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Der Elternwinkel

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22.11.2005
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Der Elternwinkel

Das Esszimmer wie aus dem Frühjahrskatalog, der aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Ein Tisch drückt sich englisch massiv in alte Dielen; sie verlaufen sonnenerhellt zur gläsernen Schiebetür, die nur Sommerlicht hindurch lässt, nur positive Menschen, nur freundliche Energien, nur gute Stimmungen.
Mit dem blühenden und gedeihenden Garten verschmilzt die Einrichtung, die sich, wie ein Chamäleon der Umgebung, dem Jahreszeitencharakter anzupassen scheint.
Als ob man keine Barriere zwischen draußen und drinnen durchschreiten würde, so gleich riecht es im Garten wie auch im Zimmer nach Lavendel, Vögelgezwitscher hört man auch und nirgens ist man vor Wespenstichen sicher.

Den Besuchern wird gerne das geräumige Wohnzimmer gezeigt, das saubere Bad, die ästhetische Diele, auch ein Blick ins gemütliche Schlafzimmer ist erlaubt.

Ja: Hier fühlt man sich wie Gott in Frankreich.


Manchmal und an schlechten Tagen erwacht im Dachstuhl ein Wesen hinter zugezogenen Vorhängen, kriecht unter seiner muffigen Decke hervor, zischt nur kurz in die Abenddämmerung hinein, und huscht durch den geschmackvoll gestalteten Flur, über die abendlich erblassenden Holzdielen auf einen der gut gepolsterten Stühle an dem englisch massiven Tisch, und klappt den Frühjahrskatalog zu, während sich der Garten allmählich schlafen legt.

Er will es nicht zerstören, diesen Konstrukt penibler Liebe.

Schon ein Wort, ein falsches Atmen könnte alles zum Einstürzen bringen. Und das darf nicht passieren, nicht jetzt. Nicht jetzt, da sie sich gerade wieder schätzen gelernt haben, miteinander leben und kommunizieren, in des Gegenübers Augen ohne Bisse der Vergangenheit schauen können.

Er drückt sie aus sich heraus, die Alltags- und Höflichkeitsfloskeln, das Danke und ja und Amen und er zerschneidet elegant sein zartes Fleisch, die Kartoffeln, den Salat und die Blicke, die auf ihn einprasselnden Worte, die schon im Klang Vorwürfe enthalten.

Innerlich zittert er. Wie gerne würde er den Teller durch die gläserne Schiebetür pfeffern, oder nur das Glas neben den Untersetzer abstellen.

Sein Vater sitzt ihm gegenüber, dieser Malocher, dieser schuftende Eigenheimbesitzer, der sich alles mit eigenen Händen aufgebaut hat, nichts hatte und jetzt auch noch immer viel zu wenig hat, nicht mehr als ein wenig Glück, krampfhaft in vier Wände eingemauert, vor der bösen Außenwelt, regiert vom Teufel, durch Beton behütet, und schaufelt sich sein Essen ins Maul wie noch vor Stunden den Sand in den Betonmischer.
Seine Blicke pendeln mechanisch zwischen Messer und Gabel und seinem Sohn, für den er sich schämt und für den er die Worte wohl überlegt schneidet wie die Kartoffeln.

Mutter ist immer etwas traurig. Zusammen mit ihrem Mann bildet sie einen Winkel, der gut gemeinte Worte zurückschmeißt, einen geballter Hall garantiert.
Er wird auch der Elternwinkel genannt.

Eine zerteilte, aufgespießte und dampfende Kartoffel zirkuliert im Winkel, findet gelegentlich den Weg unter die Nase des Sohnes, welcher nicht in diesen Raum passt, nicht im Katalog zu sehen ist, nicht einmal eine biologische Verbindung zu seinen Eltern zu haben scheint.

Der Sohn zweier Engel gehört dem Teufel, das steht fest. Du kannst wohlhabend geboren werden, oder hungernd, in Asien oder in Afrika, aber nicht als Engel.


Für Eltern

 

Danke Kollege

Das ist mein neues Niveau? Du hast ja zuletzt Das Arschloch von mir gelesen. Mein Niveau schwangt von Tag zu Tag.

Aber schön, dass es dir gefallen hat. Ja, er ist voller Haß und hat doch Liebe in sich.
Wieder etwas kafkaistischer wie schon vor gut einigen Monaten, diese
Geschichte.

Danke und besten Gruß

 
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Hallo Aris Rosentrehter!

