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Der Besuch

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28.05.2002
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Der Besuch

DER BESUCH

Es ist Sonntagnachmittag, man lümmelt eher ziellos auf der Couch herum, und im Hintergrund dreht Heinz- Harald Frentzen seine Runden, in dem vergeblichen Versuch, Michael Schuhmacher endlich irgendwann mal einzuholen.
Dieses und andere essentiell wichtige Themen hat man unter der Woche schon mit den Kollegen und während diverser Meetings geklärt und auch am gestrigen Abend, an den man sich nur noch bruchstückweise erinnern kann ( schließlich warteten schon diverse junge Herausforderer darauf, einem den Rekord im "“Whiskey-Sour-Trinken” streitig zu machen und wurden selbstverständlich allesamt mit einem, Zugegebenerweise immer müder werdenden Lächeln abgefertigt) kam so einiges Wichtige auf den Tisch. Wahrscheinlich.

Wie auch immer! Es ist Sonntag und man läßt den Formel Eins- Zirkus, genau wie das Leben, eher desinteressiert an sich vorüberziehen.

Hin und wieder unterbricht man das Herumlenzen, um, wie es sich für einen Sonntag gehört, eher ziellos in der Wohnung herumzulaufen, alte Bilderalben anzuschauen, in der CD-Sammlung herumzuwühlen ,und aus dem Fenster auf die Welt zu starren, nur um sich wieder zur Couch und in die Waagerechte zu begeben.

Gegen 15:30 Uhr stellen sich dann auch wieder die gewohnten Sonntagsdepressionen ein, die daher rühren, daß man sich Montags wieder einreihen muß in die Schlange all Derjenigen, mit denen man gemeinsam die Zeit bis zur Rente und den Kampf um einen Platz im Altenstift “Zur schattigen Pinie” totschlägt.

Doch glücklicherweise gibt es Mittel gegen alles, und bevor man sich von der schlechten Laune vollends übermannen läßt, und möglicherweise so törichte und verzweifelte Dinge tut, wie MONA LISA oder die Lindenstraße zu schauen, huscht ein erwartungsfrohes Lächeln über das Gesicht, man zieht entschlossen die Jogginghose strammer und macht sich auf den Weg, seinen Freund, den Afghanen zu besuchen; und der ist mal grün, mal schwarz,...

Mit wenigen und geübten Handgriffen hat man sich, ein fröhliches Liedchen summend, ein nettes, kleines aber trotzdem sehr inhaltsschweres Tütchen gebastelt, den Lieblingsfilm eingelegt und sitzt, fröhlich schmauchend vor der Glotze, die gleich viel bunter und aufregender flimmert.
Eigentlich könnten wir diese Geschichte jetzt mit diesem Happy End beenden, doch das Leben wäre nicht das Leben, hätte es nicht die ein oder andere Gemeinheit auf Lager.

Und so kommt es, wie es kommen muß … das Telefon klingelt.

Die Rauch-Moleküle haben schon alle angedockt und das Gehirn in Massen überflutet und eingedenk dessen läßt man sich schon mal zu einem kleinen Scherzlein hinreißen.

Doch statt des erwarteten Gelächters auf die, mit schlecht verstellter Stimme in den Hörer genuschelte Begrüßung: ”Kenianisches Salzamt! N´bele am Apparat!” klingt einem nur ein sehr unfreundliches “Scheiße! Hast Du gekifft?” seiner Herzallerliebsten entgegen.

Nun zeigt sich, ob man(n) ein Mann ist und natürlich streitet man(n) alles ab, bemüht völlig hirnrissige Dinge wie das gute Wetter oder den vermeintlichen Sieg Schuhmachers, um sich für die gehobene Stimmung zu entschuldigen, was aber barsch unterbrochen wird.
“Jaja! Ist schon gut. Hast Du Dich fertiggemacht?”

