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Der Kiosk Gottes

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10.10.2006
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Der Kiosk Gottes

Gott betreibt einen winzigen Kiosk zwischen Karstadt und dem C&A in Fulda. Er ist vier mal fünf Meter groß. Wenn man gerade drin steht, vielleicht in einer Illustrierten blättert oder einen Heftroman in Händen hält und erkennt, dass es sich bei dem Heftchen um den Mittelteil einer Trilogie handelt und sich umsieht, ob Gott die anderen zwei Romane vorrätig hat, wenn man also auf eine Konzentrationsspitze wartet und ein neuer Kunde den Kiosk betritt, bekommt man auf der Stelle das Gefühl, man sei überzählig, die Zeit abgelaufen. Der Raum wird zu eng, man stößt mit dem Ellenbogen gegen den neu Hinzugekommenen, erhascht einen Blick auf den fülligen Gute-Onkel-Bart Gottes, drängt zum Tresen vor, bezahlt, was man zu zahlen hat, verlangt – niemals fragt man danach! - noch ein Päckchen Kaugummi mit Zimtgeschmack und geht seiner Wege. Auf dem Weg nach draußen wirft man dem Neuen noch einen sauren Blick nach, sieht einen schwitzenden, dicken Teenager mit vier C&A-Taschen in den Patschern, der stracks auf Gottes Kiosk zumarschiert, und denkt, man ist noch gut dabei weggekommen. Dann geht man schnell um die Ecke und wirft drei Groschenromane und eine Illustrierte in den Papiereimer, der am Eingang vorm Karstadt steht, neben einem Steinaschenbecher mit Sand in der Schüssel oben.

Wahrscheinlich bin ich der letzte Mensch, der weiß, dass man ihm eine Frage stellen darf. Es war ein Geburtstag meines Opas, fast zwanzig Jahre her, einer in der langen Parade von Familienfeiern, die man zu absolvieren hat, bevor man in die Pubertät kommt und sie wenigstens hassen kann. Wir aßen von weißen Tellern mit blauen Mustern. Blumen zu Girlanden gezogen, diesem Kram, und es gab Suppe, eine salzige Festtagssuppe mit Rindfleisch, Markklößchen und Nudeln. Und aus irgendeinem Grund, wahrscheinlich um zu rauchen, in den 80ern rauchten ja alle, verließen nach der Vorsuppe die meisten das Wohnzimmer. Bis auf meinen Großvater, einen noch älteren Mann und mich. Mein Großvater hatte irgendeine Lungenkrankenheit, der andere alte Mann rauchte wahrscheinlich einfach nicht und mir war der PEZ-Spender, mit dem ich die ganze Zeit während des Essens in meiner Hosentasche gespielt hatte, auf den Teppich gefallen und im aufbrechenden Trubel nach der Suppe – meine Mutter verabschiedete sich in die Küche, jetzt weiß ich es wieder, sie rauchte ja gar nicht – im aufbrandenden Trubel wurde ich glatt vergessen und belauschte unter dem Tisch, der das gute Porzellan trug, die Unterhaltung zweier alter Männer.
„Hast du ihn schon was gefragt?“ Die Stimme des anderen.
Mein Großvater gab ein mürrisches Röcheln von sich.
„Du hast nicht mehr lange. Das weißt du doch.“
„Und du? Hast du ihn was gefragt?“
Schweigen, wenn ich die alten Männer in meinen Gedanken vor mir sehe – noch älter und viel weiser als sie damals waren – seh ich den anderen in seligster Freude nicken.
„Und was? Ob du in den Himmel kommst? Oder so einen Unfug!“
„Das ist eine Sache zwischen mir und dem Schöpfer“, sagte der andere, viel zufriedener als es ein Mensch sein sollte.
„Wahrscheinlich, ob du deine Frau wiedersiehst“, murrte mein Großvater mit einer fingerdünnen Spur Verachtung in den Bässen.
Vor lauter Neugier köpfte ich den Pez-Spender und zerkaute eine Portion Süßkram mit den Vorderzähnen.
Ein Hustenanfall meines Großvaters, dann wieder die Stimme des anderen: „Du musst ihn bald fragen, du kannst doch nicht ewig warten! Denn lang hast du nicht mehr!“
Und vielleicht war es der Zucker, der mich so mutig werden ließ, aber ich zog mich von unter dem Tisch auf meinen Stuhl hoch, knallte den PEZ-Spender neben den Suppenteller und sagte, mit so fester Stimme, wie es mir möglich war, einen Satz, den ich von Colt Seavers gelernt hatte: „Wovon zum Teufel sprecht ihr da?“

Gott hat feste Öffnungszeiten. Mittags gegen halb eins ist der Laden auf, um halb sieben, am frühen Abend, ist er zu. Er öffnet und er schließt ihn nicht, er ist einfach auf oder zu. Es gibt kein Licht-Anmachen, es kommen auch keine Lieferanten, Gott bewegt sich nicht, er kommt nicht fröhlich summend, den Schlüsselring am Finger kreisend, von irgendwoher und geht, einige Stunden später, leicht müffelnd, wieder von dannen. Gott sitzt erst nicht und sitzt dann doch in seinem Kiosk. Groß, grau, kräftig – ich würde nicht so weit gehen, Gott dick zu nennen.
Und Gott spricht nicht, nicht in meiner Anwesenheit. Über die Jahre hat es viele Gelegenheiten gegeben mich anzusprechen, doch wir kommunizieren nur in eine Richtung. Ich sage: „Ein Päckchen Big Red bitte.“ – Man darf nicht fragen: „Haben Sie noch?“ Oder: „Könnte ich haben?“ Das wäre idiotisch!
Und Gott teilt durch die Registerkasse, die in grünen Ziffern spricht, seine Antwort mit.
Und auch sonst spricht ihn keiner an. Als ich noch kleiner war, und mich unter den Ellenbogen anderer hinwegducken konnte, ging keiner in den Laden und fragte ihn irgendetwas. Fragte: „Haben Sie denn die neue Gala?“ Oder: „Könnte ich ein Schächtelchen Eckstein haben?“ Keine Fragen im Kiosk Gottes.

Wobei die nächstliegende Frage, mein All-Time-Favourite, die Frage, bei der ich am häufigsten davor war, sie zu stellen, eine völlig idiotische ist: „Sind Sie Gott?“ – Gott duzt man nicht. Denn wenn die Antwort auf diese Frage „Ja“ ist, dann war alles umsonst. Und ist sie „Nein“, dann auch. Eine Frage, deren Antwort keinen Unterschied macht, sollte niemals gestellt werden.
Sonst ist die Liste meiner liebsten Frage eine Rückschau auf ein eher durchschnittliches Leben. „Was kommt im Abi dran?“, „Liebt sie mich?“, „Gibt’s ein Leben nach dem Tod?“,
„Bin ich, wer ich sein sollte, oder könnte ich jemand sein, der mir viel unähnlicher ist?“
Nachdem ich Zurück in die Zukunft gesehen hatte, wollte ich ihn lange nach einem Sportergebnis fragen, nach Wall Street dann, nach einem Aktienkurs.
Aber man fragt einfach nicht.
Schachspieler, während eines Wettkampfs, hocken die meiste Zeit untätig auf ihren Hintern und warten auf eine Konzentrationsspitze, auf einen heiligen Moment, in dem sie die Folgen ihres Handelns absehen können, in dem sie klüger und weiser sind, erleuchtet fast, als ihr normales Selbst und mit einem Mal, mit irgendeinem Zaubertrick, ist es dann da. Sie sind erleuchtet. Sie sehen den Zug. Sie machen ihn.
Auf diese Konzentrationsspitze warte ich schon mein ganzes Leben und Schach spielen hat auch nicht viel geholfen.

Ich leide nicht. Es macht mich nicht verrückt – wie meinen Großvater, der noch im Sterbebett an nichts anderes denken konnte als an die Frage, die er nie gestellt hat. Der meine Hand hielt mit seiner, ganz papiern war sie, und röchelnd sagte er etwas zu mir, was wie eine Frage klang, aber zu der ihm der Atem fehlte.
Ich genieße es. Ich stehe mit dem Rücken zu ihm, und weiß, dass er weiß, dass ich da bin. Das genügt mir. Ich denke schon lange nicht mehr über eine Frage nach. Meine Anwesenheit ist mir Antwort genug.
Es ist ja so: Es gibt keine Frage, die man unbedingt stellen muss. Eine Frage, ohne die man nicht leben kann. Also lebt man zufrieden. Man ist fraglos glücklich.
Nein, nein. Das ist gelogen. Und ich weiß, dass er weiß, dass ich lüge! Es macht mich wahnsinnig. Tag für Tag blättre ich fahrig die Zeitungen durch und versuche keine Schwäche zu zeigen im Angesicht Gottes und Tag für Tag komme ich dem Moment näher, an dem ich ihn anschreie: „HABEN SIE BIG RED?“ Obwohl ich genau weiß, dass er ihn hat! Einfach damit eine Reaktion kommt. Damit er mich wahrnimmt, damit er sagt: „Aber das wissen Sie doch! Sie kommen ja schon seit zwanzig Jahren zu mir. Und übrigens: Sie sind ein feiner Mann. Sie machen das Klasse. Ich bin stolz auf Sie.“
Nein! Ich komme dem Tag eben nicht näher. Nichts ändert sich. Nie!

