus

 

Liebe @wieselmaus,
das ist wieder so ein klassischer wieselmaus-Text, den ich zweimal lesen musste, um die ganzen versteckten Hinweise deuten zu können. Und das ist keinesfalls negativ gemeint.

Erstmal war da für mich nur dieses Paar, und ich dachte wie Urs (was für ein Un-Name): Was hat sie denn?

Eine klassische Ehe-Situation. Urs stürzt sich in die Arbeit, Ruth hält ihm den Rücken frei, gibt ihm Tipps, scheint ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen und versucht ihn durch Andeutungen (sehr schön, die Vergissmeinnicht!) zu erinnern, dass sie auch noch da ist. Das klappt bekanntlich nicht wirklich.
Es gibt da ja dieses schöne Beispiel vom vollen Mülleimer, wo Frau denkt, wenn sie sagt:"Der Mülleimer ist voll", dann wird er schon kapieren, dass er ihn runtertragen soll. Pustekuchen.

Ich weiß nicht, wie lange die beiden verheiratet sind, aber dass sie es jahrelang hinzunehmen scheint, dass er ihr nie gesagt hat, dass er sie liebt, finde ich erstaunlich. Nicht, dass ich es besser fände, wenn sie deshalb quengeln würde, schließlich ist sie eine erwachsene Frau, und es würde mich auch nicht wundern, wenn er es mit der Zeit nicht mehr gesagt hätte, aber nie?

Nun könnte man denken, warum auch, wichtig ist doch, dass sie es merkt, aber das tut sie ja auch nicht wirklich, denn er scheint sich ja auch nicht an andere Dinge zu erinnern, die ihr wichtig sind. (Ich hoffe, er vergisst nicht auch noch ihren Geburtstag.)

Schön finde ich wieder mal den Witz, mit dem du die Situation beschreibst:

Er hat ein Gespür für kleine Absurditäten im Zwischenmenschlichen.
Genau wie du.

Was Originelles bitteschön, und diesmal nicht auf den letzten Drücker
Ist schon brutal, dieses Geschäft, von daher kann ich auch Urs' Situation gut nachvollziehen. Andererseits trifft der Satz aber auch genau auf das zu, was unausgesprochen zwischen den beiden steht.

Mit dem Spiegelei treibt Ruth es dann auf die Spitze. Ein unpassenderes Essen zum Hochzeitstag kann man sich wohl kaum vorstellen, eigentlich eher das Klischee eines "Junggesellenessens", und um dem Ganzen noch einen draufzusetzen, gibt's halt drei Eier, statt zwei. Jetzt muss er doch was merken. Tut er auch, denn drei Eier sind ihm zuviel.

Herrlich subtil von Ruth ( und dir.) In einem der Kommentare fiel Loriot, und, ja, daran hat es mich auch ein wenig erinnert. Habe allerdings nicht alle Kommentare gelesen, also falls ich mich hier wiederhole ... na, du weißt schon.

Von mir aus hätte der Text gerne länger sein können, er endete etwas abrupt mit der Flasche Barolo, und eigentlich, wenn ich's recht überlege, ist Muse Ruth ja diejenige, die die Ideen liefert, durch die Urs' Text überhaupt erst entstehen konnte.

Hab mich gut amüsiert.

Liebe Grüße,

Chai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Hannibal,

wie schön, dass du ohne Holzhammer auskommst und schon bei einem kurzen Winken mit dem Vergissmeinnicht weißt, was die Stunde geschlagen hat. Ich denke, du bist seit langem verheiratet und Urs ist ein Kollege von dir. Andere, nicht nur Männer, brauchen aber schon manchmal den Gruß mit dem Zaunpfahl.

Deine von dir vorgeschlagenen Kürzungen habe ich natürlich übernommen. Ich weiß schon, dass ich zuweilen einem Hang zur Nachdrücklichkeit erliege.

Im Übrigen wüsste ich zu gerne, ob es sich bei meinem Text um die neuerdings hochgehandelte Kategorie flash fiction handelt. Es sind 781 Wörter, das Limit liegt, glaube ich, bei 2000 Wörtern.
Da du zu den Gründervätern des Forums gehörst, hast du ja schon einige Entwicklungen (Hypes) mitverfolgen können.

