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Das Bein

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26.09.2006
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Das Bein

Christian Vosteran wunderte sich. Er war früh aufgestanden, ganz besonders früh, hatte aus dem unablässigen "Guten Morgen" in alle Richtungen ein undeutlich gemurmeltes "Morgen" gemacht. Wen, außer zwei oder drei noch eifrigeren Kollegen, hätte er um diese unchristliche Zeit schon grüßen sollen. Der Geruch von frisch gebrühtem Kaffee stieg ihm in die Nase. Dieser typische Geruch von Wichtigkeit, auch wenn er nur Tee mochte. Christian trug eine Verantwortung, er trug zur funktionierenden Kommunikation bei und diese Verantwortung würdigte er. Der Kunde erwartete korrektes Auftreten, polierte Messingknöpfe, gegeltes Haar und glänzende Schuhe. Kleidung spiegelte schon immer die Arbeitseinstellung wider.
Er hatte immer gehofft, nie in die Verlegenheit zu kommen, einen Brief in den abgelegenen Krähenweg tragen zu müssen, doch heute war es so weit. Heute hatte er Pech gehabt, obwohl es an diesem Tag seine einzige Zustellung war. Das hatte es noch nie gegeben.

Schon am Ortsausgang konnte er den Einödhof erkennen. Klein zwar, aber deutlich genug, um die berüchtigte Silhouette zu zeigen. Ein Silo-Turm, in dem angeblich Sohn, Tochter und Frau von Schellhammer in den sechziger Jahren erstickt waren. Daneben ein kleiner Schuppen, ein blass grauer Holzverhau mit eingeknicktem Dach und, etwas versetzt, das Wohnhaus. Ehrfürchtig stieg Christian Vosteran von seinem gelben Fahrrad. Seine Frisur war fein säuberlich aufgeräumt. Man mied die Umgebung des Hofes. Angeblich geschahen dort seltsame Dinge.
Nach hundert Metern bog er in den Krähenweg, ein wenig befahrener Feldweg vielmehr, der seine Schuhe knirschen machte und nach einer Weile zum Hohlweg verkam. Sträucher säumten ihn zu beiden Seiten und hätten die Flucht nur nach rückwärts zugelassen. Undurchdringlich. Christian atmete laut. Die Krawatte war schuld. Christian lockerte sie ein wenig. Seine linkes Schienbein schmerzte mit jedem Schritt und er begann diesen unseligen Tag zu verwünschen. Schließlich warf er das Fahrrad hin. In die Sträucher, nur um im nächsten Augenblick hinterher zu hechten. Jeder Brief verdiente Respekt, genauso wie dessen Adressat.
Nun stand er auf dem Krähenweg, an diesem schneeschwangeren Novembertag, den Brief in der Hand. Gelblich-graues Umweltpapier mit roter Tinte beschriftet. Seltsamer Absender, dachte Christian beim Prüfen seiner Frisur.
Inzwischen war er nähergekommen. Er konnte sogar schon die Türklinke und das Schlüsselloch erkennen, auch aus dieser Entfernung. Eigentlich ein hübsches Haus, dachte er, gemütlich fast. Verwunschen stand es zwischen verrosteten Landmaschinen. Sein Blick streifte zwischen den Gebäuden hin und her und blieb bald an der ovalen Einstiegsluke des Silos hängen. Etwas schien ihn anzustarren. Er fühlte das und seine Bewegungen froren ein. Den Postboten in gebügelter Uniform fröstelte. Er hatte den Eindruck, hier wäre es kälter als in der Stadt. Christian fixierte das schwarze Oval. Seine Haare wollten zu Berge stehen, doch das Gel behielt die Kontrolle, lediglich die Ohren zuckten – ganz von selbst. Er musste mal.
Er beschloss, das Gefühl beiseite zu schieben. Immerhin war er zweiunddreißig, zu alt für solchen Unsinn. Er drehte sich um und ging auf das Wohnhaus zu. Hinter ihm knirschte etwas. Das war nichts, gar nichts, irgendein Geräusch. Es wurde lauter und Christian schneller. Plötzlich ein Poltern. Christian stürmte los, stolperte auf die Veranda – wo man hinsah, leere Konservendosen -, stieß gegen die Tür und drückte instinktiv die Klinke. Ohne zu zögern, schlüpfte er hinein, spähte durch den Türspalt. Dort war nichts.