Dann macht ein Hugendubel auf. Gleich neben dem Starbucks, auf der anderen Seite des Universitätsplatzes. Und alles ändert sich.
Er liegt gar nicht auf dem Weg zum Kiosk, wie ich mir einrede, ich muss einen Umweg machen, jeden Tag auf meinem Weg zu Gott, der mich an ihm vorbeiführt. Am Anfang hastete ich schamvoll vorbei, als könnte mich ein Blick über die linke Schulter in Lots Frau verwandeln. Ein Blick in die weiträumigen Auslagen der Bücher, in das glitzernde, geräumige Treiben des gelobten, verbotenen Landes. Und als ich dann, zwei Minuten später als sonst, in Gottes Kiosk kam und meine Heftromane durchblätterte, hatte ich das Gefühl, Gottes Augen brennten einen Fleck in meinen Nacken.
Der Hugendubel ist lebendig, er lebt. Und irgendwann, ich weiß nicht mehr, hatte ich es nicht mehr so eilig zu Gott zu finden. Ich setzte mich, mit schlechtem Gewissen, in das Starbucks, bestellte einen Cappucino mit Choco-Knusper-Keksen und schaute auf den Hugendubel. Dort gingen keine verschwitzten Teenager rein, sondern Frauen mit Schals, mit langen, dünn gezogenen Schals. Großgewachsene Frauen mit schwarzen Pullovern. Rothaarige Zwergenfrauen, die doppelt so viele Schritte machen mussten wie andere, und deshalb immer so aussahen, als seien sie aus einem Trickfilm in die Realität hinübergetippelt. Einmal ging auch ein Kerl hinein, einer mit einem handbreiten, weißen Schal. Den hielt ich für schwul.
Am nächsten Tag bestellte ich mir einen Frozen Cappucino, am Tag danach einen Vanille-Kaffee. Am Sonntag ruhte ich und am Montag ging ich das erste Mal hinein.

Wenn ich als Kind ins Schwimmbad ging, gab es immer nur den Fünf-Meter-Turm. Und jeden Sommer musste man sich neu überwinden zu springen. Manche haben es einen Sommer geschafft und dann nie wieder. Ich hab es jedes Jahr geschafft. Der Trick ist, schnell zu gehen.
Also hetze ich auf die Schiebetür zu und sie öffnet sich tatsächlich vor mir und ich stehe im Hugendubel.
Von links unten summt Ricky Martin und ich merke, wie mir der Schweiß ausbricht und frage mich, was ich hier überhaupt mache. Und dass es jetzt viel wichtiger wäre, Gott zu beschäftigen, sonst langweilt er sich vielleicht und lässt die Plagen los. Heuschrecken, die Blattern, irgendetwas echt Fieses. Ich hatte mal schlimmen Reizhusten. Im Semptember 2001. Vogelgrippe – Blinddarmdurchbruch. Hurrikan Katrina – Sinnkrise. An der Schweinegrippe bin ich unschuldig. Glaube ich.
Vor der Science-Fiction-Ecke steht eine zahnstocherdürre Frau mit schwarzen Haaren und diesen schwarzunterschminkten Augen. Sie hat ein Piercing in der Nase und in der rechten Augenbraue und macht mir furchtbar Angst.
Vor der Wand mit der aktuellen Bestseller-Liste steht eine dralle Frau in Rot mit Röckchen und Schal und blättert in einem riesigen Wälzer, schaut mich plötzlich mit roten Lippen an und schenkt mir ein rotschimmriges Grease-Lächeln, ich verkrieche mich in den finstersten Winkeln des Ladens. Stehe dort neben den Klassikern, gelb eingebundenen Reclamheftchen. Der Schweiß tropft mir literweise von der Stirn. Es geschieht mir recht. Ich gehöre nicht in eine Welt, in der man Frozen Cappucinos süffelt und in der die wichtigste Frage des Tages lautet, ob man es für einen Schal nicht doch eine Spur zu kühl ist. Ich gehöre in die alte Welt, in der man sich fragt, was man fragen soll.
Meine Ellenbogen wissen gar nicht, was sie mit so viel Freiheit anfangen sollen und schlendern wild durch die Gegend, so meine ich. Und ich denke: Es sind immer drei, wo ist denn die dritte. Ein völlig irrationaler Gedanke, aber schon höre ich die Stimme hinter mir: „Kann ich Ihnen helfen?“
Und ich denke, während ich mit schweißnassen Händen irgendein Reclamheftchen durchweiche: Die klingt aber nett.
„Kafka“, sagt sie dann. Und ich bin ganz hin und weg, weil mich ja sonst nie einer anspricht. Und sie sagt: „Wirklich gute Wahl, kennen Sie das mit dem Torwächter.“
Und ich sage: „Nein, ich bin eher der Perry Rhodan-Typ.“ In Gedanken ergänze ich noch: Ich schau mir immer die Titelblätter an, bevor ich sie wegwerfe.
„Dann ist das für Sie ja sozusagen ein Aufstieg.“
Ja, denke ich, komm, bring’s hinter dich und drehe mich um.
Und da steht ein braunhaariger Winzling mit Brille, trägt einen weißen Pullover aus irgendeinem Stoff, den man sofort anfassen möchte, und ich verliebe mich auf der Stelle.

Die nächsten Tage bin ich wie ausgewechselt, zwar gehe ich noch, mehr der Tradition wegen, in Gottes Kiosk, aber verbringe immer größer werdende Abschnitte des Tages in dem Hugendubel. Die Schwarze und die Rote seh ich nie. Wenn ich Karen nach ihnen frage, sind sie Kaffee kochen oder im Lager. Karen und ich reden wirklich viel in dieser Zeit. Ich weiß gar nicht, über was. Es ist so, als würde man eine neue Sprache lernen und es ist gar nicht so wichtig, was man redet, sondern dass man redet. Ich rede viel über mich und sie lehnt an einem Stapel mit Ken Follet-Wälzern, nickt, nippt am Kaffee und versteht mich.
Natürlich denke ich: Es ist ein Trick. Dass sie auf die Welt gebracht wurde, mir zu gefallen. Ich meine, ich bin nicht Clint Eastwood oder so. Nicht gerade ein Frauentyp, aber da ist eine genuine Sympathie in ihren Augen, wenn ich über den PEZ-Spender spreche oder über das Schwimmbad oder Gott.
„Der alte Mann?“, sagt sie und lächelt. „Das soll Gott sein?“
„Was hast du denn gedacht? Dass er mit Blitzen kommt.“
„Oder nur ein Auge hat?“
„Wie auf dem Dollarschein.“
„Und diese Frage?“, fragt sie.
„Ja, eben.“ Ich knete meine Hände, damit ich ihr nicht an den Pullover fasse.
„Das ist wie bei Kafka“, sagt sie. „Das mit dem Torwächter.“
„Ach“, sage ich, leicht gekränkt. „Ich glaube wirklich nicht, dass das jemand nachvollziehen kann. Es ist schon eine ganz schöne Verantwortung“, sage ich.
„Ja“, sagt sie, dehnt es wie zu einem Seufzer, hält sich den Kaffee dann unter die Nase – den Becher mit beiden Händen – und schnüffelt daran. „Heldenhaft“, sagt sie spitznäsig.

Die Besuche im Kiosk Gottes werden zu einer Pflichtveranstaltung, ich gehe rein, nehme, ohne auf das Titelblatt zu achten, einen Heftroman (sicher habe ich schon zweimal denselben genommen, wen juckt’s?), meine Packung Kaugummis – die ich nicht mehr kauen kann, weil ich mir den Geschmack des Cappuccinos nicht verderben möchte – und gehe, ob einer neu hinzukommt oder nicht. Ich habe keine Verpflichtung, Gott niemals alleine zu lassen. Und wenn die Welt untergeht, ich trinke mit Karen einen Frozen Cappucino in ihrer Mittagspause.

