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Dämonen Im Kopf

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11.03.2018
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Dämonen Im Kopf

Es ist dunkel. Dämonen kreisen um meine Gedanken, hungrig und bereit dazu, meinen Verstand vollends zu vernichten. Ich will handeln, doch kann nur denken. Ich weiß weder was zu tun noch was nicht zu tun ist. So gut wie alles verschwimmt in Anarchie, die versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben - mein Körper und mein Geist sind blutrünstige Kontrahenten.
Ich sitze zusammengekauert in einem Hauseingang. Das Haus steht in einer dunklen, abgelegenen Gasse - keiner sieht mich. Die schwarzen Schatten der Häuserfronten, die sich an der Hauptstraße wie Kettenglieder aufreihen, tauchen die Gasse in ein tristes Schimmern. Der Kampf, der zwischen Körper und Geist tobt, lässt mich schwitzen, sodass ich mir immer wieder das Gesicht trocken tupfen muss. Schweißausbrüche sind in solchen Situationen häufig – nicht nur bei mir. Meine Glieder schmerzen, mein Kopf brennt. Das Straßenpflaster bebt, die schnellen Schritte der Menge hallen durch die Gassen wie ein Schrei durchs Gebirge. Der Stein reflektiert den Lärm, die Ruhe, sogar meine Angst. Ich keuche und schluchze, doch niemand hört mich. Sie flüstern in meinem Kopf – so laut, dass die Schritte im Nichts verschwinden.

Erst jetzt fällt mir die Frau auf der anderen Seite der düster schimmernden Gasse auf. Sie schaut mich an, ihre Augen funkeln – ängstlich und stark. Beim Aufstehen fällt ihr ihre Thermoskanne aus der Hand und rollt auf den dreckigen, mit Taubenkot verschmutzten Pflasterstein. Gemächlich hebt sie jene auf, schaut auf ihren ausgefransten Teppich, dreht sich um und kommt in meine Richtung. Ich will hier nicht bleiben. Die leicht humpelnde, alte Frau steht nun vor mir. die Thermoskanne in ihrer rechten Hand haltend, schaut sie mich an. Sie reicht mir die Kanne. Ich nehme einen Schluck. Es ist kalt. Eiskalt. Sie lächelt – ich kann nicht. Sie nimmt mir die Kanne wieder aus der Hand und trinkt auch „Fabelhaft das Zeug!“, sagt sie mit leicht kratzender, aber angenehmer Stimme. Ich rutsche ein wenig zur Seite, damit sie sich setzen kann. Sie soll sich setzen. Die Frau stinkt nach Alkohol, Zigaretten und Urin. Sie ist nett und macht alles mit beunruhigend hastiger Gelassenheit, die mich verunsichert. Ich will nochmal aus ihrer Kanne trinken. Wir sitzen lange Zeit nebeneinander, ohne irgendetwas zu sagen, und doch hilft es, nicht allein zu sein. Ich frage mich, ob sie dasselbe denkt – der Sturm in meinem Schädel beginnt erneut doch meine Dämonen verwehren mir die Frage.
„Frag‘ ruhig. Was bedrückt dich?“
Ich muss schmunzeln. Sie lacht. Ich erzähle ihr nicht viel. Sie dreht sich nicht weg, obwohl sie weiß, dass ich es gesehen habe. Sie weint. Alle anderen verstecken ihre Dämonen - im Gegensatz zu dieser Frau „Du bist nicht der Erste“, flüstert sie schluchzend. Ihre Worte beruhigen den tobenden Sturm in meinem Kopf. Mein Augenlid zuckt. Ich entscheide mich dafür, alles zu erzählen, lasse keine Details aus, sogar von meiner Tochter erzähle ich – sie starb vor vier Jahren. Ich kenne diese Frau nicht – ich habe noch nie irgendjemandem von meiner Tochter erzählt – doch diese Frau bändigt meinen Sturm. Als ich fertig bin, nimmt sie mich in ihre Arme, die fast noch schlimmer als der Rest an ihr riechen. Mein Lid zuckt nicht mehr. Die Schritte sind auch weg. Sie entschuldigt sich nicht. Ich schon. Sie lacht. Ich hole mein Portemonnaie heraus und gebe ihr einen meiner Scheine. Die Alte schaut mich angewidert an, nimmt den Schein, zerreißt ihn in tausend Fetzen und lacht mich gehässig an. Ich verstehe nicht. Sie erzählt von sich. Hatte einen Sohn, einen Mann, einen Hund und ein Haus – ein Leben. Das Haus ist niedergebrannt, die Familie gestorben, der Hund weggelaufen.
Meine Füße fangen an zu jucken und ich trinke noch einmal aus ihrer Kanne. Als Frau fand sie keine Arbeit mehr, hatte kein Haus, kein Geld, kein Leben. Sie schaut mich durch ihre dunklen, nassen und doch frohen, grünen Augen an: „Das ist nicht alles, mein Junge. Das hier, das ist stärker. Du und ich, wir sind wichtiger. Zusammen. Wir sind, was zählt.“ Die Frau steht auf und gibt mir ihre Kanne. Sie geht langsam zu ihrem ursprünglichen Platz zurück, rollt ihren Teppich zusammen und läuft humpelnd auf die hell erleuchtete, Menschen überströmte Straße zu. Sie schaut nicht zurück. Ich kauere immer noch in dem Hauseingang, die Kanne in meiner linken Hand haltend, mit der rechten vergebens nach meinem Schlüssel suchend. Vor mir liegen die kleinen, wertlosen Fetzen Geld. Ich entscheide mich, als sie gerade im Licht der Straße verschwindet. Ich springe auf, ziehe mein Sakko aus und werfe es auf die Gasse. Ich renne der Frau hinterher. An der Kreuzung sind viele Leute. Sie hasten von einer Ecke zur anderen, ohne auch nur auf irgendwas und irgendwen zu achten – haben nur ihr Ziel im Blick. Ich schaue mich um, in alle möglichen Richtungen – ich sehe sie nicht. Die Frau ist im Sturm der Anderen verschwunden. Ich laufe los. Irgendwohin. Die alte, rostige Thermoskanne fest umklammert, in der Hand.