Hätte man geahnt, das mit diesem Satz eine Tragödie mittleren Ausmaßes beginnt, hätte man wohl seine Sachen gepackt, wäre zum Hamburger Hafen gefahren und hätte fürderhin sein Leben als Matrose eines, unter panamaischer Flagge fahrenden und mit einem blinden und alkoholabhängigen Kapitän ausgestatteten, schrottreifen Frachters verbracht, und es wäre einem mit Sicherheit besser gegangen.
Doch hören wir weiter:

Die Verneinung der Frage, gepaart mit der Gegenfrage nach dem Grund für das erwartete „Fertigmachen“, wird erwartungsgemäß eher schlecht aufgenommen.
Nach den üblichen und altbekannten Verwünschungen und Flüchen, die man alle schon kennt und daher nur in Ausnahmefällen geschockt oder mit einem teils vorwurfsvollen, teils ungläubigen “SCHATZI !!!! reagiert, kommt die Herzallerliebste endlich zum Punkt.
“Wir sind bei meinen Eltern zum Abendessen eingeladen! Also mach Dich fertig. In einer Viertelstunde bin ich da!”
KLICK

Es folgen fünf schicksalsschwere Minuten, in denen man abwechselnd den Herrn aufs Übelste lästert, betet, weint und über Beziehungen im Allgemeinen nachdenkt, bevor man sich schlußendlich unter die Dusche wirft, auf KALT stellt und hofft, das leichte und schwebende Gefühl im Kopf und Beinen werde jenem nüchternen und vage mißmutigem Zustand weichen, in dem man sich befindet, wenn man an die Schwiegereltern in spe denkt.

Oh Marihuana! Schafferin und Löserin unserer Probleme!

Doch alle Ernüchterungsversuche sind natürlich vergebens.
Weitere 10 Minuten später steht man geduscht und rasiert vor dem Kleiderschrank, trinkt den stärksten Kaffee der Welt, grübelt über Bekleidungsproblemen... und kichert immer noch, weil man den Telefonscherz von eben ziemlich gut findet.

Es klingelt; im Adamskostüm läuft man zur Tür und während man die Klinke herunterdrückt, schleicht sich einem ein kleiner, fieser Gedanke ins benebelte Hirn : Was ist, wenn jetzt jemand anderes davorsteht?
Doch das Leben hat für den Moment genug über einen gelacht, und so begegnet einem, statt des insgeheim befürchteten Vermieters nur ein ungläubiger Blick, gepaart mit den Worten: ”Also, Schuhe hättest Du ja wenigstens anziehen können!”

“Über was lachst Du denn jetzt schon wieder?”
Die Stimme der Herzallerliebsten unterbricht jäh die Drogenträume, in denen es vorwiegend, und wie könnte es anders sein, um Keniaten, deren Umgang mit Salz und die Wirkung, die die Musik von Enya auf die Bodenhaftung des Körpers hat, geht und reißt einen in die Realität zurück.
Man öffnet ihr seinen Geist und findet heraus, daß man nicht etwa einen Alptraum hatte, sondern sich tatsächlich, zugedröhnt bis unter die Hutkrempe, auf dem Weg zu einem ekligen Abendessen befindet.
Die ersten Rasierpickel bilden sich, weil man in der Eile vergessen hat After Shave aufzulegen, und obendrein bilden sich durch den Kaffeegenuß, gepaart mit Bluthochdruck, Schweißflecken auf dem letzten Hemd, das wenigstens so tut, als sei es gebügelt worden.

Und dann dieser Durst! Dieser schreckliche Durst, der einem die Lippen austrocknet, die Kehle dörrt und einen nichts sehnlicher wünschen läßt, als einen Liter eiskalten Quenschs mit Himbeergeschmack.

Vorm Jägerzaun der “Schwiegereltern” angekommen (an den Rest der Fahrt kann man sich schon nicht mehr erinnern) tritt der Durst in den Hintergrund, weil etwas anderes die ganze Aufmerksamkeit erfordert.
Der “Playmobilaufbau-Kennerblick” bleibt unwillkürlich an dem Gartenzwergdiorama kleben, das der Hausherr und Pensionär in monatelanger mühsamer Kleinarbeit im Vorgarten errichtet hat ,und natürlich hat man einige kecke und innovative Vorschläge zur Verbesserung dieses, in seiner Gesamtheit eher bieder wirkenden, Arrangements.