„Fass schon an“, sagt sie ein paar Tage später.
„Hm?“, tue ich uninteressiert und stelle mich neben die riesige Harry-Potter-Aufstellfigur.
„Was meinst du, warum ich jeden Tag den Pulli anhabe?“
Nun verstecke ich mich hinter Herrn Potter.
„Komm raus“, sagt sie und umkreist mich. Sie lacht dabei und ich fühle mich, irgendwie, frei. Ja, frei ist das richtige Wort. Wenn so ein Heißluftballon die Erde verlässt. So ähnlich. Sie fängt mich und wirft sich mir an den Hals, meine Hände schließen sich über ihrem Hintern und ich halte sie.
„Du riechst nach Zimt“, sagt sie und vergräbt ihre Nase in meinen Hals, während ich über ihren Kopf hinweg, draußen an der Scheibe, Gott stehen sehe, der sich die Nase plattdrückt.
„Torwächter“, flüstert sie, „du musst ihn einfach fragen.“
Und meine Hände zittern über ihrem Hintern.
„Los“, flüstert sie, „bring es hinter dich. Es ist alles nicht echt, bis du ihn nicht gefragt hast.“
Gott sieht erbärmlich aus, seine Augen sind tief schwarz unterstrichen, Karens Nase fühlt sich kalt an und nass wie die Schnauze eines Hundes und der Trubel im Laden, all die Schals ragenden, jungen, full of life Menschen sind verstummt, wenn sie je eine Stimme hatten. Karen schubst mich zur Tür hin, die öffnet sich geräuschlos, auch Ricky Martin singt schon lange nicht mehr und Gott schaut mich, er ist ein ganzes Stück kleiner als ich, mit seinen Hundeaugen an und er schüttelt den Kopf und hält sich einen Finger an die Lippen, wenn dort Lippen sind unter all dem Bart und ich frage –


Dann ist er verschwunden, der Hugendubel hinter mir ist weg und ich wische mir mit trockener Hand über das Gesicht, krame in meinen Taschen nach dem Zimtkaugummi und stecke mir einen Streifen in den Mund.
Er schmeckt nach Zimt.

 

Hej Quinn,

über einen PEZ-Spender zu lesen hat ich mich riesig gefreut, soviel dazu.

Die Geschichte muss ich vielleicht noch einmal in Ruhe lesen, deswegen nur ganz grob hingeschludert:

Den Anfang finde ich ganz gut.
Dass man Gott keine Frage stellen darf ist mir zu lang und zu breit erklärt, die beiden sympathischen Opas werden schnöde zur Seite gekickt, als ich gerade anfing, sie zu mögen und Karens Pullover kann ich mir ganz schlecht vorstellen, aber er interessiert mich mehr als Karen selbst.

Viele Grüße
Ane

 
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Hallo Quinn,

mir hat die Geschichte gefallen. Ich habe mir folgende gedanken dazu gemacht:

Zu Beginn der Geschichte wird der winzige Kiosk Gottes beschrieben, der nach folgendem Prinzip funktioniert: Der Kiosk ist so eng, dass man, sobald ein neuer Kunde den Kiosk betritt das Gefühl erhält, man sei überzählig. Man fragt nicht nach den richtigen Illustrierten oder Heftromanen. Als Folge wirft man diese Hefte bei Verlassen des Kiosks in den Müll. Man hat aber trotzdem das Gefühl man sei im Vergleich zu anderen (z.B. Teenager mit C+A Taschen) gut „bedient“ worden. Zu erwähnen ist auch, dass der Mülleimer vor einem Aschenbecher steht – ich komme darauf zurück.

Das lyrische Ich in dieser Geschichte nimmt eine Sonderstellung ein. Es ist das einzige, das noch weiß, dass man Gott eine Frage stellen darf. Diese Erfahrung hat es aus den 80iger Jahren, in denen das lyrische ich ein Kind war. In einer Familienrunde verlassen alle den Esstisch, um zu rauchen. Das lyrische Ích belauscht zwei alte Männer, unter anderem den Grossvater, der an einer Lungenkrankheit leidet. Die alten Männer reden darüber, ob sie Gott schon eine Frage gestellt hätten, z.B. ob man in den Himmel kommt.
Der Aschenbecher im ersten Abschnitt sowie die Lungenkrankheit im zweiten Abschnitt lassen einen Zusammenhang vermuten. Der Autor beschäftigt sich kritisch mit dem Rauchen. In den 80igern wars noch allgemein üblich, heute steht das Krebsrisko und damit ein früheres Sterben im Vordergrund.

In der Geschichte wird nun wieder der Fokus auf den Laden gelenkt, dieser ist, wie zu Beginn gezeigt, nicht nur klein, sondern es gibt auch feste (oder auch limitierte) Öffnungszeiten. Und – in diesem Laden wird nicht gefragt, die Kunden werden nicht angesprochen, es werden keine Persönlichen Gespräche, zwischen dem Kioskbesitzer und den Kunden geführt. Das Endergebnis wird mit grünen Ziffern auf der Registrierkasse angezeigt.

Wenn sich der wirkliche Gott so verhält, hieße dass: Dieses ist mein Angebot, du kannst alles nehmen was ich habe, auch wenn’s dir Schadet z.B. Zigaretten, aber frage nicht nach was anderem. Nutze dein Leben (limitierte Öffnungszeit), um dir das richtige zu nehmen.

Dieses Bild bestätigt sich im dann folgenden Abschnitt, man duzt Gott nicht, und man kann ihn nicht nach Sportergebnissen fragen. Gott hat nur sein kleines begrenztes Angebot, man wird gezwungen, selbst zu entscheiden, was aus diesem Angebot das richtige ist.

Da das lyrische Ich diese Regeln durchschaut hat – leidet es nicht. Aber diese Zufriedenheit ist nur vorgetäuscht, in Wirklichkeit möchte es Gott fragen „HABEN SIE BIG RED“ – gibt es noch was anderes im Leben - was ich von dir kriegen kann?

An dem Punkt, an dem ein Hugendubel in der Geschichte geöffnet wird, wird ein Kontrast, zum Angebot Gottes gezeigt. Dieser Kontrast äußert sich in Gegensätzen wie „Heftromane“ zu „Büchern“ oder auch „Reclamheftchen“. Das lyrische ich steht davor sich verführen zu lassen. In der Welt des Hugendubel gibt es Frauen mit Schals. Männer die in diesen Hugendubel gehen hält das lyrische Ich für „schwul“, was zeigt dass es schwer ist sich zum Hugendubel zu bekennen.

Diese Schwierigkeit wird durch das „FÜNF-METER Turm springen“ weiter unterstrichen. Die Überwindung fällt leichter, wenn man schnell geht.
Typisch für Gott ist auch, dass wenn man sich gegen ihn wendet Plagen losgelassen werden können.

Das lyrische Ich berichtet weiter von verschiedenen (leicht anrüchigen?) Frauen mit roten Lippen (vgl BIG RED?). Das Lyrisches bemerkt dazu: „Ich gehöre nicht in eine Welt, in der man Frozen Cappucinos süffelt und in der die wichtigste Frage des Tages lautet, ob man es für einen Schal nicht doch eine Spur zu kühl ist. Ich gehöre die alte Welt, in der man sich fragt, was man fragen soll.“

Da sich das lyrische Ich in der Ecke mit den Klassikern versteckt hat, wird es nach Kafka gefragt. Es bekennt sich nicht zu Kafka, sondern zu Perry Rhodan. In diesem Moment lernt das lyrische Ich einen braunharrigen Winzling kennen, in den es sich sofort verliebt.

Im Hugendubel gibt es also etwas – was das lyrische ich bei Gott nicht gefunden hat.

Das lyrische Ich verliebt sich in Karen (Karen = Winzling?). Mit Karen kann es über Tiefgründigere Sachen reden. Auch über den Vergleich dass der Mann im Kiosk Gott sei.

In der letzten Szene gibt’s dann metaphorischen Sex zwischen Karen und dem lyrischen ich. („....“)

Die Geschichte wird dann damit beendet dass da lyrische ich den Hugel verlässt und wieder ein Zimtkaugummi aus dem Kiosk Gottes kaut. (Wurde oder soll der Kiosk Gottes, wenn auch nur kurz, verlassen werden?)

Insgesamt gibt es also das kleine Angebot Gottes und das Angebot des Hugendubels. Jeder steht vor der Wahl, was er mit seinem Leben anstellt. Am Ende wird mit der Registrierkasse abgerechnet.

Ich persönlich finde, man sollte jeden Tag im Leben genießen – und sollte durchaus auch mal zufrieden sein mit dem was man hat.

 

Hi Quinn,

Gottes Angebot scheint etwas spärlich zu sein, doch den Mangel erkennt dein Erzähler erst, als das Angebot wächst. Etwas inkonsequent ist natürlich, dass Karstadt und C&A keine Alternativen darstellen, sondern nur Hugendubel als Verführung empfunden wird. Das mag an den Groschenromanen liegen.
Insgesamt gefällt mir dein Blick auf die verschrobenen Figuren, insgesamt gefällt mir dein Erzähler, der sich in den 20 Jahren seit er unter dem Tisch saß kaum weiter entwickelt zu haben scheint. Das schafft er erst, als er die Verantwortung ablegen, wenn auch nicht loslassen kann. Gott als verlässlicher Punkt wird zum Hindernis, das zwischen ihm und dem (sinnlichen) Leben steht.
Und der Erzähler bleibt sozusagen in den Normen und Werten seiner Religion gefangen.
Einige Details:

und röchelnd sagte er etwas zu mir, was wie eine Frage klang, aber wozu ihm der Atem fehlte
vielleicht: zu der ihm aber der Atem fehlte?
Ich stehe mit dem Rücken zu ihm, und weiß, dass er weiß, dass ich da bin.
Das liest sich ungelenk
Nein, nein. Das ist gelogen. Und ich weiß, dass er weiß, dass ich lüge!
dito
Dann ist das für sie ja sozusagen ein Aufstieg.
für Sie (Anrede)

Ansonsten hat mir die Geschiche gut gefallen. :)

Lieben Gruß
sim

 

Hallo Quinn,

ich mag diese Geschichte! Wann liest man schon von so realen Begegnungen mit Gott... ;) Die Gedanken und Bilder regen zum Weiterdenken an. Was mir besonders gut gefallen hat, waren die Kühnheit, Gott in einen Kiosk zu setzen und die Frage, um die die Geschichte kreist. Dein Stil ist treffend und kommt gleich auf den Punkt, ohne lakonisch zu wirken.