»Verschwinde, Penner!«
Christian fuhr herum, eine Strähne hing ihm ins Gesicht.
»Du meine Güte, Herr von Schellhammer, haben Sie mich erschreckt!« Erleichterung.
»Das interessiert mich einen Scheiß, machen Sie, dass Sie verschwinden, Sie in gottverdammter Penner.«
Der alte Mann sah grauenhaft aus, roch wie abgestandenes Bier. Er musste das Feinripphemd schon seit Tagen angehabt haben.
»Tut mir Leid, dass ich so einfach hereinplatze.«
Den Brief hinter dem Rücken stand Christian unschlüssig im Flur. Gott, was für ein Gestank, dachte er.
»Glotzen Sie nicht so dämlich und sagen Sie mir, was Sie zum Donnerwetter wollen? Ich verpasse Ihnen gleich eine hiermit«, sagte der zahnlose Mund.
Obwohl Herr von Schellhammer in einem Rollstuhls saß, dadurch ganze zwei Köpfe kleiner war, schaffte er es irgendwie, herablassend mit dem Schürhaken vor dem Postboten herumzufuchteln.
»Ich habe etwas für Sie«, sagte Christian und streckte die Hand mit dem Brief vor.
»Es gibt nichts, das ich brauchen könnte, sehe ich so aus, als hätte ich irgend etwas nötig?«
Der Schürhaken schwang haarscharf an Christians Nase vorbei. Herr von Schellhammer stierte ihn an.
»Ein frisches Hemd?«
Der Schürhaken polterte zu Boden. Christian rechnete damit, sich wegen des Spruchs eine einzufangen.
»Halten Sie die Klappe!« Der Alte rollte heran, rammte die Beinstützen gegen Christians Schienbein und schnappte sich in einer erstaunlich agilen Bewegung den Brief. »Geben Sie schon her!«
»He, was fällt Ihnen ein, ich hätte Ihnen den Brief auch so gegeben«, maulte Christian.
»Reißen Sie sich gefälligst zusammen, immerhin sind Sie hier eingebrochen. Wären wir in Amerika, hätte ich Ihnen eine Ladung Schrot auf den Pelz gebrannt!«
Dass sich dieser alte Sack von einem Scheißkrüppel auch so aufführen muss, dachte Christian und rieb sich die schmerzende Stelle.
»Eingebrochen, was soll das denn heißen? Ich habe Ihren bescheuerten Brief gebracht.«
Beim Blick auf seine polierten Schuhe wurde er sich schließlich wieder seiner Prinzipien bewusst. Er richtete sich auf, bändigte seine Strähne, rückte die Krawatte zurecht und atmete, nein nicht tief, dieser Geruch, durch.
»Bitte entschuldigen Sie, es steht mir nicht zu, so zu reden.«
»Da sprichst Du Wahres gelassen aus, Jungchen«, sagte der Herr von und kratzte sich dabei an seinem Beinstumpf. »Aber drauf geschissen, jetzt bist Du mir was schuldig.«
Christian hätte das vorher wissen können. Nervös blicke er sich um.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«
In der Ecke stand ein ausgestopfter Fischreiher, darüber hing ein Gemälde. Bob Ross hätte seine Freude daran gehabt. Herr von Schellhammer mühte sich, den Rollstuhl zu drehen, doch der zusammengeschobene Überrest eines Teppichs blockierte die Räder. Christian schnappte sich kurzerhand die Schiebegriffe, machte sich nützlich.
»Nehmen Sie Ihre Verdammten Griffel da weg!«, grunzte der Alte und schlug mit der Faust auf Christians Hand.
Ertappt wich er ein paar Schritte zurück. Schon aus dem Zivildienst hätte er wissen sollen, dass man Rollstuhlfahrern nicht ohne zu fragen ins sprichwörtliche Handwerk zu pfuschen hatte.
»Geh da rüber, in die Küche, stell' Wasser auf. Wir werden uns ein bisschen unterhalten.«
Christian dachte nicht im Traum daran, sich mit diesem traurigen Überrest eines Menschen an einen Tisch zu setzen.
»Ich habe keine Zeit, bin im Dienst.«
»Was, zum Kuckuck, ist das hier eigentlich für ein elendiger Scheißdreck? Warum liegt dieser vermaledeite Teppich immer noch hier herum«, keifte Herr von Schellhammer im Kampf gegen das Hindernis.
»Herr von Schellhammer, soll ich nicht doch lieber ...«
Für eine Sekunde streifte Christians Blick den des Alten und er wusste, dass Schweigen jetzt Gold war. Das Haargel versagte seinen Dienst mehr und mehr, zwei Strähnen schon.

Die Küche. Ein seltsam anmutendes Katastrophengebiet. Über und über mit leeren Dosen vollgestellt. Mexikanische Bohnensuppe. Der Herd verdiente seinen Namen nicht, besaß nur eine Flamme. Um die Ecke eine Welt, die so gar nicht zu Herrn von Schellhammer passen wollte. Christian strich über die Tischplatte. Makellos. Er fuhr mit dem Zeigefinger über ein besticktes Platzdeckchen. Schneeweiß. Darauf eine Teekanne. Daneben Kerze, Streichhölzer und zwei unbenutzte Teegläser.
Schön, dachte Christian, er konnte sich immerhin so hinsetzen, dass er das Elend der Küche im Rücken hatte.
Nur mit Mühe bekam er den Wasserhahn auf. Der Wasserkessel sah bis auf die Kalkablagerungen überraschend gepflegt aus. Er befüllte ihn. Der Gasanzünder klebte in einer Kruste alter Bohnensuppe, sodass Christian zweimal zupacken musste.
Vom Flur drang ein dumpfer Schlag herüber.
»Leck mich doch am Arsch, du verschissener Scheißteppich!«, schrie von Schellhammer.
Christian stellte den Kessel auf den Herd und ging in den Flur, nicht ohne einen Stapel Dosen umzureißen. Beinahe wäre er deswegen gegen die Anrichte gelaufen. Klug, sich jetzt noch schnell an einer Dose die Hand aufzuschneiden, dachte Christian, der sich ob des Anblicks ein Prusten nicht verkneifen konnte. Mit offenem Mund stand er in der Küchentür.
»Grins nicht wie ein Schwachsinniger, sondern hilft mir hoch!«
»Aber Herr von Schellhammer, wie haben sie das denn geschafft?« Jetzt durfte er diesen Rüpel auch noch vom Boden aufsammeln.
»Ich hab den Teppich da, den habe ich so nötig wie einen Kropf, was will ich mit einem Teppich. Die Schnepfe vom Bürgermeisteramt hat den gebracht.« Er packte den Teppich und riss wie ein tollwütiger Hund daran. »Was soll ich mit so einem unseligen Ding? Ich bin ein verdammter Krüppel, ich will diesen Scheiß nicht in meinem Haus!«
Christian stellte den Rollstuhl, dessen Armlehnen sich verabschiedeten, wieder auf die Räder.
»Immer langsam, Sie müssen ihn ja nicht gleich zerlegen«, sagte der Alte.
»Reicht es, wenn ich den Rollstuhl festhalte?«, fragte er.
»Sehe ich so aus?«, zeterte von Schellhammer, »sehe ich verflucht nochmal aus wie ein verblödeter Athlet? Machen Sie die Armlehnen wieder dran und helfen Sie mir hoch, Sie Klugscheißer.«

