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Das Gänseblümchen

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Das Gänseblümchen

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Das Gänseblümchen

Es war unbequem geworden. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wie diese Pfeile in ihn gekommen waren. Irgendwann bemerkte er, dass sie da waren und wie Stacheln aus ihm herausragten. Er schämte sich dafür. Es wurden immer mehr. Der Versuch, sie herauszuziehen, scheiterte. Es schmerzte dadurch nur noch mehr. Was leichter ging, war, sie hineinzuschieben, die Pfeile ganz in sich verschwinden zu lassen, sodaß niemand sie mehr sehen konnte. Verbergen musste er sie, sie durften nicht da sein. Sie genierte sich immer für ihn, wenn er nicht perfekt war.

Sie spickte ihn weiter, zielte und traf dabei jedesmal millimetergenau und unbemerkt. Sie konnte den Bogen extrem weit spannen und war versessen auf dieses Hobby. Und er rammte sie alle wieder aus Scham in sich hinein. Seine Freunde durften sie nicht sehen, seine Lehrer, später sein Arbeitgeber, auch Fremde nicht. Er sollte makellos sein und diese verdammten Pfeile störten dabei, ließen ihm nur wenig Bewegungsfreiheit. Besonders, wenn sich wieder einmal einer einen Weg heraus bahnte, in die Realität herausragte. Dann versuchte er, ihn möglichst schnell wieder zurückzuschieben, geheimzuhalten, was ihn innen drückte und stach. Er blickte verstohlen um sich, ob auch niemand sein kleines Mißgeschick gesehen hatte.

Eines Tages wurde ihm klar, dass er sich bei ihr in Wohnhaft befand, entriss sich ihrer und tauschte den Sicherheitstrakt gegen das Risikoreich.
Erst fühlte er sich frei, so frei, dass er die Pfeile eine Woche lang vergaß. Wie Hänschenklein kam er sich vor und schöpfte an einem Steppensee Sonne in sich.

Er reiste weiter und fand Einlass in eine Herberge, die von Menschen mit selbstgebasteltem Heiligenschein bewohnt war. Sie waren alle so wahnsinnig lieb. Er hatte wenig Vergleiche, aber es schien ihm, dass es wohl gut sein müsse, wie es hier war. Es ließ jeder jeden mehr oder weniger in Ruhe, kümmerte sich nicht um die anderen. Oder kam ihm das nur positiv vor? Die in ihm steckenden Pfeile begannen wieder zu schmerzen.

Er spürte den Salzsee in seinem Inneren, der sehr leicht über die traurigen Ufer trat. Das sollte aber sein Freund Arnold nicht sehen, der sagte „Geh doch mal aus dir heraus“. Seine Bitterkeit wollte er ebenso für sich behalten, und an die herben Erfahrungen mit dem sauren Nachgeschmack wollte er schon gar nicht denken. Etwas Süßes wollte er erleben.

Die Nacht gehörte seinem Unterbewußtsein. Sie flogen auf einem Perserteppich nach Hawaii. In eine riesige Schüssel füllten sie acht Dosen italienisches Pfirsichkompott, saßen sich dort im Türkensitz gegenüber und aßen die Früchte. Nebenan auf der Bettdecke begann das schnörkelige Muster zu tanzen. Es verformte sich im Takt der indischen Musik zu wilden Tieren und plötzlich war ein immenses Gewusel auf dem Überzug. Die Anzahl der Tiere hätte für halb Afrika gereicht, die Decke wurde wegen Überfüllung geschlossen. Als sie es sich auf dem Bett bequem machen wollten, mussten sie die Decke erst auf den Boden legen, um sich nicht auf die Tiere zu setzen. So konnten sie auch das Geschehen viel besser beobachten.
Er saß da, starrte auf die Tiere und die Musik kroch durch seinen Schädel, bevor er sich schreckte und den Kopf zur Tür drehte. Ein Blick bestätigte Gespürtes, er flüchtete in den letzten Winkel des Bettes und umarmte den Polster (D: das Kissen).
Mit dem Luftzug, der durch den Spalt unter der Tür kam, flogen auf ihn gerichtete Augenpaare, eins nach dem anderen, herein. Sie schwirrten im Zimmer umher, dabei ließen sie nicht von ihm ab. Er erkannte die Augen sofort: Sie war es. Immer neue Augenpaare schwebten nun im Zweisekundentakt unter der Tür herein und ihre Runden durchs Zimmer, ohne den Blick von ihm zu lassen – prüfend, mahnend, voller Kälte und vor allem beherrschend.
Nun war es soweit, jetzt hatte sie ihn wiedergefunden. Sie schoss Pfeile, denen ein schallendes Grinsen anhing, direkt aus ihren giftigen Pupillen ab. Er versuchte auszuweichen, es gelang ihm jedoch nicht und sie spickte ihn nun endgültig damit zu.
Arnold erkannte die Situation oberflächlich und jagte die Augenpaare mit der Fliegenklatsche, bis sie am Boden lagen. Dann kehrte er sie auf einen Haufen, auf eine Schaufel und spülte sie im Klo hinunter. Anschließend stopfte er den Spalt unter der Türe mit einigen Metern Klopapier zu.