Noch ein paar Anmerkungen:

Gott betreibt einen winzigen Kiosk zwischen Karstadt und dem C&A in Fulda.
Gott betreibt ALLE winzigen Kioske, die Firma Karstadt, die Firma C&A und die Stadt Fulda. ;)

...wenn man also auf eine Konzentrationsspitze wartet und ein neuer Kunde den Kiosk betritt,...
Man weiß ungefähr, was gemeint ist, aber es klingt umständlich.

Wahrscheinlich bin ich der letzte Mensch, der weiß, dass man ihm eine Frage stellen darf.
Das ist richtig hübsch und hier könnte man viel über das Verhältnis der Leute zu Gott sagen. Wenn die Voraussetzung erfüllt ist, dass es ihn gibt. Wie in der Geschichte. Quasi als Szenario.


...mit so fester Stimme, wie es mir möglich war, einen Satz, den ich von Colt Seavers gelernt hatte: „Wovon zum Teufel sprecht ihr da?“
Diese Anspielungen auf US-Coolness in Deinen Geschichten mag ich weniger. Deine Erzähler scheinen zu glauben, sie seien Amerikaner.

„Sind Sie Gott?“ – Gott duzt man nicht. Denn wenn die Antwort auf diese Frage „Ja“ ist, dann war alles umsonst. Und ist sie „Nein“, dann auch. Eine Frage, deren Antwort keinen Unterschied macht, sollte niemals gestellt werden.
Hmm... Angenommen, er ist Gott, und Gott lügt nicht, wie die Kirche seit zweitausend Jahren behauptet. In diesem Fall wird er nicht mit Nein antworten. Angenommen, es ist ein Hochstapler oder ein Verrückter, der möchte, dass die Leute ihn für Gott halten. Dann wird er auch nicht mit Nein antworten. Nur wenn er ein völlig normaler alter Bartträger ist, der seine Ruhe haben will, wird er mit Nein antworten. Ich finde, der Unterschied zwischen einem Ja und einem Nein ist bei dieser Frage riesig.

Schachspieler, während eines Wettkampfs, hocken die meiste Zeit untätig auf ihren Hintern und warten auf eine Konzentrationsspitze, auf einen heiligen Moment, in dem sie die Folgen ihres Handelns absehen können, in dem sie klüger und weiser sind, erleuchtet fast, als ihr normales Selbst und mit einem Mal, mit irgendeinem magischen Zaubertrick, ist es dann da. Sie sind erleuchtet. Sie sehen den Zug. Sie machen ihn.
Ein Schachspieler würde diese Überlegungen nie so idealisieren. Die Bezeichnung "Erleuchtung" kommt der Wahrheit vielleicht nahe, weil man nicht weiß, was beim Berechnen von Varianten in unserem Geist wirklich passiert - all das Bewusste und Unbewusste, was da abläuft. In den seltensten Fällen macht ein Zug den großen Unterschied. Es ist eher so, als würde man Intrigen spinnen oder in Gedanken eine große Maschine bauen.

Ich genieße es. Ich stehe mit dem Rücken zu ihm, und weiß, dass er weiß, dass ich da bin. Das genügt mir. Ich denke schon lange nicht mehr über eine Frage nach.
Das ist schön! Falls es wirklich Gott ist, ist ohnehin alles so wie es sein soll.

Am nächsten Tag bestellte ich mir einen Frozen Cappucino, am Tag danach einen Vanille-Kaffee. Am Sonntag ruhte ich und am Montag ging ich das erste Mal hinein.
Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte? :)

Karen und ich reden wirklich viel in dieser Zeit. Ich weiß gar nicht, über was. Es ist so als würde man eine neue Sprache lernen und es ist gar nicht so wichtig, was man redet, sondern dass man redet. Ich rede viel über mich und sie lehnt gegen einen Stapel mit Ken Follet-Wälzern, nickt, nippt am Kaffee und versteht mich.
Schön beschrieben.

Die Besuche im Kiosk Gottes werden zu einer Pflichtveranstaltung, ich gehe rein, nehme, ohne auf das Titelblatt zu achten, einen Heftroman (sicher habe ich schon zweimal denselben genommen, wen juckt’s?), meine Packung Kaugummis – die ich nicht mehr kauen kann, weil ich mir den Geschmack des Cappuccinos nicht verderben möchte – und gehe, ob einer neu hinzukommt oder nicht.
Hier mischt sich der Überdruss der Leute an der Religion mit einer Beschreibung alltäglicher vernünftiger Überlegungen. Irgendwie charmant surreal.

„Los“, flüstert sie, „bring es hinter dich. Es ist alles nicht echt, bis du ihn nicht gefragt hast.“
Gott sieht erbärmlich aus, seine Augen sind tief schwarz unterstrichen, Karens Nase fühlt sich kalt an und nass wie die Schnauze eines Hundes und der Trubel im Laden, all die schalstragenden, jungen, full of life Menschen sind verstummt, wenn sie je eine Stimme hatten.
Fucking awesome!

Gern gelesen,

Berg

 

Hallo Berg,

wollte mir noch eine Anmerkung zu Colt Seavers erlauben. Das hat hier (so meine ich), nichts mit US-Coolness zu tun. In den 80igern, es gab nur 3-4 Sender, lief das rauf und runter, und man konnte fast gar nicht anders als das zu sehen! Damit wird die Geschichte autentisch. Colt Seavers ist damit auch sowas wie eine Religion der Kinder der 80iger. Dann noch der Teufel Satz !!
Gut gemacht!

Gruß Hanqw

 

Hallo Quinn,

Gott betreibt einen winzigen Kiosk

hab ich mir ja durch den Titel schon gedacht. Daher würde ich als Einstieg einfach "Zwischen ... und ... lag ein, bis dato unauffälliger aber wohlsortierter Kiosk, dessen Inhaber ..."
so oder anders vielleicht und eben in deiner Manier.

Mein Großvater hatte irgendeine Lungenkrankenheit, der andere alte Mann rauchte wahrscheinlich einfach nicht und mir war der PEZ-Spender, mit dem ich die ganze Zeit während des Essens in meiner Hosentasche gespielt hatte, auf den Teppich gefallen und im aufbrechenden Trubel nach der Suppe – meine Mutter verabschiedete sich in die Küche, jetzt weiß ich es wieder, sie rauchte ja gar nicht – im aufbrandenden Trubel wurde ich glatt vergessen und belauschte unter dem Tisch, der das gute Porzellan trug, die Unterhaltung zweier alter Männer.
dieser Satz hört nach den Strichen nicht da auf, wo er angefangen hat, was aber so sein sollte.

nach Wall Street dann nach einem Aktienkurs.
,

Ich gehöre die alte Welt, in der man sich fragt, was man fragen soll.
in

Stehe dort neben den Klassikern. Gelb eingebundenen Reclamheftchen.
diese unfertigen Sätze passen gar nicht in dein Satzgestrüpp. Und sind auch falsch.

Ja, denke ich, komm, bring’s hinter dich und drehe mich um.
ist auch ungünstig formuliert

Das ist nur, was so über die Augen rutschte.


Ansonsten sind da viele sehr gute Sätze drin und die KG ist vollauf gelungen, da spannend, lustig und multivalent. Die Deutungen werden sich immer auf ein "Angebot Gottes" belaufen, welches moderneren Angeboten gegenüber steht. Ich finde den Anfang der Geschichte etwas zu sehr ausgeweitet und zäh, bis du dann endlich zu guten Formulierungen findest und die Geschichte ja auch im Grunde erst beginnt. Die Verbindung zu Kafka gefällt mir. Allerdings ist es beim Türhüter ja nicht so, dass man eine Frage stellen darf, wenn ich mich da gerade nicht vertue. Daher ist mir das ganze Gequassel um den Opa herum etwas schleierhaft. Hatte auch den Eindruck, dass du da unbedingt dein PEZ reinbekommen wolltest.
Eine Interpretation weltlich vs göttlich halte ich nicht für angebracht, denn dazu bleibt die KG zu humoristisch, was ich aber auch sehr gut finde.

lieben Gruß

 
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Hallo Quinn!

Das ist keine einfache, aber dennoch gelungene Geschichte, die auch funktioniert, ohne dass man ganz dahintersteigt.

Auch diese Geschichte hier scheint mir eine Parabel zu sein, eine Parabel auf die Frage nach dem Sinn im Leben.

