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Der neue Mensch

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10.08.2018
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Der neue Mensch

„Sie sind wie wir – nur ganz anders. Unseren Beobachtungen nach sind sie lernfähiger als unser einer. Auch ihre motorischen Fähigkeiten sind den unseren überlegen. Letzteres hat allerdings weniger mit ihren genetischen Anlagen zu tun – vielmehr mit ihrem ständigen Begleiter: Dem Drang, sich zu beschäftigen.“
„Den haben wir auch. Was macht den Unterschied?“
„Der Unterschied besteht darin, dass sie nicht das große Ganze sehen. Ihnen fehlen genau die Attribute, die uns zum Homo Sapiens machen. Sie besitzen keinen philosphischen Trieb, sie kennen weder Vernunft noch Moral. Der Homo Novus verwendet seine Kräfte nicht darauf, seinem Leben einen Sinn zu verleihen.“
„Wie kommen Sie dann dazu, diese Lebewesen als Menschen zu klassifizieren?“
„Nun, unsere Forschung im Bezug auf die Novissen steckt noch in den Kinderschuhen. Der Name lässt sich nur auf ihre durchaus menschliche Erscheinung zurückführen. Mit dem steten Erkenntniszuwachs wird eine Neuklassifizierung in Betracht gezogen.“
„Und bis dahin?“
„Bis dahin sehen wir zu, dass wir auf keine bösen Überraschungen stoßen. Ich kann Ihnen jedoch versichern: Es besteht kein Grund zu Sorge. Selbst für die desaströsesten Ausgänge werden wir die passenden Antworten finden.“
„Ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch. Auch Ihnen zu Hause danke ich, dass Sie wieder so zahlreich eingeschaltet haben!“

Der Kiesweg auf dem Weg zum Auto knirscht, als Delbrück einen Anruf bekommt. Hysterisch schlägt ihm eine Stimme entgegen:
„Herr Delbrück, es ist wie Sie gesagt haben! Es wird seiner Spielsachen langsam überdrüssig! Ich hab aber nichts Neues hier!“
„Ganz ruhig. Die Sendung ist vorbei, ich bin unterwegs.“
„Haben Sie die Spielsachen Ihres Sohnes schon dabei?“
„Selbstverständlich. Machen Sie einfach weiter wie bisher.“

Fritz nähert sich der gläsernen Wand, hinter der sich die Novisse befindet. Es ist Fütterungszeit. Einen Moment lang hält er inne und mustert die andere Seite. Währenddessen plant er seinen nächsten Schritt. Ein Fahrrad, ein kaputtes Mobilee, Bilderbücher, verschiedene Zauberwürfel – alles Mögliche liegt dort herum. So auch die Novisse, ein mattgraues Wesen mit ledriger Haut und tiefschwarzen Augen. Manisch klopft es auf einer Spieluhr herum. „Du musst sie öffnen, sieh dir den Verschluss an.“, murmelt Fritz. Es dauert nicht lange und schon ist sie offen. Ein kleines Menschlein fängt mit dem Auftakt der Melodie zu tanzen an. Unablässig durchlöchert das Wesen den kleinen, weiterentwickelten Menschenaffen mit den Augen. Hätte die Spieluhr eine Kurbel gehabt, so müsste nicht ständig neuer Kram aufgetrieben werden, um die Novisse zu beschäftigen. Musik wird schließlich immer besser, je öfter man sie hört – oder nicht? Fritz verlässt allmählich die Sorge. Er wirft seinen Blick zurück in die weiten Räumlichkeiten des Labors. Das schwache Licht lässt die weißen Wände grau werden. Überall liegen stapelweise Unterlagen herum, vollgeschriebene Zettel pflastern den Boden. Draußen wird es allmählich dunkel. Während Fritz die Schranktür mit den Kartoffelsäcken aufsucht, vermeidet er konzentriert, eines der Papiere zu streifen. Energisch packt er gleich mehrere der schweren Säcke und stampft breitbeinig zurück. Er lehnt sich mit dem Rücken gegen die massive Glastür und betritt die andere Seite. Er greift zur größten Kartoffel, die er finden kann. Noch in Gedanken darüber, ob er nicht gleich einen ganzen Sack da lassen solle, fällt ihm schlagartig die unheilvolle Stille auf. Die Angst schiesst ihm in den Kopf. Die Spieluhr – sie hat Ruhe gegeben!

Währenddessen steigt Herr Delbrück aus dem Auto und öffnet den Kofferraum. Wehmütig betrachtet er den alten Karton mit den Spielsachen seines Sohnes. Er sollte mal in die Fußstapfen seines Vaters treten. Für all die verschiedenen Ausformungen der Natur jedoch hatte er nie etwas übrig. Mit dem Karton unterm Arm nähert der Biologe sich dem Labor. Ein kalter Wind schlägt ihm ins blasse Gesicht. Früher war dieser Ort Schauplatz unzähliger Stunden des Niederschreibens. Herr Delbrück betrieb jahrelang Feldstudien an den verschiedensten Orten der Erde. Mit dem Fund einer neuen Spezies war zu rechnen. Aber mit dem Fund eines neuen Menschen? Damit war die Rumreiserei vorbei. Auch dem Verhältnis zu seiner Familie hat der Fund nicht gerade in die Karten gespielt. Als Herr Delbrück die Tür öffnet, fährt ihm ein Schauer über den Rücken. Sein toter Biologielaborant blickt ihm mit leeren Augen entgegen. Sein Körper bis zur Unkenntlichkeit zerrissen. Der matschige Teppich aus Papierfasern und rotem Nass schmatzt genüsslich mit jedem Schritt und lässt Delbrücks Augen glasig werden. Der Kloss in seinem Hals schmerzt und hindert ihn am Schreien. Der neue Mensch hat sich also eine Beschäftigung gesucht. Und sein nächstes Ziel liegt direkt vor seiner Nase.

