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Das Schwarz im Wellengang

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10.09.2016
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Das Schwarz im Wellengang

Die Schalen der Windmesser klackerten wie kaputt. Durchs Dünengras, wehte Sand auf den Strandweg. Distelköpfe hagelten gegen die Scheiben. Aufs Reetdach prasselten Muscheln und kleine Steine.

– Unwetterwarnung: Bis zu hundertsechzig Stundenkilometer ...

Ich schaltete das Radio aus. Alle fünf Minuten brachten sie es schon.
Adrian saß am Ecktisch am anderen Ende des Zimmers. Während unsere Eltern Mittagsschlaf hielten, vertrieben wir uns im Gemeinschaftsraum die Stunden. Dabei machten wir überhaupt nichts gemeinsam. Ich saß auf der Couch und las Asterix-Comics und Adrian schaute aus dem Fenster, sein aufgeschlagenes Tagebuch und einen angespitzten Bleistift ordentlich vor sich hingelegt.
Nie sah ich, dass er auch nur einen Strich auf eine der dicken Seiten schrieb. Vielleicht wartete er ja auf eine gute Gelegenheit, dachte ich. Oder er sortierte die Wörter zuerst im Kopf, und wenn ich nicht hinschaute, notierte er sie.

Unsere Eltern hatten sich vor etwas über zwei Jahren kennengelernt. Für meine Mutter war es ein Neubeginn, für Adrians Mutter das Ende.
Adrian redete monatelang kein Sterbenswörtchen mit seinem Vater. In dieser Zeit hätte er wirklich, also wirklich dringend einen Freund gebraucht. Wenn jemand versuchte ihn zu trösten, bekam er richtige Wutanfälle. Nachts wälzte er sich unruhig im Bett. Ich wachte über seinen Schlaf. Erst vor ein paar Nächten hatte ich gehört, wie er im Traum zu ihr flüsterte.

Plötzlich stand Adrian von seinem Stuhl auf. Ohne etwas zu sagen, lief er zur Diele rüber und zog sich seine Gummistiefel an.
»Wohin willst du?«, fragte ich, doch da war er schon aus der Tür. Ich legte den Asterix-Comic zur Seite. Ich konnte ja nicht einfach zusehen, wie Adrian in den Sturm ging, der da draußen wütete.
Ich lief zur Garderobe, griff meinen Anorak und verließ das Haus in Richtung Strand.

Der Sturm blähte mir den Anorak auf und warf mir die Kapuze in den Nacken. Sandkörner piksten in meinen Augen. An meinem Gesicht flogen Samenkapseln vorbei, ein Distelblatt streifte meine Wange. Ich sah Adrian, kurz bevor er hinter der nächsten Düne verschwand.

Zum Schutz hielt ich mir einen Arm vors Gesicht. Ich folgte Adrian, so gut es der Sturm zuließ. Einmal atmete ich etwas Sand ein. Ich spuckte aus und schmeckte das Salz auf meinen Lippen.
Mittlerweile hatten wir den Strand erreicht und Adrian lief geradewegs auf den Wellenbrecher zu. Ich sah, wie er auf den Fels stieg, entschlossen, als hätte er ein klares Ziel vor Augen.
Die Wellen warfen turmhohe Schatten. Wassermassen schlugen beidseits aufs Gestein. Mühsam erklomm ich den Damm. Ich rief Adrian bei seinem Namen, doch das Tosen der Brandung verschluckte jeden Laut. Eine breite Wand aus Wasser erhob sich neben mir. Ihr Graugrün war schmutzig und trüb, Algen stiegen darin empor.
Obwohl zwischen Adrian und mir noch mindestens fünf Meter waren, streckte ich meine Hand nach ihm aus. Dann brach die Welle, und schmetterte mich auf die Felsen. An mehr kann ich mich nicht erinnern.

Eigentlich hat uns das Meer überhaupt nicht gewollt. Zwei Tage und eine halbe Nacht versuchte es Adrian loszuwerden. Dann spuckte es ihn endlich auf den Strand. Über dem Wasser hing der bleiche Mond.
Seine Augen waren geschlossen. Zuerst erkannte ich ihn nicht. Die Haut seines Gesichts war schwammig, seine Hände blass und aufgedunsen.
Noch oft habe ich sein Tagebuch durchblättert. Aber nie was gefunden, außer der Zeichnung einer Frau, die von einem Hochhaus springt.

 

Hallo Carlo Zwei,
ich mag den Einstieg in deine Geschichte. Der Sturm ist sehr greifbar in deinen Bildern. :)

Adrian sitzt am Esstisch und notiert Zahlen. Er entnimmt dem Windmesser Werte, beobachtet das Barometer. Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen
Ich wünschte nur, Adrian wäre nicht Adrian, ich nicht sein Stiefbruder, und er nicht meiner.
Was? Sein Vater interessiert sich für die Mutter. Sie sind aber sicher nicht einfach Voll-Geschwister. Vllt. ein Paar, dessen Elternteile zusammen gefunden haben? Das fand ich ganz schön verzwickt beim Lesen. Wie eins dieser Knobelspiele: Wenn die Cousine meines Schwagers,… wer bin ich? Musst du das so kompliziert aufziehen? Ich meine, diese Verwirrung ist gewiss beabsichtigt. Vllt. bin ich einfach schon zu müde.

Dann würde ich mich sicher nicht schämen, wenn ich an seine Berührungen denke und zwischendurch an den Tod seiner Mutter, die vor einem Jahr in die Fluten stieg. Nachts, wenn der Wind durch die Ritzen der Wände pfeift, redet er mit ihr. Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.
Der Wahnsinn, was du in den drei Sätzen alles erzählst. Ich finde es aber auch gut, dass du dir danach etwas mehr Zeit nimmst.
Das Ende ist traurig und stark und aufwühlend, wie die See.

Gern gelesen.
Viele Grüße und gute Nacht.
wegen

 
Zuletzt bearbeitet:

An alle letzten Kommentatoren Kanji, TeddyMaria, lana(?) habt ihr eure Kommentare noch??? Ich hatte wegen und dir Kanji schon eine schöne Antwort auf eure Kommentare geschrieben (was ich nochmal tun werde). Eure Antworten fehlen mir :((, die nützlichen Hinweise, die Anregungen. Ich hoffe, dass nicht alles verloren ist.. Habt ihr etwas zwischengespeichert?? LG Carlo

 

Hej Carlo Zwei,

es tut mir leid, so was wie Zwischenspeichern ist mir nicht in den Sinn gekommen. :( Ich glaube so passend kann ich es nicht mehr formulieren, aber du hast es ja gelesen.

Schade. Kanji

 

Hi Carlo Zwei,

Deine geschichte hat tolle Bilder. Der Sturm, die Wellen, all das ist sehr gut beschrieben. Du kannst echt schreiben, das merkt man schnell.

Dennoch habe ich zwei grundlegende Probleme mit der Geschichte.
1) Für mich setzt sich viel zu spät ein echtes Bild der Personen zusammen. Erst hier:

»Tom, manchmal bist du echt eine Bürde …«
erfahre ich, dass es sich bei deinem Protagonisten um einen Jungen/Mann handelt. Ich hatte zuvor ein Mädchen vor Augen, ich weiß nicht, warum. Wie alt die Personen sind, kann ich auch nachdem ich fertig gelesen hab nicht einschätzen. Wie alt ist Adrian? Wie alt Tom? Sieben? Zwanzig? So bekomme ich die Personen so gar nicht zu fassen.
2) Das Verwandtschaftsthema wird mir zu schnell abgeklappert. Das mag an mir liegen, dass ich einfach schwer von Begriff bin. Warte hier einfach mal die folgenden (und hoffentlich wiederbelebten verschollenen) Kommentare an.
Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen — sondern von Berufs wegen auch für angewandte Meteorologie.
Diesen Satz musste ich jedenfalls drei mal lesen, um ihn zu verstehen, und doch hatte ich danach das Verhältnis noch nicht ganz verstanden. Wie gesagt, vielleicht liegt's an mir.

Orthographisch und Grammatikalisch habe ich fast nichts gefunden, bravo!

Nur das will ich noch anmerken:

»Hast du nicht gehört? Ein O r k a n wütet da draußen …«

Gängige Methode wäre wohl, Orkan zur Betonung in kursiv zu schreiben. Sie buchstabiert ja nicht, oder? Naja, kann man trotzdem so machen. Überleg dir einfach, was dir besser gefällt.