Er sitzt alleine, zusammengekauert am Straßenrand. Ich setze mich neben ihn und gebe ihm die Kanne. Er freut sich. Ich stehe auf und gehe. Keine Dämonen mehr.

 
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Hey Izzy Fetch,

Es ist dunkel. Dämonen kreisen um meine Gedanken, hungrig und bereit dazu, meinen Verstand vollends zu vernichten. Alles, was ich weiß, gilt nicht mehr, nichts mehr ist wie es einmal war. Tugenden, Regeln und Gedanken sind nichtig geworden. Ich handle ohne zu denken, meine Gefühle befehlen was zu tun und was zu lassen ist. Alles verschwimmt in absoluter Anarchie, mein Geist und mein Körper sind nicht mehr Eins, eher Kontrahenten, die einander zu töten versuchen. Ich bin ihnen hilflos ausgeliefert, kann die Fäden nicht durchtrennen, kann nicht handeln, wie ich eigentlich will.
Ich sitze zusammengekauert in einem Hauseingang. Das Haus steht in einer dunklen, abgelegenen Gasse, keiner sieht mich. Die schwarzen Schatten der Häuserfronten, die sich an der Hauptstraße wie Kettenglieder, aufreihen, tauchen die Gasse in ein tristes Schimmern, das meinen Gefühlen ähnelt. Der Kampf zwischen mir, meinem Geist und Körper lässt mich schwitzen, sodass ich mir immer wieder das Gesicht trocken tupfen muss.