Er atmete erleichtert auf und stieß die neuen Pfeile schnell in sich hinein. Weg damit.

Am nächsten Morgen fühlte er sich wie frisch gereinigt, innerlich gereinigt. Der Traum trat nach und nach in seine Erinnerung und langsam dämmerte es ihm, woher all die Pfeile kamen.
„Sie müssen raus!“, gab er sich selbst den Befehl.
In den kommenden Wochen und Monaten zog und zerrte er daran, aber sie saßen zu fest. Er schaffte es nicht und irgendwann gab er auf.

Er fühlte sich nicht mehr im Geringsten frei. Die Pfeile taten immer mehr weh und er wollte alles tun, um sie los zu werden. Er ahnte, wie es sein könnte, wären sie nicht da. Aber es war eine bloße Ahnung, die er auf einem Fundament aus seinen Beobachtungen anderer Menschen aufbaute.
Nächte später hörte er ein silbernes Klingen. Als er aufblickte, sah er sich einem transparentweißen Wesen gegenüber, das sein Gesicht hatte, nur eben transparentweiß, und mit ebenso blassen Flügeln schwebte es über seinem Bett.
„Wer bist du?“, fragte er es.
„Ich bin alles“, antwortete es. „Ich bin dein Schutzengel, ich bin dein Gewissen, ich bin deine Angst, ich bin dein Mut, deine Ehrlichkeit und dein Optimismus. Und nur ich kann dir helfen, diese Pfeile herauszuziehen.“
„Wie kann das sein, wo kommst du her und warum hast du mein Gesicht?“
„Ich komme aus dir selbst, ich bin ein Teil von dir.“
„Wie bitte?“
„Du selbst bist es, mit dem du sprichst. Suche mich.“ Es wurde blasser und blasser ...
„Wie meinst du das?“ – Doch da sah er es nicht mehr und hörte auch die Antwort nicht. Er schlief wieder ein.

Im Traum kam es wieder. Es nahm ihn an der Hand und führte ihn zu einem Schloss.
„Dies ist dein Schloss.“
„Es kommt mir bekannt vor...“
„Ich weiß, du hast es schon fast vergessen... Aber zum Glück nur fast...“
„Zeig es mir bitte!“
„Ich kann dir nur den Teil zeigen, den du schon kennst. Die meisten Türen sind versperrt.“
„Warum?“
Sie hat sie vor dir verschlossen, sie wollte nicht, dass du sie siehst.“
„Kannst du sie nicht öffnen?“
„Ich helfe dir gerne, aber du brauchst die passenden Schlüssel, damit du die Türen aufbekommst.“
„Was meinst du damit?“
„Die Stellen, jene Ereignisse, bei denen sie die Pfeile auf dich abgeschossen hat, die Ursache deiner Wunden und die Gefühle, die du dabei hattest. Alles andere ist bloß Kratzen daran. Wenn du sie findest und deine Schmerzen richtig zuordnest, bekommst du die Pfeile heraus und die Türen öffnen sich. Jeder Pfeil ist der Weg zu einem Schlüssel, du musst jeden einzelnen spüren, erkennen und benennen. So verschwinden sie und die Räume in deinem Schloss werden sich für dich öffnen. Oder du betrachtest es weiterhin von außen und nutzt lediglich die öffentlichen Räume - und den Schlossteich, um baden zu gehen.“

Mit Fragen im Kopf wachte er in der Früh auf. Warum schenkte sie ihm erst ein Schloss, um dann alle Räume zu versperren, ohne ihm die Schlüssel dafür zu geben? Warum schloss sie sie überhaupt ab? Keine Antwort. Nur Angst, es nicht zu schaffen, zu versagen. – Und er spürte schon wieder so ein Stechen...