Der Ich-Erzähler ist ein lebensuntüchtiger Mensch, keine Szene, in der er etwas tut, außer konsumieren, auch als Kind ist er Konsument, der nur zuhört und nicht selbst handelt, lebt. Man könnte sagen, dass dieser winzige Kiosk sein Sinnzentrum ist, in dem er SEINE wichtige Aufgabe erledigt, die schlicht darin besteht, Gott zu beschäftigen. Er ist immer ganz nah am Ursprung, nichts anderes interessiert ihn, und genau das engt ihn auch ein.
Da steckt natürlich auch ein Stück Größenwahn drinnen, er ist verantwortlich für Gott, und wenn er seine Aufgabe nicht erledigt, geht es der ganzen Welt schlecht. Ob es nun wirklich so ist oder nur ein Hirngespinst eines einsamen Menschen mit einer fixen Idee, ist eigentlich egal.

Das heißt, der Ich-Erzähler ist immer ganz knapp an seinem Sinnzentrum dran, eins, das ihn verdammt einengt, und er sieht es als Nabel der Welt, und der Typ, der es bewirtschaftet, Gott, könnte ihm vielleicht sagen, worin sein Sinn oder Sinn überhaupt besteht, aber er scheut davor zurück. Vielleicht weil er schon vorher weiß, dass er genau damit die Sinnhaftigkeit zerstören würde, wenn er danach fragt, was am Ende ja auch passiert. Die Lebensentwürfe, die er vielleicht in den Heftromanen finden könnte, interessieren ihn nicht, er wirft sie weg. Er ist immer ganz knapp dran am Mittelpunkt der Welt sozusagen, und in diesem Mittelpunkt ist es ruhig, es passiert nichts, und ein Leben außerhalb hat der Held offensichtlich nicht, es wird zumindest keins gezeigt. Er befindet sich im Zentrum und da ist es verdammt eng.
Und jaa, eigentlich setzt er sich nahezu mit Gott gleich, hier wird es deutlich, dass er selbst der Erschaffer der/seiner Welt ist.

Am nächsten Tag bestellte ich mir einen Frozen Cappucino, am Tag danach einen Vanille-Kaffee. Am Sonntag ruhte ich und am Montag ging ich das erste Mal hinein.

er ist ja Gottes eigentlicher Beschäftiger und der Letzte, der weiß, dass das Gott ist, der die EINE Frage beantworten kann. Erfühlt sich verantwortlich für Katastrophen.

Der Schritt hinaus oder hinauf (vom Heftroman zum Reclamheft) in ein sinnvolleres Leben ist mit großer Angst verbunden, aber die „Weiträumigkeit“ und Fülle des Angebotes im Hugendubel ist zu verlockend. Da wird mehr versprochen als in den Heftromanen. Die Person, die ihn da hineinführt, ist natürlich eine Frau, da gibt es auch „reale“ Szenen dann.

Und dann schlägt die Geschichte irgendwie um, wird zur Sündenfallgschichte, den die Frau verlockt ihn dazu, doch zu fragen, obwohl Gott ihm bedeutet, dass er es nicht tun soll. Und er fragt, und alles Leben ist wieder weg, kein Frozen Capuccino mehr, sondern wieder nur mehr Kaugummi mit Zimtgeschmack, also wieder nur Ersatzleben.

Oder es ist alles auch ganz anders! ;)

Jedenfalls hat mich die Geschichte sehr gut unterhalten, der stellenweise sehr geschwätzige Ton passt gut, und auch wenn es blöd klingt, aber es regt doch sehr zum Denken an. Und das zusammenzuführen - das Unterhaltende und das Denken – das ist nicht einfach, und du hast das hier geschafft und gut gemacht! :)


Es ist vier mal fünf Meter groß
Er - DER Kiosk
dass es sich bei dem Heftchen um den Mittelteil einer Trilogie handelt
muhahahaha
rauchten ja alle, verließen nach der Vorsuppe fast alle
ersetze das zweite "alle" mit "die meisten"
aber ich zog mich von unter dem Tisch auf meinen Stuhl hoch
die Unbeholfenheit des Jungen wolltest du durch die Unbeholfenheit des Stils unterstreichen? ;) - Vorschlag: zog mich unter dem Tisch hervor auf meinen Stuhl
halb Eins ist der Laden auf
klein: eins
Es gibt kein Licht anmachen
Licht-Anmachen
Sonst ist die Liste meiner liebsten Frage eine Rückschau durch ein eher durchschnittliches Leben
Fragen … Rückschau auf ein …
„Bin ich wer ich sein sollte oder könnte ich jemand sein
Kommas: Bin ich, wer ich sein sollte, oder …
nach Wall Street dann nach einem Aktienkurs
Komma: Wall Street, dann …
HABEN SIE BIG RED?“ Obwohl ich genau weiß, dass er ihn hat
Was ist Big Red eigentlich? Ich dachte ja an Zigaretten, aber die Kombination von Zeitungskiosk und Tabakwaren gibt es ja nur in Österreich, oder? Aber wenn, dann: dass er sie hat
hatte ich das Gefühl Gottes Augen brennten einen Fleck in meinen Nacken
Komma: Gefühl, Gottes Augen …
einer mit einem handbreiten, weißem
weißen
ob man es für einen Schal nicht doch eine Spur zu kühl ist
streichen: man
Ich gehöre die alte Welt, in der man sich fragt, was man fragen soll.
„in die alte Welt“ oder „der alten Welt“
Dann ist das für sie ja sozusagen ein Aufstieg.
Groß: Sie
Es ist so als würde man eine neue Sprache lernen
Komma: so, als …
sie lehnt gegen einen Stapel mit Ken Follet-Wälzern
an einem Stapel
all die schalstragenden
Schal tragenden
Und wenn die Welt untergeht, trinke ich mit Karen einen Frozen Cappucino in ihrer Mittagspause
Um die Bedeutung durch Betonung zu unterstreichen, würde ich: ich trinke mit Karen … besser finden


Gruß
Andrea

 

Sehr schöne Idee - das Erhabene und das Banale hübsch miteinander verklammert. Solche Geschichten liest man gern. Danke für die überraschende Geschichte! Besten Gruß, TA

 

Hallo Quinn!
Schöne Geschichte, die auch bei Philosophie stehen könnte! In meiner Kindheit gab es mal einen Briefträger mit Bart und Bauch, den ich zeitweise für den lieben Gott gehalten habe. Er war wortkarg, aber lächelte uns Kinder immer an, und wir haben ihn zum Bildnis erkoren. So ähnlich sehe ich Deinen Prot auch. Die ersten Absätze finde ich ein bisschen zu verschachtelt, ein paar eingeschobene Sätze weniger wären vielleicht besser.
Als der Opa ins Spiel kommt, würde ich vom 'man' ins 'ich' wechseln, denn die beschriebenen Rituale offenbaren einiges über den Horizont der Familie. Gelungen finde ich dann den Bruch, der mit Hugendubel beginnt, die Versuche, sich zu befreien und doch immer immer irgendwie steckenzubleiben. In der zweiten Hälfte gewinnt die Geschichte so richtig an Fahrt und liest sich flüssiger. Karen, dieser kleine Teufel, bringt den Moralgepeinigten ganz schön ins Schwitzen und doch....siegt Gott nun oder nicht? Sehr gerne gelesen, beschäftigt auch noch nach ein paar Tagen, wegen lebendig werdender Erinnerung.
LG,
Jutta

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Quinn,

ich bin ebenfalls angetan - selbstverständlich hier auch mit einem Hauch Nostalgie gesehen liebe ich solche leicht skurrilen Interpretationen der Realität, vor allem, wenn sie so wunderbare Beobachtungen beeinhalten!

Vor lauter Neugier köpfte ich den Pez-Spender und zerkaute eine Portion Süßkram mit den Vorderzähnen.
Überspungshandlungen sind eine so spannende Sache, und werden einfach auch im Alltag zu oft übersehen. Hier verkürzt es sehr elegant eine Szene, die man auch völlig unnötig bis zum Gehtnichtmehr hätte auswalzen können.

Die drei Farben Weiß - Rot - Schwarz und

Und ich denke: Es sind immer drei, wo ist denn die dritte. Ein völlig irrationaler Gedanke,
brachten mich dann zu ebensolchem: Gut, Karen ist nicht blond, aber kann das Zufall sein? Ich mußte hier an die drei Nornen denken, auch wegen der Schicksalsthematik, der Selbstbestimmung vs. Vorbestimmung, was mich zu ganz irrwitzigen, und von Dir vermutlich nicht intendierten Interpretationsvarianten verführte ... Der Schicksalsfaden wird gewebt, aber alles ist offen, nur der Tod ist sicher - er begegnet Karen, der Frau in Weiß,
„Los“, flüstert sie, „bring es hinter dich. Es ist alles nicht echt, bis du ihn nicht gefragt hast.“
- und schon erfüllt sich ihr Spruch. Jaja, ich sag doch "irrwitzig". :-) Aber das Rätseln, Hin- und Herdrehen macht einfach Spaß bei Deinem Text, und ich liebe auch solche Freiheiten beim Lesen.

Sonnige Grüße,
Katla

 

Hallo Quinn!

Ich könnte und vielleicht und nein und eigentlich und ... ach was.

Hat mir sehr gefallen! Wunderschöne Geschichte, die je weiter man kommt um so mehr fesselt. Das Ende ist toll.