Ein verschwörerisch geflüstertes: “Sag was Nettes!”; die Türe öffnet sich und mit traumwandlerischer Sicherheit steuert man auf den ersten Fauxpas des Abends zu, als man dem, mit gestärktem Hemd, Krawatte und Hausjacke angetanem Hausherrn kräftig die Hand schüttelt. (Bereits früher gemachte Bemerkungen der Herzallerliebsten, die Arthrose ihres alten Herrn betreffend, ignoriert man geflissentlich; man will ja einen männlich-dynamischen Eindruck machen ) und ein, mit breitem Grinsen untermaltes, “GEILE GARTENZWERGE!!” kundtut.
Der Hausherr, durch seine langjährigen Erfahrungen als Oberbuchhalter mit allen rhetorischen Wassern gewaschen, reagiert souverän.
“Kommen Sie doch rein!”, preßt er zwischen seinen fest zusammengekniffenen Lippen, die mühsam seine Schmerzensschreie zurückhalten, hervor, wischt sich Tränen, die nur von der Freude herrühren können, einen endlich kennenzulernen, aus dem Augenwinkel und schließt sie Tür.

Die Begrüßung der “Schwiegermutter” läuft problemloser ab. Lediglich ihre Schürze, bei deren psychedelischem Siebzigermuster sich einem kurzzeitig Visionen von Eschers optischen Täuschungen aufdrängen und man mühsam einen Brechreiz unterdrückt, sorgt einen Moment lang für Irritationen, doch es geht vorbei.

Jovial begrüßt man auch den Dackel der Familie, dessen Name “Waldi” auf einen ausgefallenen, ja geradezu subversiven, Humor hinter der biederen Fassade schließen läßt; schließlich wird hier das Kleinbürgertum auf schelmische und augenzwinkernde Weise konterkariert.
Der Hund weiß die Gedanken, die man sich um seinen Namen macht, wohl zu schätzen und bedankt sich auf seine ganz spezielle Art mit heftigem Reiben am Bein der einzigen Bundfaltenhose, die man aus den Achtzigern herübergerettet hat.