Es begann eine jahrelange Suche. Er lernte, mit den schmerzenden Pfeilen umzugehen, sich daran zu klammern, bis er die Wurzel gefunden hat. „Unkraut reißt man mit der Wurzel aus, sonst kommt es wieder, und das bei jeder Gelegenheit“, zog er seine Lehre daraus.

Nach und nach öffneten sich die Zimmer seines Schlosses. Sie waren kaum eingerichtet, kahl die Wände, bis auf einige Zettel, die sie ihm hier aufgehängt hatte. Auf ihnen standen Dinge wie: „Du kannst doch nicht...!“, „Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?“, „Was denken sich die Nachbarn?!“, „Du bist sowieso zu blöd dafür!“, und viele andere in dieser Art. – Er riss sie eines Tages alle von den Wänden, zerhackte die Stühle, die sie ihm hiergelassen hatte und machte in seinem Schlosspark ein Lagerfeuer daraus, das er mit Wasser aus seinem Salzsee löschte. An diesem Tag schlief er besonders gut.

Am nächsten Tag bemerkte er erstmals, wie hell es durch die großen Fenster hier drinnen war. Er begann, den Räumen Farbe zu geben, überlegte, wie er sie einrichten wollte und begann sogleich damit. Zwischendurch fand er immer wieder neue Schlüssel für neue Räume. Manche Räume erreichte er erst, nachdem er zuvor zwei oder drei andere öffnen konnte. Und in so einem versteckten, hinteren Raum fand er einen Haufen Spielsachen in der Ecke liegen. Sie musste sie übersehen haben...
Er besah sie alle genau, hielt jedes einzelne in der Hand und legte sie anschließend alle nebeneinander auf. Ganz zu unterst entdeckte er eine Holzschatulle. Sein Herz begann zu pochen, als er sie in Händen hielt, er fühlte eine tiefe Verbindung zwischen sich und dieser Schatulle.
Er öffnete sie langsam und bedächtig. Darin fand er, gut in Papier eingewickelt, ein winziges Samenkorn.

Wieder ertönte ein leises Klingen. Es schwebte vor ihm und fragte: „Nun, hast du sie endlich gefunden?“
Was gefunden?“
„Deine Seele.“
„Du sprichst schon wieder in Rätseln.“
„Weißt du nicht mehr, wie du sie damals hier hineingelegt hast, um sie zu beschützen? Sie hätte sie doch umgebracht...“
„Das ist meine Seele? Bist du dir sicher? Das ist doch ein Samenkorn!“
„Ja, ich bin sicher. Hege und pflege sie, dann wird sie wachsen und gedeihen!“, sprach es zum Abschied und verblasste wieder.

Er kaufte den schönsten Blumentopf, den er finden konnte, füllte Erde aus seinem Garten ein und stellte ihn ans Fenster. Dann holte er das Samenkorn aus der Schatulle, steckte es in die Erde und goss es mit frischem Quellwasser. Er freute sich, als die erste grüne Spitze aus der Erde ragte und das gab ihm unheimlich viel Energie. Bald waren ein kleiner Stamm und kleine Blätter gewachsen. Pfeile spürte er nur mehr sehr selten und wenn, dann waren es bloß kleine. Es dauerte nicht lange, bis auch ein Blütenkopf sichtbar wurde. Ein Gänseblümchen wuchs aus seinem Samenkorn.
Er liebte immer schon Gänseblümchen und wusste nun, woher diese Liebe kommen musste. Gänseblümchen sind, so dachte er, zart, sanft und trotzdem widerstandsfähig. Sie sind nicht leicht umzubringen, selbst, wenn man sie abmäht, stehen sie als erste wieder auf der Wiese. Und wenn sie schon ewig lang kein Wasser bekommen haben, öffnen sie wieder ihre Köpfe, sobald sie es nass an den Wurzeln spüren. In ihnen wohnt eine immense Kraft.

Diese Kraft entdeckte er nun auch in sich, er selbst wurde ein Gänseblümchen.
Und wenn er nicht gestorben ist, dann blüht er heute noch...


*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*~*

Susi P.

 

Liebe Susi!

