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Das Schwert der Atlanter

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22.08.2001
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Das Schwert der Atlanter

Das Schwert der Atlanter
von JM Ragnarok

Das schrille Klingeln meines Weckers riß mich aus meiner wohlverdienten Nachtruhe und machte mir bewußt, das ein neuer Tag hereingebrochen war. Ich schwang mich aus meinem Bett und ein Blick aus dem Fenster reichte aus um meine Stimmung, auf einer Skala von eins bis zehn auf ... naja etwa eins sinken zu lassen, denn der Anblick der sich mir bot war alles andere als vielversprechend.
"Verdammter Nebel..." murmelte ich, als die Vorhänge zuzog und mich in mein Badezimmer schleppte.
Etwa eine viertel Stunde später saß ich angezogen an Eßtisch und starrte auf die dampfende Tasse Kaffee vor mir und genoß das morgendliche Gefühl der Ruhe. Ich lehnte mich zurück und schloß für einem Moment meine Augen.

Schrill ertönte eine Hupe hinter mir, nachdem ich aus der engen Parklücke vor meiner Wohnung hinausbugsiert hatte und in die grause Suppe des Londoner Nebels steuerte. Die Scheinwerfer meines Ford Transits schienen von dem dichten weißen Gespinst gefressen zu werden und ich konnte kaum den Asphalt der Straße erkennen.
Es war wie ein Vorantasten durch eine andere , unbegreifliche Welt, erfüllt von Gespenstern und Fabelwesen.
"Reiß dich zusammen, Kathrine !" rief ich mir zu, als meine Gedanken mal wieder abschweiften. Das Leben ist genug, auch ohne Gespenster und Ungeheuer.
Hah,, schon seit meiner Kindheit hatte ich meine Phantasien nicht in den Griff bekommen und dadurch viele schlaflose Nächte in meinem Kinderbett verbracht. Monster die aus Schränken krochen, Hände, die mich unter mein Bett ziehen wollten und graue Schattenmänner, die neben mir stehend nur darauf warteten mein Leben an sich zu reißen. Ich weiß, den meisten Menschen ist es in ihrer Kindheit so ergangen; die kindliche Phantasie, die mit dem Erwachsen werde immer mehr anderen Idealen und Wertvorstellungen reicht, doch bei mir war es anders. Ich hatte meine Phantasie mit in meine nun neunundzwanzig Jahre geschleppt und sah noch immer im Dunkeln wie sich meine Schranktüre öffnete um mich in eine andere Welt zu entführen. - Eine vielleicht bessere Welt...

Verdammt ! Im letzten Moment riß ich das Steuer herum. Bei dieser Suppe hätte ich beinahe die Abzweigung verpaßt, die mich in eine kleine Seitengasse der Londoner Innenstadt führte, die ihre besten Zeiten schon längst hinter sich gebracht hatte. Hohe, bedrohlich wirkende Backsteinhäuser zeugten von einer ehemals und längst vergangen Zeit, in der diese Stadt einmal wirklich Reich gewesen war.
Mitten drin stoppte ich den Transit auf dem Bürgersteig und schwang mich mit einer gekonnten Drehung aus dem Wagen in die kühle, feuchte Luft. Schemenhafte konnte ich daß große Schaufenster erkennen, auf dem mit gebogener, alter Schrift zu lesen stand : Smith's Antikwaren.
Mein Brötchengeber schien noch nicht eingetroffen zu sein, denn alles lag noch unter einer tiefen Dunkelheit begraben.
Irgendwo in der Ferne vernahm ich eine langsam verklingende Sirene und ein kalter Wind kam auf, der wenigsten den verdammten Nebel vertreiben würde. Ich fröstelte und kramte meinen Schlüssel aus meinem Mantel.
Ohne einen laut von sich zu geben schwang die Türe nach innen in die Dunkelheit und mein Blick fiel auf die dunklen Schatten, die sich unregelmäßig im Raum verteilten. Alte Schränke, Vitrinen, Standuhren uns Sekretäre standen wie drohende Monster umher, jederzeit bereit zum leben zu erwachen und dem Eindringling in ihr Reich sein Ende zu bescheren. Was mochte hinter diesen Möbeln, im Dunklen, im Verborgenen lauern.
Mit pochendem Herzen suchte ich nach dem Lichtschalter und rechnete damit auf eine kalten, eiskalte Hand eines Toten zu stoßen, der mich unbarmherzig mit in seine Welt reißen würde.
Plötzlich wurde der Raum von dem hellen und kalten Licht der Neonröhren überflutet und die Monster wieder hinter meinen Gedanken vertrieben. Ich atmete erleichtert auf und schloß für einen Moment die Augen. Bei gewissen Gelegenheiten war Phantasie etwas wirklich einmaliges aber nicht hier.
Ich warf meinen Blick auf mehrere Pakete auf dem Verkaufstresen, noch nicht ausgepackte Neuerwerbungen.