Das wär's von mir. Hab ich gern gelesen.

Viele Grüße,
dein Salomon

 

Hallo Carlo Zwei,

leider hab ich meinen Kommentar nicht zwischengespeichert, keine Ahnung, ob du ihn noch rechtzeitig lesen konntest. Den genauen Wortlaut werde ich nicht mehr treffen, aber hier eine grobe Zusammenfassung:

Mir gefiel deine Geschichte sehr gut, der Titel hat direkt Assoziationen geweckt. Auch im weiteren Verlauf macht meiner Meinung nach das Assoziative, vor allem im Zusammenspiel mit der gewaltigen Natur, die Stärke deines Textes aus. Du reißt Gräben auf, wirfst mir eine Taschenlampe zu und verschwindest wieder. Das Erforschen bleibt mir selbst überlassen.

Nur der "O r k a n" stört in meinen Augen das Textbild, außerdem mag mir der letzte Absatz nicht ganz gefallen. Nicht inhaltlich, da ist es nur konsequent und logisch, sondern sprachlich. Der erste Satz wirkt etwas abgehackt, hat vielleicht einen Einschub zu viel, im zweiten stoße ich mich am dreifachen "sich" bzw. am zweifachen "sie sich".

Das sind aber nur Kleinigkeiten in einem ansonsten kraftvollen und atmosphärischen Text.

Liebe Grüße

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber wegen (das hatte ich tatsächlich noch zwischengespeichert),

vielen Dank für deinen Gute-Nach-Kommentar. Ich habe ihn gestern selbst noch vor dem Schlafengehen gelesen und mich sehr gefreut. Ich habe die Namen etwas umgestellt, damit der Satz nun hoffentlich weniger Fragespielchen treibt. War jedenfalls ganz richtig, was du meintest (keine Voll-Geschwister, die Eltern haben sich später kennengelernt). Für das Lob bedanke ich mich auch, und verschwinde jetzt wieder in den (völlig harmlosen) Fluten.

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Liebe Kanji,

um deinen Kommentar in irgendeiner Weise noch einmal zu würdigen, ist es nicht zu spät, wenngleich ich nicht mehr alles rekonstruieren kann. Danke jedenfalls für das Lob. Das Tränen der Augen hattest Du, glaube ich, bemängelt, und ein paar andere schlaue Einwände gab es auch noch, die mein sonnenerweichtes Gehirn gerade unterschlägt. Direkt nach der Löschung habe ich alle Verbesserungen einfach nochmal angewendet und da waren Deine auch mit dabei. Ich lese Kommentare auch gerne noch lange nachdem die Geschichten veralten, deswegen bin ich echt traurig, dass Deiner weg ist ..., und weil peeperkorn mich zu meinem heimlichen Stolz bei deinem letzten Maskentext mit dir verwechselt hat. Und das spricht doch schon für eine Verbindung, heh. Tja, danke nochmal und bis bald!

LG
Carlo

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Liebe TeddyMaria,

es ist ein Jammer, dass dein Kommentar gelöscht wurde. Ich würde einiges dafür geben, ihn nochmal lesen und aufsaugen zu dürfen. Er hat gut getan, und hat mich wieder einmal von deinen Lektor-Fähigkeiten überzeugt. Allein dieses Komma nach den Gedankenstrichen, das werde ich nie lernen :(. Aber auch deine schiere Begeisterungsfähigkeit ist übergesprungen und kurz war ich ziemlich stolz auf meinen Text! Ich weiß, du hast viele kleine, feine Anmerkungen ranzitiert, Kommafehler vornehmlich. Die habe ich, so gut ich mich nach der Löschung erinnerte, verbessert. Für alles andere kann ich dir an dieser Stelle nur noch einmal danken. Ich habe leider nicht alles, was du geschrieben, behalten, aber ein starker Eindruck ist geblieben!!

Liebe Grüße
Carlo

 

Hallihallo, Carlo Zwei

Bitte entschuldige den flapsigen Ton gerade, ist ja sonst nicht meine Art. Da ich bis Dienstag allerdings keine Zeit haben werde, tippe ich jetzt schnell vom Handy aus:

Um diesen Kommentar finde ich es auch sehr schade. Habe leider auch nichts gespeichert. :( Wollte ohnehin versuchen, ihn aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. Da Du Dich so sehr und so lieb danach sehnst und außerdem überarbeitet hast, werde ich die Tage nochmal reinschauen.

Wie gesagt, momentan schaffe ich es einfach nicht, deshalb müssen wir beide leider warten (freue mich schon darauf, die Geschichte nochmal zu lesen).

Bis dann!

Rekonstruierende Grüße,
Maria

 
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Hej Carlo Zwei,

wirklich ein Jammer mit dem Datenverlust, aber auch kein Drama. So befasse ich mich gerne ein weiteres Mal mit deiner vollen und ausdrucksstarken Szene zweier Jungen am Meer. Allerdings ohne die vorigen Hilfsmittel deiner stürmischen Metaphern. Das krieg ich nicht mehr hin. Was ja auch egal ist, denn es geht um deinen Text. Es geht mir aber wie dir und ich lese sehr gerne die Kommentare zu meinen früheren Geschichten und verstehe dich gut.

Das Tränen der Augen hattest Du, glaube ich, bemängelt, und ein paar andere schlaue Einwände gab es auch noch, die mein sonnenerweichtes Gehirn gerade unterschlägt.

Das ist richtig. Der andere schlaue :hmm: Einwand war, dass ich Mühe habe mit dem Alter von Tom, weil ihm ja unterstellt wird, er wüsste nicht, was ein Orkan ist. Und zum anderen hab ich ein Problem mit der Glaubwürdigkeit des Selbstmörders. Der Dialog kommt so salopp daher, dass es kaum vorstellbar ist, kurz darauf in die Fluten zu stürzen. Und weil ich weiß, dass er es ankündigt, sowohl nachts als auch auf dem Weg zum Meer, mag mir diese Handlung auf so kurzer Distanz nicht ... einleuchten. Also mehr nicht nachfühlbar erscheinen. Weißt du?

Die Atmosphäre, der Sturm, die Dynamik ist toll geworden, ebenso wie die Balance der Charaktere ihres Auftretens bemessen.

Vor unseren Augen blättert meine Mutter auf die letzte Seite seines Notizbuchs.

Es ist nur zu verständlich, dass sie es wissen muss, aber auch hier drängst du sie nicht in den Vordergrund, sondern benutzt sie, damit Tom aktiv handeln kann. Gefällt mir gut.

Ich erkenne einen Kopf, dann ist es nur noch Schwarz im Wellengang.

Hier gefiel mir die Wiederholung des Titels - nun ohne Artikel ;)

und weil peeperkorn mich zu meinem heimlichen Stolz bei deinem letzten Maskentext mit dir verwechselt hat. Und das spricht doch schon für eine Verbindung, heh.

Nein, liebe Carlo Zwei, es war mein Stolz, der sich rührte, als mich Peeperkorn mit dir im Maskenball verglichen hat :shy: Ich fühle mich gern mit dir verbunden und freu mich immer über neue Texte von dir.

Ich hoffe, dir ein bisschen Ersatz für den Verlust verschaffen zu haben und freu mich auf ein Wiederlesen, Kanji

Zusatz: Falls du den Artikel im Titel auch nicht mehr brauchst, musst du bloß Bescheid geben. ;)

 

Hej Carlo Zwei,

in deinem Text gibt es Passagen (wie den Einstieg), die mich total überzeugen und andere, die mich richtig raushauen. Der Reihe nach:

Die Beschreibung des Sturms inkl. Sturmwarnung per Ansage finde ich gelungen und sprachlich gut gelöst.

Nächster Absatz:
Du führst die Figuren ein, setzt sie in Beziehung zueinander, alles gut und nachvollziehbar und dann das:

Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.
Hä? Wie kann er das? Durch Suizid etwa? Bei "ersetzen" bin ich sofort bei "Verlust ersetzen" und denke ebenso direkt: Es gibt unwiderrufliche Verluste. Punkt. Dass Adrian damit nicht leben kann, ist etwas anderes. Die Suizidmotivation mit Verlust ersetzen zu konstruieren, finde ich nicht gelungen. Vielleicht möchte er einfach bei ihr sein, an dem Ort, wo sie jetzt ist und folgt deshalb ihrem Weg? Du schreibst später selbst:
›Ich sehne mich nach ihr‹

Kleinigkeit:
Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen — sondern von Berufs wegen auch für angewandte Meteorologie.
Die Apposition könntest du locker in Kommata wickeln, würde der Lesbarkeit nutzen.