Na, das ist mal ein Einstieg. Mit Dämonen und dem drohenden Wahnsinn. Und leider auch ein paar, wahrscheinlich der Flüchtigkeit geschuldeten, Kommafehlern. Nimm die einfach schnell raus, dann liest sich das auch angenehmer. Aber zurück zum Inhalt: Was baust du in diesem Absatz auf? Du poträtierst einen Mann, dem es gerade ziemlich dreckig geht. Höllisch dreckig (Dämonen). Dein Schreibstil gefällt mir dabei eigentlich gut, diese kurzen, prägnanten Sätze (unterstrichen) ohne große Verschachtelung lesen sich gut und passen mit deinem Charakter überein, der deiner Beschreibung zufolge ja auch nicht mehr wirklich in der Lage zu komplexen Gedankengängen ist. An manchen Stellen driftest du für meinen Geschmack zu sehr ins reißerische ab (ebenfalls unterstrichen, da ich anscheinend nur ein Bearbeitungstool gleichzeitig benutzem kann)


Schweißausbrüche sind in solch einer Situation häufig – nicht nur bei mir. Das Pflasterstein bebt und ihre schnellen Schritte hallen durch die Gassen, wie ein Schrei durch Gebirge. Der Stein reflektiert den Lärm, die Ruhe, sogar meine Angst. Ich keuche und schluchze – sie müssten es eigentlich hören. Sie flüstern in meinen Kopf – so laut, dass die Schritte im Nichts verschwinden.

Dieser Absatz gefällt mir gut. Leider wieder ein paar Flüchtigkeitsfehler drin. Ach ja, und bei zusammengesetzten Nomen bezieht sich der Artikel immer auf das hintere, also "der Pflasterstein". Deinen Stil behältsts du schön bei, es wird klar und ohne unnötige Umschweife dargestellt, was der Leser wissen muss und will. Was mich etwas stört, ist, dass nicht klar wird, ob du mit "Sie" (fett markiert) jetzt die Dämonen oder wirkliche Menschen meinst. Klar, "Sie flüstern in meinem Kopf bezieht sich auf die Dämonen. Aber davor? Immerhin sind die Dämonen ja in seinem Kopf und können damit schwerlich über den Pflasterstein laufen. Auch die Balance zwischen gut geschrieben und zu dick aufgetragen hältst du jetzt schön.


Sie fällt mir erst jetzt auf. Sie sitzt mir gegenüber, auf der anderen Seite der düster schimmernden Gasse. Sie schaut mich an, ihre Augen funkeln – ängstlich doch wunderschön. Beim Aufstehen wirft sie den Becher vor sich um, wobei kaum Münzen auf das dreckige, mit Taubenkot verschmutzte Pflasterstein, fallen. Hastig sammelt sie alles wieder ein und stellt es vorsichtig auf ihren ausgefransten Teppich, auf dem sie bis eben saß. In ihrer rechten Hand hält sie eine Thermoskanne, die offensichtlich schon älter ist – sie ist rostig und das Getränk, das darin ist, ist kalt, als ich es trinke.

Weiterhin schöner Stil in meinen Augen, auch wenn ich seine Beobachtungsgabe (fett markiert) etwas zu gut finde für jemanden, der gerade von Dämonen heimgesucht wird und dessen Verstand droht, in Anarchie zu verfallen. Ich würde außerdem irgendwas wie "Sie kommt zu mir rüber gelaufen" hinuzfügen, so ist das ein wenig holprig. Gerade ist sie noch auf der anderen Straßenseite und im nächsten Moment trinkt er aus ihrer Thermoskanne?


Sie lächelt – ich kann noch nicht. Sie nimmt mir die Kanne wieder aus der Hand und trinkt auch einen Schluck: „Fabelhaft das Zeug!“, sagt sie mit leicht kratzender, aber angenehmer Stimme. Ich rutsche ein wenig zur Seite, damit sie sich setzen kann. Sie stinkt nach Alkohol, Zigaretten und Schweiß – letzteres trifft auch auf mich zu. Sie ist nett und macht alles – was nicht wirklich viel ist – mit beunruhigend hastiger Gelassenheit, die mich noch mehr schwitzen lässt. Ich trinke nochmal aus ihrer Kanne. Wir sitzen lange Zeit nebeneinander, ohne irgendetwas zu sagen und doch hilft es, nicht allein zu sein. Ich frage mich, ob sie dasselbe denkt – traue mich aber nicht zu fragen.