Das ist nicht wirklich eine Geschichte.....:lol: Nein, das ist mir eigentlich scheissegal, mir hat dein Text über die schwierige und nie perfekte Beziehung zwischen Eltern und Sohn gefallen. Wenn es dir Recht ist, und du kannst dich wohl kaum dagegen wehren, ;) würde ich gerne Absatz für Absatz durchgehen, da mir manchmal scheint, dass deine Bildhaftigkeit ein wenig mit dir durchgeht!

Das Esszimmer wie aus Ikeakatalog, welcher aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Der Tisch massiv, englisch massiv, drückt auf alte Dielen, welche sonnenerhellt zur gläsernen Schiebetür laufen, diese nur Sommerlicht hindurch lässt, nur positive Menschen, nur freundliche Energien, nur gute Stimmungen.

Das ist ein sehr guter erster Satz, da passt alles, man hat ein Bild aus "Schöner Wohnen" vor Augen! Nur würde ich einen Artikel vor „Ikeakatalog“ setzen: aus dem Ikeakatalog.

Mit dem blühenden und gedeihenden Garten zerfließt die Einrichtung, die sich, wie ein Chamäleon der Umgebung, dem Jahreszeitencharakter anzupassen scheint.
Als ob man keine Barriere zwischen draußen und drinnen durchschreiten würde, so gleich riecht es im Garten wie auch im Zimmer nach Lavendel, die Geräusche von zwitschernden Vögeln scheinen im Innern nur noch gefiltert zu werden, und auch dort ist man vor Wespenstichen nicht sicher.

Hmm, wenn du damit meinst, dass die Einrichtung so gewählt ist, dass man den Übergang zwischen Innen und dem Garten außen nicht merkt, dann weiß ich nicht, ob „zerfließen“ das richtige Wort ist, bin mir nicht sicher. Denn es ist ja dann nicht eigentlich die Einrichtung, die zerfließt, sondern nur der Übergang zwischen Zimmer und Garten wird ununterscheidbar?!? Dann führst du einige Beispiele der Unterschiedslosigkeit zwischen Innen und Außen an, wobei das Zwitschern der Vögel da etwas heraus fällt, HIER, bei den Vögeln, ist also sehr wohl ein Unterschied da?

Den Besuchern wird gerne das geräumige Wohnzimmer gezeigt, das saubere Bad, die ästhetische Diele, auch ein Blick ins gemütliche Schlafzimmer ist erlaubt.

Ja: Hier fühlt man sich wie Gott in Frankreich.


Der ironische Unterton wird hier pointierter und kräftiger, aber sehr gelungen!

Manchmal und an schlechten Tagen erwacht im Dachstuhl ein Wesen hinter zugezogenen Vorhängen, kriecht unter seiner muffigen Decke hervor, zischt nur kurz in die Abenddämmerung hinein, und huscht durch die ästhetische Diele, oft auch Flur genannt, über die abendlich erblassenden Dielen auf einen der gut gepolsterten Stühle an dem englisch massiven Tisch, und klappt den Ikeakatalog zu, während sich der Garten so langsam schlafen legt.

Jetzt tritt der Störenfried dieser Idylle auf, auf dessen Seite offensichtlich auch der Erzähler steht. Das ist eine sehr anschauliche Stelle. Sehe den Jugendlichen, dem diese ganze Ästhetik am Arsch vorbei geht, und sie daher bedeutungslos werden lässt, deutlich vor mir.
Fehler: Stühle, an dem...

Er will es nicht zerstören, dieses Konstrukt penibler Liebe, diese facettenlose Einrichtung.

Schon ein Wort, ein falsches Atmen könnte alles zum Einstürzen bringen. Und das darf nicht passieren, nicht jetzt. Nicht jetzt, da sie sich gerade wieder schätzen gelernt haben, mit einander leben und kommunizieren können, in des Gegenübers Augen ohne Bisse der Vergangenheit schauen können.


„Bisse der Vergangenheit“ - sehr schön!! sehr sprechend!! Jetzt bekommt der Text inhaltliches Gewicht. Viel scheint schon vorher passiert zu sein, aber jetzt ist alles wieder beruhigt, aber nur um den Preis, dass sich der Sohn Gewalt antut:

Er drückt sie aus sich heraus, die Alltags- und Höflichkeitsfloskeln, das Ja und Danke und Amen und er zerschneidet elegant sein zartes Fleisch, die Kartoffeln, den Salat und die Blicke, die Worte, die schon im Klang Vorwürfe enthalten.

Innerlich zittert er. Wie gerne würde er den Teller durch die gläserne Schiebetür pfeffern, oder nur das Glas neben den Untersetzer abstellen.