“Er mag Sie”, ist des Hausherrn einziger Kommentar und weist einem mit knapper, männlich-herrischer, und befehlsgewohnter Geste, einen Platz auf dem hellbeigen Cordsofa zu.
Bemüht, den Hund unauffällig vom Hosenbein zu entfernen ,und mühsam Gedanken an einen gezielten Vollspann-Schuß unterdrückend, auf den man in der B-Jugend seines heimatlichen Fußballclubs so stolz war (nebenbei bemerkt, könnte man mal wieder mit den Jungs einen kicken gehen... ach, was waren das für Zeiten...der alte Bolzplatz bei der Grundschule, in deren Büschen man Anja H. das erste Mal unter den Rock schauen durfte...wie es der wohl gehen wird?....) sinkt man im durchgesessenen Polster bis zum Oberkörper ein und versucht mit wachsender Verzweiflung, Herr über die Fluten gehäkelter Kissen zu werden, die einen zu erdrücken drohen.
Das dezent klaustrophobische Gefühl wird noch verstärkt durch den Geruch im Haus, eine kühne und die Sinne verwirrende Mischung aus Möbelpolitur, Russisch Leder, Marmorkuchen und Schweinebraten, und man fühlt sich abgleiten in jenen Zustand, der sich einstellt, wenn die erste Euphorie der Droge nachläßt und einem zutiefst deprimierenden Zustand er Einsamkeit und leichten Panik Platz machen, den man gemeinhin auch NÜCHTERNHEIT nennt.
Die gelblich-blasse Tapete, die Plastikkuckucksuhr, die Salzteig-Herzen und der röhrende Hirsch an den Wänden; all Dies malträtiert einem die Sinne, überflutet einen mit Erinnerungen an die Kaffeetafeln bei diversen Verwandten, die alle schon tot zur Welt gekommen sind und tötet allmählich jegliches, durch jahrelanges Studieren diverser IKEA-Kataloge und “ Schöner Wohnen” antrainiertes Ästhetikempfinden.
Zudem weiß man nun um seinen Zustand höchster Unsicherheit und Verletzbarkeit und Schweiß tritt einem auf die Stirn..
Hektisch tastet man in den Taschen der Jacketts, von denen die meisten noch zugenäht sind ( warum sind die eigentlich zugenäht? Dann sind’s ja eigentlich keine Taschen mehr. Ist das etwa Verarsche?) nach einem Taschentuch.
Doch alles, was man findet sind alte Kaugummis, eine Büroklammer, einen, am Innenfutter klebenden, Campino und.... eine kleine Purpfeife, die einem der Schutzengel (der irgendwie aussieht wie Jerry Garcia) in die Tasche geschmuggelt hat.
Man hat gewonnen.
Der Blick klärt sich, man lächelt, streichelt den Hund und anerkennt lautstark den vorzüglichen Geschmack der Schwiegereltern; sich ganz in der Sicherheit wiegend, nicht mehr alleine zu sein.
Fortan läuft alles wie am Schnürchen.
Man macht der Hausfrau Komplimente, bringt fast vergessenes Halbwissen über Gartenpflege an den Mann, gesteht Politikverdrossenheit ein (das in diesen Schichten immer mit einem dankbaren Nicken angenommen wird. Stichwort: Einer von uns) und parliert aufs Vortrefflichste über allerlei Dinge, von denen man weiß, daß sie einen gesprächstechnisch auf die Gewinnerseite bringen werden.
Man lehnt sich geistig zurück, beherrscht das Geschehen, fühlt die anerkennende Berührung der Herzallerliebsten auf dem Oberschenkel und macht sich bereit für den letzen Trumpf, der sie alle von einem überzeugen wird.
Man gibt bekannt, daß man auch schon immer mal im Taunus Urlaub machen wollte, einfach mal wandern, sich was anschauen und die Natur genießen.
Dem Hausherrn schießen spontane Freudentränen in die Augen (Bilder von gemeinsamen Grillabenden und Gartenzwergdekorationen vor Augen), die Hausfrau legt, selig lächelnd, den Kopf schräg und beobachtet “ihre Kinder” so, wie es nur eine Mutter kann; im Kopf das Rauschen weißen Tafts und Bilder einer festlich geschmückten Kirche, bevor sie zu Tisch bittet und sich wort- und gestenreich dafür entschuldigt, daß es “nichts Besonders” gäbe und man bitte nicht auf das Geschirr achten solle; das sei so alt und schäbig,... Naja, eben das, was man im Kurs “Unterwürfigkeit für Anfänger” in der Wirtschaftswundervolkshochschule gelernt hat.

Ahhh!!! Gleich dem süßen Duft des Sieges, den man eben errungen hat, steigt einem der Geruch von Rinderbraten in die Nase.
Und Rinderbraten, das weiß nun wirklich jeder, bedeutet Heimat, Zuhause, Geborgenheit...Mutter).
Oh grausamer Überschwang, in dem man schwelgt. Der einen übermütig und furchtlos werden läßt. Überheblich und träge.
Und so begeht man einen folgenschweren Fehler und mit dem Satz “Ich gehe mir eben mal die Hände waschen!” begibt man sich zur Gästetoilette; die finsteren und unzüchtigen Gedanken verhüllt unter dem Deckmäntelchen der guten Manieren.

Mit Kennerblick sondiert man das “Gelände”. Raumspray? Vorhanden! Fenster? Klein, aber ganz zu öffnen! Blickschutz? Hohe Hecke schützt vor neugierigen Nachbarn!
Checkliste abgehakt und routinierter Griff in die Hosentasche. Feuerzeug? Vorhanden!
Griff zur Pfeife... ein Blick... gefüllt in weiser Voraussicht und nachgerade hellseherischer Veranlagung... Gott; man ist sooo klug. Kurzer mentaler Schulterklopfer und dann.... der erste, tiefe Zug, der einem die Lunge brennen läßt. Süßer, verheißungsvoller Schmerz.