Deine Erzählung hat etwas von Kafka. Es ist ein Gleichnis, dessen Interpretation auch den Wert der Geschichte trägt. Kopmplexe und Inneren Frieden würde ich sehen.
Surreal ist sie, nicht übertrieben, ganz leicht, aber er ist eindeutig da!
Etwas besser hätte es mir gefallen, wenn sie kürzer gewesen wäre. So hätt eich ich den Absatz mitr Arnolds "Saurem" und der Reise nach Hawai weggelassen. Selbst das Gänseblümchen finde ich zu viel, auch wenn sie Namensgeber der Erzählung ist.
Ganz allein die "Pfeil"-Geschichte hätte gereicht, um diesen Text groß zu machen.

Fand ich echt leiwand!

Liebe Grüße aus Donaustadt, dein Peter

 

Hallo Peter!

Also den Kafka nehme ich gerne als Lob an. :)

Allerdings muß ich Dir im Rest widersprechen.
Ursprünglich wollte ich auch nur das mit den Pfeilen und den Augen schreiben. Aber dann wäre sie so ausgegangen, daß der Protagonist am Ende der Geschichte ein hohler Berg ist, der Dachstein...

Dann wäre er aber mitten auf seinem Weg stehengeblieben und er mußte ihn zu Ende gehen. Und das sollte positiv sein. (Der hohle Berg hätte sich dann vielleicht umgebracht...)
Das Ende mußte so sein, daß er a) zu sich findet und b) sich am Leben freut. Das Beschriebene ist der Weg dorthin, der ihm nicht erspart blieb.

Die Szene mit der Säure muß auch sein, da sie ja ein Schlüsselerlebnis für den Protagonisten darstellt, also der Teil mit den Augen dann. Die Säure ist irgendein LSD-Gemisch, durch das er ja die Augen erst sieht, erkennt, woher die Pfeile kamen. - Das war eigentlich der Ursprung der Geschichte...
Er nimmt dieses LSD-Zeug und fühlt sich zuerst glücklich, will nichts wissen, von seinen Problemen, die ihn drücken, ein ganzer See wartet darauf, geweint zu werden, doch er will das alles verbergen, will, daß alles "leiwand" ist. Und gerade, als er sich so glücklich fühlt, kommt das schlechte Gewissen (weil sie ja nicht will, daß er glücklich ist).

So, genug rechtgefertigt (oder gerechtfertigt? Heute geht das nimmer). :D ;)

Alles liebe,
gute Nacht,
Susi

 

Hallo Häferl,

die Idee mit den Pfeilen - wow! Und wunderbar beschrieben, wie er sie in sich hineinrammt, aus Scham - echt klasse! Muss mich ansonsten aber auch Peter anschließen, zu lang und die anderen Ideen fallen mE gegen die Pfeile dann im Niveau etwas ab - ich verstehe, dass der Rest für das von Dir gewählte Ende vielleicht notwendig ist. Hat aber für meinen Geschmack etwas zu moralisches, zu einfaches. Mir hätte es wesentlich besser gefallen, wenn das ganze Kürzer, mehr auf die Pfeile konzentriert wäre und die Bekehrung nicht so sehr deutlich stattgefunden hätte.

Ich glaube Du könntest viele Passagen kürzen ohne der Geschichte wirklich etwas zu nehmen - lass doch dem Leser mehr Raum für Interpretation ... Der "Schutzengel" verrät so unnötig viel ;)
Deine Sprache ist allerdings sehr schön - darum liest sich auch der Rest angenehm, eher wie ein Märchen.

Lieben Gruß
Kay

 

Hi Häferl,

auch wenn dein Name nicht dagestanden hätte, ich glaube ich hätte auf dich als Autorin getippt. Es steckt ein Großteil Anna-Irene-Problematik darin, ein anderes Gewand, aber drinnen... Anna Irene.

Aber das ist nur eine Bemerkung am Rande. Wie meinen Vorrednern gefällt sie auch mir. Ebenso finde ich die Pfeil-Idee als herausragende surrealistische Variante und die Länge als etwas störend, weil die Essenz zu sehr verwässert wird.
Bin mir nicht schlüssig, ob du das märchenhafte am Schluß nicht besser weglassen solltest. Ich glaube die Wirkung wäre besser.
gruß vom querkopp

 

Hallo Kai und querkopp!

