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- 04.01.2007
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Auf Weltreise in Balkonien
Studentenparty.
Irgendwo Gaarden-Süd.
Viele Leute. Viel Gerede.
Um noch viel mehr Nichts.
Und ich.
mittendrin
Als notorischen Raucher treibt es mich alsbald unweigerlich in den gekennzeichneten Raucherbereich.
Balkon.
Hier hat sich mittlerweile eine bunte Mischung an Menschen unterschiedlichster Herkunft eingefunden. Aber alle haben dasselbe Ziel: Lungenkrebs. Wer als letzter noch lebt, muss vom Balkon springen.
Nebensache.
Ich habe andere Pläne.
Als Getränkehalter wurde hier offensichtlich das Balkongeländer auserkoren. Ein Spiel mit dem Feuer.
Mein Pegel und ich schließen eine Wette ab, ob ich es schaffe, mein Halbe-Liter Bierglas auf den zirka zehn Zentimeter schmalen Sims abzustellen.
3. Stock.
Pegel gewinnt.
In Gedenken an meine vor kurzem verschiedene Mische zünde ich mir eine Zigarette an und schließe mich dem allgemeinen Wettlauf um den Krebs an.
Währenddessen sehe ich mir das weitere Geschehen an und stelle fest, das niemand mit mir trauert. Keiner hat etwas bemerkt?
Es scheint hier wohl allgemein der Pegel zu regieren.
Ich packe mich am Kragen und werfe mich in einen Gesprächskreis. Die Leute sind hier fremdenfreundlich.
Als erstes unterhalte ich mich mit einem wild bewachsenem Heavy Mörtler über seine zur Schau getragene Unangepasstheit an äußerliche Konformitäten und vergewissere ihm, dass ich innerlich ganz auf seiner Seite stünde.
Wir werden Freunde und reden über Dinge, deren Inhalt irgendwo auf dem Grund meiner Bacardi-Flasche versteckt liegen.
Eine neue Gestalt betritt die Raucherzone und fragt meinen Gesprächspartner nach einer Zigarette.
Standesgemäß hat dieser nur Drehtabak zur Verfügung, gibt ihn aber gerne ab.
Der Blick des grad Beschenkten verrät schon: Das hatte er sich leichter vorgestellt.
Will nicht unhöflich sein und fängt an sich eine zu drehen.
Er bemüht sich sichtlich.
Irgendwann wird es mir einfach zu viel und ich bekomme das dringende Gefühl intervenieren zu müssen.
Mach ich dann auch.
Wortlos nehme ich ihm den Tabak aus der Hand und fange an zu drehen.
Etwas perplex über dieses unangekündigte Einschreiten eines völlig Fremden, schaut er mich fragend an,
kann meinem entschlossenen Blick jedoch entnehmen, dass ich ihm diese Zigarette drehen werde, komme was da wolle.
Nach ungefähr einer Minute erfolglosen Bastelns fällt mir auf, das da ein Filter mit im Spiel ist.
Verdammt, ich kann doch gar nicht mit Filter drehen!
Egal, hier wird nicht geklemmt.
Ich konzentriere mich stark und blende alles um mich herum aus.
Nach einer gefühlten Ewigkeit bin ich mit dem Ding soweit fertig.
Leck es an.
Und um zu prüfen, ob das auch alles Abgabebereit ist,
schüttel ich nochmal kräftig.
Dann, kurz davor dem Typen auf die Schulter zu tippen, sehe ich:
ich habe nur noch den Filter in der Hand.
Panik
Ich guck mich um: Keiner gesehen, puh!
Ich ducke mich unauffällig und sammle Tabak und Papierreste vom Boden auf,
schmeiß das ganze Desaster über den Balkon
und gebe dem Typen eine von meinen normalen Zigaretten, nachdem ich den Filter abgebrochen habe.
"Hier. Fertig. Aber ohne Filter, damit kann ich nicht so gut drehen, ich hoffe das geht in Ordnung."
Der freut sich, ich nicke ihm zustimmend zu und verlasse, jeglicher Schmach entkommen, den Balkon und mache mich auf die Suche nach meiner Mische, die ich doch hier irgendwo abgestellt haben müsste.
Irgendwo in Gaarden-Süd
auf einer Studentenparty.
Und eigentlich
war auch nichts.