Endlich saß Herr von Schellhammer wieder in seinem Stuhl. Christians Uniform war nur noch eine zerknitterte Erinnerung an seinen bedeutsamen Beruf, das Haar hing ihm wirr ins Gesicht. Schwitzend beugte er sich zu seiner Krawatte, hängte sie sich lose um den Hals. Der Körpergeruch des alten Mannes schien Christians Nasenflügel nicht mehr verlassen zu wollen. Ihm war übel und langsam musste er wirklich mal.
Der Alte rollte zu ihm und klopfte ihm auf den Arm.
»Guter Junge.«
»Nicht der Rede wert«, log Christian, klopfte gespielt freundschaftlich die Schulter des Alten. Sie fühlte sich kühl und schmierig, aber widerlich körnig an, fast wie ranzige Butter. Angewidert zog Christian seine Hand zurück.
»Jetzt lassen Sie den Teppich schon liegen, ich mach das schon«, motzte Christian, als er den Alten wieder danach greifen sah. »Machen Sie lieber den Tee.«
Wie auf Kommando begann der Wasserkessel zu pfeifen. Von Schellhammer rollte in die Küche.
»Wo wollen Sie den Fetzen hin haben?«, rief ihm Christian hinterher. Ist der vorher im Wald gelegen, fragte er sich, während er ihn zusammenrollte. Der Fetzen roch nach Erde und darunter fand sich eine Schicht Staub.
»Wirf ihn vor die Tür«, tönte es aus der Küche.
Das wunderte Christian nicht. Ihm war schon aufgefallen, dass es auf dem Grundstück von Schellhammers nach genau diesem Pragmatismus aussah. Alt, defekt, verbraucht, raus vor die Tür. Naja, ihm konnte es egal sein.

Der Teppich drückte schwer auf Christians Schulter. Ein Schneegestöber hatte eingesetzt. Scheiß Winter, dachte er und im selben Augenblick wurde ihm bewusst, dass er jetzt eigentlich hätte abhauen können, doch etwas hielt ihn zurück, wenn er nur wüsste, was, und außerdem musste er wirklich mal. Endlich, hinter einem Ölfass erleichterte er sich, pinkelte und pinkelte und fror. Sein Blick felsenfest am Oval des Silos hängend. Doch da war nichts. Er klemmte ab, ein Geräusch beunruhigte ihn.
»He, Jungchen, ich hab's mir anders überlegt. Bring den verdammten Teppich lieber in den Keller. Wenn die den hier draußen liegen sieht, bringt die mir, dieses debile Weibsstück vom Bürgermeisteramt, bloß einen anderen«, rief Herr von Schellhammer in der Haustür sitzend.
Mit klappernden Zähnen griff sich Christian erneut den Teppich und schaffte ihn ins Haus. Das hätte sich der alte Sack doch gleich überlegen können, dachte er. Dann erst fiel ihm der Grund für sein Hierbleiben auf: seine Uniformjacke. Die konnte er jetzt wahrscheinlich wegwerfen, oder für teures Geld vom Gestank dieses Widerlings befreien lassen, der sich die Jacke übergestreift hatte.
»Die Tür da führt zum Keller, aber passen Sie auf, dort gibt es Viecher«, sagte von Schellhammer. Mit dem Kopf nickte er in die entsprechende Richtung.
Christian blieb vor der Tür stehen, kämpfte mit dem Teppich, als wäre er ein störrischen Tier.
»Würden Sie mal bitte?«, wie sollte er mit diesem Ungetüm im Arm die Kellertür auf bekommen, aber der Alte war schon wieder in der Küche verschwunden. Lustlos ließ er die Rolle fallen. Himmel, glaubt der, ich bin sein Sklave? Am liebsten hätte er laut losgemault, aber er riss sich zusammen.
»Machen sie Sie keine Umstände, ich regle das schon«, sagte er halblaut.
Hoffentlich hatte von Schellhammer das gehört, aber eigentlich war er ja selbst schuld. Was ließ er sich das überhaupt gefallen? Christian schaltete das Kellerlicht ein. Schon an der Treppe roch es schimmlig. Er hatte keine Lust mehr, länger als nötig mit diesem Quatsch befasst zu sein, also schob er die Teppichrolle bis an den Treppenabsatz und beförderte sie mit einem kräftigen Tritt nach unten. Zuerst schien sie auf halbem Weg liegen bleiben zu wollen, doch plötzlich polterte sie mit Wucht hinab. Christian befreite seine Hände vom Staub, löschte das Licht und warf die Tür zu. Schluss, aus, er würde jetzt nach Hause gehen.
Kurz davor, die Haustür zu öffnen, hielt er inne. Er brauchte die Jacke! Und wie zur Bestätigung, irgendwie spöttisch, fuhr Christian ob eines Knalls hinter der Kellertür zusammen, fast so, als hätte er einen furchtbaren Stromschlag erlitten.
»Um Himmels willen!«, kreischte von Schellhammer. Geschirr klapperte, Dosen, volle und leere, krachten zu Boden. »Was um alles in der Welt hast du getan?«
Der entgeisterte Blick des Alten nagelte Christian im Flur fest.
»Nichts«, stieß Christian hervor, »nichts«, aber er mochte es selbst nicht glauben.
»Du musst sofort runter und alles in Ordnung bringen.« Die Stimme überschlug sich.
»Wissen Sie was, langsam wird mir das zu blöd, ich werde jetzt gehen«, stammelte Christian. Er schaffte es leidlich, seine Stimme fest klingen zu lassen.
»Du weißt ja nicht, was du da redest, Jungchen. Du wirst auf der Stelle ...«
»Suchen sie sich einen anderen dummen, ich bin Briefträger, kein Sozialarbeiter. Also her mit der Jacke und auf Wiedersehen.«
Christian wandte sich um, drückte die Klinke.
»Gut, wie du willst, geh. Aber hüte dich vor dem Silo!«
Herr von Schellhammer zog die Jacke aus und warf sie nach Christian.
»Das werde ich auch tun.«
Er rümpfte die Nase. Seine schöne Uniformjacke stank nach ranziger Butter vermischt mit Brennnesseljauche.