Nicht alle Leserinnen hier sind mit der Kürze zufrieden, die mögen meine längeren Geschichten.

Aber rundum hat mir deine Geschichte gefallen, vielleicht dein Geschichtchen (im guten Sinne), sosehr, dass ich sie mehrmals las und beim letzten Mal sogar die überarbeitete Version.
.

Wow, dreimal gelesen! Das ehrt mich natürlich. Danke für deinen schmeichelhaften Kommentar.

Schöne Grüße
wieselmaus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Lotterlieschen,

Auch mir gefällt deine Geschichte sehr gut. Beim zweiten Lesen fand ich sie noch besondererer...rerer.

Das freut mich, sehe ich doch, dass wir ähnliche Vorstellungen von Humor haben. Und Paar- Geschichten schreibst du ja auch.

Für mich hätte es den vergessenen Hochzeitstag nicht unbedingt gebraucht. Ein stinknormaler Dienstag hätte mir für die Geschichte noch besser gefallen.

Ja, das stimmt, aber mir fielen eben die Spiegeleier ein und die lassen einige Assoziationen zu, zum Beispiel als typisches Jungesellenessen. Gerade, als ich an der Geschichte bastelte, rief ein Studienkollege aus dem ersten Semester ( 55 Jahre her!) an. Den lernte ich kennen, als er sich im Studentenwohnheim zwei Eier in die Pfanne schlug und sie mit Ketchup verfeinerte. Ich rümpfte die Nase, denn Ketchup war für meine Mutter ein No-Go. Hat sich natürlich total geändert. Vielleicht müsste ich mal José fragen, wie er das sieht.

Das Ende ist natürlich wunderschön. Aber: Ich hätte so wahnsinnig gerne den Artikel gelesen:)

Ich auch.:lol:. Vielleicht findet sich ja einer hier im Forum. Hier gibts doch clevere Burschen .

Hat Spaß gemacht.

Schöne Grüße
wieselmaus

 

Liebe wieselmaus, heut bin ich in Kommentierlaune, da schick ich dir doch auch gleich einen. Aber Achtung, ist nur ein Lobschnuddelkommentar. Ich hoffe, du kannst auch mit sowas was anfangen.
Das ist eine herzige Geschichte. Wirklich herzig und angenehm. Ein bisschen was Ironisches drin und halt der wuselige Wieselmäusehumor mit seinen kleinen Anspielungen.
Vergessliche Ehemänner sind eigentlich ein abartiges Thema. Man denkt, da ist eh alles geschrieben, gezeichnet, serienmäßig hundertfach abgelichtet, aber wenn schon vergessliche Ehemänner, dann in der Verpackung für die Schreibersleut, wie du sie gewählt hast.

Und hier kriegst du noch paar Lieblingsstellen. Oder was ich halt so gefunden habe.

Sein Lieblingstext handelt von einem Nachbarschaftsstreit, der sich an den Hundehäufchen im gemeinsam benutzten Garten entzündete. Jede Partei hatte einen Dackel. Sie dekorierten das jeweils feindliche Häufchen mit kleinen Fähnchen in den Landesfarben, so dass der Garten sowohl mit dem Schweizer Kreuz als auch mit der italienischen Tricolore geschmückt war, sehr zum Spaß der Kinder im Viertel.
Das ist so verrückt. Ich würde das immer am liebsten mit den Häufchen (ähh Haufen) von Nachbarshund Bruno machen, der sich immer genau vor der Garage entleert, diese Wutz von einem Hund. Aber Schuld ist natürlich sein Herrchen. Nur ein Fähnchen hab ich noch nie ... hab ja auch keinen Hund. Ach, dieser Krieg ist herrlich. Stammt das aus der Wirklichkeit?