Wieder sehr schöne Stelle! Dass er sein zartes Fleisch zerschneidet: was für eine geniale Doppeldeutigkeit! Aber danach wird dieses Bild irgendwie falsch: ER zerschneidet die Blicke und Worte, die wohl von den Eltern kommen? Zerschneiden nicht vielmehr DIESE ihn?? Ich stelle mir ja eher vor, dass er nur schweigend da sitzt. Und wenn ER die Worte und Blicke zerschneidet, WIE? Offenbar unterdrückt er ja jede Reaktion!?!

Sein Vater sitzt ihm Gegenüber, dieser Malocher, dieser schuftende Eigenheimbesitzer, der sich alles mit eigenen Händen aufgebaut hat, nichts hatte und jetzt auch noch immer viel zu wenig hat, nichts mehr, als ein wenig Glück, krampfhaft in vier Wände eingemauert, vor der bösen Außenwelt, regiert vom Teufel, durch Beton behütet, und schaufelt sich sein Essen ins Maul wie noch vor Stunden den Sand in den Betonmischer.
Seine Blicke pendeln wie mechanisch zwischen Messer und Gabel und seinem Sohn, für den er sich schämt und für den er die Worte wohlüberlegt schneidet wie die Kartoffeln, letzte Woche ausgemacht, das schon wieder zu lasche Fleisch und den Salat.

Wieder ist da etwas unpräzise! Das Glück ist vom Teufel regiert? Wenn es der gleiche Teufel ist, der am Ende gemeint ist, also der, der den Sohn regiert, dann hieße das, dass er alles tut für seinen Sohn, aber darunter leidet?? Oder meinst du einen anderen Teufel hier? Nämlich dass es der Teufel des perfekten Lebens ist, der Drang des Vaters, seiner Familie das materiell glückliche Leben zu schaffen, welcher sich in der perfekten Einrichtung des Hauses niederschlägt? Schön ist die Charakterisierung des Vaters durch dessen gieriges Essen und den Beton, darin zeigt sich gut seine Ausrichtung nach materiellen Werten. Unter „Worte schneiden“ kann ich mir wiederum nicht wirklich was vorstellen. Du meinst ja wohl, sorgfältig wählt, vielleicht wäre ja „wohlüberlegt AUSschneidet“ nicht schlecht!
Fehler: gegenüber - klein; „nichts mehr, als ein wenig Glück“ - nicht mehr als ein wenig Glück - ohne „s“ und ohne Komma

Mutter ist immer etwas traurig. Zusammen mit ihrem Mann bildet sie einen Winkel in dem Worte die nötige Tiefe und Klangkraft erhalten, ein geballter Hall garantiert ist.
Er wird auch der Elternwinkel genannt.

Auch hier geht das Bild nicht ganz auf! Ein Winkel schluckt eher den Hall, bringt die Töne eher zum Schweigen als zum Klingen! Überleg dir das nochmal! Obwohl mir das mit dem Winkel sonst gut gefällt!! Vielleicht sind sie ja eher ein „toter“ Winkel, in dem alles Tönende abstirbt! Aber ich weiß natürlich, dass du hier auch die vielen Worte meinst, die wie ein „geballter Hall“ dem Sohn entgegenprallen, oder?
falls du diese Geschichte mal laut lesen solltest: „erhalten, ein geballter Hall“ - wird sich, glaub ich, nicht gut anhören!
Fehler: ...Winkel, in dem Worte...

Eine zerteilte, aufgespießte und dampfende Kartoffel zirkuliert wie ein Dirigentenstab im Winkel, findet gelegentlich den Weg unter die Nase des Sohnes, welcher als einziges in diesem Raum nicht zu passen scheint, nicht im Katalog zu sehen ist, keine biologische Verbindung zu seinen Eltern zu sein scheint.

Du führst das Bild mit dem Klangerleben hier mit dem Dirigentenstab weiter. Aber eine weiche, runde Kartoffel, wenn auch aufgespießt soll wie ein Dirigentenstab sein? Nein, die würde schnell runterfliegen....:D
Fehler: als Einziges - groß; und: der Sohn kann NICHT eine biologische Verbindung zu seinen Eltern SEIN, sondern nur HABEN!

Der Sohn zweier Engel gehört dem Teufel, das steht fest. Du kannst wohlhabend geboren werden, oder hungernd, oder in Asien oder in Afrika, aber nicht als Engel.

Die Moral von der Geschichte ist also, dass perfekte Eltern niemals perfekte Kinder haben können, dass Kinder eben immer aus der Art schlagen? Und dass es immer Schmerz (siehe „zerschneiden“) gibt zwischen den Generationen...