Ich freue mich sehr, daß Euch der Teil mit den Pfeilen so gefällt! Daß Euch der zweite Teil nicht so gefällt, finde ich schade, ist er doch der wesentlich optimistischere... :confused:

Eigentlich wollte ich mich letzte Nacht damit beschäftigen, die Geschichte zu überarbeiten, aber da gab mein Monitor den Geist auf und jetzt hab ich nicht die nötige Ruhe, um das zu tun. :(
Aber die nächsten Tage mal, vielleicht kürze ich den Teil mit dem Schloss und so...

@querkopp: Columbo... :thumbsup: ;)

Alles liebe
Susi

 

Hi Häferl,
Deine Geschichte hat mir ebenfalls sehr gut gefallen, auch wenn ich ne Weile gebraucht habe mich rein zu lesen, aber das ist wohl normal bei eine so surrealistischen Geschichte wie der deinen.
Ich bin allerdings nicht der Meinung , dass du die Geschichte umbedingt kürzen musst. Die Sache mit den Pfeilen wirkt so erdrückend und deprimierend, dass es mir unglaublich gut getan hat zu lesen wie der Junge sich selbst wieder aufbaut.
Das einzig störende Elemend ist meiner Meinung nach der "Schutzengel". Er wirkt irgendwie gekünztelt und hat vor allem etwas "yoda-haftes", was nicht in die Geschichte passt. Mir ist schon klar das man ihn wohl braucht um dem Protagonisten weiter zu helfen, aber vieleicht könnte man ihn dezenter, z.B als Stimme i
Wind auftauchen lassen, um die Jedieritterstimmung aus der Geschichte zu vertreiben.:) ;)

 

Hallo Susi!

Eine außerordentlich aussagekräftige Geschichte hast Du da abgeliefert. Meiner Meinung nach ist sie so stimmig, wie sie jetzt da steht, ich stimme also Marot zu: Das positive Ende ist dringend nötig, um nicht eine völlig trostlose Stimmung zu hinterlassen, sondern Hoffnung zu säen.

Was den Schutzengel betrifft: ich denke nicht, dass es sinnvoll wäre, ihn als Stimme im Wind o. ä. darzustellen. Sicher, er kommt ein wenig moralschwanger daher, aber andererseits führt er ja auch die zweite entscheidende Wendung herbei und sollte daher in seiner gewichtigen Darstellung gerechtfertigt sein.

Einzig die Szene auf Hawaii war ein wenig missverständlich, erst der direkte Hinweis auf ein Drogenerlebnis brachte Licht ins Dunkel. Ich wüsste allerdings momentan auch nicht, wie man die Szene besser darstellen kann.

Noch etwas formelles zum Schluss:

Ein Blick bestätigte Gespürtes, er flüchtete in den letzten Winkel des Bettes und umarmte den Polster.
Im Schriftdeutsch sollte es hier wohl "das Polster" heissen *denk*

Liebe Grüsse
SaltyCat

 

Hallo Häferl,

mir gefallen die Ausdrücke „Tauschte Sicherheitstrakt gegen Risikoreich“, vor allem wenn man sich fragt wem der Sicherheitstrakt normalerweise zum Schutz dient - den Insassen oder den Außenstehenden? Und „Risikoreich“ ist auch zweideutig: Reich= reichlich, oder Reich= ein Gebiet.
Außerdem: Der selbst gebastelte „Heiligenschein“ – ich gebe noch eine Dose Politur kostenlos dazu!

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Servus Häferl,

war fasziniert von der Geschichte.

Er reiste weiter und fand Einlass in eine Herberge, die von Menschen mit selbstgebasteltem Heiligenschein bewohnt war. Sie waren alle so wahnsinnig lieb.

Das fand ich echt großartig, so richtig bös.

Das Schloß mit seinen vielen Räumen, erinnerte mich ein ganz klein wenig an Herman Hesses Stepenwolf, die Szene im Theater, in der der Protagonist verschiedene Räume betritt.

Ich mußte auch viel an Arno Gruen ("der Verrat am Selbst" und der "Wahnsinn der Normalität") denken.

Für mich war es die Entdeckung des Selbst, die ganze Geschichte hindurch. Die kontrollierende Über-Mutter

vor allem hier

Nach und nach öffneten sich die Zimmer seines Schlosses. Sie waren kaum eingerichtet, kahl die Wände, bis auf einige Zettel, die sie ihm hier aufgehängt hat. Auf ihnen standen Dinge wie: „Du kannst doch nicht...!“, „Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?“, „Was denken sich die Nachbarn?!“, „Du bist zu blöd dafür!“, und viele andere in dieser Art

wird nach und nach abgeschüttelt. Die Pfeile kleiner und unbedeutend.