Kurz bevor Christian das Haus verließ, rief ihm der Alte hinterher.
Christian blieb stehen, drehte sich um.
»Aber wenn du den hier«, er streckte ihm einen kleinen Gegenstand entgegen, »wieder haben willst, tust du besser, was ich dir sage.« Er bleckte gelbe Zähne.
Christian strauchelte. Warum, zum Teufel, hatte dieses schmierige Schwein von einem schwachsinnigen Alkoholiker seine Taschen durchwühlt? Christian raste vor Wut. Niemand fasste diesen Ring an! Nach zwei Schritten stand er bei von Schellhammer, der in seinem klapprigen Rollstuhl vor der offenen Kellertür saß und ihn angrinste. Christian zögerte keine Sekunde und packte das stinkende Etwas am Hals.
»Her mit dem Ring!«, knurrte er, schob den Rollstuhl dabei rückwärts.
»Erst, wenn du unten alles in Ordnung gebracht hast.«
»Her damit, oder du machst auch einen Abflug!«, schrie Christian.
Herr von Schellhammer hob die Hand, hielt Christian den Ring vor die Nase. Er griff danach. Zu spät. Schon klimperte der Ring die Kellertreppe hinab.
»Gottverdammter Scheißkerl!«, brüllte Christian. Er schlug dem Dieb mit der Faust ins Gesicht, einmal, zweimal, ein drittes Mal, beförderte den Rollstuhl Zentimeter für Zentimeter der Treppe entgegen.
»Wage es nicht, mir etwas anzutun! Du wirst es bitter bereuen«. Nur ein Keuchen.
»Das bezweifle ich«, sagte Christian kalt und stieß ihn die Treppe hinunter.

Christian atmete schwer, als hätte er einen großen Stein von einer zur anderen Stelle rollen müssen. Die schimmlige Luft brannte in seiner Kehle. Der Rollstuhl hatte sich verfangen, klemmte auf halber Höhe des Treppenniedergangs zwischen Wand und Holzgitter, das die Treppe von dem kleinen Kellerraum trennte. Bis jetzt hatte er den Ring nicht gefunden.
»He, Dreckskerl, wo ist der Ring?«, rief er nach unten.
Keine Antwort. Kein Wimmern. Nichts.
Zuerst versuchte Christian den Rollstuhl mit den Händen frei zu bekommen, klemmte sich dabei aber einen Finger, der sofort blau anlief.
»Himmel, Arsch und ...«.
Ein Kläffen brachte ihn zum Schweigen. Hatte von Schellhammer einen Hund?
Schließlich hatte er genug. Er würde dieses Drecksloch schnellstmöglich verlassen und versetzte dem Rollstuhl einen neuerlichen Tritt. Das verborgene Gefährt überschlug sich und krachte gegen den Körper des Alten, der unten lag. Dann sah Christian den Ring.
»Gott sei Dank, ich hab dich wieder!«
Erleichtert tänzelte er die Stufen hinunter und hob ihn auf. Dann stutzte er. Etwas hatte sich bewegt. Wie ein Automat folgte Christian seinem Instinkt und versteckte sich hinter einer Spanplatte, die am Gitter lehnte. Wieder hörte er das Kläffen, deutlich, ganz in der Nähe. Das konnte keine Einbildung mehr sein. Christian konnte nicht anders, die Neugier trieb ihn zu sehr. Er drehte seinen Kopf und lugte um die Spanplatte herum. Eigentlich hatte er einen Hund erwartet, vielleicht, mit Müh und Not, eine Katze, irgend ein anderes Vieh, der Alte hatte davon gesprochen, aber nichts dergleichen fand er vor. In der Ecke, vier, fünf Schritte entfernt stand ein Bein. Kein Holzbein, keine Prothese, wie man vielleicht auf Grund des Bewohners dieses Hauses annehmen mochte, nein, ein normales, menschliches, wenn auch halb verwestes Bein. Es war durch seltsame Verwachsungen mit dem Boden verbunden, was vermutlich, so dachte er, der Grund dafür war, warum es dort stand und nicht lag. Christian sah sich nochmal nach der Leiche von Herrn Schellhammer um. Der alte Blödmann lag in unmöglichen Verrenkungen am Fuß der Treppe. Er hätte einfach nicht den Affen machen sollen, dachte Christian und erst jetzt bemerkte er die Blutlache, die sich aus einem Auge des Toten ergossen hatte. Eine Beinstütze hatte das Auge durchstoßen. Angewidert wandte sich Christian ab und nahm all seinen Mut zusammen. Neugierig folgte er der Schleifspur, die sich bis zu dem eigenartige Bein erstreckte.
Das Bein war blassgrau, mit dunklen Flecken bedeckt und mit Wunden übersät. Er betrachtete den Stumpf aus der Nähe. Wie war das möglich? Warum war der Stumpf verheilt? Die Oberfläche fühlte sich warm an, als hinge noch ein unsichtbarer Körper daran. Plötzlich zuckte Christian von einem Knacken neben sich zusammen. Er drehte den Kopf herum und konnte in dem Bruchteil der Sekunde, bevor es dunkel wurde, einen Sicherungskasten erkennen.
»Himmel nochmal, Scheißdreck!«, sagte er laut.
Ein Atmen bei der Treppe. Christians Herz begann zu rasen. Er meinte, ein Stöhnen zu hören, aber von Schellhammer war doch tot, verblutet. Er horchte genauer hin. Seine Hände waren schweißnass. Da atmete etwas und es schien über den Boden zu kriechen. Bloß keinen Lärm machen, dachte Christian. Er spürte die Sicherung unter seinen Fingern. Das Atmen wurde lauter, als wäre es direkt neben seinem Ohr. Das Kriechen kam näher. Christian drehte die Sicherung. Es blieb dunkel. Er fingerte an der nächsten Sicherung herum, drehte sie hier heraus, setzte sie dort wieder ein. Licht.
Vor seinen Augen: Pulsierend, schleimig, groß wie ein Kürbis, ein Batzen Fleisch, adriges Gewebe, von stellenweise fast transparenter Haut überzogen. Christian wich zurück, würgte. Das riesige Geschwür platzte unten auf, Blut spritzte, tränkte den Boden, Christians Schuhe. Rückwärts taumelte er zur Treppe, stolperte fast über Herrn von Schellhammer. Auch er unter dieser transparenten Haut und von fingerähnlichen Fühlern betatscht, umklammert vielmehr. Christian stieß einen Schrei aus, denn der Treppenaufgang war versperrt. Schlangen gleich begannen sich die Tentakel wie Fühler nach ihm auszustrecken. Sie zitterten auf ihn zu, anfangs zwei, vielleicht drei, doch es wurden unzählige. Mehr und mehr Raum gab er Preis, bis er zuletzt neben dem Bein kauerte. Er hatte verspielt, völlig klar. Wenn nicht ein Wunder geschah, würde er jetzt hier sterben. In seiner Tasche der Ring, den er umklammerte, so fest, dass sich die Nägel in die Handfläche bohrten, so fest, dass ihm niemand diese letzte Erinnerung würde rauben können. Da platzte mit einem Mal auch der Stumpf des Beins schmatzend auf und abermals wuchsen Fühler, Finger, lebendige Fesseln daraus hervor. Ihm war, als betrachteten sie ihn. Vielleicht heckten sie noch grausame Spiele für ihn aus, dachte er. Dann umklammerten Christian die Tentakeln. Sie hüllten ihn ein und er spürte ihr Leben. Wie waren sie doch warm! Sich zu bewegen war für ihn unmöglich geworden, doch er hatte den Ring, das Einzige was jetzt noch von Bedeutung war. Die Luft blieb ihm weg, denn ein adriges Ding schob sich ihm bis tief in den Rachen und er würgte und spuckte, bis es schließlich das Atmen für ihn übernahm.