Auch wenn ich hier vielleicht etwas pedantisch an deinen Text herangegangen bin, so soll nicht der Eindruck entstehen, dass es mir nicht gefallen hat! Dein Text hat was Allgemeingültiges auf besonders anschauliche Weise gezeigt und er hat einige sehr gelungene Stellen!

Viele Grüße
Andrea

 

Hallo Aris,

aus Zeitgründen nur mal kurz ein kleiner Hinweis: Zu einem IKEA-Katalog-Bild passt kein englisch massiver Tisch. Diese beiden Wohnstile sind absolut gegesätzlich. Entweder nordisches oder englisches Ambiente. Das solltest du ändern.

Mehr zu der Story, wenn ich Zeit finde. Viel Spaß einstweilen, du hast ja jetzt mit der Kritik von AndreaH erst mal gut zu tun.

Grüße von Rick

 

HalloRick und Andrea

Das ist eigentlich sehr schnell abgehakt: Ich danke euch beiden und freue mich auf deine Kritik, Rick.
Stimmt, bei IKEA gibts keine massiven Tische

Und du, Andrea, hast dir ja richtig Mühe gemacht. DAnke dafür und es freut mich, dass es dir gefallen hat.

Ich werde deine Hinweise in Betracht ziehen und daran arbeiten.

Zu den einzelnen STellen:

Sein Vater sitzt ihm Gegenüber, dieser Malocher, dieser schuftende Eigenheimbesitzer, der sich alles mit eigenen Händen aufgebaut hat, nichts hatte und jetzt auch noch immer viel zu wenig hat, nichts mehr, als ein wenig Glück, krampfhaft in vier Wände eingemauert, vor der bösen Außenwelt, regiert vom Teufel, durch Beton behütet, und schaufelt sich sein Essen ins Maul wie noch vor Stunden den Sand in den Betonmischer.

Die Außenwelt wird hier vom Teufel regiert. Nach Meinung des Vaters. Vielleicht habe ich den Bezug falsch, aber ich glaube nicht. Allerdings hab ich da öfter Schwierigkeiten.

Ansonsten werde ich versuchen, alles umzusetzen. Ich hoffe, es gelingt mir. Mit manchen Sachen stimme ich nicht unbedingt überein. Bitte nicht sauer sein. Aber ich bin dir sehr dankbar für diese ausführliche Kritik.

besten Gruß

 

hallo Struppigel

Toll, dass es dir gefällt.

Artikel fehlen nicht, sie wurden absichtlich gespart. Schade, dass du mich mit dieser Geschichte kennen lernst.

Moralisierung macht sich allgemein schlecht in Kurzgeschichten. Sie nimmt den Lesern das Denken ab und wirkt so belehrend, stellt den Erzähler über die Leser.

einen freien Geist kann man nicht moralisieren, sondern nur Denkanstöße geben. Aktion - Reaktion. Der Leser ist ja durchaus eingeladen, seine Meinung
kunnt zu tun, sie wird ihm ja nicht genommen. Der Autor ist hier und hört sich alles an.
Wer sich das Denken abnehmen lässt, ist doch auch selber schuld, oder?

Fehler: Stühle, an dem...
Was ist das denn? Da kommt kein Komma hin. Die Stühle stehen an dem Tisch. Das ist kein Nebensatz.

Tja, das ist das große Problem hier. Du weißt nie, was richtig und falsch ist, welche Ratschläge man annehmen sollte und welche nicht.

Danke und besten Gruß

 

Hi Aris,

irgendwie hatte ich bei dem Text inhaltlich ein Déjà-vu.
Ich bin der Meinung, einen sehr ähnlichen Konflikt von dir schon einmal gelesen zu haben, da allerdings ausführlicher.
Positiv: Ich habe nur einen Fehler gefunden.
Negativ: Es fehlt mir in deiner Sprache an Präzision. Sie bleibt mir unklar und setzt nicht genügend ab. Sie drückt etwas anderes aus, als es deine Intention zu sein scheint.