An Kafka wurde ich auch nicht erinnert, da meiner Ansicht nach, bei Kafka die Hoffnungslosigkeit eine der Hauptmerkmale ist. Das "Nichts-Ändern-Können".

Derlei habe ich hier nicht empfunden, vor allem gegen Ende. Ich fand den Schluß eigentlich sehr ansprechend. Denn für mich hat er bedeutet, daß der Protagonist sich selbst gefunden hat.

Im Offiziellen Österreichischen Deutsch heißt es "der Polster", in Deutschland "das Polster", hab jetzt extra nachgeschlagen.

liebe Grüße

Echnaton

 

Hi, Susi;
Es ist alles gesagt; mir blieb -und da sage ich jetzt mal wie es war- das Maul offen stehen, bei der 'Pfeilgeschichte'. Stramm das Teil. Hut ab!
l.Gr.
von
michy

 

Wow, das tut gut! :) Danke Euch allen fürs Lesen!

@Marot,

Die Sache mit den Pfeilen wirkt so erdrückend und deprimierend, dass es mir unglaublich gut getan hat zu lesen wie der Junge sich selbst wieder aufbaut.
- genau das dachte ich mir auch. ;)

@SaltyCat:

Das positive Ende ist dringend nötig, um nicht eine völlig trostlose Stimmung zu hinterlassen, sondern Hoffnung zu säen.
- fein, daß auch Du das so siehst. :)

An der Schutzengel-Szene und dem Trip werde ich noch ein bisschen herumfeilen, aber bleiben wird voraussichtilich alles.

Jaja, wie Echnaton schon sagt: Der Polster ist Österreichisch. So wie z.B. auch der Gummi, das Brezel, das Cola...

@Woltochinon, daß Dir diese Ausdrücke aufgefallen sind, freut mich ganz besonders! Ich hab gern solche Wortsinnsachen.

@Echnaton, Danke auch Dir für Dein Lob! Den Steppenwolf muß ich jetzt mal wieder lesen, den habe ich mit ca. 16 gelesen, aber damals hab ich ja noch gar nix verstanden...:D

@michy, ich hoffe, Du konntest den Mund mittlerweile wieder schließen? :lol: Vielleicht kann sie Dich aber nicht nur zum Staunen bringen, sondern Dir auch ein bisschen helfen, in Deinem, wie es scheint, nicht minder schweren Leben. Würde mich freuen.

 
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Hi Susi,
zuerst mal das, was ich Dir schon gesagt habe: stilistisch und auch Dein Tanz mit den Wörtern, beides ist das Beste, was ich von Dir bis jetzt gelesen habe. Was so faszinierend ist, ist das da tatsächlich ein Häferl in den Zeilen steckt (wie oben schon gesagt wurde), ich bemerke Deine Art zu Schreiben, aber hier spielst Du ganz anders mit den Worten und den Inhalten. Das schon angesprochene 'Sicherheitstrakt - Risikoreich' ist eines, dass ich mir angestrichen habe. Weiter das wunderschöne Bild mit den Tieren auf der Decke, der Vergleich mit Afrika, mit der Steppe - das Bild lebt, mit Augen zu kann ich mir das Gewusel vorstellen. Das durchgeknallte Bild der fliegenden Augenpaare und die weltliche Art, auf die Arnold die Tür abdichtet, das ist ebenso ein tolles Bild. Mit solchen Bildern hast Du in den anderen Geschichten nicht gearbeitet - und Du kannst es und sowas mag ich sehr gerne lesen. Für mich ein anderes Bild als das Der Anna-Irene, das anders lebt und aussagt. Also kann ich mir nur wünschen, du bleibst in dieser Richtung - zumindest soll es kein Einzelfall gewesen sein.
Zwei Sachen:

"Die Stellen, an denen sie die Pfeile auf dich abgeschossen hat..."
Der Satz ist mir etwas unklar. Einmal denke ich, dass 'Orte' anstatt 'Stellen' besser klingt. Und dann wird im Nachhinein nicht mehr auf die Orte eingegangen. Oder sind die Stellen seiner Seele gemeint? Ist mir nicht ganz klar.
„Was, gefunden?“
Hier muss - glaube ich - das Komma weg.