Nächster Absatz:

Spürst du, dass du lebst? Verschanzt dich in dir selbst ... Kämpf’ lieber! Je länger ich meine Worte zurückhalte, desto schneller erfüllen sich seine Träume …
Hab noch nie erlebt, dass das funktioniert. Für mich Nonsens.

Nächster Absatz:

»Entweder wir gehen zusammen, oder ich wecke die beiden auf. Dann erklärt dir eben dein Dad, warum auch Forscher mal ne Pause brauchen.« Ich deute auf das Schlafzimmer unserer Eltern, versuche ein Lächeln. »Es ist gut für die Gesundheit …« »Tom, manchmal bist du echt eine Bürde …«
Er zieht meinen Anorak von der Garderobe und wirft ihn mir zu.
Fragen: Im Orkan mit 125 km/h Windgeschwindigkeit vor die Tür zu gehen, ist gut für die Gesundheit?
Adrian plant seinen Abgang und schafft es nicht, sich Tom vom hals zu halten? Reicht ihm sogar die Jacke???

Nächster Absatz:

ein Distelblatt schlitzt meine Wange auf
das martialische Distelblatt :D, vllt sticht es einfach nur.

Nächster Absatz:

Den Arm vors Gesicht gedrückt, versuche ich Schritt zu halten. Von Weitem sehe ich den Wellenbrecher. Gischt spritzt daran hoch.
»Lauf zurück!«, ruft Adrian mir zu. »Bitte halt mich nicht auf!«
Erst schmeißt er ihm den Anorak zu, dann schickt er ihn zurück?

Nächster Absatz:
Packend geschrieben wie der erste Absatz, ich hab das Wasser in den Stiefeln stehen.
Dennoch frage ich mich, warum Adrian seinen Stiefbruder in Lebensgefahr bringt. Da er ein gewissenhafter Mensch zu sein scheint, müsste er doch dafür Sorge tragen (und nicht nur auffordern), dass der Jüngere (?) ihm nicht folgt.

Nächster Absatz:
Da habe ich ein Problem mit dem. "Als wir ihn finden …". Wie wahrscheinlich ist es denn, dass die Familie ihn findet und nicht die Seenotrettung oder andere?

Letzter Absatz:

Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.
Wie auch einige andere Stellen finde ich den Schlusssatz zu gewollt literarisch. Für mich geht da ein bisschen die Logik flöten, es sei denn, du redest vom Notiz(Tage-)buch, das Tom in die Wellen gepfeffert hat, was sich nicht zwangsläufig erschließt.

Ich mag an deiner KG das Wilde, die Gewalt des Orkans, das Setting, das du mit wenigen Worten gekonnt skizzierst. Ich spüre und schätze da die Arbeit, die du investiert hast. Für mich ist jedoch der Aufbau/ Ablauf etwas zu konstruiert. Die Punkte, die mich rauskicken, habe ich dir als Leseeindruck benannt. It´s up to you.


Peace, linktofink

 

Hallo Carlo Zwei,

da sind starke Formulierungen und starke Bilder in deinem Text. Besonders gelungen ist dir die Beschreibung der Naturgewalt:

Wellen brechen auf den Damm. Sie reißen kreischende Möwen mit sich, die in der Gischt nach Fischen jagen. Der Sturm fegt durchs Dünengras und weht Sand auf den Strandweg. Er wirbelt die Schalen der Windmesser durch, schleudert Distelköpfe gegen die Fensterscheiben. Stöcke, Muscheln und kleine Steine prasseln aufs Reetdach.

Und das ist ja nicht die einzige:

... Ich stemme mich gegen den Wind, atme Sandkörner ein, schmecke Salz auf den Lippen. Wellen werfen ihre Schatten voraus, türmen sich über uns auf. ... Die Wassermassen prallen beidseits auf den Fels. ... Eine Wand aus Wasser erhebt sich aus dem Meer. Ihr Grau ist Schmutz und Algen steigen in ihr empor. ... dann ist es nur noch Schwarz im Wellengang.

Solche Stellen haben mir sehr gefallen.

Weniger das Hin und Her an Informationen:
zuerst die Patchwork-Familie,

... Ein Geschenk seines Vaters, der sich ... für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen —...

dann der Freitod der Mutter Adrians, weil Toms Mutter ihr den Mann genommen hat,

... an den Tod seiner Mutter, die vor einem Jahr in die Fluten stieg. Nachts, wenn der Wind durch die Ritzen der Wände pfeift, redet er mit ihr. Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.

dann die unausgelebte Zuneigung Toms zu Adrian,

Dann würde ich mich sicher nicht schämen, wenn ich an seine Berührungen denke ...

Ich wünschte einfach, Adrian wäre nicht Adrian, ich nicht sein Stiefbruder, und er nicht meiner.

dann der Freitod Adrians:

›Ich sehne mich nach ihr‹, höre ich eine Stimme im Flattern meiner Kapuze. ... Ich rufe seinen Namen — wieder und wieder —, ... Ich erkenne einen Kopf, dann ist es nur noch Schwarz im Wellengang.
Alles begleitet vom sich entwickelnden Orkan. Und der und Adrians Freitod sind auch das von dir am stärksten Auserzählte. Die Beschreibung der Naturgewalt scheint mir dabei dein Hauptanliegen zu sein, und so verstehe ich auch den Titel.
Auf der Strecke bleiben für mich die Ausführung der anderen Aspekte: die enge Beziehung Adrians zu seiner Mutter, seine Unfähigkeit, mit ihrem Tod fertig zu werden, die homerotischen Gefühle Toms zu ihm. Und als völlig unnötig empfinde ich die etwas umständlich wirkende Familienkonstellation am Anfang. Ich habe mich gefragt, ob deine Geschichte ihrer eigentlich bedarf. Hätte sie nicht auch funktioniert, wenn Tom, der spürt, dass sein Freund Adrian den Verlust der Mutter nicht bewältigen kann, ihn nicht alleine lassen will und dann doch seinen Freitod nicht verhindern kann. Was soll da eigentlich diese Meteorologen-Vater-Mutter-Geschichte am Anfang? Was gibt sie mir als Leser? Was gibt sie deiner Geschichte?

Lieber CarloZwei: Wunderbare Naturbeschreibungen sind dir da gelungen, nur als Textganzes kann mich deine Geschichte nicht so recht überzeugen. Die erwähnten Aspekte stehen für sich und entwickeln keine wirkliche Bedeutung für deine Geschichte. Was am Ende bleibt ist Adrians Weg in den Freitod. Seine Motivation ist mir dabei aber zu schwach, wie auch Toms Rolle im ganzen Geschehen. Kann es sein, dass der Antrieb deines Schreibens die Darstellung des Orkans war und die Konstruktion der Handlung nur Mittel zum Zweck?

Ein paar Verständnisprobleme:

Ich wünschte einfach, Adrian wäre nicht Adrian, ich nicht sein Stiefbruder, und er nicht meiner.
Mal abgesehen davon, dass ich das Ende des Satzes als tautologisch empfinde, frage ich mich nach der moralischen Kategorie, die hinter dieser Auffassung steht. Darf ein Mann seinen Stiefbruder nicht lieben?

Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.
Er verspricht der toten Mutter, ihr ihren Mannes zu ersetzen? Meinst du das so?
Und was hat Tom ihr eigentlich genommen?

Ich reiße es ihr aus der Hand, noch bevor sie zwei Zeilen liest, und stürme hinaus damit.

Bei den Wellen und der Gischt, die die Fische zur Küste treibt, wo die Möwen sie jagen, sollen sie warten. Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.


Bei den Wellen sollen sie warten. Wer? die Fische? die Möwen? Ich finde keine anderen Plural-Subjekte - auch im vorhergehenden Satz nicht.

Sie können sich zurückholen, was sie sich genommen haben? Wer? die Fische? die Möwen? s.o.

(Ich hole zurück, was ich mir genommen habe? Logik?)

Tut mir leid: Das sind Sätze, die sich mir einfach nicht erschließen wollen. Vielleicht kannst du mir auf die Sprünge helfen.