Wenig später.
Der Eßzimmertisch knarrt und biegt sich unter der Last des “kleinen Reste”, die die Hausfrau angeblich “zufällig in Kühlschrank und Gefrierfach gefunden” haben will und man spürt, wie sich der Speichel langsam unter der Zunge sammelt.
Alle sitzen und da man ja der “angehende Schwiegersohn” ist, verzeihen einem die anderen, daß man beim Tischgebet nur undeutlich nuscheln kann, weil man schon den Mund voller widerspenstiger Salatblätter hat, von denen sich die Hälfte noch zwischen den Lippen befindet, während sich die dazugehörige dicke, weiße Soße langsam die Kinnpartie herunter abseilt, um ihr Heil in der Flucht zu suchen.
Während dies der immer noch sehr herzlichen, von munterem Schweigen untermalten, Stimmung nur wenig Abbruch tut, stößt das folgende “Fang- die –Nudel”-Spiel, daß man seit der Pubertät nicht mehr gespielt hat, schon auf merkliches Unbehagen, daß sich in verhaltenem Räuspern und angestrengtem “Woanders Hinsehen” der Umsitzenden äußert.

Nur kurz unterbricht der Gedanke, man hätte vielleicht die Serviette benutzen sollen, anstatt zu versuchen, den Ausreißer mit der Zunge vom Kinn zu lecken, die, vom Automatismus der Handlung und dem satten Gramm, daß man sich eben in den Kopf geraucht hat, hervorgerufenen Leere im Hirn.

Mit sich selbst befaßt und in nahezu sträflicher Verkennung des Umstandes, daß man sich nicht etwa mit fünf mindestens so bekifften Kumpeln in seiner Lieblingskneipe, sondern bei einer “Zuchttauglichkeitsprüfung” befindet, bemerkt man die feinen, schlechter werdenden “Vibrations” nicht, und taumelt weiter, selig grinsend ,und den mittlerweile vierten Knödel verdrückend, dem Abgrund des “Nicht- Akzeptiertwerdens” entgegen.

MERKE: man sollte niemals versuchen, Erbsen und Möhrenkugeln mit der Gabel aufzuspießen, wenn man seine Motorik nicht mehr vollständig unter Kontrolle hat.
Sicher; es macht Spaß und fördert die Hand-Auge-Koordination... aber eben nur dann, wenn man nüchtern ist, oder genug Mitspieler hat, die genauso debil kichern, wie man das gerade selber tut.

Zu spät kommt einem diese Erkenntnis und die Folge ist, das man sich unter gestammelten Entschuldigungsversuchen bemüht, das Gemüse aus allen vier Himmelsrichtungen wieder auf den eigenen Teller zurückzubefördern und es versteht sich fast von selbst, daß man dabei den Rotwein umwirft, der sich über die Damasttischdecke verteilt.

Jeglicher Bonus scheint aufgebraucht und so helfen auch gemurmelte Entschuldigungen, und der Hinweis darauf nicht, daß Muster sehe doch “ganz avantgardistisch” aus habe eine “durchaus belebende Wirkung” auf das Gesamtensemble der Tafel.
Wohlweislich erspart man es sich auf das farblich sehr reizvolle Wechselspiel mit den Soßenflecken hinzuweisen, die von jenem Stück Fleisch herrühren, dessen trockene Sehnigkeit, verbunden mit dem vergeblichen Versuch, es trotzdem durchschneiden zu wollen, ihm eine “Reise zum Mittelpunkt des Tisches” einbrachte und das man irgendwie vergessen hatte.