Stil weiter schön, allerdings würde ich den Anfang "Sie" und allgemein die Häufigkeit dieses Personalpronomens verringern (fett markiert). Durch "Die Frau" beispielsweise.


„Frag‘ ruhig. Was bedrückt dich?“. Ich muss schmunzeln. Sie lacht. Ich erzähle ihr nicht viel, aber es reicht anscheinend aus, um Tränen in ihren Augen zu erkennen. Sie dreht sich nicht weg, obwohl sie weiß, dass ich es gesehen habe. Alle anderen, verstecken ihre sie, ihre Dämonen und ihre Geister. „Du bist nicht der Erste.“. Ihre Worte beruhigen mich. Ich erzähle ihr alles, lasse keine Details aus, sogar von meiner Tochter erzähle ich – sie starb vor 4 Jahren. Ich kenne diese Frau nicht – ich habe noch nie irgendjemandem von meiner Tochter erzählt – aber sie wiegt mich in Geborgenheit. Als ich fertig bin, nimmt sie mich in ihre dreckigen Arme, die fast noch schlimmer als der Rest an ihr riechen. Ich schwitze nicht mehr. Die Schritte sind auch weg. Sie entschuldigt sich nicht für ihren Gestank, im Gegensatz zu mir. Sie lacht.

Ok, dass jemand, der gerade von Dämonen verfolgt wird, sich an jede menschliche Stütze klammert, die ihm über den Weg läuft, ist verständlich. Der knappe, aber nicht mangelnde, Stil gefällt mir weiterhin, umso mehr schade, dass manche Sätze nicht so recht Sinn ergeben (fett markiert)


Ich hole mein Portemonnaie heraus und gebe ihr einen meiner Scheine. Sie schaut mich angewidert an, nimmt den Schein, zerreißt ihn in tausend Fetzen und lacht mich an. Ich verstehe nicht. Sie erzählt von sich. Sie hatte einen Sohn, einen Mann, einen Hund und ein Haus – ein Leben. Das Haus ist niedergebrannt, die Familie gestorben. Ich schwitze wieder, sie gibt mir die Kanne und erzählt weiter. Sie fand keine Arbeit, hatte kein Haus, kein Geld, kein Leben mehr. Sie schaut mich durch ihre dunklen, nassen und doch frohen, grünen Augen an: „Das ist nicht alles. Das hier, das ist Alles. Du und ich, wir sind alles. Alles, was zählt.“

Stil gut, weißt ja, warum. Den letzten Satz finde ich, sagen wir, an der Grenze. Formulierungen wie "Wir sind alles" erwecken immer so einen absoluten und definitiven Eindruck, der schnell wie Effekthascherei wirken kann. Versuch's doch mit dem Komparativ, zum Beispiel: "Das hier, das ist wichtiger. Du und ich, wir sind wichtiger"


Sie steht auf, packt ihren Teppich zusammen, gibt mir die Kanne und geht zur hell erleuchteten, Menschen überströmten Straße. Ich kauere immer noch in dem Häusereingang, die Kanne in der linken Hand haltend, mit der rechten vergebens nach meinem Tuch suchend, mit dem ich mir immer den Schweiß abtupfe. Vor mir liegen die kleinen, wertlosen Fetzen Geld. Sie biegt gerade in das Licht der Straße, ich springe auf, ziehe mein Sakko aus und werfe es hinter mich. Ich laufe los in Richtung Straße. An der Kreuzung sind viele Leute. Sie hasten von einer Ecke zur Anderen ohne auch nur auf irgendwas und irgendwen zu achten – haben nur ihr Ziel im Blick. Ich schaue mich um, in alle möglichen Richtungen – ich sehe sie nicht. Sie ist verschwunden, im Tumult der anderen. Ich laufe los. Irgendwohin. Die alte Thermoskanne fest umklammert, in der Hand.