Liebe Grüße
barnhelm

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Salomon,

vielen Dank für deine wertschätzenden Worte:

»Deine Geschichte hat tolle Bilder. Der Sturm, die Wellen, all das ist sehr gut beschrieben. Du kannst echt schreiben, das merkt man schnell.«

»Für mich setzt sich viel zu spät ein echtes Bild der Personen zusammen. Erst hier:
»Tom, manchmal bist du echt eine Bürde …«
erfahre ich, dass es sich bei deinem Protagonisten um einen Jungen/Mann handelt.«

Da muss ich dir recht geben. Ich war so ganz im Schreibrausch und ja, der Dialog ist mir ein bisschen zu sehr ans Herz gewachsen und ich habe ein bisschen zu viel auf der Wortebene operiert, sodass da wichtige Nuancen flöten gingen. Das werde ich mir nochmal vorknöpfen. Ich glaube die Orkanstelle ist eines der Hauptprobleme. Sie macht den Prot jünger, als er sein muss (nämlich so 17). Kill your darlings, ich weiß ... :/

»Das Verwandtschaftsthema wird mir zu schnell abgeklappert. Das mag an mir liegen, dass ich einfach schwer von Begriff bin. Warte hier einfach mal die folgenden (und hoffentlich wiederbelebten verschollenen) Kommentare an.«

du bist nicht der einzige, der das moniert. Ich gebe zu, ich erzähle da vorgriffig, wie der Leser sich was vorzustellen hat. Mir war das wichtig, um ein bisschen Backstory zu haben. Andererseits finde ich, dass ich das gar nicht so übel (Eigenlob hoch zehn) eingeflochten habe. Schließlich schwingt da auch eine Verbitterung darüber mit, dass der Prot (Tom) für seinen Stiefvater nur das Anhängsel der Mutter ist (Er interessiert sich für seine Mutter und berufsbedingt für Meteorologie -- aber nicht für Tom .). Besonders clever habe ich Stelle aber nicht geschrieben. Da werde ich wohl auch nochmal meinen Charme spielen lassen, hust.

»»Hast du nicht gehört? Ein O r k a n wütet da draußen …«
Gängige Methode wäre wohl, Orkan zur Betonung in kursiv zu schreiben. Sie buchstabiert ja nicht, oder?«

Die Sperrung hat wohl einigen nicht ganz behagt. Ich werde sie vielleicht in Großlettern auflösen. Kursiv ist mir nicht dringlich genug.

Vielen Dank Salomon! Dein Kommentar hat die richtigen Stellen angepikst!!

Liebe Grüße
Carlo Zwei


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Liebe Lani,

vielen vielen Dank, dass du dich nochmal zurückgemeldet hast. Und vor allem, dass du alles nochmal so toll rekonstruiert hast. Mein Seelenheil ist geretten ^^ Ich konnte den alten Tiel noch lesen, deshalb weiß ich, dass deine Rekonstruktion passt.

Danke für das Lob. Es ist cool, dass dir die fragmentarische Erzählweise (Behauptung) zusagt.

Den Orkan werde ich nochmal ändern, ich dachte an Majuskeln ...

Viele, liebe Grüße und bis bald!
Carlo Zwei

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Liebe TeddyMaria,

bitte mach dir keinen Stress damit! Es gibt ganz sicher Wichtigeres. Der erste Zorn über die Ungerechtigkeit der Internet-Unwägbarkeiten ist verflogen. Zwar freue ich mich über deinen Kommentar, aber ich habe wie gesagt schon einen Eindruck davon behalten. Ich wünsche dir viel Erfolg bei etwaigen Unternehmung, die dir, wie es scheint, gerade Schweiß bereiten.

LG
Carlo

 

Hi Carlo,

Schön, dass dir meine Kritik weiterhelfen konnte. Viel Erfolg beim überarbeiten!

Nur eins noch:

Die Sperrung hat wohl einigen nicht ganz behagt. Ich werde sie vielleicht in Großlettern auflösen. Kursiv ist mir nicht dringlich genug.

Wenn du mich fragst, und du die Kursivschrift als Möglichkeit streichst, dann bleib unbedingt bei den Leerzeichen. Großletter sind so Facebook-Ausraster-Kommentare. Die AUSLÄNDER nehmen UNSERE Kursivschrift WEG!!1!!1! Naja, wie gesagt, "wenn du mich fragst".

Viele Grüße, Salomon

 

Hallo, Carlo Zwei

Da bin ich wieder. Tadaa! Ich werde mich jetzt etwas kürzer fassen. Du weißt ja schon, wie sehr mich diese Geschichte berührt hat. Sie ist atmosphärisch so dicht, dass dieser Absatz hier …

Ich knipse das Radio aus. Adrian sitzt am Esstisch und notiert Zahlen. Er entnimmt dem Windmesser Werte, beobachtet das Barometer. Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen — sondern von Berufs wegen auch für angewandte Meteorologie. Adrian steigt seinem Interesse nach, und mich steckt die Begeisterung meiner Mutter für Metereologen an. Ich wünschte einfach, Adrian wäre nicht Adrian, ich nicht sein Stiefbruder, und er nicht meiner. Dann würde ich mich sicher nicht schämen, wenn ich an seine Berührungen denke und zwischendurch an den Tod seiner Mutter, die vor einem Jahr in die Fluten stieg. Nachts, wenn der Wind durch die Ritzen der Wände pfeift, redet er mit ihr. Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.

… sich immer wieder neu und fantastisch liest, weil Du so verdammt viel Bedeutung da reingequetscht hast (und ich meine das Quetschen nicht negativ). Jemand hat hier mal gesagt, die Sätze müssen unter dem Druck von Bedeutung zusammenbrechen. Das tun sie hier. Hammer!

Übrigens, mein Rechtschreibprogramm zeigt mir an, dass es „Meteorologen“ heißt und nicht „Meterologen“. Danke, Rechtschreibprogramm!

Ich wünschte einfach, Adrian wäre nicht Adrian, ich nicht sein Stiefbruder, und er nicht meiner.

Komma weg vor „und“. Das ist eine klassische Aufzählung. Komma vor „und“s darfst Du nur setzen, wenn Du Hauptsätze aneinanderreihst oder davor oder danach ein Nebensatz kommt, während davor oder danach wiederum ein Hauptsatz steht.

Je länger ich meine Worte zurückhalte, desto schneller erfüllen sich seine Träume …

Für Sätze wie diesen hier lohnt es sich, die Geschichte zum vierten Mal zu lesen, wie ich es gerade tue. Wie gesagt, Du hast überall so verdammt viel Bedeutung drin, das ist wirklich heftig.

Ein O r k a n wütet da draußen!

Diese Hervorhebung halte ich für Facebook-Hervorhebungen, wo man keine Kursivsetzungen benutzen kann, sich also anders helfen muss. (In manchen Dramen wir das auch so gemacht, aber na ja, ich mag’s nicht und habe es in Prosa-Texten auch noch nie so gelesen.) Ich würde es einfach kursiv setzen.

Er zieht meinen Anorak von der Garderobe und wirft ihn mir zu.

Hier hast Du schon umgebaut. Besser.

Den Arm vors Gesicht gedrückt, versuche ich Schritt zu halten.

„gedrückt“ finde ich etwas viel. Ich meine, man presst sich ja selten den Arm direkt auf die Stirn. Ich würde „gehalten“ verwenden, oder einfach „Den Arm vorm Gesicht“ schreiben.

Ihr Grau ist Schmutz und Algen steigen in ihr empor.

Hier würde ich der Übersichtlichkeit halber ein Komma vor dem „und“ setzen. Sonst liest sich das ein bisschen wie diese Werbesätze von der Deutschen Bahn, die mitten im Satz anders weitergehen, als sie angefangen haben. Also erst: „Ihr Grau ist Schmutz und Algen“ (was grammatikalisch nicht korrekt ist, aber meine erste Reaktion war) und dann: „Schmutz und Algen steigen in ihr empor.“ Das klingt jetzt zwar super raffiniert, lässt mich beim Lesen aber stolpern. Also besser ein Komma vor dem „und“, dann weiß ich, dass zwei Hauptsätze kommen. Oder Du schreibst irgendwas, was Dir im ersten Satz ein "sind" erlaubt, dann ist es wirklich raffiniert.

Ich strecke eine Hand aus, in diesem Moment stürzt sie über uns ein.

Hm, die Wand kam drei Zeilen davor. Ich würde das „sie“ nochmal konkretisieren.

Ich erkenne einen Kopf, dann ist es nur noch Schwarz im Wellengang.

Brauchst Du das „es“?

Bei den Wellen und der Gischt, die die Fische zur Küste treibt, wo die Möwen sie jagen, sollen sie warten. Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.