Nun steuert der frühe Abend auf seinen alles entscheidenden Klimax zu, und die Stunde der ausgefeilten und alles rettenden Lüge ist gekommen!
Hastig springt man auf, greift sich an die Brust, taumelt vom Tisch weg und stößt etwas in der Art von “Mein Blutdruck!” hervor!
Doch diese letzte Rettungsleine zerreißt und die Aktion erzeugt drei wenig wünschenswerte Reaktionen, die man so nicht bekommen hätte, wenn man jetzt mit den anderen Matrosen in der Kombüse zusammensäße und im Hintergrund Freddie Quinn seine traurigen, traurigen Lieder sänge.
Der Hausherr schreit wie ein waidwundes Tier, so als fühle er den Schmerz, den der Dackel ferleiden muß, auf den man versehentlich getreten ist; die Hausfrau bricht in Tränen aus; im Gedenken an Onkel August, der vor einer Woche just dieselben Worte ausstieß, bevor er einem Herzinfarkt erlag; und die Herzallerliebste blickt einen nur mit versteinerter Miene an, mit einem Blick, der selbst Clint Eastwood ein durchnäßtes Beinkleid beschert hätte und man weiß.... Hier wird es keinen Nachtisch geben!

Die Couch umarmt einen wie einen lang vermißten Freund, die Fernbedienung schmiegt sich in die Innenseite der Hand und beide scheinen sagen zu wollen :”Ist doch nicht schlimm. Das kann jedem ` mal passieren. Gut, daß Du wieder da bist!”
Schwer stöhnend läßt man sich zurücksinken und die letzte Stunde noch einmal Revue passieren.
So viel ist passiert; vom, mit hochrotem Kopf und Geifer auf den Lippen, herausgebrüllten Hausverbot und diversen Verwünschungen des Ex-Schwiegervaters in spe, die teils doch sehr persönlicher Natur waren bis hin zum Zusammensuchen ihrer wichtigsten Habseligkeiten durch die Ex-Herzallerliebste, deren Schweigen und verachtender Blick mehr schmerzten als der Dackelbiß an der Wade; alles war dabei; nichts wurde ausgelassen.

Doch nun ist wieder Frieden eingekehrt; innere Ruhe macht sich breit und jener, dem Marihuana-Konsumenten eigene duldsame Fatalismus, der so viel Kraft gibt, ergreift von einem Besitz.
Und so zieht man entschlossen die Jogginghose strammer und macht sich auf den Weg, seinem Freund, den Afghanen zu besuchen; und der ist mal grün, mal schwarz,...
Und während man mit den Lippen über die Klebestelle des Papers leckt, muß man kichern.
Den Telefonscherz muß man sich unbedingt merken!

 

:lol: :lol: :lol:

Guten Abend Boyle,
ich habe mich köstlich amüsiert. Ich kann mich an keinen
Satz erinnern, der mir nicht gefallen hätte.
Die zukünftigen Schwiegereltern, ein heikles Thema...
Mit viel Humor und sicherem Stil hervorragend gemeistert.
Viele Grüße, Hot Soul.

 

Guten Morgen Hot Soul, :sleep:

vielen lieben Dank! *verneigt sich artig*
Gott sei Dank sind nicht alle zukünftigen Schwiegereltern so.
Aber es gibt einige, vor denen es einen wirklich gruselt :aua:
Boyle

 

*gröhl*

Gut!!
Ich muss sagen, ich habe schon lange nicht mehr :dope: , aber du hast mich "gluschtig" gemacht! :D

Übrigens: Der Telefonscherz iss wirklich gut!! :D

grüsse
QT

 

@Quentin:
Ach Du Scheisse! Bin ich jetzt ein Online- Dealer???

 

Hallo Boyle,

ich gammelte so am Samstag vor mich hin und dachte so bei mir: "...hmm, mal sehen, ob es eine neue...HAMMERGESCHICHTE gibt...". Und siehe da, Du hast mir den Tag gerettet.
Supertext und so trocken, dass es beim Lesen/Lachen fast staubt.
Mach weiter so, aber verheize Dich nicht!

Grüsse
apollox :D

 

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