Er sitzt alleine, zusammengekauert am Straßenrand. Ich setze mich neben ihn und gebe ihm die Kanne. Er freut sich. Ich stehe auf und gehe. Keine Dämonen mehr.


Stil blabla. Am schönsten find ich den fett markierten Satz. Schließt schön den Gedankengang der Frau ab. Mein Fazit: Schön. Keine wirkliche Geschichte, einfach ein Ausschnitt, herausgerissen, genauso wie dein Protagonist auch und dein kurzer Schreibstil unterstreicht das. Das Präsens sitzt auch, die Szene wirkt dadurch nahbar. Außerdem lädst du mit der Kanne, die am Ende ins Spiel gebracht wird schön dazu ein, kurz mal ein wenig über sie, die Geschichte und vielleicht noch alles andere, nachzudenken. Nur kurz, aber das ist ja auch was schönes. Wenn du die entstandenen Flüchtigkeitsfehler und Stilfehler (Wortwiederholung, sinnlose Sätze) noch ausmerzt und aus dem ersten Teil ein wenig Fahrt rausnimmst, lese ich die Geschichte noch lieber! "Get up Johny Boy, 'cause the world has left you lying on the ground", ist mir nach dem ersten Lesen spontan eingefallen (:

Freue mich auf mehr und viele Grüße
RobotBoy

 

Servus RobotBoy
zu allererst mal vielen Dank für dein Feedback. Hab mich sehr gefreut zu lesen, dass dir die Geschichte gefallen hat. Mit den genannten Kritikpunkten, gebe ich dir größtenteils Recht (auch mit der Effekthascherei :P ).

Ich werde mich auf jeden Fall nochmal dran setzen und ein paar Sachen abändern und verbessern!

Greetings Izzy

 
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Hallo Izzy Fetch,
Deine Geschichte lässt mich ratlos zurück. Ratlos, weil ich nicht klar einordnen kann, was für mich nicht stimmt. Ich versuche, es zu ordnen:
Der Einstieg versucht intensiv zu sein, schafft es aber für mich nicht und das sind zwei Dinge, die ich dazu bemerken kann. Einerseits erscheint mir die Sprache zu nüchtern und das zieht sich durch den Text. Ja, das ist als Konzept gedacht, offensichtlich. Was gegen den intendierten Effekt geht, dass die Nüchternheit nämich das Heruntergekommene der Szene im Hausgang nachfährt, ist für mich dann aber eine nicht konsequent gehandhabte Beschreibung. Die pendelt, und das ist eigentlich das, was mich am meisten stört, zwischen ganz allgemeinen Betrachtungen und persönlichen Beschreibungen hin und her und diese Ebenen nehmen sich gegenseitig die Luft zur Wirksamkeit.
Zum Beispiel am Anfang: Da kommen erst die Dämonen aus der persönlichen Wahrnehmung. Dann schneien die abstrakten Begriffe "Tugend", "Regeln" und "Gedanken" herein. Absolute Anarchie setzt voraus, dass Anarchie noch steigerbar ist. Das finde ich entbehrlich, außerdem ist der Terminus auch technisch und versperrt den Weg zum Persönlichen.
Das ist dann eine Mischung der Ebenen in einem Satz. Persönlich mit Geist und Körper, mit Kontrahenten wieder ein unpersönlicher, sachlicher Begriff, der in der Satzerweiterung mit dem "eher" wieder ausbremst.