Die Gischt treibt die Fische zur Küste? Nicht eher die Wellen oder die Wellen und die Gischt? Besser fände ich in diesem Sinne „treiben“, statt „treibt“. Komma weg vor „und“. Das sind zwei Nebensätze und da beide auf das „bis“ angewiesen sind, kannst Du sie nicht trennen (also, Du kannst offensichtlich, Du darfst aber nicht).

Puh, bin überrascht, mein Kommentar hat sich sehr verändert. Du hast auch schon was am Text gemacht, oder? Ich lese jetzt erstmal kurz die anderen Kommentare, damit ich nicht allen anderen irgendwie widerspreche (zumindest nicht unwissentlich).

Die Sperrung hat wohl einigen nicht ganz behagt. Ich werde sie vielleicht in Großlettern auflösen. Kursiv ist mir nicht dringlich genug.

Dabei lese ich das. Nein! Tu das nicht. Das ist noch viel mehr Facebook als die Sperrung. Dann lieber Sperrung. Da kann ich mir immerhin einbilden, Du würdest zu viele Reclam-Hefte lesen. Meine Güte.

Großletter sind so Facebook-Ausraster-Kommentare. Die AUSLÄNDER nehmen UNSERE Kursivschrift WEG!!1!!1!

Stimme Salomon vollkommen, vollkommen, vollkommen zu.

So, da ist wieder ein Kommentar von mir, ein ganz anderer als letztes Mal. Das ist so eine Geschichte, wo es sich lohnt, sie sehr, sehr oft zu lesen. Ich habe mir Tom übrigens von Anfang an als Mann vorgestellt, nur so zur Info. Und wie gesagt, die Sätze sind voller Bedeutung, beim einfachen Drüberlesen könnte man verwirrt sein. Aber ich denke nicht, dass Du Dir einen Gefallen damit tust, diese Geschichte mit dem Anspruch zu schreiben, dass jeder sie auch beim schnellen Lesen vollständig begreifen solle.

Gute Arbeit!

Wiederholte Grüße,
Maria

 

Hallo Carlo Zwei

Dieses Dichte, das viele an dieser Geschichte so toll finden, verwirrt mich ehrlich gesagt. Schreckt mich ab, anstatt mich hinein zu ziehen.

Der Titel gefällt mir sehr. Das ist so melancholisch, da will ich doch direkt das Meer sehn.

Wellen brechen auf den Damm.
Heisst es tatsächlich „auf den“, müsste es nicht „auf dem“ sein?

Sie reißen kreischende Möwen mit sich, die in der Gischt nach Fischen jagen.
Die Möwen fliegen durch die Gischt, aber sie erwarten kaum dort Fische zu finden oder?

Wenn es nach mir ginge, könnte etwas von der Sturmbeschreibung weg.

Adrian sitzt am Esstisch und notiert Zahlen.
Für mich sind die beiden übrigens Kinder. Vielleicht weil Adrian für mich eher ein Kindername ist ... keine Ahnung woran es liegt.

Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen — sondern von Berufs wegen auch für angewandte Meteorologie.
Und hier kriege ich schon Knoten im Kopf. Da kann ich nicht weiterlesen, sondern muss erstmal sortieren. Und der Vater ist Meteorologe?

Adrian steigt seinem Interesse nach, und mich steckt die Begeisterung meiner Mutter für Metereologen an.
What? Wieder kurz nachdenken. Adrian will auch Meteorologe werden und der Ich-Erzähler steht auf den Stiefvater? Oder Meteorologen allgemein? Ok, danach wird klar, er steht auf Adrian. Ist für mich schwierig, da die beiden in meinem Kopf noch kleine Kinder sind.

wenn ich an seine Berührungen denke
Also gab es schon besondere „Berührungen“ zwischen den beiden? Oder geht es um so Alltagssachen, zufällige Berührungen, ein Umarmen?

Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.
Ok, hier denke ich drüber nach und verstehe trotzdem nichts. Adrian verspricht seiner toten Mutter, alles zu ersetzen was Tom und seine Mutter Adrians Mutter genommen haben? Hä? Was genau will er ersetzen?
Tom und seine Mutter haben Adrians Mutter den Mann genommen? Hat sie deswegen Selbstmord begangen?
Tut mir leid, ich versteh es nicht.

Du siehst dieser ganze Absatz war so verwirrend für mich, dass ich erstmal nicht weitergelesen habe. Ich war raus, total. Und irgendwie auch etwas sauer, dass du mir da so ein Rätsel vorsetzt. Naja, hier wird ja keiner zu irgendwas gezwungen. ;)

Ein paar Tage später habe ich dann doch weitergelesen, so lang ist die Geschichte ja nicht und du hast ein paar tolle Kommentare bekommen, da war ich neugierig.

»Und wenn schon, nimm mich trotzdem mit!«
»Vergiss es!«
»Entweder wir gehen zusammen, oder ich wecke die beiden auf.
Hier hören die beiden sich übrigens sehr nach Kindern an. Ein erwachsener Mensch würde nicht sagen „Nimm mich mit!“ sondern “Ich komme mit“
Ich finde auch das der Satz „»Und wenn schon, nimm mich trotzdem mit!« nicht ganz passt, denn eigentlich will Tom ihn doch aufhalten. Und dann schwenkt er um. Also würde er nicht eher sagen: Ok, dann nimm mich wenigstens mit!“?

Tom, manchmal bist du echt eine Bürde
Wer sagt denn sowas? Warum nicht einfach: Tom, du nervst.

»Lauf zurück!«, ruft Adrian mir zu. »Bitte halt mich nicht auf!«
Das „Lauf zurück“ macht nicht so richtig Sinn. Vielleicht eher „Bleib stehen!“

Tom folgt Adrian auf den Damm oder? Das heißt die Gefahr ins Meer gezogen zu werden besteht auch für ihn. Ich nehme an Adrian ist das egal? Warum erfasst die Welle nur Adrian aber nicht Tom? Oder stehen die beiden weiter auseinander?

Tage dauert es, bis das Meer sich an seinem Körper satt gefressen hat.
Der Satz gefällt mir. :)

Bei den Wellen und der Gischt, die die Fische zur Küste treibt, wo die Möwen sie jagen, sollen sie warten. Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.
Wer ist denn „sie“? Ich verstehe leider nicht was mir dieser Schluss sagt.

So, wie du siehst habe ich da einige Fragezeichen überm Kopf. Wahrscheinlich liegts an mir, es gibt ja einiges an Lob, also scheint die Geschichte ja doch zu funktionieren. Vielleicht stört es mich auch einfach, dass ich hier nicht einfach nur lesen darf, sondern auch grübeln und etwas puzzeln muss. Oder vielleicht muss man sich einfach nur treiben lassen, und darf eben nicht alles zerdenken?

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 

Liebe Kanji,

danke, dass du dir die Mühe gemacht hast! Ich werde mich sicher noch lange an deinem Kommentar erfreuen und mache mich, wenn ich noch ein paar Kommentare beantwortet habe, an die Überarbeitung.

»Der andere schlaue Einwand war, dass ich Mühe habe mit dem Alter von Tom, weil ihm ja unterstellt wird, er wüsste nicht, was ein Orkan ist. Und zum anderen hab ich ein Problem mit der Glaubwürdigkeit des Selbstmörders.«

Diesen Einwand versuche ich so gut es geht zu berücksichtigen. Vielleicht variiere ich dadurch das Ende etwas, aber ohne Glaubwürdigkeit macht es natürlich keinen Sinn.

»Der Dialog kommt so salopp daher, dass es kaum vorstellbar ist, kurz darauf in die Fluten zu stürzen.«

Das machte ich zum ersten Punkt der Überarbeitung. Ich möchte ihn am Ende nicht in die Fluten steigen lassen. Aber der Leser darf es ruhig für einen Augenblick glauben. Mit dem Ende im Kopf werde ich den Dialog nachjustieren und die Figuren schärfer stellen. Danke für den Hinweis!

»Nein, lieber Carlo Zwei, es war mein Stolz, der sich rührte, als mich Peeperkorn mit dir im Maskenball verglichen hat Ich fühle mich gern mit dir verbunden und freu mich immer über neue Texte von dir.«

Das ist süß! Und es beruht auf Gegenseitigkeit, auch wenn ich gerade noch viel Zeit bei den Wortkriegern verbringe. Das soll sich in ein paar Monaten ändern ...