Der Tisch massiv, englisch massiv, drückt auf alte Dielen, welche sonnenerhellt zur gläsernen Schiebetür laufen, diese nur Sommerlicht hindurch lässt, nur positive Menschen, nur freundliche Energien, nur gute Stimmungen.
"diese" in Bezug auf die Schiebetür darf nur "die" heißen, sonst wird der Satz schräg.
Mit dem blühenden und gedeihenden Garten zerfließt die Einrichtung
Hier wolltest du einen fließenden Übergang beschrieben, meine Assoziation war aber ein schmelzender Garten, der irgendwann vor lauter Zerfließen nicht mehr da ist. Verleicht stattdessen "verschmilzt"?
Sonst müssen Garten und Einruchtung ineinanderfließen, auf keinen Fall aber dürfen sie zerfließen, denn dann löst sich mit dem Garten auch die Einrichtung in Nichts auf.
diese facettenlose Einrichtung.
facettenlos? Du hast doch die Facetten gerade beschrieben. Lauter kleine Teilaspekte wie den englisch massiven Tisch und die gut gepolsterten Stühle.
Nicht jetzt, da sie sich gerade wieder schätzen gelernt haben, mit einander leben und kommunizieren können, in des Gegenübers Augen ohne Bisse der Vergangenheit schauen können.
- miteinander (zusammen)
- das doppelte "können" muss nicht sein, da der Bezug des zweiten Nebensatzes für den ersten ausreicht. Du kannst es ersatzlos streichen.
Er drückt sie aus sich heraus, die Alltags- und Höflichkeitsfloskeln, das Ja und Danke und Amen und er zerschneidet elegant sein zartes Fleisch, die Kartoffeln, den Salat und die Blicke, die auf ihn einprasselnden Worte, die schon im Klang Vorwürfe enthalten.
- Wenn schon Floskeln, dann richtig ins Klischee: Das Danke und Ja und Amen - Dann hast du "Ja und Amen" als zusammenhängende Gebrauchsfloskel gleich mit erfasst.
die Blicke, die auf ihn einprasselnden Worte, die schon im Klang Vorwürfe enthalten.
Einen Absatz zuvor hast du noch das Gegenteil behauptet.
Innerlich zittert er. Wie gerne würde er den Teller durch die gläserne Schiebetür pfeffern, oder nur das Glas neben den Untersetzer abstellen
Also doch nichts mit "gerade wieder schätzen gelernt"? Warum schreibst du es dann erst?
für den er die Worte wohlüberlegt schneidet wie die Kartoffeln, letzte Woche ausgemacht, das schon wieder zu lasche Fleisch und den Salat.
Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei "letze Woche ausgemacht" um die geschnittenen Worte handelt? Kartoffeln, lasches Fleich und Salat lassen sich so schlecht ausmachen und hätten in einer Woche auch Schimmel angesetzt. Aber genau schreibst du, wenn du die Worte nicht als solche kenntlich machst.
- wohl überlegt wird nach Dudenempfehlung auseinander geschrieben.
Zusammen mit ihrem Mann bildet sie einen Winkel, der gut gemeinte Worte zurückschmeißt, ein geballter Hall garantiert ist.
Dieser Satz ist leider erstmal grammatisch unstimmig. Der zweite Nebensatz passt weder zum Hauptsatz noch zum ersten Nebensatz. Das ginge vielleicht, wenn du auf "ist" verzichtest.
Inhaltlich vertehe ich ihn dann immer noch nicht. Von wem kommen die guten Worte, wohin werden sie zurückgeschmissen? Aus dem Winkel den die Mutter selbst bildet zurück auf die Mutter, die sie spricht?
welcher als Einziges in diesem Raum nicht zu passen scheint, nicht im Katalog zu sehen ist, keine biologische Verbindung zu seinen Eltern zu haben scheint.
zum einen wäre es hier weniger verdreht eindringlicher: welcher als Einziger nicht in diesen Raum zu passen scheint, zum andereren bleibt dann aber immer noch das doppelte "scheint".
Und ist dieses Gefühl des nicht passens wirklich auf die biologische Verbindung beschränkt? Wenn es, wie ich denke, aus der mentalen Bindung rührt, wäre das, was du sagen willst: nicht mal eine biologische Verbindung zu seinen Eltern zu haben scheint.
Der Sohn zweier Engel gehört dem Teufel, das steht fest. Du kannst wohlhabend geboren werden, oder hungernd, oder in Asien oder in Afrika, aber nicht als Engel.
Okay, es ist das subjektive Gefühl deines Sohnes. In den meisten Fällen ist es doch eher andersherum. Der Sohn zweier Engel ist erstmal ein Engel, solange er in die Windeln scheißt und nicht widerspricht, solange er keine eigenen Vorstellungen von Leben entwickelt und umsetzt. Erst durch Selbstständigkeit steht für die Eltern seine Entscheidung für den Teufel fest. Dann, wenn er für die Eltern zur Enttäuschung wird.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Struppigel

Entschuldige die späte Antwort. Es ist schade, weil du meinen Stil schon kennen würdest, hättest du andere Geschichten von mir schon gelesen. Aber ist im Grunde Schwachsinn. Entschuldige.
Ich finde es schöner, ohne Artikel. Kommt sicherlich darauf an, aber es erfüllt den Zweck allgemeindeutiger zu werden, gerade im Plural.