Inhaltlich war ich hin und her geworfen zwischen dem Gedanken, Surrealismus entdecken zu wollen (was vielleicht auch ein Nachteil dieses Themas ist) und einfach nur den Inhalt zu betrachten. Deswegen habe ich die Drogenszene z.B. auch nicht als solche verstanden - erst Dein Posting hat Aufklärung gebracht. Dazu muss ich sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob ausgerechnet ein Drogenflash die Erkenntnis bringen muss. Das ist im Prinzip ja passives Erkennen, er erfasst das Problem nicht bewusst. Ich denke, dass könnte ein ...Knackpunkt sein, an dem sein Weg nicht mehr ganz ... ehrlich erscheint, das Ergebnis vielleicht nicht ganz verdient. Ohne Deine Aufklärung wäre das für mich auch nur ein surrealistischer Part gewesen, den ich nicht richtig verstanden hätte. Eben der wohl einzige Schwachpunkt, den ich für mich entdeckt habe.
Die weiteren Bilder und Inhalte stimmen. Für mich ist der Schutzengel viel mehr die innere, wahre Stimme, die jeder von uns in sich trägt, wenn er an seine Schwächen denkt. Jeder kennt dieses Schloss in sich, die ganzen Zimmer, die verbergen oder auch verschlossen werden - ein zugegeben nicht ganz neues Bild, aber klasse eingesetzt. Der schöne, positive Schluß ist richtig und an dieser Stelle echt ein Muss. Es ist nichts anderes als eine Bekräftigung des/Deines Glaubens an die eigene Kraft - das eigene Vermögen, sich zu behaupten und sich selbst zu ...definieren.
Das Bild der Pfeile - kann auch jeder ruhigen Gewissens eingestehen - ist lebensnah. Die Einflüsse von Menschen, die wichtig in unseren Leben sind oder waren, die nach wie vor in einem drinstecken, die man nicht zugeben kann, weil sie eine menschliche Schwäche offenlegen: beeinflusst und im Verhalten von Erfahrungen und gerissenen Wunden gesteuert zu werden.
Klares Bild, das mit den Pfeilen den Schmerz und Kampf verdeutlicht, den man durchziehen muss.

Du hast eine tolle Story geschrieben, hab ich nicht anders erwartet. Das Schöne ist, dass ich/hoffentlich auch andere die Aussage in ihrem Leben wiederfinden können und an wichtigen Parts auf diesen Gedanken bauen können.

Lieben Gruß, baddax

 

Hallo Häferl, ich hab mich hier auf fremdes Gebiet begeben, und kann damit schon etwas anfangen, mit dieser surrealen Geschichte. Surreal ist sie. Erst, im ersten Absatz, habe ich nur ne gewaltige Metapher gesehen, dann wurde eine Erzählung draus, im Sinne von "Einer der auszog..." Und ich denke Auf Hawaii, wurde es so richtig surreal, und auch märchenhaft, diesen Eindruck hatte ich die ganze Zeit. Im letzten Satz, sprichst Du das Märchen ja selber an.
Ja, was halte ich davon? Tja, hab noch nicht viel gelesen und wenig verstanden, hier habe ich es verstanden, der Gehörnte, der Gemarterte, der Verletzte in einer Person, der sich befreit...oder?
Aber trotzdem ist es nicht einfach zu lesen.

Liebe Grüsse Archetyp

 

Hallo Baddax!

Danke für Deine umfangreiche Stellungnahme! Es freut mich sehr, daß Dir die Geschichte gefallen hat! :)

Die Stelle mit dem Trip wird die erste sein, über die ich mich am Wochenende hermache... Selbst meine Freundin, die es hätte mit Leichtigkeit erkennen müssen, hat es nicht so gelesen. Ich weiß zwar noch nicht, was ich mit der Stelle mache, aber sie wird anders. ;)

Bei "Was, gefunden?" sollte der Beistrich eine Pause anzeigen, ich könnte ihn durch "..." ersetzen. Ob das schöner ist? Das Wochenende wird es mir beantworten, bis dahin bleibt sie uneditiert. ;)

Das Schöne ist, dass ich/hoffentlich auch andere die Aussage in ihrem Leben wiederfinden können und an wichtigen Parts auf diesen Gedanken bauen können.
Das fände ich auch sehr schön. :)

Hi Archetyp!