mein Geist und mein Körper sind nicht mehr Eins, eher Kontrahenten, die einander zu töten versuchen.
Dann empfinde ich manche Sprachbilder nicht für stimmig, was auch in die oben beschriebene Richtung geht, dass der Text nicht durchdringt, weil er zu viel auf einmal will.
Hier zum Beispiel:
Ist als Vergleich für mich zu weit hergeholt.
Häuserfronten, die sich an der Hauptstraße wie Kettenglieder,
Bekomme ich auch keine Verbindung her:
tristes Schimmern
Da trifft die konkrete Zuweisung "ängstlich" auf das allgemeine "wunderschön" und das sind dadurch keine Gegengewichte, sondern aussagelose Pole.
ihre Augen funkeln – ängstlich doch wunderschön
Umständliche Beschreibung der Analogie.
das meinen Gefühlen ähnelt
Recht klischeehaft, außerdem: Wer ist dann "mir"? Inkludiert "mir" nicht Geist und Körper?`Es gäbe also drei Ebenen, die im Kampf liegen können: Ich, mein Geist und mein Körper. Wie definiert sich dann das "Ich"? Unabhängig von Geist und Körper? Vielleicht ist es auch ein Stilmittel? Der Kampf zwischen mir, also der zwischen meinem Geist und meinem Körper. Dann müsste es aber eher "Kampf in mir" heißen. Trotzdem finde ich dann das "schwitzen lassen" in der umständlichen Passivform nicht am Geschehen dran.
Der Kampf zwischen mir, meinem Geist und Körper lässt mich schwitzen

Das ist symptomatisch, finde ich: Die Verbindung einer nüchternen Feststellung, wie aus einem medizinischen Diagnosebuch und die Erklärung "nicht nur bei mir", die aus der Perspektive des Icherzählers irrelevant ist, weil von keinem anderen Schwitzenden berichtet wird. Das Schwitzmotiv finde ich zu oft bedient.
Schweißausbrüche sind in solch einer Situation häufig – nicht nur bei mir.

Unabhängig vom Inhalt erreicht mich also Dein Text nicht, weil er sich nicht entscheidet, was er sein will: Sachliche Beschreibung oder persönliche Darstellung.
Herzliche Grüße
rieger

 

Hallo rieger,

Danke dür das Feedback. Es bleibt aber Izzy Fetch s Geschichte ;) Apropos: Siehste, der Anfang scheint hier vielen nicht ganz klar zu sein (:

Viele Grüße
RobotBoy

 

RobotBoy , rieger
Hab' den Text überarbeitet - steht für erneutes Lesen bereit ;)

 

Hallo, Izzy Fetch

Da Du anscheinend überarbeitet hast, lese ich die aktuelle Version und verfasse meinen Kommentar ausnahmsweise mal, ohne vorher die anderen Kommentare vollständig gelesen zu haben. Verzeih mir also etwaige Doppelungen.

Ich lege immer erstmal die Lupe drauf, bevor ich einen Schritt zurücktrete, um mir das große Ganze anzuschauen. Also:

Dämonen kreisen um meine Gedanken, hungrig und bereit dazu, meinen Verstand vollends zu vernichten. Ich handle ohne zu denken.

Was jetzt? Denken oder nicht denken? Da solltest Du Dich entscheiden. Zusammen passt das nicht. Außerdem kommt ein Komma vor "ohne" (falls Du Dich entscheidest, den Satz zu behalten).

Ich weiß nicht was zu tun oder zu lassen ist.

Komma vor „was“.

So gut wie alles verschwimmt in Anarchie, die mich versucht in den Wahnsinn zu treiben - mein Körper und mein Geist sind Kontrahenten, die einander zu töten versuchen.

„die versucht, mich in den Wahnsinn zu treiben“, klänge besser. Außerdem würde ich „die einander zu töten versuchen“ einfach streichen. Das klingt wuchtiger, und dieser Nachsatz ist unschön und redundant.

Die schwarzen Schatten der Häuserfronten, die sich an der Hauptstraße wie Kettenglieder, aufreihen, tauchen die Gasse in ein tristes Schimmern.

Kein Komma nach „Kettenglieder“. Das arme „aufreihen“ ist sonst ganz einsam. :(

Das Straßenpflaster bebt, die schnellen Schritte der Menge hallen durch die Gassen, wie ein Schrei durch Gebirge.

Kein Komma vor „wie“. Außerdem fehlt nach „durch“ irgendwie was. Ich würde „durchs Gebirge“ schreiben.

Sie flüstern in meinen Kopf – so laut, dass die Schritte im Nichts verschwinden.

„in meinem Kopf“

Beim Aufstehen wirft sie den Becher vor sich um, wobei kaum Münzen auf den dreckigen, mit Taubenkot verschmutzten Pflasterstein, fallen.