Die Blumen wachsen.
Blumen wachsen.

Finde ich schöner. Und man beschreibt nichts Spezielles mehr, nicht mehr genau DIE Blumen, sondern einfach Blumen.

Hallo sim

Ich denke, diese Geschichte erinnert dich an "Von Vater und Sohn", eine Geschichte von mir, die sich um den selben Konflikt dreht.
Diese Geschichten sind alte von mir, mit 17 geschrieben, die ich wieder rausgekramt und getunet (?) habe.

Gut, dass du die Quintessenz im letzten Satz noch verstanden hast, denn die Idee des Elternwinkel bleibt dir verschlossen.

Stell dir einen Tisch vor. Eltern und ein Kind. Vater dem Kind gegenüber, Mutter am Kopf des Tisches. Ein Winkel also, den die Eltern gehören zusammen. Alles, was der Sohn an Argumenten in den Winkel wirft, kommt geballt zurück. 2 gegen einen. Es war immer eine sehr beklemmende Situation für mich, das gemeinsame Abendessen. Dort habe ich nur gelernt mich selbst zu hassen und nur mich für alles verantwortlich zu machen.

Danke für die technischen Anmerkungen, wie du es nennst. Genau bei diesen Sätzen habe ich gegrübelt. Ich hoffe, dass das bald besser wird, wenn ich jetzt Germanistik studiere.

Und Kartoffeln kann man sehr wohl ausmachen! Und so ist es gemeint. Gut: Dieser Nebensatz hat keinen Sinn, keinen Nutzen für die Handlung, deswegen werde ich ihn löschen. Und kartoffeln lagern bei uns im Keller mehr als nur eine Woche ohne schlecht zu werden.

Hab Danke und besten Gruß an beide.

 

Hi Aris,

bei den Kartoffeln die ausgemacht werden sollten, hatte ich gekochte auf dem Teller im Kopf. Die werden sind nach einer Woche schimmlig. Die in Kellerlagerung solange sie nicht feucht werden, natürlich nicht.

Zu deinem Winkel: Gut, dass du es noch einmal erklärt hast. Ich bin über die "gut gemeinten Worte" dabei gestolpert, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass du die eigenen Worte damit meinst. "Gut gemeint" ist mir dafür zu negativ belastet. Gut meinende Worte richtet man für mein Gefühl von oben nach unten, also von den Eltern zum Kind. Ich verbinde damit Trost und Anerkennung, aber eben oft auch von oben herab.
Was du meinst sind eben eher Argumente, Zusagen, Rechtfertigungen, Verteidigungen - Alles, was der Sohn sagt, als Vorwurf aus diesem Winkel zurück. Ich stelle mir das mal als Dialog vor.

Mutter: "Und was willst du gegen die 5 in Mathe tun?"
Sohn: "Ich werde üben. Versprochen."
Vater: "Du bleibst diese Woche zu Hause und rechnest jeden Abend 3 Aufgaben, die ich kontrollieren werden."

Die gut meinenden Worte bei dir wäre die Aussage des Sohnes, die abprallt.
Ich würde es als "gut meinend" empfinden, wenn der Dialog jetzt weiter gehen würde:
Sohn: "Aber der Geburtstag von meiner Freundin ist morgen."
Vater: "Keine Widerrede. Du bleibst zu Haus."
Sohn: "Bitte. Nur morgen."
Mutter: "Aber Vater. Ist das nicht ein bisschen streng. Lass ihn doch wenigstens ..."
Vater: "Dann verbessert er sich nie."

Die Aussage der Mutter wäre das, was ich als "gut gemeint" empfinden würde.

Mir fällt allerdings jetzt auch kein Begriff ein, der deiner Intention eher entsprechen würde.

Lieben Gruß, sim
Mutter: "Aber Vater, ist das nicht ein bisschen streng?"

 

Hallo sim

Die Idee dieses Textes ist es ja, einen Dialog zu projezieren, ohne ihn zu erzählen. Ich glaube, ich habe das noch nicht erwähnt. Ich wollte auch erst in Experimente gehen, worüber ich auch noch mal nachdenken könnte. Der Leser soll einen eigenständigen Dialog entwickeln. Ihm sind nur Szenerie und Charaktere gegeben, wobei nur die Charaktere Eltern statisch sind, der Prot flexibel und projezierbar.
Daher auch, @Stuppigel, das Fehlen der Artikel, da sich der Leser so besser hineinversetzen kann.