© by Georg Niedermeier. Alle Rechte vorbehalten.

 

Hallo Schrei-Bär!

Er war früh aufgestanden, ganz besonders früh, hatte aus dem unablässigen Guten Morgen in alle Richtungen ein undeutlich gemurmeltes Morgen gemacht.
Ich würde unter Anführungszeichen setzen: „Guten Morgen“ und „Morgen“
noch Eifrigeren Kollegen
klein und falscher Fall: eifrigere Kollegen
Dieser typischen Geruch von Wichtigkeit,
typische
Der Kunde erwartete Korrektes auftreten,
umgekehrt: korrektes Auftreten
Frau Von Schellhammer
klein: von
Nach hundert Metern bog er in den Krähenweg, ein wenig befahrener Feldweg vielmehr
Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber hier in Österreich erhalten solche Wege keinen eigenen Namen. ;)
Sträucher säumten ihn zu beiden Seiten und hätten die Flucht nur nach rückwärts zugelassen. Undurchdringlich. Christian atmete laut. Die Krawatte war schuld. Christian lockerte sie ein wenig. Seine linkes Schienbein schmerzte mit jedem Schritt und er begann diesen unseligen Tag zu verwünschen. Schließlich warf er das Fahrrad hin. In die Sträucher, nur um im nächsten Augenblick hinterher zu hechten. Jeder Brief verdiente Respekt, genauso wie dessen Adressat.
Wieso tut ihm das Schienbein weh? Wieso wirft er sein Fahrrad hin? Ein derart pflichtbewusster Typ handelt so? Dieser Unwilligkeitsausbruch scheint mir nicht recht zu Christian zu passen. Mir scheint überhaupt, du hast diese Figur nicht richtig durchdacht, aber dazu später.
Gelblich graues Umweltpapier
Gelblich-graues
dachte Christian im Prüfen seine Frisur.
besser: beim Prüfen
Er fühlte das und seine Bewegungen froren ein. Den Postboten in gebügelter Uniform fröstelte. Er hatte den Eindruck, hier wäre es kälter als in der Stadt. Christian fixierte das schwarze Oval. Seine Haare wollten zu Berge stehen, doch das Gel behielt die Kontrolle, lediglich die Ohren zuckten – ganz von selbst. Er musste mal.
Gut!
Er beschloss, das gruselige Gefühl beseitigte zu schieben
beiseite; und nein, in einer Horrorgeschichte, darf nie direkt gesagt, werden, dass etwas gruselig ist! - beklemmend vielleicht oder unheimlich
wo man hinsah leere Konservendosen
Komma: ... hinsah, leere ...
Ohne zu zögern schlüpfte er hinein
Komma: ... zögern, schlüpfte ...
Du meine Güte, Herr von Schellhammer, haben sie mich erschreckt!« Erleichterung.
»Das interessiert mich einen Scheiß, machen sie, dass sie verschwinden, sie gottverdammter Penner.«
Ab hier bitte alle „Sie“ und „Ihnen“ usw. groß schreiben! Ist SEHR oft!
dass ich so einfach herein platze.
zusammen: hereinplatze
Obwohl Herr von Schellhammer in einem Rollstuhls saß, ganze zwei Köpfe kleiner war
Wie kann Christian das erkennen, wenn der andere im Rollstuhl sitzt? Du kannst ja sagen, von zarter oder schmaler Statur oder Ähnliches.
vor dem Postboten herum zu fuchteln.
zusammen: herumzufuchteln
Eigentlich hatte Christian damit gerechnet, sich wegen des Spruchs eine einzufangen.
Kein Plusquamperfekt, denn diesen Spruch und die Reaktion drauf hat er sich sicher nicht vorher überlegt: einfach also: Christian rechnete damit, sich ...
Reißen sie sich gefällig zusammen,
gefälligst
Dass sich dieser alte Sack von einem Scheißkrüppel auch so aufführen musste
Präsens: muss
bändige seine Strähne
bändigte
Da sprichst du wahres gelassen aus
groß: Wahres
In der Ecke stand ein ausgestopfter Fischreiher, darüber ein Gemälde.
Da das Gemälde hängt und nicht steht, musst du das dazuschreiben.
keifte Herr von Schellhammer ihm Kampf
im
Leck mich doch am Arsch du verschissener Scheißteppich!
Komma: ... Arsch, du ...
Grins nicht wie ein schwachsinniger
groß: Schwachsinniger
Christian stellte den Rollstuhl wieder auf seinen Räder,
seine, aber noch besser einfach: die Räder
sehe ich so aus?«, zeterte von Schellhammer,
groß: „Sehe ...
wenn er nur wüsste was und außerdem musste er wirklich mal
Kommas: ... wüsste, was, und ...
ich bin seit Sklave
sein
wieder haben willst, tust du besser, was ich dir sage.« er bleckte gelbe Zähne.
am besten so: was ich sage.“ Er bleckte ...
Das bezweifle ich«, sagte Christian kalt und stieß ihn die Treppe hinunter.