Schon wieder so ein einsames Prädikat. Warum bist Du so grausam? Kein Komma vor „fallen“.

Sie lächelt – ich kann nicht. Sie nimmt mir die Kanne wieder aus der Hand und trinkt auch: „Fabelhaft das Zeug!“, sagt sie mit leicht kratzender, aber angenehmer Stimme.

Da Du der wörtlichen Rede schon einen Begleitsatz nachstellst, würde ich auf die Doppelpunkte davor verzichten.

Wir sitzen lange Zeit nebeneinander, ohne irgendetwas zu sagen und doch hilft es, nicht allein zu sein.

Komma vor „und“.

„Frag‘ ruhig. Was bedrückt dich?“.

Weg mit dem Punkt nach dem Anführungszeichen. Ein Fragezeichen reicht vollkommen aus, um einen Satz zu beenden. In Sozialen Netzwerken gibt es den weit verbreiteten Spruch: „Satzzeichen sind keine Rudeltiere.“

Alle anderen, verstecken ihre Dämonen - im Gegensatz zu der Frau: „Du bist nicht der Erste.“, flüstert sie.

Kein Komma nach „anderen“. Schon wieder das mit Doppelpunkt UND nachgestelltem Begleitsatz. Und Punkt und Komma direkt nacheinander. Hier sind nochmal die Zeichensetzungsregeln für wörtliche Rede, da Du diese offenbar nicht vollkommen beherrscht (obwohl sie recht einfach sind):
Möglichkeit 1: mit vorangestelltem Begleitsatz
A: Sie sagte: „Hallo.“
B: Sie fragte: „Hallo?“
C: Sie rief: „Hallo!“
Genauso und nicht anders. Natürlich darfst Du die Inhalte ändern, die Satzzeichen bleiben aber immer genauso: Begleitsatz, Doppelpunkt, Anführungszeichen unten, wörtliche Rede, Punkt/Fragezeichen/Ausrufezeichen, Anführungszeichen oben.
Möglichkeit 2: mit nachgestelltem Begleitsatz
A: „Hallo“, sagte sie.
B: „Hallo?“, fragte sie.
C: „Hallo!“, rief sie.
Genauso und nicht anders, also: Anführungszeichen unten, wörtliche Rede, (optional Ausrufezeichen oder Fragezeichen, aber niemals ein Punkt!), Anführungszeichen oben, Komma, Begleitsatz, Punkt.
Bitte im gesamten Text korrigieren und für den Rest Deines Lebens nicht vergessen.

sie starb vor 4 Jahren

Zahlen werden in Geschichten ausgeschrieben. Außer vielleicht zwölftausendfünfhundertneunundsiebzig. Vier ist verträglich.

Sie hasten von einer Ecke zur Anderen ohne auch nur auf irgendwas und irgendwen zu achten – haben nur ihr Ziel im Blick.

„anderen“ bezieht sich noch auf „Ecke“ und wird deshalb klein geschrieben. Danach kommt ein Komma.


Was ist das?

Du siehst, es finden sich hier einige, ich vermute mal wohlwollend, Flüchtigkeitsfehler. Du setzt ein wenig zu viele Kommata (es ist aber kein massives Problem, da gibt es ganz andere), und Deine Zeichensetzung in der wörtlichen Rede schwankt stark von der Richtigkeit her (wobei es da ja auch nur richtig und falsch gibt). Einige Deiner Formulierungen finde ich nicht wirklich hübsch.

Treten wir einen Schritt zurück und schauen uns das große Ganze an. Du beginnst wahnsinnig dramatisch, wirst dann menschlich, warm, fügst dann mit dem Sakko noch einen kleinen Twist ein. Ich fand das Ganze flüssig zu lesen, bin der Meinung, es hat genau die richtige Länge.

Was ein Problem ist, ist, dass viele Gegenstände vorkommen, die Du von einem Ort zum anderen bewegst, ohne dies dem Leser mitzuteilen. Wirkt ein bisschen so, als würdest Du entweder selbst den Überblick verlieren oder würdest denken, dass wir uns das schon denken können.