"Guten Morgen, Kathrine. Verdammtes Sauwetter, diese Stadt ist wirklich gestraft." Sagte ein älterer Mann mit grauen Haaren und einem Gehstock bewaffnet - Der Ladenbesitzer.
"Guten Morgen Mr. Smith." Sagte ich
Er musterte seinen Laden mit einem anerkennenden Nicken.
"Scheint ja alles noch an seinem Platz zu sein." Sagte er.
In der letzten Zeit hatte es hier in dieser Gegend einige Einbrüche gegeben, doch der Antikladen war dem Randalismus bis jetzt noch entkommen. Wer klaut schon einen Zentner schweren Schrank ?
Mr Smith sah mich eindringlich an und räusperte sich während er seinen gepflegten Bart kraulte.
"Miss Kathrin, ich muß sie heute hier alleine lassen, da mich einige Geschäfte auf dem Land zu sich gerufen haben. Dort werden einige sehr Wertvolle Gegenstände versteigert, die ich mir auf keinen Fall entgehen lassen will. Ich danke mal dies wird kein Problem für Sie."
Er sah mich herausfordernd an.
"Natürlich nicht, Mr. Smith."
"Gut, ich kann mich also auf Sie verlassen."

Eine halbe Stunde später stand ich alleine hinter Theke blickte auf die drei noch nicht geöffneten Pakete, zwei viereckige und ein längliches von etwa einem Meter. Das längliche schien mir am Interessantesten zu sein, also fing ich an die beiden Quadratischen zu öffnen.
Das erste enthielt eine Kunstvoll gefertigte Holzschatulle aus dem achtzehnten Jahrhundert, in der sich schon einige Holzwürmer niedergelassen zu haben schienen. Das zweiter, etwas schwerere beinhaltete einen verschnörkelten, Gußeisernen Kerzenständer der schon an einigen Stellen angefangen hatte zu rosten.
Ich ließ die beiden Gegenstände unter der Theke verschwinden und widmete mich dem dritten Paket.