Ich weiß nicht, dieses Verhalten nehm ich Christian einfach nicht ab. Die Figur ist ja sehr widersprüchlich, einerseits der korrekte Briefträger, dann ist er frech und jetzt sofort gewalttätig, würde es besser finden, wenn im Kampf um den Ring der Alte unglücklich die Treppe hinunterstürzt und nicht gestoßen wird.
Der Rollstuhl hatte sich verfangen, klemmte auf halber Höhe des Treppenniedergangs zwischen Wand und Holzgitter, das die Treppe vom übrigen Raum trennte. Bis jetzt hatte er den Ring nicht gefunden.
Ich kann mir das nicht vorstellen. Welcher Raum?
Wieder hörte er das Kläffen, deutlich, ganz in der Nähe. Das konnte keine Einbildung mehr sein. Christian konnte nicht anders, die Neugier trieb ihn zu sehr. Er drehte seinen Kopf und lugte um die Spanplatte herum
Versteh ich nicht - er empfindet hier nur Neugier, keine Angst, wo er sich doch vorher beim Anblick des Silos so gefürchtet hat? Du musst die Figur einfach plausibler zeichnen, da gibt es zuviele Brüche.
Der Alte Blödmann
klein: alte
von halbwegs transparenter Haut überzogen.
besser: ziemlich transparenter ...
Schlangen gleich begannen sich die Tentakel wie Fühler nach ihm ausgestreckten
auszustrecken
Ja, da sind viele lose Fäden in der Geschichte, die nirgenwohin führen: Die Geschichte mit dem Unglücksfall im Silo, der Ring, den Christian bei sich trägt, seine Korrektheit verliert er völlig, wäre aber interessant gewesen, die bis zum Ende durchzuziehen. Nirgends wird erklärt, warum von Schellhammer keine Beine mehr hat, ja, mir ist nicht mal klar, ob ihm nur ein oder beide Beine fehlen, wahrscheinlich beide, sonst würde er nicht im Rollstuhl sitzen. Gut finde ich den Dialog zwischen den beiden, und wie du die Auflösung Christians an seiner Frisur zeigst. Aber natürlich ist das nicht gerade eine originelle Idee: ein monströses Ding im Keller, das Menschen tötet. Ich hab aber auch den Zusammenhang zwischen dem Bein und dem Ding nicht verstanden, falls es da einen gibt. Ich weiß schon, du hast absichtlich vieles im Dunkeln gelassen, aber manches fehlt der Geschichte einfach, macht sie etwas zusammenhanglos. Du verwendest auch zu wenig Zeit auf die Beschreibung dieses Kellers, den kann ich mir einfach nicht vorstellen, wie es da aussieht.

Mir scheint, da steckt noch viel Arbeit drinnen! ;)

Gruß
Andrea

 
Zuletzt bearbeitet:

hallo Andrea,

Herzlichen Dank fürs lesen und kommentieren. Zuerst einmal muss sich mich für die vielen übersehenen Tippfehler entschuldigen; trotz Korrekturlesens ist mir so ziemlich alles durch die Lappen gegangen.

Mir war bewusst, dass die Geschichte vieles nur anreisst und wenig erklärt, aber mir war nicht klar, dass sich das so schlecht lesen lassen könnte.

Nach hundert Metern bog er in den Krähenweg, ein wenig befahrener Feldweg vielmehr
Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber hier in Österreich erhalten solche Wege keinen eigenen Namen.
in meinem Heimatdorf haben wir hinter dem Haus einen Feldweg, der einen offiziellen Namen hatte.

Sträucher säumten ihn zu beiden Seiten und hätten die Flucht nur nach rückwärts zugelassen. Undurchdringlich. Christian atmete laut. Die Krawatte war schuld. Christian lockerte sie ein wenig. Seine linkes Schienbein schmerzte mit jedem Schritt und er begann diesen unseligen Tag zu verwünschen. Schließlich warf er das Fahrrad hin. In die Sträucher, nur um im nächsten Augenblick hinterher zu hechten. Jeder Brief verdiente Respekt, genauso wie dessen Adressat.
Wieso tut ihm das Schienbein weh? Wieso wirft er sein Fahrrad hin? Ein derart pflichtbewusster Typ handelt so? Dieser Unwilligkeitsausbruch scheint mir nicht recht zu Christian zu passen. Mir scheint überhaupt, du hast diese Figur nicht richtig durchdacht, aber dazu später.
meine Idee war, dass er ständig mit dem Schienbein gegen das Pedal des Fahrrades stößt. Hätte ich wahrscheinlich schreiben sollen.
der Ausbruch von Unwilligkeit ist seinen plötzlichen Angst geschuldet, dem Unwohlsein vor dem Halbwissen über die Familientragödie im Silo. und wieder muss ich gestehen, obwohl es mich langsam ärgert, dass ich einfach keine Ahnung davon habe, wie man eigentlich Charaktere ausarbeitet und mir keiner wirklich erklären kann, wie man das macht, es mir aber andauernd angekreidet wird.