Gemächlich richtet sie sich auf, schaut auf ihren ausgefransten Teppich, dreht sich um und kommt in meine Richtung. Ich will hier nicht bleiben. In ihrer rechten Hand hält sie eine alte, rostige Thermoskanne. Ich nehme einen Schluck.

Zuerst kommt die Frau über die Straße, dann plötzlich trinkt Dein Prot aus ihrer Kanne. Da fehlt völlig, dass sie ihn erreicht und ihm die Kanne reicht. Da wollte ich schon drüber hinwegsehen, aber was ich da noch nicht wusste, ist, was noch mit dem Teppich passiert.

Die Frau steht auf, packt ihren Teppich zusammen, gibt mir die Kanne und geht zur hell erleuchteten, Menschen überströmten Straße.

Moment! Sie hat den Teppich doch vorhin auf der anderen Straßenseite liegengelassen. Zumindest schreibst Du nur, dass sie ihn anguckt, bevor sie die Straße überquert. Also war ich fest davon überzeugt, dass sie zurückschaut, denkt: „Hoffentlich klaut keiner meinen Teppich“, und dann über die Straße geht. D.h., hier sehe ich zwei Möglichkeiten. Entweder verschweigst Du uns, dass der Teppich, den sie anschaut, unter ihren Arm geklemmt ist (und dass sie ihn zwischendurch wieder ausbreitet), oder dass sie später über die Straße geht, dort ihren Teppich einpackt und verschwindet.

Da Du später wieder an den Teppich denkst, nehme ich an, dass Du die ganzen Gegenstände nicht einfach vergisst. Das mit der Kanne finde ich auch nicht so schlimm. Aber da es bezüglich des Teppichs zwei Möglichkeiten gibt, wo er sich die ganze Zeit befindet, machst Du es mir auf diese Weise sehr schwierig, mir die Szene vorzustellen. Das ärgert mich. Und es sollte Dich auch ärgern. In meiner Vorstellung hat die Alte den Teppich zurückgelassen. Und plötzlich materialisierte er sich auf der anderen Straßenseite. Das war eine schwierige Szene für meine Vorstellungskraft.

Die Alte schaut mich angewidert an, nimmt den Schein, zerreißt ihn in tausend Fetzen und lacht mich gehässig an.

Die Frau verstehe ich nicht ganz. Sie hat offenbar einen Pappbecher aufgestellt, um zu betteln, schmeißt ihn aber um und lässt die Münzen liegen und zerreißt Geldscheine. Warum stellt sie dann überhaupt einen Pappbecher auf? Damit sie anderen zeigen kann, wie egal Geld ihr ist? Das ergibt doch keinen Sinn. Man darf auch auf der Straße abhängen, ohne zu betteln - ob man das darf, oder nicht, ist eigentlich eine größere Frage, aber Du weißt, was ich meine.

Den Rest, wie gesagt, finde ich sehr stimmig, und ich würde sagen, diese beiden Dinge sind Kleinigkeiten. Ich mag es, dass Du wie mit einer Horrorgeschichte beginnst und mühelos den Umschwung findest, um eine Geschichte über Großherzigkeit und Empathie, übers Einanderhelfen und Zuhören zu schreiben. Das hat mir sehr gut gefallen.

Viele Grüße,
Maria

 

Wow TeddyMaria ,
ein außerordentlich hilfreicher Kommentar. Vielen Dank, dass du dir dafür so viel Zeit genommen hast.
Ich hab mir die Geschichte nochmal mehrmals durchgelesen immer mit deinen Kritikpunkten auf dem Bildschirm.
Habe nun vor allem die Kommafehler, als auch die direkte Rede verbessert - war in der Schule einfach zu lang her :D

Auch die Szene, in der die Frau die Straßenseite wechselt, habe ich überarbeitet.

Danke nochmals für diese und natürlich auch die Kritiken der anderen!

Liebe Grüße,
Izzy

 

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