Ich mag nicht sagen, dass ich sie komplett verstanden habe. Es ist alles nicht wirklich, bis er nicht fragt. Und er fragt, und alles ist verschwunden. Erinnert mich an einen Traum und an Dinge, die verschwinden, wenn man sie konkretisieren möchte.

Seifenblasen kann man ja auch nicht anfassen. Denn dann platzen sie.

Ach hätte er doch nicht gefragt.

yours

 

Hallo zusammen und danke für die wohlmeinenden Kommentare zum Text. :)

Im einzelnen:

Ane: Das mit dem Pez-Spender ist ja nun ein Detail, die Sache mit dem weitschweifigen Erklären - ja, aber ich glaube auch, dass da ein bisschen die vertrackte Situation dagestellt wird, in der der Protagonist herumtappt. Karen kommt vielleicht wirklich deutlich zu kurz, das ist bei Kurzgeschichten so etwas, wenn man da nur "Liebe" behauptet, allerdings wär's auch sehr ungewichtig wieder, wenn aman nun 3 oder 4 Absätze darauf verwenden würde, die Besonderheit Karens zu preisen, da müsste es wenn dann schon in 1 oder 2 Absätzen gelingen und das halte ich für sehr schwer. So muss man halt damit leben, dass der etwas ... seltsame Erzähler sie so toll findet.

Hanqw: Du hast einige interessante Gedanken zu dem Text entwickelt, deine Interpretation ist da so gut wie meine. Dass er den einzigen Mann, den er da in den Laden gehen sieht, sofort für schwul hält, ist für mich auch etwas sehr männliches. Er sieht ja nur sonst nur Frauen in den Laden gehen, während der Kiosk hauptsächlich von Männern besucht werden; und es ist eine ganz andere Welt, mit einer weitläufigen Freiheit, einer Unvorhersehbarkeit der Ereignisse, die ihn bedroht. Im Kiosk gibt es ja nichts, was irgendwie fluktuiert. Es ist ein zum Ritual erstarrtes Leben, er kann sich in dem Kiosk ja nichtmal umdrehen, während die Welt außerhalb dieses Kiosk mit dem Starbucks und dem Hugendubel ein Leben der Entscheidungen ist. Er hat die Wahl, welchen Kaffee er trinkt. Er hat die Wahl zwischen drei Frauen, zwischen unzähligen Büchern und er hat Schiss davor.
Wenn er da mit einigem Stolz verkündet, also er sei ja jedes Jahr von dem Fünf Meter Brett gesprungen und das also als einen der Höhepunkt seines Lebens sieht, muss man scih schon fragen was das eigentlich für einer ist. :) Er hat ja auch richtiggehend Panik davor, dass Karen nach irgendwie ein paar Wochen dann mal will, dass er sie auch anfasst.


Sim: Jau, klar. Das Karstadt (C&A gibt es keine Bücher) wäre sicher eine Alternative gewesen, aber das Hugendubel grade mit den Frauen übt da den Reiz aus, man kann ja auch davon ausgehen, dass Karstadt und C&A da schon immer waren, seit er das Kiosk kennt, der Hugendubel ist dann das Neue. Und viel weiterentwickelt hat sich der Erzähler bestimmt nicht, eher ist er noch einen Schritt zurück gegangen; unter dem Tisch konnte er ja noch fragen, in dem Kiosk ist das nicht mehr möglich.
Danke für die Feinarbeit, ich guck dann gleich nach dem Antworten rüber.

Berg:

ich mag diese Geschichte!
Das liest man immer gern!

Diese Anspielungen auf US-Coolness in Deinen Geschichten mag ich weniger. Deine Erzähler scheinen zu glauben, sie seien Amerikaner.
Ich verstehe das, es ist tatsächlich ein Problem, mit dem ich mich auch schon häufiger beschäftigt habe.
Es gibt keine deutsche Popkultur, die halbwegs erwähnenswert wäre; es gab in den letzten Jahren irgendwie vielleicht 2 Filme, die man zitieren könnte (Das Experiment und Anatomie 2, dazu noch mit hohen Augenbrauen Den Untergang und Das Leben der anderen), bei Fernsehserien hört's wirklich total auf, Stromberg vielleicht, dann also puh diese eine Teenie-Serie da mit Wolke Degenhart, also das geht eigentlich gar nicht, popkulturell relevante Literatur ... urks, also wer ist da der beste deutschsprachige Unterhaltungs-Autor? Eschbach? Jesus-Video? Schätzing Schwarm ... also gna. Dann bleibt noch Musik irgendwie Die Ärzte, Fanta 4 und das was uns aus Berlin so als Hauptstadt-Musik verkauft wird ... also bei aller Liebe ... das gibt echt nicht viel her. Das einzige popkulturelle Themenfeld, wo wir Deutschen was taugen, ist Sport. So. Tjo.
Es bleibt also die Wahl entweder konsequent auf jeden popkulturellen Hinweis zu verzichten oder amerikanische zu nehmen. Und Geschichten, die in der realen Welt spielen sollen und die ohne popkulturelle Referenzen auskommen, wirken oft furchtbar steril auf mich und beschreiben eine markenfreie, auch ein Stück roboterhafte und gesichtslose welt, die ich immer nie glauben kann.
Ja, was hätte man da nehmen können, in den 80ern war die deutsche Popkultur wohl noch etwas stärker als heute, da müsste man irgendwie Den Fahnder nehmen oder so, also ich weiß nicht, das ist wirklich ein Dilemma.
Mir fällt das bei anderen auch auf und ich mag es nicht so tolle, aber ich muss mir da mal was genaures einfallen lassen.

Hmm... Angenommen, er ist Gott, und Gott lügt nicht, wie die Kirche seit zweitausend Jahren behauptet. In diesem Fall wird er nicht mit Nein antworten. Angenommen, es ist ein Hochstapler oder ein Verrückter, der möchte, dass die Leute ihn für Gott halten. Dann wird er auch nicht mit Nein antworten. Nur wenn er ein völlig normaler alter Bartträger ist, der seine Ruhe haben will, wird er mit Nein antworten. Ich finde, der Unterschied zwischen einem Ja und einem Nein ist bei dieser Frage riesig.
Ja, aber die Frage wär doch weg. Wenn er sagen würde: Ja, ich bin Gott. Dann wär die Frage ja weg. Also es hat in sofern da keinen großen Unterschied. Aber stimmt, astrein logisch ist es nicht. Das ist auch nicht so mein Themenfeld.


Ein Schachspieler würde diese Überlegungen nie so idealisieren. Die Bezeichnung "Erleuchtung" kommt der Wahrheit vielleicht nahe, weil man nicht weiß, was beim Berechnen von Varianten in unserem Geist wirklich passiert - all das Bewusste und Unbewusste, was da abläuft. In den seltensten Fällen macht ein Zug den großen Unterschied. Es ist eher so, als würde man Intrigen spinnen oder in Gedanken eine große Maschine bauen.
Ich hab mich damit auch mal beschäftigt. Und Turnierschach ist ja in weiten Feldern ein Auswendiglernen von Strukturen und Varianten, hier in der Metapher ging's um eine Neuerung, die wohl dann tatsächlich zu solchen Geistesblitzen führen kann. Du hast aber Recht für Schachspieler selbst sind solche Vergleiche immer angreifbar.

Anspielung auf die biblische Schöpfungsgeschichte?
Ja, aber so richtig zufrieden bin ich damit nicht, weil er sich dessen nicht so bewußt sein dürfte. Da verrat ich ein Stück weit den Erzähler, denn natürlich schafft er sich eine eigene Welt, aber er ist sich dessen sicher nicht so bewusst, man könnte es als sich selbst entlarvenden Witz vielleicht durchgehen lassen. So richtig mag ich die Stelle nicht.

Schön beschrieben.
Wahrscheinlich würde mir jetzt ein verliebter Sprachlernender hier widersprechen. So ist das mit den Metaphern.

Aris: Ja, der Eingangssatz und der Titel harmonieren nicht so richtig, das stimmt wohl. Wobei es halt ein Satz ist, ich find das jetzt nicht so tragisch.

dieser Satz hört nach den Strichen nicht da auf, wo er angefangen hat, was aber so sein sollte.
Jau, das mach ich häufig, ist hoffentlich irgendein Stilmittel. Ich wiederhol dann den Teil vorm Einschub nochmal. Denke, das geht ganz gut, wenn es auch nicht einwandfrei ist.

Allerdings ist es beim Türhüter ja nicht so, dass man eine Frage stellen darf, wenn ich mich da gerade nicht vertue.
Ja, das ist schwierig und Karen bringt das ja 3mal vor, der Erzähler ist sogar ein bisschen angepisst, dass sein einzigartiges Schicksal irgendwer verstehen könnte, es hängt dann mit der Figur Karens zusammen, die schon als Versucherin auftritt, denn der Mann aus der Torhüter-Parabel hat sein Leben ja auch verwirkt, weil er sich zu nichts aufraffen konnte und aus Angst vor irgendeiner Aktion einfach gar nichts getan hat, bis es schließlich vorbei war.

Schön, dass es dir gefallen hat.