Obwohl Herr von Schellhammer in einem Rollstuhls saß, ganze zwei Köpfe kleiner war
Wie kann Christian das erkennen, wenn der andere im Rollstuhl sitzt? Du kannst ja sagen, von zarter oder schmaler Statur oder Ähnliches.
das habe ich geändert. Weil er sitzt, ist der um zwei Köpfe niedriger.

Das bezweifle ich«, sagte Christian kalt und stieß ihn die Treppe hinunter.
Ich weiß nicht, dieses Verhalten nehm ich Christian einfach nicht ab. Die Figur ist ja sehr widersprüchlich, einerseits der korrekte Briefträger, dann ist er frech und jetzt sofort gewalttätig, würde es besser finden, wenn im Kampf um den Ring der Alte unglücklich die Treppe hinunterstürzt und nicht gestoßen wird.
Das verstehe ich wieder nicht so ganz, weil ich immer wieder unter Geschichten gelesen habe, dass besonders Widersprüche Figuren interessant machen. Durch die heftige Reaktion wollte ich zeigen, dass der Ring für den Protagonisten eine besonders große Rolle spielt.
Wieder hörte er das Kläffen, deutlich, ganz in der Nähe. Das konnte keine Einbildung mehr sein. Christian konnte nicht anders, die Neugier trieb ihn zu sehr. Er drehte seinen Kopf und lugte um die Spanplatte herum
Versteh ich nicht - er empfindet hier nur Neugier, keine Angst, wo er sich doch vorher beim Anblick des Silos so gefürchtet hat? Du musst die Figur einfach plausibler zeichnen, da gibt es zuviele Brüche.
diese Angelegenheit werde ich wohl noch einmal ändern müssen. Das Kläffen machte ihn neugierig. dafür wäre es natürlich plausibel, würde am Anfang der Geschichte ein Hund erwähnt, z. B. einer, der Christian entlaufen ist.
In einer Kritik zu einer anderen Geschichte hat es geheißen, dass Handlungen von Charakteren eine Motivation haben sollten und sie nicht einfach so etwas unlogisches tun sollen. Ich brauchte etwas, das meinen Protagonisten im Keller bleiben ließ, sonst wäre es unlogisch gewesen. Denn ohne diese Motivation wäre der logische Schluss gewesen, dass der Protagonist einfach davon läuft.

Ja, da sind viele lose Fäden in der Geschichte, die nirgenwohin führen: Die Geschichte mit dem Unglücksfall im Silo, der Ring, den Christian bei sich trägt, seine Korrektheit verliert er völlig, wäre aber interessant gewesen, die bis zum Ende durchzuziehen.
Der Unglücksfall:
dieser war dazu gedacht, dem Leser zu zeigen, wer in dem Haus wohnt. Ein Mann, der alles verloren hat. Jemand, zudem sich aufgrund von Gerüchten und irrationalen Ängsten kaum jemand zu gehen traut. Den alten Mann zu einem Mörder zu machen, oder einige lustige Begegnung mit Geistern einzubauen, war mir dann doch zu langweilig
Die Teegläser:
der alte Mann ist einsam, sehnt sich nach Gesellschaft.
Der Ring:
ist das wichtig? Ich wollte es offen lassen. Verheiratet, verlobt, Todesfall, was auch immer.
Nirgends wird erklärt, warum von Schellhammer keine Beine mehr hat, ja, mir ist nicht mal klar, ob ihm nur ein oder beide Beine fehlen, wahrscheinlich beide, sonst würde er nicht im Rollstuhl sitzen.
ich dachte, das Bein im Keller ist Erklärung genug. Es gehört Herrn von Schellhammer. Zumindest amtliches jetzt so verändert, dass oben schon klar wird, dass es sich um lediglich ein Bein handelt.

Gut finde ich den Dialog zwischen den beiden, und wie du die Auflösung Christians an seiner Frisur zeigst.
immerhin etwas ist gelungen.

Aber natürlich ist das nicht gerade eine originelle Idee: ein monströses Ding im Keller, das Menschen tötet.
Es tötete niemanden. Es assimiliert/integriert.

Ich hab aber auch den Zusammenhang zwischen dem Bein und dem Ding nicht verstanden, falls es da einen gibt.
der Zusammenhang liegt eher im Keller an sich. Der Keller schnappt sich lebendige Dinge. Das Bein gehört von Schellhammer, den sich das Ding wohl schon beinahe einmal geholt hat.

Ich weiß schon, du hast absichtlich vieles im Dunkeln gelassen, aber manches fehlt der Geschichte einfach, macht sie etwas zusammenhanglos. Du verwendest auch zu wenig Zeit auf die Beschreibung dieses Kellers, den kann ich mir einfach nicht vorstellen, wie es da aussieht.

Mir scheint, da steckt noch viel Arbeit drinnen!

damit hast du sicherlich Recht! über diesen neuerlichen Griff ins Klo ärgere ich mich auch. Sollte ich wohl löschen lassen, ist ja peinlich!

Danke trotzdem ganz herzlich für deine kostbare Zeit, die du mit diesem Mist verschwendet hast. die Fehler habe ich ausgebessert.

Georg

 

Hey Bär,

Wen, außer zwei oder drei noch eifrigeren Kollegen, hätte er um diese unchristliche Zeit schon grüßen sollen.
Der Einschub rechtfertigt eigentlich kein Komma – zumindest liest es sich so sehr hässlich. Und auch hinter rhetorischen Fragen kann man ein Fragezeichen setzen. Entscheidend ist doch immer die Betonung. Wenn du diesen Text vorlesen würdest, dann würdest du diesen Satz als Frage betonen, du würdest am Ende mit der Stimme hochgehen, also: Fragezeichen.