» Ich hoffe, dir ein bisschen Ersatz für den Verlust verschaffen zu haben und freu mich auf ein Wiederlesen, Kanji«

mehr als das! Ich danke dir aufrichtig dafür!!

»Falls du den Artikel im Titel auch nicht mehr brauchst, musst du bloß Bescheid geben.«

Ja, bitte! Mir würde ohne Artikel noch besser gefallen!

Viele Grüße
Carlo


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Lieber linktofink,

was für ein Kommentar! Ich danke dir für deine vielen kritischen und darin nützlichen Anmerkungen.

»Er verspricht ihr, alles zu ersetzen, was meine Mutter und ich ihr genommen haben.«
»Hä? Wie kann er das? Durch Suizid etwa? Bei "ersetzen" bin ich sofort bei "Verlust ersetzen" und denke ebenso direkt: Es gibt unwiderrufliche Verluste. Punkt. Dass Adrian damit nicht leben kann, ist etwas anderes. Die Suizidmotivation mit Verlust ersetzen zu konstruieren, finde ich nicht gelungen.«

Ich hätte spontan gesagt: Ja, durch Suizid will er ihr das »ersetzen«, weil er denkt, sie wären dadurch wieder zusammen. Ich werde aber nochmal darüber nachsinnen. Es ist jedenfalls eine ziemlich gestörte, verschrobene Annahme, die wenig Identifikationspotential bietet und die von daher vielleicht wirklich »ungelungen« ist. Ich schaue es mir nochmal an. Dein Vorschlag, die Sehnsucht nach seiner Mutter zu verstärken, finde ich sehr brauchbar. Wahrscheinlich werde ich es in meiner Überarbeitung in diese Richtung drehen ...

»Spürst du, dass du lebst? Verschanzt dich in dir selbst ... Kämpf’ lieber! Je länger ich meine Worte zurückhalte, desto schneller erfüllen sich seine Träume …
Hab noch nie erlebt, dass das funktioniert. Für mich Nonsens.«

Ich glaube, der Punkt ist nicht, dass es Nonsens ist, sondern dass nicht erwogen wird, es könnte auch Nonsens sein. Letzteres füge ich diesem Teil in der Überarbeitung bei. Es muss vielleicht klarer werden, dass der Prot hier überlegt, wie er Adrian helfen könnte und im nächsten Moment daran zweifelt, ob er überhaupt über die Mittel verfügt.

»Fragen: Im Orkan mit 125 km/h Windgeschwindigkeit vor die Tür zu gehen, ist gut für die Gesundheit?
Adrian plant seinen Abgang und schafft es nicht, sich Tom vom hals zu halten? Reicht ihm sogar die Jacke???«

Da pikst du auf jeden Fall eine Passage an, in der es zu viele Leerstellen gibt. Der Konflikt schwächelt jedenfalls an der Stelle, da muss einiges geschehen ...

»das martialische Distelblatt , vllt sticht es einfach nur.«

stimmt, zu übertrieben. Danke!

»Erst schmeißt er ihm den Anorak zu, dann schickt er ihn zurück?«

Wahrscheinlich muss es darauf hinauslaufen, dass Tom ihm einfach folgt. Wäre dann auch plausibler. Ein Wettrennen. Das Toms Motivation beflügelt und Spannung bringt.

»Da er ein gewissenhafter Mensch zu sein scheint, müsste er doch dafür Sorge tragen (und nicht nur auffordern), dass der Jüngere (?) ihm nicht folgt.«

wieder (in anderen Kommentaren auch) das Problem mit dem Alter. Ich denke hier ist es nötig, klar zu machen, dass sie gleichalt sind, was im Dialog irgendwie verzerrt rüberkommt. Danke für den Hinweis. Nützlich ...

»"Als wir ihn finden …"«

Wahrscheinlicher wäre ein »Als sie ihn finden«, ich denke sogar, es widerspricht nicht den Aussagen, die Tom über seine Leiche trifft.

»Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.«

Es ist dieselbe Logik, nach der Adrian seinen Suizid beschlossen hat. Und später auch Tom. Sich zurückholen bzw. jemand anderem zurückgeben, was ihm durch den Tod der Person genommen wurde. In diesem Fall als Anklage: »was sie sich genommen haben«, weil Tom sie beschuldigt, durch ihre Affäre, für den Tod von Adrians Mutter, später von Adrian und nun auch von Tom selbst verantwortlich zu sein. Mir kommt gerade eine Idee. Man hätte das auch als Tagebucheintrag erzählen können. Bis zum Schluss meint der Leser, es wäre Adrians Tagebuch, dabei ist es eigentlich das von Tom. Tja, vielleicht klingt das auch interessanter als es letztlich ist. Zu Kanji habe ich außerdem schon gesagt, dass ich mir ein weniger drastisches Ende wünsche, eins in dem Tom beschließt, seinem Bruder nicht in die Wellen zu folgen.

Danke für deine Anregungen und auch das Lob zwischendrin.

Peace und viele Grüße
Carlo


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Liebe barnhelm,

ich danke dir für das Loben der kraftvollen Stellen und beschäftige mich nun instensiv mit deinen kritischen Anmerkungen.

Du führst verschiedene Stellen an, deren Informationsfluss du mangelhaft findest, und stellst auch einige Konstellationen ganz in Frage:

»Auf der Strecke bleiben für mich die Ausführung der anderen Aspekte: die enge Beziehung Adrians zu seiner Mutter, seine Unfähigkeit, mit ihrem Tod fertig zu werden, die homerotischen Gefühle Toms zu ihm. Und als völlig unnötig empfinde ich die etwas umständlich wirkende Familienkonstellation am Anfang.«

Ich glaube, du hast da schon recht. Ich fürchte mich bloß ein wenig, denn hier gehts an die Textsubstanz. Da verändern Anpassungen das Gesamte. Allerdings ist es, finde ich, einen Versuch wert. Ich könnte die Beziehung der Eltern als recht harmonisch darstellen und Adrian einfach am Freitod seiner Mutter verzweifeln lassen. Da würde ich einiges an Verstricktheit lösen, denke ich. Vor allem im Hinblick hierauf:

»Was soll da eigentlich diese Meteorologen-Vater-Mutter-Geschichte am Anfang? Was gibt sie mir als Leser? Was gibt sie deiner Geschichte?«

»Die erwähnten Aspekte stehen für sich und entwickeln keine wirkliche Bedeutung für deine Geschichte. Was am Ende bleibt ist Adrians Weg in den Freitod. Seine Motivation ist mir dabei aber zu schwach, wie auch Toms Rolle im ganzen Geschehen. Kann es sein, dass der Antrieb deines Schreibens die Darstellung des Orkans war und die Konstruktion der Handlung nur Mittel zum Zweck?«

Nee, ich wollte mich schon mit den zwei Brüdern beschäftigen und mit dem Wetter-Motiv ^^ Aber ich sehe deine Punkte ein. Gerade die Motivation ist wirklich zu schwammig. Da gehe ich wie gesagt nochmal ran. Schön, dass dir die Naturbeschreibungen so gefallen, ein Lichtblick für mich ;-)
Was Toms Rolle angeht, so verstehe ich deinen Punkt. Ich denke, ich muss Tom noch um einiges mehr in Handlung (mit Adrian) darstellen, damit klar wird, was sein Entschluss für ihn bedeutet.

»Mal abgesehen davon, dass ich das Ende des Satzes als tautologisch empfinde, frage ich mich nach der moralischen Kategorie, die hinter dieser Auffassung steht. Darf ein Mann seinen Stiefbruder nicht lieben?«

das habe ich wohl nicht breit genug dargestellt, sodass es in der Dichte völlig den Rahmen sprengt. Ich denke, hier wäre auch die Möglichkeit Tom klarer zu zeichnen. Natürlich darf er seinen Stiefbruder lieben, ob das nun gesellschaftlich akzeptiert ist und er damit klar kommt ist eine andere Frage. Dein Nachhaken finde ich sehr berechtigt. Danke!

»Er verspricht der toten Mutter, ihr ihren Mannes zu ersetzen? Meinst du das so?
Und was hat Tom ihr eigentlich genommen?«

Tom und seine Mutter werden für den Tod von Adrians Mutter verantwortlich gemacht. So dachte ich mir das.