Und du hast ja schon einen Dialog im Kopf, sim. Das freut mich.

Ich denke, rechtfertigen ist hier das richtige Wort. Werde ich in meiner Bearbeitung beachten.

DAnke und Gruß

 

Hi Aris,

mir gefällt die Geschichte ziemlich gut. Du entwirfst starke Bilder und ziehst den Leser durch deine ungewöhnlichen Satzbauten auf seltsame Art in den Bann. Zumindest erging es mir so. Und das findeich wirklich erstaunlich, da längere Satzkonstruktionen eher zum Ermüden einladen.
Dennoch empfinde ich diese Kunst manchmal etwas zu sehr strapaziert.

Hier meine Lieblingsstelle. Wortgewaltig, ich kann alles genau vor mir sehen, hören, riechen...
Das Nachfolgende hättest du mMn in einen neuen Satz gewanden können.

Manchmal und an schlechten Tagen erwacht im Dachstuhl ein Wesen hinter zugezogenen Vorhängen, kriecht unter seiner muffigen Decke hervor, zischt nur kurz in die Abenddämmerung hinein, und huscht durch die ästhetische Diele, oft auch Flur genannt, über die abendlich erblassenden Dielen auf einen der gut gepolsterten Stühle, an dem englisch massiven Tisch, und klappt den Frühjahrskatalog zu, während sich der Garten so langsam schlafen legt.

Am Anfang der Geschichte schwächelt es sprachlich leicht:
Das Esszimmer wie aus dem Frühjahrskatalog, welcher aufgeschlagen auf dem Tisch liegt. Der Tisch massiv, englisch massiv, drückt auf alte Dielen, welche sonnenerhellt zur gläsernen Schiebetür laufen, diese nur
kommt ein bisschen zu rasch aufeinander, liest sich hervor

Als ob man keine Barriere zwischen draußen und drinnen durchschreiten würde, so gleich riecht es im Garten wie auch im Zimmer nach Lavendel, die Vögel zwitschern auch im Innern und auch dort ist man vor Wespenstichen nicht sicher
das klingt unangenehm schräg, finde ich. Musste ich zweimal lesen zum begreifen
während sich der Garten so langsam schlafen legt.
das klingt seltsam plump. Ersetzen durch allmählich ??

gerne gelesen
weltenläufer

 

Hallo weltenläufer

Das freut mich aber, dass die Geschichte bei dir gewirkt hat und dir gefält. Sehr schön!

Deine Hinweise werde ich beachten. Vielen Dank dafür.

besten Gruß

 

Ich nochmal.

während sich der Garten allmählich langsam schlafen legt.
beides ist doppeltgemoppelt. Das langsam müsste dann wohl weg. Oder ein und zwischen hauen?

 

Hallo Aris,

endlich komme ich wieder einmal dazu, etwas zu kommentieren.
Die Idee zu deiner Geschichte hat mir gut gefallen, die Schilderung der (vordergründigen) Idylle.
Auch die Einführung des „Wesens“, dieser Wendpunkt (der das Ganze zu einer Geschichte macht) ist gelungen.

Das ist besonders gut getroffen, hier scheint auch etwas Sympathie für den Vater mitzuschwingen, der schließlich auch nur versucht hat, das beste aus seinen Möglichkeiten zu machen:

„der sich alles mit eigenen Händen aufgebaut hat, nichts hatte und jetzt auch noch immer viel zu wenig hat“

Ein ähnlicher Lebenslauf wie der des `Datterich´: Ich hatt nix, ich hab nix und ich wird nix hawwe.

Hier gibt es Schwierigkeiten:


die Vögel zwitschern auch im Innern und auch dort ist man vor Wespenstichen nicht sicher.

- Vogelzwitschern hört man auch (die Vögel sind nicht im Haus)


Ja: Hier fühlt man sich wie Gott in Frankreich.

- Der freistehende Satz (plus Doppelpunkt) wirkt unterbrechend (wie auch die vielen Absätze). Diese barocke Anspielung scheint mir nicht zu dem eher bürgerlichen (biedermeierartigen) Umfeld zu passen.


und huscht durch die ästhetische Diele, oft auch Flur genannt, über die abendlich erblassenden Dielen auf

- Ungünstig, diese Doppelnennung plus Doppeldeutigkeit von `Diele´.

