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Axel
Sein Dockers lässt eine Mulde im Sand zurück.
„Sie ist einfach zur Bahn runter. Kannst du dir das vorstellen? Einfach zur Bahn!“, sagt Axel, während der Kieselstein an einem vertrockneten Busch verödet.
Ich öffne die Lippen.
“Nee, Jan. Sie hat das Bouquet nicht mal angesehen! Manchen Männern, denen verzeihen die Frauen alles, die können die größte Scheiße verzapfen, denen nehmen sie nichts übel. Karsten, zum Beispiel, der war eigentlich fällig." Den anderen Kiesel hat er verfehlt, nicht ohne dafüreine Staubwolke aufzuwirbeln. Oben ziehen Wolken träge wie Himmelsschafe.
“Martina und er …”
"Ja?"
"Damals, am Strand, dieses Kind wäre fast ertrunken."
“Was meinst du? Welches Kind? Kann mich gar nicht mehr dran erinnern.”
“Naja. Das Leben ist halt nicht leicht.”
Er winkt ab.
Weil, man hört doch immer, diese Headhunter verpflichten sogar welche direkt von der Straße weg. Du, Axel, so was wie dich habe ich lange nicht gesehen, deine Augen, dein Kinn, du könntest für Gott-was-weiß-ich laufen - selbst Saskia hätte, als sie ein paar Jahre
jünger war, so vor sich hin geschnalzt, tsk tsk tsk. John ist Patentanwalt, Bruderherz, bei Alston Bird. Hannover, letztes Jahr, war nahe, wirklich sehr nahe dran, ihm eine zu scheuern.
„Wie nannte der Dichter, der alte Knacker, das noch? Vergebliche Liebesmüh. Ich bin mir bald zu schade für ... Ich kann meine Zeit besser ...“
Der Wind trägt das Wort Zeit, bringt es zum Drehen, zum Tanzen. Zeile, Zeihen. Und jetzt, wo die Sonne über den Fabriktürmen am jenseitigen Ufer lungert.
„Bist du morgen bei Andi?“, frage ich.
„Nein, will er was machen?“
„Fußball gucken, und dann vielleicht noch losziehen.“
„Wer kommt denn?“
„Benni und Kath. Jana auch, glaube ich.“
„Frauen“, sagt Axel.
„Andi meint, er hat noch was für dich.“
„Was soll das sein?“
„Kein‘ Plan.“
„Ist mir egal. Wenn’s wichtig ist, wird er sich bei mir melden.“
„Alles klar.“
„Wenn’s wichtig ist, wird der sich schon melden.“
Mann, wie der Fluss treibt - manchmal, Sass, wäre ich auch gern drüben. Manchmal. Verheiratet mit A. C. in New York. Oder Mayor von Miami? Klingt verdammt gut.
„Lass uns am Wasser gehen.“
„Okay“, sagt Axel.
Der Sand ist hier feucht, dunkel, gleichmäßig.
„Und die Schuhe ...“
„Ach, kein' Bock“, sagt Axel und zieht eine Schnute.
Ich streife Schuhe und Strümpfe ab, fühle die Nässe auf meiner Haut, den Druck des Sandes. Axel geht nebenher in seinen neuen Dockers und sieht die ganze Zeit zu meinen Füßen herunter, um die die Gischt spielt.
„Da sind spitze Steine, nee, lass mal.“
Genau deshalb glaub ich ja, den Axel spricht irgendwann einer an, das kann nicht mehr lange dauern. In diesem faltenlosen, weißen Hemd. Schatten sammeln sich unter den Achseln, zwischen den Knöpfen, dann dreht er sich, und die Schatten sind wieder weg, alles ist glatt und hell.
„Liebst du sie eigentlich?“, frage ich.
Er schaut mich an. „Natürlich. Wie kommst du darauf?“
„Das Leben ...“, sage ich.
„Wie zum Henker kommst du darauf? Sie ist die einzige für mich. Natürlich liebe ich sie.“
"Wegen dem Dichter."
"Was hat das damit zu tun? Das ist doch bloß so dahergeschwätzt", sagt Axel.
„Vergiss es am besten. War ‘ne blöde Frage“, murmele ich.
„Du bist manchmal ... echt komisch“, sagt Axel und runzelt die Stirn.
Ich knie mich nieder, fühle ins Wasser. Die Strömung geht an den Fingern vorbei, wie eilige Passanten, denen man im Weg steht.
"Ach, jetzt weiß ich wieder!", sagt Axel.
"Was?"
"Das mit Karsten." Er sieht über den Fluss, und ich bemerke, dass sich seine Gesichtszüge geklärt haben.