Mit einem mal hatte ich ein flaues Gefühl in der Magengegend und eine gespannte Erwartung machte von mir Besitz, als ich begann die Verpackung zu entfernen.
"Wow !" entfuhr es mir als ich das längliche, leicht gebogene Schwert aus seinem Gefängnis befreit hatte.
Die Scheide war aus schwarzem Holz gefertigt und mit Kunstvollen Ornamenten und Runen versehen. Am Ende des Griffes befand sich ein fast faustgroßer Rubin, der alleine schon ein Vermögen wert sein mußte und der Griff selber war aus weißem, glatten Elfenbein gefertigt. Ehrfurchtsvoll hielt ich die Waffe in den Händen und wollte gerade die Klinge aus der Scheide ziehen, als ein junges Ehepaar den Laden betrat.
" Guten Morgen, die Dame, der Herr. Was kann ich für sie tun ?"
"Guten Morgen." Sagte die Frau, kam lächelnt auf mich zu und zog ihren Mann an der Hand hinter sich her . Man sah ihr an, daß die Liebe der beiden bereits Früchte angesetzt hatte.
"Wir haben gerade unseren Hausstand zusammengelegt und suchen noch etwas besonderes." Sie betonte das Wort ‚Besonderes' wie etwas, was jedem sofort den Atem verschlagen würde.
"An was haben Sie dabei gedacht ?" fragte ich und bemerkte, daß sich der Blick des Mannes an dem Schwert fest saugte.
"Nun ja, irgend etwas, was nicht jeder zu Hause herumstehen hat. Sie wissen schon, heut zu Tage hat ja jeder das Selbe. So modernes Zeig."
Die Frau kicherte und ich bedauerte den Mann wirklich, daß er mit dieser Person zusammengekommen war.
"Was soll das Schert kosten ?" fragte er mit angenehmer aber zurückhaltender Stimme.
"Tut mir leid, aber es ist noch nicht registriert, außerdem muß ich warten, bis der Besitzer eintrifft und den Gegenstand abschätzt. Vorher kann ich Ihnen leider nichts zu dem Schwert sagen."
Der Mann nickte andächtig.
"Kann ich es mir mal ansehen ?" fragte er.
"Natürlich können Sie." Sagte ich und überreichte es ihm.
Mit großer Ehrfurcht und Zärtlichkeit umfaßte er das Schwert und betrachtete es näher. Ein Lächeln umzuckte seine Mundwinkel.
"Was willst du denn mit einem solchen Schund ?" keiferte die Frau, stellte sich vor einen Spielgel und streichelte die Wölbung ihres Bauches.
Der Mann warf ihr einen bösen Blick zu, den nur ich bemerkte und zog das Schwert langsam aus der Scheide. Im Neonlicht leuchtete der blanke, polierte Stahl in einem unheimlichen blauen Schimmer und die Luft schien von einer Sekunde zur anderen elektrisch aufgeladen zu sein.
Ich glaube die Frau vernahm es als erste, ein unheimlich, sich näherndes Brausen und Heulen, so als wären hunderte von hungrigen Seelen auf ihrem Weg zu uns. Aber alle schienen nur einen Satz zu Schreien:
Wenn das Schwert der Atlanter freigelegt wird, wird eine Seele sterben.
Das Heulen steigerte sich wie ein Orkan in meinen Ohren und schon meinte ich mein Trommelfell würde zerreißen, da sprang der Mann mit einer einzigen Bewegung vor und trennte der den Kopf von den Schultern. Eine Blutfontäne sprudelte gegen den Spielgel und der Kopf purzelte zu Boden. Ironischer weise fiel er so, das die Frau in ihren letzten Sekunden ihren eigenen Körper sehen konnte wie er in sich zusammenfiel und wie ein nasser Sack auf den Boden prallte.
Dann war alles vorbei, das Heulen war verschwunden und der Mann starte mit schreckensweiten Augen auf seine Frau , die in ihrem eigenen Blut wie eine eingelegte Frucht da lag.
Dann, plötzlich schienen ihre Umrisse immer undeutlicher zu werden, bis der Körper vollends verschwunden war.
Der Mann trat zu mir an den Tresen, steckte das Schwert wieder in seine Scheide zurück und überreichte es mir.
"Ein wirklich gutes Stück," sagte er " schade, daß es noch nicht registriert ist. Wenn Sie wollen komme ich Morgen wieder..."
Der Mann verließ den Laden und ließ mich alleine zurück.
Noch immer hielt ich das Schwert in den Händen und schaute auf den Ausgang des Ladens als plötzlich ein Maskierter den Laden betrat und eine Pistole auf mich richtete.
"Geben sie sofort alles Geld her, oder ich schieß Ihnen eine Kugel zwischen die Augen !"
Langsam zog ich das Schwert aus der Scheide ....

ENDE

null

 

Moin!

Schöne Geschichte, hat mir von der Idee her gefallen.

Allerdings kommt meiner Meinung nach der Übergang von Schrecken in Gelassenheit (als der Mann seine Frau köpft) nicht so gut bzw. deutlich rüber.

Stilistisch gesehen gibt es einiges zu bemängeln...

Eine Blutfontäne sprudelte gegen den Spielgel und der Kopf purzelte zu Boden. Ironischer weise fiel er so, das die Frau in ihren letzten Sekunden ihren eigenen Körper sehen konnte wie er in sich zusammenfiel und wie ein nasser Sack auf den Boden prallte.

...aber das soll nicht die wesentliche Kritik an der Geschichte sein.

Irgendwie hatte ich auch gehofft, mehr über das Schwert zu erfahren, weil, ein "Wenn das Schwert der Atlanter freigelegt wird, wird eine Seele sterben", naja, das reicht in meinen Augen nicht, um den Mann plötzlich verrückt spielen zu lassen. Genausogut hätte man da statt der Atlanter auch die Berufsgenossenschaft erwähnen können...

Nun, und das Ende, ich weiß nicht so recht, kann Kathrine Kugeln ausweichen?

Trotzdem, nette Story!

Poncher

 

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