Andrea (Frau H. möchte sicher nicht fett geschrieben werden):

Auch diese Geschichte hier scheint mir eine Parabel zu sein, eine Parabel auf die Frage nach dem Sinn im Leben.
Nein, es ist natürlich eine Geschichte über Zimtkaugummi, also klar, ja. Parabel. Schuldig euer Ehren. :)

Der Ich-Erzähler ist ein lebensuntüchtiger Mensch, keine Szene, in der er etwas tut, außer konsumieren, auch als Kind ist er Konsument, der nur zuhört und nicht selbst handelt, lebt.
Im Vorfeld hatte ich eine Szene drin, in der er Bungee springt, fiel dann dem Rotstift zum Opfer.
Er ist handlungsunfähig. Ja.

Da steckt natürlich auch ein Stück Größenwahn drinnen, er ist verantwortlich für Gott, und wenn er seine Aufgabe nicht erledigt, geht es der ganzen Welt schlecht. Ob es nun wirklich so ist oder nur ein Hirngespinst eines einsamen Menschen mit einer fixen Idee, ist eigentlich egal.
Ja, es ist eine Aufgabe, eine unerfüllbare Aufgabe: Die perfekte Frage finden. Sie ist ja deshalb so unerfüllbar, weil es gar keine Parameter für die Frage gibt, auch sein Großvater ist daran zerbrochen, während der andere alte Mann sie wohl - ja - irgendwie banal gelöst hat.
. Die Lebensentwürfe, die er vielleicht in den Heftromanen finden könnte, interessieren ihn nicht, er wirft sie weg.
Also ob jetzt in Perry-Rhodan-Heftchen praktikable Lebensnetwürfe sind ... pff, also naja.

Der Schritt hinaus oder hinauf (vom Heftroman zum Reclamheft) in ein sinnvolleres Leben ist mit großer Angst verbunden, aber die „Weiträumigkeit“ und Fülle des Angebotes im Hugendubel ist zu verlockend. Da wird mehr versprochen als in den Heftromanen.
Er liest ja beides nicht. Er wirft die Heftromane weg und das Reclamheft schwitzt er durch. Und wenn ihm Karen mit Kafka kommt, ist er angepisst, dass sie die Einzigartigkeit seines Schicksals in Frage stellt. Also der Erzähler ist ein ziemlicher Depp.
Die Person, die ihn da hineinführt, ist natürlich eine Frau, da gibt es auch „reale“ Szenen dann.

Und dann schlägt die Geschichte irgendwie um, wird zur Sündenfallgschichte, den die Frau verlockt ihn dazu, doch zu fragen, obwohl Gott ihm bedeutet, dass er es nicht tun soll. Und er fragt, und alles Leben ist wieder weg, kein Frozen Capuccino mehr, sondern wieder nur mehr Kaugummi mit Zimtgeschmack, also wieder nur Ersatzleben.
Nichmal mehr das. Nur noch der Nachgeschmack von Ersatzleben, wenn man so will.

Jedenfalls hat mich die Geschichte sehr gut unterhalten, der stellenweise sehr geschwätzige Ton passt gut, und auch wenn es blöd klingt, aber es regt doch sehr zum Denken an. Und das zusammenzuführen - das Unterhaltende und das Denken – das ist nicht einfach, und du hast das hier geschafft und gut gemacht!
Das freut mich.

dass es sich bei dem Heftchen um den Mittelteil einer Trilogie handelt
muhahahaha
Ich versteh nicht, was du hieran so komisch findest. Echt nicht.

HABEN SIE BIG RED?“ Obwohl ich genau weiß, dass er ihn hat
Was ist Big Red eigentlich? Ich dachte ja an Zigaretten, aber die Kombination von Zeitungskiosk und Tabakwaren gibt es ja nur in Österreich, oder? Aber wenn, dann: dass er sie hat
Big Red ist der Name des Zimtkaugummis.

So, ich mach mal hier Pause, den Rest mach ich später.

In eigener Sache:
Ich weiß, es ärgert manche, dass ich mir der ersten Antwort auf die Kommentare oft soviel Zeit lasse, aber ich halte es mittlerweile für wichtig, möglichst viele Kommentare abzuwarten, bevor ich mich dann selbst in eine etwaige Diskussion einmische, ich bitte darum, das nicht irgendwie als Faulheit oder Arroganz zu empfinden, sondern ich muss da auch oft beherrschen, dass ich nicht nach dem ersten Kommentar sofort meinen Senf dazugebe, wie ich's früher immer gemacht.

Euch allen, die ihr kommentiert habt, vielen Dank dafür, ich les das immer aufmerksam und freue mich über jeden einzelner, der was zu der Geschichte zu sagen hat, oder sogar noch seine Zeit investiert, um Fehler rauszusuchen oder sich intensiver mit dem Text zu beschäftigen.

Schönen Abend noch
Quinn

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Quinn,

im Urlaub las ich deinen ersten Satz und dachte, die hebe ich mir für zu Hause auf, wenn ich sie ausgedruckt, auf Papier, ganz in Ruhe lesen kann.
Ob das eine so gute Idee war, weiß ich nicht, ich erkläre es gleich.

Was mich aber dazu bringt: ich liebe diesen ersten Satz!, auch wenn der Titel den Inhalt bereits vermuten lässt. Mich hat es nicht gestört.

Heute hatte ich die Geschichte nun auf Papier, zog mich zurück und hatte ein unglaubliches Lesevergnügen. So leicht und sprachlich schön fließt sie unterhaltsam dahin. Und am Ende hatte ich ein wahres Knäul von Gedanken in meinem Unterbewusstsein, dessen lose Ende in mein Bewusstsein vordrangen. Meine Neugier und Bequemlichkeit verleiteten mich dazu die Kommentare zu lesen, um mir die Auflösung zu holen :bonk:.
Ich brachte mich selbst um das entwirren und zusammenfügen! Hätte ich sie doch gleich nach dem Erscheinen ...
So bin ich voll des Lobes, auf wunderbare Weise schön verpackte Geschichte!

Ahh, einen Fehler hab ich auch noch:

all die Schals ragenden, jungen, full of life Menschen sind verstummt, ...

tragenden würde ich vermuten

Zu mehr Kritik bin ich zu klein ;).
Fliege

 

Hallo Quinn

Deine Geschichte regt auch mich zum Nachdenken an ...

Als erstes eine Frage, falls du die Interpretation nicht bewusst dem Leser überlassen willst.

Dann ist er verschwunden, der Hugendubel hinter mir ist weg und ich wische mir mit trockener Hand über das Gesicht, krame in meinen Taschen nach dem Zimtkaugummi und stecke mir einen Streifen in den Mund.
Bezieht sich das auf Gott, oder ist der Hugendubel die Erklärung dafür, WER verschwunden ist?

Ich habe mich im ersten Teil deiner Geschichte gefragt, weshalb er in den Kiosk geht und denke, es war Gewohnheit. Erst, als Hugendubel eröffnet hat, merkte er, dass es seine "Pflicht" ist.

Zwei Dinge bekomme ich aber einfach nicht stimmig hin, in meinen Gedanken ...
Du hast Gott beschrieben mit Bart, usw. der sich nicht für den Prot. interessiert. Er spricht nicht mit ihm, und du hast auch nicht weiter erwähnt, dass seine Blicke liebevoll, oder dergleichen sind. Eigentlich sollte der Prot. doch denken; ich bin ihm gleichgültig. Deshalb möchte er ihn doch auch einmal mit einer Frage anschreien.
Allerdings das Verpflichtet-fühlen, das schlechte Gewissen, wenn er zu Hugendubels geht, ja, das er seinen Gott mit traurigen Augen an der Scheibe stehen sieht, lässt auf einen anderen Gott schliessen. Den Zeigefingergott, dem es eben nicht egal ist, wie er lebt und was er macht. Ein Gott, der ihn eigentlich immer mit strengen Augen anschauen müsste und sagt: Ich habe schon gesehen, was du gemacht hast.
Diese zwei Bilder bringe ich einfach nicht vereinbart miteinander ...

Das zweite, was ich nicht verstehe ist, dass die "Versuchung" (wenn das alles schon mit dem Sündenfall verglichen wird) den Prot. drängt, Gott zu fragen. Denn schliesslich löst sie sich anschliessend in Luft auf. Was bringt es ihr, sich selbst zu schaden? Nur, wenn auch Gott "verschwinden" würde mit dieser Frage, könnte ich verstehen, dass die Versuchung lieber Gott und sich auslöscht, als ihn bestehen zu lassen.