»Bei den Wellen sollen sie warten. Wer? die Fische? die Möwen? Ich finde keine anderen Plural-Subjekte - auch im vorhergehenden Satz nicht.«

damit meinte ich die Übriggebliebenen. Also Toms Mutter und Adrians Vater. Sie sollen sich zurückholen, was sie sich genommen haben (indem sie ohne Rücksicht auf Adrian und seine Mutter eine Affäre begonnen haben, die nun auch Toms Schicksal bestimmt - Toms Perspektive)

ich fürchte, da habe ich den Umfang des Textes mal wieder viel zu eng geschnallt.

Nun ja, liebe barnhelm, vielen Dank für die etlichen Denkanstöße. Ich werde mich nun daran machen, einiges davon umzusetzen und stelle die überarbeitete Version danach auch ein. Ich freue mich sehr, dass du dir so viel Mühe mit meiner Geschichte gemacht hast.

Liebe Grüße
Carlo

 

Hi Carlo Zwei,

ich finde deine Geschichte im Grunde sehr schön erzählt und da ist einiges um guten Sinn zum Mitfühlen dabei. Es ist dabei nicht zu sehr aufs Auge gedrückt, was man genau mitzufühlen habe, du lässt da genug Freiraum. Nur ist es mir in machen Punkten zu dramatisch, das erschient mir etwas zu sehr auf den Effekt hin konstruieret - der mich dann aber gerade deswegen gar nicht so ganz erreicht. Allerdings gilt das vor allem für das Ende, von dem ich mir nicht einmal sicher bin, ob ich es ganz richtig verstehe.

Diese Radioansage:

Bleiben Sie im Haus … Bis morgen ist mit orkanartigen Böen von Nordost zu rechnen. Die derzeitige Windgeschwindigkeit beträgt 125 Kilometer pro Stunde …wir melden uns wieder mit den aktuellen Sturmwarnungen
fügt sich für mich nicht ganz perfekt ein. Vielleicht ist sie zu lang?

Hier:

Vor einem Jahr lernten sich unsere Eltern kennen. Meine Mutter lernte aufzublühen nach Jahren gescheiterter Ehe, und Adrians Mutter erfuhr am eigenen Leib, was Verzweiflung bedeutet
hinke ich etwas hinterher. "Vor einem Jahr lernten sich unsere Eltern kennen" - das klang für mich bei ersten Lesen doch tatsächlich erst mal so, als wäre der Ich-Erzähler ein Baby :schiel: Hat sich schnell geklärt. Aber im nächsten Moment - Stichwort "aufblühen" - dachte ich, eine Mama und ein Papa seinen jetzt ein neues Paar. Aber das passt dann wieder nicht eideutig, weil Mutter und Mutter genannt werden. Hm. Das holpert noch leicht, finde ich. Könntest du die Voraussetzungen nicht so umdeuten, dass Adrians Mutter schon vorher in die Wellen gegangen ist und das sein Vater am eigenen Leib erfahren hat, was Verzweiflung sei?

Ich warte.
Das ist eine ganz hübsche Passage, finde ich, und schön abgeschlossen mit diesem Satz. Unklar ist bisher, ob der Ich ein Junge oder ein Mädchen ist, das ist mir aufgefallen, aber nicht störend.

»Auf gar keinen Fall!«
Es hat die Sturmwarnung gegeben, das ist schon klar, aber warum der Junge gleich so entschieden auftritt, kann ich mir nicht ganz erschließen. Viel fehlt nicht, aber irgendwas hätte ich da gerne noch, eine Vor- oder Zwischenstufe (oder beides?)

Das:

als er mir im nächsten Moment seine geballte Faust ins Gesicht schlägt.
erscheint mir ein bisschen heftig (Stichwort: "zu dramatisch"). Adrian will sich also ins Meer werfen, oder? Will er da wirklich so abtreten? Ich weiß es nicht, aber ich denke mir eher, er will sich wenn möglich ohne Lasten verabschieden. Wegstoßen würd ich akzeptieren.
Die detaillierte Beschreibung der Folgen des Schlags müsstest du dann natürlich opfern. Wenn ich es unverhohlen sagen darf: Sehr schade fänd ich es nicht darum, da hast du viel bessere Stellen. Gerade solche Gewaltszenen sind ja beliebt, wenn man einen Effekt setzen will. Deswegen gibt es aber halt auch eine Unmenge Gewaltszenen, und da muss man sich schon etwas richtig Gutes einfallen lassen. Das ist in dem Fall aber nicht so :sealed: .

Ich sehne mich nach ihr‹, höre ich eine Stimme im Flattern meiner Kapuze.
Das finde ich etwas undeutlich gezeichnet. Im ersten Moment dachte ich, ob da jetzt eine Geisterstimme flüstert. "Seine Stimme" statt "eine Stimme" wäre vielleicht klarer, aber immer noch nicht ganz. Warum nicht "im Kopf" dazu?

wieder und wieder
Erscheint mir stärker ohne den Einschub.

Und das hier wäre jetzt mal so eine Stelle, die ich in dieser Dramatik zu konstruiert finde:

Ich rappel mich auf und suche in der schäumenden See: Ein Schopf, nur ein Fetzen Kleidung, einfach irgendetwas! Einmal sehe ich ihn, dann ist es Schwarz im Wellengang.
Den einen haute auf die Steine, der andere ist sofort weg. Kann zwar sein, sitzt mir aber zu sauber. Würde Adrian, wenn die Welle kommt, im Reflex sich nicht doch auch schützen wollen? Er springt ihr vielleicht nicht direkt entgegen. Warum ist er dann aber weg und der andere nicht ... ?

Irgendwann hat mich der Schulalltag eingeholt, die Freunde trösteten mich und ich verschob das Ganze auf eine unbekannte Zeit
Finde ich als Spiel mit den Zeiten zwar ganz hübsch, aber dann frage ich mich, ob die Geschichte nicht ohne diesen Abschnitt runder wirkt. Das ist schon nicht schlecht, dieses Nachdenken. Aber ist es wirklich so wichtig, dass du deine Geschichte dafür unterbrichst?

Die beiden Sätze am Ende verstehe ich beide nicht ganz klar:

Meine Lippen bewegen sich lautlos und formen einen Gruß zum Abschied.
Abschied von wem? Wer geht?

Für Adrian. Das habe ich im ersten Reflex auf den Notizblock bezogen: da steht eine Widmung drin. Aber es ist ja Adrians Notizblock, kann also nicht sein. Was ist also für Adrian? Der Abschiedsgruß? Hm, klingt komisch. Also, das hab ich nicht entschlüsseln können.

Soweit für diesmal.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Ahoi Carlo Zwei!

Eine wunderbare Geschichte, das Meer, die Tristeza ...

Ganz besonders liebe ich auch den Titel, jedes Wort davon, inklusive den Artikel, einfach großartig.

Beim Überarbeiten gab es wohl ein paar kleinere Türbulenzen, ich bringe mal ein bisschen Strandgut mit …

Nämlich dass ich iden Zurückgelassen hatte

:Pfeif:

Während ich ihn vom Sofa unserer Ferienwohnung beobachte und unsere Eltern im Nebenzimmer schlafen

Würde überlegen, einen der Possessivartikel durch einen bestimmten Artikel zu ersetzen.

»Wohin willst du hin?«, frage ich.

Wo willst du hin? - würde ich schöner finden.

Als hätte er mir einen Hammer zwischen die Augen geschmissen.

Schmeißen scheint mir nicht so ganz zum Erzählton zu passen. Klingt doch ein bisschen derb, nicht?

Eine denke nur noch: Halt ihn auf! Beeil dich!

:Pfeif:

In Augen und meiner Nase brennt es.

Wie wäre es mit: In Augen und Nase brennt es mir.

Bis irgendwann vielleicht einen Menschen wieder so lieben kann, wie Adrian geliebt habe.

Personalpronomen sind auch was Feines … :D Jaaa, du schrammst eng am Schmalzkitsch entlang, aber ich find, vorbei ist vorbei. Alles gut.

Also, die detailreichen Beschreibungen im allerersten Absatz finde ich schon mal sehr gelungen. Damit hast du mich gleich gekriegt. Die Radiomeldung im zweiten Absatz, weiß nicht, scheint mir nicht 100% authentisch im Wording zu sein. Ist schon nahe dran, aber eben nur nahe dran. Müsste man mal recherchieren, was die typischerweise genau sagen. Die Windgeschwindigkeit, zum Beispiel, da wird, glaube ich, immer so ein Maximalwert angegeben, weil es ja Böen sind. Also evtl.: bis zu 125 Kilometer pro Stunde Windgeschwindigkeit. Na ja, bin da wohl auch spitzfindig.

und ich verschob das Ganze auf eine unbekannte Zeit, da ich auf die Erlebnisse zurückblicken und bei keinem Bild meiner Erinnerung etwas fühlen würde. Bloß nicht fühlen! Es hilft.