Danke auch Dir fürs Lesen und Deinen Kommentar!
Freut mich besonders, daß Du sie verstanden hast, obwohl Du hier auf "fremdem Gebiet" bist. :)

Alles liebe
Susi

 

So, hab jetzt die Geschichte überarbeitet und editiert. Das mit der Säure ist rausgeflogen und hat sich in einen Traum verwandelt. ;)

Und das mit den Stellen, an denen die Pfeile abgeschossen wurden, ist auch (hoffentlich) besser erklärt. :)

Habs gleich oben (ähm, auf Seite 1) editiert, da die Änderungen nur geringfügig sind.

 

Liebe Susi,

ich habe mich nun endlich auch an deine Geschichte gemacht. Während ich sie so las, dachte ich immer wieder, du solltest dir öfters zur Aufgabe machen, surreal zu schreiben.
Die Art wie du alles darstellst, ist hochvirtuos gewesen und ich fand, du bist weit aus deiner sonst einfach gehalten Sprache herausgetreten.
Deine Wortschöpfungen haben mir sehr gefallen, ich glaube, ich habe noch keine bessere Geschichte von dir gelesen als diese.
Die Idee mit den Pfeilen und der Art wie dein Protagonist sie immer wieder durch Hereinschieben zu verbergen versucht ist genial surreal. Die Doppeldeutigkeit ist dir gelungen.
Eigentlich kann ich mich vielen der vorangegangenen Kritiken vorbehaltlos anschließen. Ich würde mich da nur wiederholen können.
Ich bin was die Länge der Geschichte anbelangt sehr unsicher und uneins. Eigentlich würden zwei Geschichten ihre Rechtfertigung haben. Einmal so wie du sie jetzt hier stehen hast und einmal wesentlich kürzer.
In dem einen Fall wäre es eine komplette Geschichte, sehr surreal aber auch sehr real, weil mit Happyend und
weiser Erkenntnis. Fast ein wenig ein Schlußpunkt in den Anna-Irene-Geschichten. Wie schön, dass du in der Lage bist, das so zu schreiben.
Und die andere Geschichte würde, wenn du sie eben nur bei dem Thema der Pfeile beläßt wunderbar surreal bleiben und mystisch sein und etwas tragisches genial Tiefgründiges haben.
Beides fände ich sehr gut. Die eine Geschichte, die ein ganzes Leben Lebenserfahrungen reingepackt bekommt und die andere, die erschauernd läßt, Fragen daläßt.
Beide Geschichten hätten ihre Berechtigung.

Ach und am Rande wollte ich dich noch bitten, mal deine Geschichte im Hinblick auf die Zeiten durchzuforsten. Ab und zu mal, verwendest du die Gegenwartsform, wo ich auf jeden Fall die Vergangenheitsform wählen würde.
Mag aber sein, dass du es als besondere künstlerische Form betrachtest und es deswegen so da steht.


Liebe Grüße
elvira

 

Hallo, Susi!

Jetzt, neu bearbeitet, hat deine, wie auch ich meine, bisher beste Geschichte um Einiges dazugewonnen.
Du setzt deine gewählten Symbole (Schatulle für die Seele, u. A.) wohlüberlegt und gekonnt ein und erzeugst dadurch beim Leser Bilder von starker Intensität.
Sehr gut gefallen hat mir auch, Zitat: "um sich nicht auf die Tiere zu setzen" - typisch Häferl!

Die Idee mit den Pfeilen ist grandios!


Liebe Grüße
Antonia

 

Hi Lakita und Antonia!

Ich danke Euch für Eure Stellungnahmen! Das mit den Zeiten schau ich nochmal durch, allerdings ist das der Punkt, wo ich mir auch oft unsicher bin und vielleicht eine kleine Hilfe ganz praktisch wäre... (Bittebitte...)

Ansonsten kann ich nur sagen: Es tut gut, solche Kritiken zu bekommen, das bestätigt mir, daß ich mich auf dem richtigen Weg befinde. :)

Alles liebe
Susi

 

Liebe Susi,

ich stecke in Reisevorbereitungen und da ist hier im Büro immer sowas wie Endspurtchaosalarm.
Ich komme daher ím Moment nicht dazu deine Geschichte im Hinblick auf die Zeiten durchzuschauen. Aber ich machs noch in time. :)

Lieben Gruß
elvira

 

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