Ich finde es schön, dass Gott ganz unkonvetionell in einen kleinen Kiosk gesteckt wird. Mir persönlich ist aber das Wesen Gottes (ob nun der, dem alles gleichgültig ist, oder der Zeigefingergott) und das Aussehen zu "normal". Auch sein Erscheinungsbild dürfte doch unkonvetionell sein. Vielleicht ist es aber einfach eine zu grosse Kluft zwischen deiner Geschichte und dem Buch, das ich gerade lese, wo Gott sich als füllige Afroamerikanerin zeigt. :-)

Lohnt sich, über die Geschichte nachzudenken.
Gruss
Juddl

 
Zuletzt bearbeitet:

moin Quinn, ich folgte dem protagonisten aufmerksam durch die zeilen, der sich von den fragen, die er sich doch nicht zu stellen traut, dem leben zuwendet. schuld an der aufgabe der alten lebensart ist die frau mit dem tollen pullover (aus kamelhaar?), sowie der filialist, der für die verdrängung des alten kiosks sorgt. da größtenteils frisch und witzig geschrieben, gefällt mir die story.

sich umsieht, ob Gott die anderen zwei Romane vorrätig hat, wenn man also auf eine Konzentrationsspitze wartet

später erklärst du die idee mit der konzentrationsspitze, aber an der stelle klingt es, als brauchte er eine um die anderen romane zu entdecken.

der andere alte Mann rauchte wahrscheinlich einfach nicht und mir war der PEZ-Spender, mit dem ich die ganze Zeit während des Essens in meiner Hosentasche gespielt hatte, auf den Teppich gefallen und im aufbrechenden Trubel nach der Suppe – meine Mutter verabschiedete sich in die Küche, jetzt weiß ich es wieder, sie rauchte ja gar nicht – im aufbrandenden Trubel wurde ich glatt vergessen und belauschte unter dem Tisch, der das gute Porzellan trug, die Unterhaltung zweier alter Männer.

für die länge ganz ordentlich lesbar, aber so lang brauchts nicht zu sein.

magischen Zaubertrick

entweder magisch oder zaubertrick dürfte wohl reichen...

Ich stehe mit dem Rücken zu ihm, und weiß, dass er weiß, dass ich da bin.
kunststück, wenn der protagonist vor dem alten steht.

Ich denke schon lange nicht mehr über eine Frage nach. Meine Anwesenheit ist mir Antwort genug
knackig auf den punkt gebracht, schick.

Rothaarige Zwergenfrauen
kleine frauen oder die von zwergen?

Ich hatte mal schlimmen Reizhusten. Im Semptember 2001. Vogelgrippe – Blinddarmdurchbruch. Hurrikan Katrina – Sinnkrise
das zweite und dritte beispiel umkehren, sodass wie beim ersten wirkung auf ursache folgt.

Ich gehöre nicht in eine Welt, in der man Frozen Cappucinos süffelt und in der die wichtigste Frage des Tages lautet, ob man es für einen Schal nicht doch eine Spur zu kühl ist. Ich gehöre in die alte Welt, in der man sich fragt, was man fragen soll.
yeah - das ist gut!

Er schmeckt nach Zimt
wenn da irgend ne symbolik drin sein soll: seh ich nicht. kommt rüber wie nen kalauer, der davor wäre ein besserer letzter.

grüße

edit: warum sollte er lots frau werden, wenn er über die schultzer guckt - wo sind sodom und gomorrha? wenn überhaupt sollte er zur salzsäule werden.

 

Hey Quinn,

Alles läuft auf die eine Frage hinaus, die dann am Ende dem Leser vorenthalten wird. ETwas anderes habe ich eigentlich auch nciht erwartet, muss jeder seine eigene Frage stellen und ist die Antwort doch nur für den Fragenden selbst bestimmt. Dennoch ist es irgendwie gemein, dass du damit hinter dem Berg hältst. Sehe da eine gewisse Parallele zu deiner Aschenkur-kg. AUch dort spitzt du alles auf einen Punkt zu - und entlässt den Leser kurz davor.

Die Gedanken und vor allem Beobachtungen deines Prots finde ich bemerkenswert plastisch festgehalten. Trotzdem kam ich beim Lesen nicht umhin, mir die Frage zu stellen, ob all diese Details denn wirklich wichtig sind. Gut zu lesen allemale, dennoch ...
Man könnte da bei vielen Sätzen ins INterpretieren kommen, aber da sind SO viele Sätze, die zu Metaebenen einladen, dass ich gar nicht wüsste, wo ich anfangen sollte.
Interessant finde ich, dass Gott, kurz bevor dein Prot die Frage stellt, den Finger an die Lippen hält. Das ist in meinen Augen eindeutig eine Geste, keine Frage zu stellen. Wenn man bedenkt, dass Karen ihn letztlich dazu bewegt, die Frage zu stellen, könnte sie auch als Gegenspieler Gottes gesehen werden. Sie führt ihn sozusagen in Versuchung, Gott will ihre Einflüsterung verhindern, doch vergeblich. Karens Hugendubel löst sich nach dieser ihrer Aufgabe ja auch auf. Auftrag erfüllt.
NUn ja, das ist eine Möglichkeit. Viele andere sind ebenso denkbar. Das macht durchaus den Reit dieser Geschichte aus.
Der letzte Absatz jedoch wirft für mich das größte Rätsel auf. Der könnte in meinen Augen auch weg. (?)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hi Quinn!

Mir hat's gefallen! Der Ich-Erzähler ist ein Erzähler im wahrsten Sinne und es macht Spaß, ihm zu folgen. Die Anekdoten aus der Kindheit passen zu ihm, runden seine Persönlichkeit auf, nicht nur durch die Infos, sondern man merkt einfach seine Freude am Erzählen selbst, und der Leser "hört" gern zu, weil doch alles irgendwie wichtig ist - ach, du weißt schon, da ist Fleisch auf den Knochen! :)

Die Idee ist toll und sympathisch. Und wird auch gut verkauft. Gibt nicht viel zu meckern. Schöne Verführungsgeschichte!

So im Einzelnen:

Gott betreibt einen winzigen Kiosk zwischen Karstadt und dem C&A in Fulda. Er ist vier mal fünf Meter groß.
;)

Wobei die nächstliegende Frage, mein All-Time-Favourite, die Frage, bei der ich am häufigsten davor war, sie zu stellen, eine völlig idiotische ist: „Sind Sie Gott?“ – Gott duzt man nicht. Denn wenn die Antwort auf diese Frage „Ja“ ist, dann war alles umsonst. Und ist sie „Nein“, dann auch. Eine Frage, deren Antwort keinen Unterschied macht, sollte niemals gestellt werden.
Einfach und schön!

Dann macht ein Hugendubel auf. Gleich neben dem Starbucks, auf der anderen Seite des Universitätsplatzes. Und alles ändert sich.
Das ist wirklich toll!

Am nächsten Tag bestellte ich mir einen Frozen Cappucino, am Tag danach einen Vanille-Kaffee. Am Sonntag ruhte ich und am Montag ging ich das erste Mal hinein.
Da zieh ich den Hut vor der Symbolik und Implikationen!^^

Es ist so, als würde man eine neue Sprache lernen und es ist gar nicht so wichtig, was man redet, sondern dass man redet.
Auch schön! :)

Kritik:
Im Hugendubel sah ich nur die 3 Frauen! Zwar wurde mal die Klientel erwähnt, aber der Laden ist für mich leer.

Der Schluss: "Sie schmecken nach Zimt!" Der erinnert mich zu sehr an Rambo, du weißt schon "Es leuchtet blau!" :D

Gruß
Kasimir

 

Hallo Quinn,

dieser Text ist natürlich eine Spielwiese für Interpretationen. Schon aus deinem Einstiegssatz könnte ich interpretieren, dass es darum geht, dass Gott/Glauben/Religion nicht mehr zeitgemäß ist, und gegen die Oberflächlichkeit (Kaufhäuser > Konsum etc.) nicht mehr ankommt, ein kleiner, anachronistisch wirkender Kiosk, eingezwängt zwischen den Konsumtempeln.

Zweifellos machen solche Texte Spaß, weil sie über das Lesen des Geschriebenen hinaus viele eigene Gedanken in Bewegung setzen, was ja aus Sicht eines Autoren eines der höchsten Ziele ist.

Die Geschichte beschäftigt sich auf ungewöhnliche Weise mit einem sehr komplexen Thema, und sie bietet wirklich eine Fülle an Möglichkeiten, mich als Leser gedanklich an den von dir angestoßenen Überlegungen zu beteiligen.

Gehört zu den Arbeiten hier, die man mehrfach lesen kann (und wahrscheinlich auch muss) um alles einigermaßen auszuschöpfen.

Unterhaltsam, interessant, anregend und nachhaltig.

Rick

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Quinn,

nochmal gelesen und aus Gründen, die ich jetzt natürlich nicht mehr nachvollziehen kann (bei ersten Lesen war ich ziemlich müde), gefällt mir die Geschichte jetzt sehr viel besser.
Hast Du den Schluss irgendwie bearbeitet?

Das mit dem Pez-Spender ist ja nun ein Detail
Richtig. Aber ein Detail, das mir den Einstig (trotz Müdigkeit) erleichtert und vielleicht dazu geführt hat, dass ich die Geschichte damals zu Ende und heute noch einmal gelesen habe.

krame in meinen Taschen nach dem Zimtkaugummi und stecke mir einen Streifen in den Mund.
Er schmeckt nach Zimt.
Das ergibt sich von selbst. Zimtkaugummi schmeckt mit ziemlicher Sicherheit nicht nach Banane. Oder Erdbeere.

Gruß
Ane

 

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