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Alltag?
Ich sitze in der U-Bahn, fahre Richtung Köln wie jeden Freitagnachmittag. Es wird ein schöner Tag, die Sonne scheint, ich höre das laute Rauschen des Zuges, das Stimmengewirr der vielen Leute, die alle wie ich darauf warten endlich wieder frische, saubere Luft atmen zu können. Ich denke über den Mann nach, der mir gegenüber auf einer der zerschlissen Bänke trohnt. Er sitzt da, bewegt sich kaum, schaut nur ab und zu verächtlich in die Richtung einer Mutter mit vier kleinen Mädchen, die ihrem Baby in irgendeiner anderen Sprache ein Lied vorsingt. Ich verstehe den Text nicht, aber ich bilde mir ein, dass es von einem jungen, traurigen Wolf handelt. Seltsamer Gedanke.
Der Mann sitzt breitbeinig da, dicke Bierbauchringe schwappen über seinen Gürtel, das Unterhemd ist bekleckert. Peinlich! Jetzt steht er auf, geht an mir vorbei, herber Biergeruch schlägt mir entgegen, mir wird übel, wünsche mir ein weiteres mal irgendwo anders zu sein. Nun steht er genau vor der jungen Frau mit den Kindern. Ich bekomme Angst, möchte aufstehen, zu ihr gehen und sie und ihr Baby vor diesem groben Kerl beschützen.
Ich bleibe sitzen, schaue zu wie er vor ihr auf den Boden spuckt, wie eines ihrer Kinder anfängt zu weinen und sich an einen Hemdzipfel seiner Mutter klammert, drehe mich um und verlasse den Zug.
[ 10.07.2002, 22:07: Beitrag editiert von: Hendek ]