Ehrfürchtig stieg Christian Vosteran von seinem gelben Fahrrad. Seine Frisur war fein säuberlich aufgeräumt. Man mied die Umgebung des Hofes. Angeblich geschahen dort seltsame Dinge.
Das „Man mied“ bezieht sich logisch auf das „Ehrfürchtig“, so hängt es aber unangeschlossen in der Luft. Was hat es mit seiner Frisur zu tun? Ehrfürchtig stieg Christian (was soll der Nachname?) von seinem gelben Fahrrad. Man mied die Umgebung des Hofes…

Nach hundert Metern bog er in den Krähenweg, ein wenig befahrener Feldweg vielmehr,
Das „vielmehr“ heißt: Ich korrigiere mich. Aber wenn etwas Krähenweg heißt und ist dann Feldweg – wo ist da die Korrektur? Bog er auf die Krähenstraße/allee – dann wäre das okay (müsste aber auch sprachlich umgestellt werden): Nach hundert Metern bog er auf die Krähenalle ein, die vielmehr ein Feldweg denn eine Allee war.

und hätten die Flucht nur nach rückwärts zugelassen.
Sperrig: und hätten ihm (persönlich bleiben) nur die Flucht nach hinten gelassen.

Gelblich-graues Umweltpapier mit roter Tinte beschriftet. Seltsamer Absender, dachte Christian beim Prüfen seiner Frisur.
Hä? Was für ein Absender denn? Den hast du doch noch gar nicht erwähnt.

Eigentlich ein hübsches Haus, dachte er, gemütlich fast. Verwunschen stand es zwischen verrosteten Landmaschinen.
Verwunschen ist aber nun mal nicht gemütlich oder hübsch.

Den Postboten in gebügelter Uniform fröstelte.
Dem fröstelt. Aber Perspektive! Warum macht sich der Erzähler hier über seine Figur lustig?

Ohne zu zögern, schlüpfte er hinein, spähte durch den Türspalt.
Das „ohne zu zögern“ ist sprachlich genau dieses Zögern vor dem was eigentlich passiert, das es ja genau nicht sein soll.

Sie in gottverdammter Penner.«
In raus

Er musste das Feinripphemd schon seit Tagen angehabt haben.[/qutoe]
Angehabt haben = tragen / vor Tagen angezogen haben

»Es gibt nichts, das ich brauchen könnte, sehe ich so aus, als hätte ich irgend etwas nötig?«
Der Schürhaken schwang haarscharf an Christians Nase vorbei. Herr von Schellhammer stierte ihn an.
»Ein frisches Hemd?
Ha! So ein Arsch. Das war gut.
»Da sprichst Du Wahres gelassen aus, Jungchen«, sagte der Herr von und kratzte sich dabei a seinem Beinstumpf.
Der feine Herr von Soundso!

Bob Ross hätte seine Freude daran gehabt.
Völlig wahllos popkulturelle Versatzstücke in den Text eingebaut. Das lob ich mir!

Klug, sich jetzt noch schnell an einer Dose die Hand aufzuschneiden, dachte Christian, der sich ob des Anblicks ein Prusten nicht verkneifen konnte.
Unverstädnlich bis zu sperrig. Mit dieser Gedankenrede in der „dachte“-Form muss man vorsichtig sein. Am besten klappt das zum Kapitel-Ende als „Schlusspunkt“. Mitten im Textfeld eingebettet holpert man da manchmal.

Ist der vorher im Wald gelegen, fragte er sich, während er ihn zusammenrollte.
Hier wieder. Es holpert dann in der Stimmung des Textes, im Fluss.

bringt die mir, dieses debile Weibsstück vom Bürgermeisteramt, bloß einen anderen
Vergleich den Satz mal mit dieser wörtlichen Rede: bringt die mir bloß einen anderen, dieses debile Weibsstück vom Bürgermeisteramt (also nachgestellt)

Ach, so schlimm war’s gar nicht. Es passt halt alles nicht zusammen. Die Idee mit dem Bein ist nicht schlecht, wird aber überhaupt nicht vorbereitet. Da könnte ALLES im Keller sein. Es hat nichts mit der Handlung bis dahin zu tun.
Und diesen Ring musst du unbedingt vorher einführen. Der kommt da aus dem Nichts.
Und allgemein: Der Anfang kommt schleppend voran, dann mit dem Alten kriegt es Tempo, aber du bleibst zu lange drauf, es verflacht dann wieder. Und das Ende wirkt aufgesetzt. Gibt auch noch Probleme mit der Perspektive und alles, aber sooooo schlimm war es jetzt auch wieder nicht, mittendrin gab’s ein paar gute Stellen, das ist doch schon mal was.

Gruß
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

hallo Quinn,

Danke, dass auch du dir die Zeit genommen hast, meine Geschichte zu kritisieren! Es freut mich, dass der Text bei dir ebenfalls nicht komplett durchgefallen ist, auch wenn er eine ganze Menge Mängel enthält. Ich sitze gerade an der Überarbeitung und somit kommen deine Anmerkungen wie gerufen. Ich habe aber schon bemerkt, dass es eine umfangreiche Überarbeitungen werden wird.

Den Postboten in gebügelter Uniform fröstelte.
Dem fröstelt. Aber Perspektive! Warum macht sich der Erzähler hier über seine Figur lustig?
Perspektive wird geändert. Aber warum das ein sich lustig machen sein soll, verstehe ich nicht.

die anderen Anmerkungen kann ich kommentarlos hinnehmen. Sie werden in die Überarbeitung einfließen. der Ring wird demnächst schon am Anfang eingeführt und das Bein bekommt mehr Raum. Auch schon weiter oben im Text. Ich denke, die Überarbeitung wird einige Zeit in Anspruch nehmen.

Freut mich sehr, dass du ein paar gute Stelle entdeckt hast.

Herzliche Grüße
Georg

 

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