Er will es nicht zerstören, dieses Konstrukt penibler Liebe

- Eigentlich `Es´ (das Wesen), auch im Folgendem; diesen Konstrukt.


der gut gemeinte Worte zurückschmeißt, einen geballter Hall garantiert.

- einen geballten Hall garantiert; zurückschmeißt - warum plötzlich Umgangssprache?

Der Sohn zweier Engel gehört dem Teufel, das steht fest. Du kannst wohlhabend geboren werden, oder hungernd, oder in Asien oder in Afrika, aber nicht als Engel.

- „oder“ vor „Asien“ unnötig.

L G,


Tschüß Woltochinon

 
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Hallo Wolto

Ja, ich habe mich schon gefragt, wo du wohl stecken magst. Aber so ist das halt. Mal hat man die Zeit und die Lust, und manchmal eben nicht.

Schön, dass es dir wiedermal gefällt und dass du die Sympathie zum Vater erkannt hast, der sicherlich ein Stereotyp der Arbeiterklasse ist. Was mir schon immer sympathisch war aber doch im Herzen schmerzt, wenn ich es sehe. Dieser Vater ist übrigens auch echt. Es ist mein Vater.

Bei den Schwirigkeiten setzt ich mich noch mal dran. Danke dafür.

und huscht durch die ästhetische Diele, oft auch Flur genannt, über die abendlich erblassenden Dielen auf

- Ungünstig, diese Doppelnennung plus Doppeldeutigkeit von `Diele´.

Wirklich ungüstig. Was schlägst du vor?

besten Gruß

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Aris,

Zitat:

"Mal hat man die Zeit und die Lust, und manchmal eben nicht."

Ach - Lust hätte ich schon, muss halt arbeiten, hoffentlich gibt´s dieses Jahr noch die Möglichkeit zu einem Urlaub.

Zitat:
und huscht durch die ästhetische Diele, oft auch Flur genannt, über die abendlich erblassenden Dielen auf

- Ungünstig, diese Doppelnennung plus Doppeldeutigkeit von `Diele´.

Wirklich ungüstig. Was schlägst du vor?

- Vielleicht: Huscht durch den ästhetisch gestalteten Flur, über die abendlich erblassenden Holzdielen.

Leider ist mir ein falscher Fehler passiert: Es heißt doch `dieses Konstrukt´, sorry. War unsicher, habe nachgeschaut und mich verlesen.

Den Begriff "Elternwinkel" kannte ich nicht, ist das eine regionale Bezeichnung oder deine Idee? Finde das Wort recht treffend.

L G,

tschüß Woltochinon

 

Hi Wolto

Das finde ich aber super, dass du bei Konstrukt noch mal nachgesehen hast. Das zeugt wirklich von Klasse und Ernsthaftigkeit. Man sollte dir einen Orden verleien.

Auch die Umformulierung meines Satzes gefällt mir und werde ich so übernehmen.

Der Begriff ist von mir.

besten Gruß

 

Hallo Aris,

"kafkaesk" wollte ich erst schreiben, dann dachte ich zu mir selbst: "Nee, das ist plump. Bloß weil du außer Kafka keine Hochliteratur kennst, musst du Aris ja nicht gleich mit ihm vergleichen, vielleicht ist ihm das gar nicht gerecht."

Aber weil Du ja selbst davon angefangen hast: :)
Ich hab die Geschichte sehr genossen, und ich entnehme den Kommentaren, dass sie schon durch Überarbeitung gewonnen hat. Ein wenig konnte ich mich sogar mit beiden - Sohn & Vater - identifizieren. Ich denke, in meinem Haus wird es nie so ordentlich sein, auch wenn ich manchmal davon träume - das hat (wie Du zeigst) ja auch sein Gutes.

Erwartungshaltungen an die Kinder sind ein großes Problem. Das liegt schon in der ganzen Motivation begründet, überhaupt Kinder in die Welt zu setzen. Wie anders sollte man sie begreifen, als als Verlängerung der eigenen Wünsche und Ambitionen; und was wäre grausamer und ihrem Wesen ungerechter, als dies tatsächlich von ihnen zu verlangen? Da sind sie dann und passen nicht so recht in den eigens für sie gezimmerten Rahmen, kein DIN-Kind für uns.

Kleinigkeit:

Das Esszimmer wie aus dem Frühjahrskatalog, welcher aufgeschlagen auf dem Tisch liegt.
Hmm, warum nicht "der aufgeschlagen ..."? Ich gebe zu, ich bin inzwischen ein notorischer Welcher-Vermeider.

Hat mir sehr gefallen!
Naut

 

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