Bin mir da nicht sicher. Hilft das oder ist das ein Plattitüde? Ich denke ja eher: Es gibt Tränen, die müssen geweint werden.

Als ich durchnässt zum Reethaus zurückkehre [,] kommt Ralf mir entgegen.

Guck, ein Komma …

Ja, Big Drama auf jeden Fall. Der Erzähler, oder wohl eher: Die Erzählerin, geht die nu auch noch ins Wasser? Das hab ich nicht ganz geschnallt. Um Adrian tuts mir vor allem Leid. Durch die Augen des Erzählers habe ich ihn ebenfalls ein wenig angehimmelt.:shy:

Beste Grüße!
Anne

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Carlo Zwei,

Ganz besonders liebe ich auch den Titel, jedes Wort davon, inklusive den Artikel, einfach großartig.
, sagt Anne49 und betont es extra, die Füchsin.

Soll ich noch warten mit der Titeländerung?;)

Wofür es gut war, dass ich es vergessen habe. :shy:

Lieber Gruß, Kanji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Salomon,

dieses Beispiel xD ...

Wenn du mich fragst, und du die Kursivschrift als Möglichkeit streichst, dann bleib unbedingt bei den Leerzeichen. Großletter sind so Facebook-Ausraster-Kommentare. Die AUSLÄNDER nehmen UNSERE Kursivschrift WEG!!1!!1! Naja, wie gesagt, "wenn du mich fragst".

Ich habe das mit den Großlettern allerdings schon in Storys vergleichbaren Genres gelesen und es hatte definitiv Wirkung auf mich. Es ist dann wirklich, als würde jemand einen anbrüllen. Das Facebook-Ausraster so aussehen glaube ich dir aufs Wort ^^ trotzdem hat ja auch das einen Grund und so. Naja, mal schauen :) Danke jedenfalls für deinen Eindruck; habe ich registriert!


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Liebes Nichtgeburtstagskind

danke für dein ausführliches Kommentar. Ich finde es total sympathisch, dass du dich gegen die ganze Dichte und Fragezeichenlastigkeit wehrst. Im Grunde sollte ein Text einem ja über die Möglichkeit irgendeiner Stimmung hinaus auch Story-mäßig so aufbereitet werden, dass man eben auch der Story folgen kann. Es bringt leider eben manchmal auch Stimmung, teile im Dunkeln zu lassen, weil das, was dann im Kopf entsteht, fantastischer ist als alles, was der Autor mit Worten hätte umsetzen können. Es ist defintiv mein Ziel, leichter verständlich zu schreiben. Es ist wie ein kleines Talent zum Verrätseln und eine schlechte Angewohnheit, alles zu Verkomplizieren zugleich. Einfacher ist mir unterm Strich aber auch lieber, ich arbeite dran ;-)

»Wellen brechen auf den Damm.
Heisst es tatsächlich „auf den“, müsste es nicht „auf dem“ sein?«

je nachdem. Auf den Damm, wenn brechen wie hier ein Synonym für aufprallen, aufschlagen ist (je öfter ich es lese, desto mehr klingt es aber auch nach kotzen). Ich werde es zu auf dem Damm ändern ... Danke :)

»Sie reißen kreischende Möwen mit sich, die in der Gischt nach Fischen jagen.
Die Möwen fliegen durch die Gischt, aber sie erwarten kaum dort Fische zu finden oder?«

in meiner Vorstellung jedenfalls schon. So weit ich weiß jagen Möwen auch im Sturm (ein Mythos?).

»Wenn es nach mir ginge, könnte etwas von der Sturmbeschreibung weg.«

Bei der Geschichte werde ich das unter keinen Umständen tun, ich hab schon mehr als genug daran rumgedoktort. Trotzdem finde ich deinen Einwand berechtigt. Gemessen an dem, was da an Konflikt kommt, ist da einfach sau viel Beschreibung, die es eigentlich nicht braucht. Andererseits gibt das hier auch Stimmung.

»Für mich sind die beiden übrigens Kinder. Vielleicht weil Adrian für mich eher ein Kindername ist ... keine Ahnung woran es liegt.«

Interessant. 15-16 hatte ich gedacht.

»Ein Geschenk seines Vaters, der sich nicht nur für meine Mutter interessiert — weshalb wir die Ferien gemeinsam verbringen — sondern von Berufs wegen auch für angewandte Meteorologie.
Und hier kriege ich schon Knoten im Kopf. Da kann ich nicht weiterlesen, sondern muss erstmal sortieren. Und der Vater ist Meteorologe?«

Ich habe diesen Teil wie auch den anderen von dir besprochenen kurz nach deinem Kommentar in der zweiten Version der Geschichte umgeschrieben. Das war einfach zu kompliziert. Die derzeitige Version ist wirklich noch nicht perfekt, da ist einiges drunter und drüber gegangen, aber ich setze mich, sobald ich mit den Kommentaren fertig bin, nochmal ran.

»Hier hören die beiden sich übrigens sehr nach Kindern an. Ein erwachsener Mensch würde nicht sagen „Nimm mich mit!“ sondern “Ich komme mit“
Ich finde auch das der Satz „»Und wenn schon, nimm mich trotzdem mit!« nicht ganz passt, denn eigentlich will Tom ihn doch aufhalten. Und dann schwenkt er um. Also würde er nicht eher sagen: Ok, dann nimm mich wenigstens mit!“?«

absolut richtig. Da habe ich mich ein bisschen am Dialog aufgehängt und aus den Augen verloren, was ich eigentlich ausdrücken wollte. Das habe ich nun auch (in einer wohl etwas zu drastischen Weise; auch hier folgt eine Überarbeitung) korrigiert. Danke für die Anmerkung!

»Und irgendwie auch etwas sauer, dass du mir da so ein Rätsel vorsetzt. Naja, hier wird ja keiner zu irgendwas gezwungen.«

Oh nein! Das ist immer doof, wenn man jemandem ein so unbefriedigendes Gefühl beschert, verzeih!

»Tom, manchmal bist du echt eine Bürde
Wer sagt denn sowas? Warum nicht einfach: Tom, du nervst.«

Das habe ich aus Shame mit Michael Fassbender geklaut. Tom, du nervst ist auf jeden Fall angemessener.

»Tom folgt Adrian auf den Damm oder? Das heißt die Gefahr ins Meer gezogen zu werden besteht auch für ihn. Ich nehme an Adrian ist das egal? Warum erfasst die Welle nur Adrian aber nicht Tom? Oder stehen die beiden weiter auseinander?«

Adrian steht näher am Ende des Damms. So hatte ich mir das gedacht. Das heißt, er wird einfach in die Sturmflut gerissen, während es Tom nur auf die Steine schleudert.

»Bei den Wellen und der Gischt, die die Fische zur Küste treibt, wo die Möwen sie jagen, sollen sie warten. Bis der Sturm sich legt, und sie sich zurückholen können, was sie sich genommen haben.
Wer ist denn „sie“? Ich verstehe leider nicht was mir dieser Schluss sagt.«

Er sollte ausdrücken, dass Tom Adrian ins Meer folgt, dass er seine Mutter und seinen Stiefvater für den Tod Adrians Mutter, für den von Adrian und nun auch seinen eigenen Freitod verantwortlich macht (was sie sich genommen haben, dadurch dass sie diese Affäre ohne Rücksicht auf die Beteiligten begonnen haben). Ich habe den Teil mitlerweile rausgenommen.

»So, wie du siehst habe ich da einige Fragezeichen überm Kopf. Wahrscheinlich liegts an mir, es gibt ja einiges an Lob, also scheint die Geschichte ja doch zu funktionieren. Vielleicht stört es mich auch einfach, dass ich hier nicht einfach nur lesen darf, sondern auch grübeln und etwas puzzeln muss. Oder vielleicht muss man sich einfach nur treiben lassen, und darf eben nicht alles zerdenken?«

Treiben lassen ist wohl immer ne gute Idee, sollte aber keine Ausrede dafür sein, dass der Text einen nicht an der Hand nimmt ^^

Vielen Dank für deine ganzen schlauen Überlegungen!

Liebe Grüße
Carlo Zwei

 

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