Oder die Geschichte, wie eine Ehefrau ihrem Mann ein Stückchen Romadour, sorgfältig in Stanniol gewickelt, unter das Seidentüchlein seines Sakkos stopfte, bevor er zur Vorstandssitzung davoneilte.
Auch nicht verkehrt, wenn nicht sogar noch besser. Die Rache der betrogenen Gattin. Und sehr fantasievoll. Erinnert mich auch an was. Früher, an meiner Arbeitsstelle legte immer ein entrüsteter Kollege dem Schulleiter einen alten Käse ins Fach. Zur Veranschaulichung seiner oppositionellen Haltung und seiner Beurteilung der letzten Konferenzführung des Schulleiters. Keiner hat jemals rausgefunden, wer das war, aber gelacht haben alle. Außer dem Schulleiter natürlich.

„Kein schlechter Titel." Ruth steht in der Tür zum Arbeitszimmer.
„Gefällt mir. Das 'Verdammt' würde ich weglassen. Mach lieber ein Fragezeichen.“
Da hab ich mich gefragt, warum du nicht in der Zeile mit "Arbeitszimmer" weitergeschrieben hast mit der wörtlichen Rede. Ruth quatscht ja weiter. So wirkt es jetzt, als würde auch Urs reden, aber es redet doch nur Ruth. Man kann es inhaltlich erschließen, aber besser finde ich es immer, wenn man das optisch für den Leser verdeutlicht.

„Gibt's was Besonderes heute?“, fragt Urs und meint beides, den Blumenstrauß und das Essen.
„Nicht wirklich …, nein, ich glaube nicht.“
Der Dussel. Das "nicht wirklich" müsste alle Alarmglocken schrillen lassen.

„He, warum so üppig? Zwei täten's auch. Und warum so viel Grünzeug?“
„Ist gut fürs Gedächtnis.“
Oh die Ruth ist wunderbar böse.

Beide achten auf ihre Figur, gegenseitig.
Klasse!

Eigene hatte er schon in den Affairen vor seiner Ehe mit Ruth.
"Eigene" bezieht sich auf Beziehungsdiskussionen gell? Klingt aber trotzdem irgendwie verhobelt.

st doch ein gutes Thema, oder?“, lächelt sie und zupft in der Blumenvase das Vergissmeinnicht etwas höher.
Oh, die ist wirklich wunderbar anzüglich. Ich mag Ruth. Ich seh fast ihr feines Lachen vor mir.

Mehr kriegst du nicht. Hehe. Habs sehr genossen.
Liebe Grüße von der Novak

 

Liebe Chai,

das ist wieder so ein klassischer wieselmaus-Text, den ich zweimal lesen musste, um die ganzen versteckten Hinweise deuten zu können. Und das ist keinesfalls negativ gemeint.

Ach, die versteckten Hinweise, die liebe ich. Eigentlich wollte ich nur Detektivromane schreiben. Jetzt bringe ich solche Anwandlungen halt in meinen Geschichten unter.

Urs (was für ein Un-Name):

Urs, der Bär, und Beat, der Glückselige, sind in der Schweiz beliebte Vornamen. Die weiblichen Pendants, Ursula und Beate, sind im deutschen Sprachraum bekannter.

Von mir aus hätte der Text gerne länger sein können, er endete etwas abrupt mit der Flasche Barolo,

Da bist du nicht allein. Bei diesem Experiment habe ich geschrieben und gekürzt, geschrieben und gekürzt (mit Hilfe einiger Forumsmitglieder). 781 Wörter. Ich bin froh, dass die Leser doch eine komplette Kurzgeschichte erkannt haben. Kann aber gut sein, dass ich demnächst wieder längere Texte schreibe. Knäckebrot und Schwarzwälder Torte, beides esse ich gern. Das Knäckebrot für die Figur, die Torte fürs Gemüt. Manche drohende Katastrophen enden gerne mal bei einer Flasche Rotwein. Was trinkt man denn in so einem Fall in Indien?

Schön, dass du dich gut amüsiert hast.

Herzlichst wieselmaus

 

Hey @wieselmaus,

Was trinkt man denn in so einem Fall in Indien?
Dasselbe. In Goa gibt's guten portugiesischen Wein, da geht auch mal die eine oder andere Flasche drauf. :D

Liebe Grüße

 

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