 

Moin @N. Ostrich

"Es ist doch so: Solange wir nicht feststellen können, wo sich das Bewusstsein befindet, kann jeder nur von sich selbst behaupten, dass er eines besitzt.

1x : und 3x Komma, zum Lesen ein mühsamer Satz, geschweige als Einstiegssatz richtig abschreckend. Und dann wird die Frage weniger sein, wo sondern was das Bewusstsein ist. Ab wann kann man von Bewusstsein sprechen?

Da wir inzwischen aber ausreichende Informationen über die Novissen haben, können wir Folgendes mit Sicherheit sagen: Sie können weder denken noch fühlen, sie sind lediglich voller Tatendurst.“

Du meinst vermutlich Emotionen, nicht fühlen. Tatendurst ist hier das falsche Wort. Denn Taten sind eine bewusste Handlung, und gemäß der vorherigen Aussage haben die Novissen kein Bewusstsein und können nicht denken. Antrieb wäre vermutlich passender.

„Können Sie das weiter ausführen?“
„Nun, während der Homo Sapiens sich über die Sinnlosigkeit des Universums im Klaren ist und fortwährend versucht, es mit Sinn zu füllen, hat der Homo Novus keinen philosophischen Trieb – er weiß nur, dass er etwas zu tun haben muss.“

Du willst zu viel in deiner Geschichte. Und von wo weiss der Homo Novus, dass er etwas zu tun hat, wenn er nicht denken und kein Bewusstsein hat?

„Wie kommen Sie dann dazu, diese Lebewesen als Menschen zu klassifizieren?“
„Unsere Forschung im Bezug auf die Lebewesen ohne Wesenskern steckt noch in den Kinderschuhen. Der Name lässt sich nur auf ihre durchaus menschenähnliche äußere Erscheinung zurückführen.

Eine sehr gute Frage und ne, die Klassifizierung läuft heute nicht mehr über äußere Ähnlichkeiten ab. Heutzutage nimmst du eine DNA Probe und vergleichst die dann.

Lebewesen ohne Wesenskern, wo hast du den diesen Begriff aufgelesen?

Betrachten Sie ihn als eine Art Arbeitstitel – eine Worthülse, die im Laufe der Zeit mit Inhalt gefüllt werden will und muss.“

Beziehst du dich hier wieder auf die Novissen? Was meinst du mit Arbeitstitel? Und warum muss der Mensch diese Novissen mit Inhalt füllen? Was haben die denn vorher gemacht, wenn sie immer beschäftigt sein müssen?


„Und bis dahin?“
„Bis dahin sehen wir zu, dass wir auf keinen Fall auf böse Überraschungen stoßen, schließlich ist der Gattungsname Homo inzwischen eher negativ konnotiert. Wir forschen natürlich weiter, aber ich kann Ihnen versichern - selbst für die desaströsesten Ausgänge werden wir passende Antworten finden.

Also bis sie ihn mit was auch immer gefüllt haben, schauen

„Herr Delbrück, es ist wie Sie gesagt haben! Es wird seiner Spielsachen langsam überdrüssig! Ich hab aber nichts Neues hier!“

Was für Amateure. Obwohl sie wissen, dass er immer beschäftigt sein muss, haben sie nichts passendes bereit. Vielleicht mal ein Hamsterrad reinstellen ...

Verhalten Sie sich ruhig in der Zwischenzeit.“
Warum kann er nicht einfach normal weitermachen?

Manisch klopft es auf einer Spieluhr herum. „Du musst sie öffnen, sieh dir den Verschluss an.“, murmelt Fritz. Es dauert nicht lange und schon ist sie offen.

Dafür, dass er nicht denken kann, ist er aber ziemlich pfiffig...

Hektisch packt er gleich einen ganzen Sack, öffnet die schwere Glastür und betritt die andere Seite.

Das geht auch noch anders ;).

Ist Kartoffelsuppe in Ordnung?“

Bezug zum Kartoffelsack zu offensichtlich.

„Auf dem Weg hierher ist mir aufgegangen, dass Fritz ernsthafte Schwierigkeiten haben könnte.“

Hat er vorher schon was geahnt? Oder was für ernsthafte Schwierigkeiten meint er.

Der neue Mensch hat sich eine Beschäftigung gesucht. Eine blutige, beängstigende und übelriechende Beschäftigung. Und sein nächstes Ziel liegt direkt vor seiner Nase.

Das Konstrukt deiner Geschichte ist einfach durchschaubar (was auch ok ist), aber die Umsetzung ist schlecht. Mir ist auch nicht ganz bewusst, welches Thema du nun wirklich adressiert hast. Beziehst du dich eher auf die Bewusstwerdung, oder was der Sinn unserer Existenz ist?

Man merkt schon, du hast dir einiges überlegt. Aber an der Umsetzung happert es noch. Schreib einfacher und mehr show don't tell.

Beste Grüße
Kroko

 

Hallo @N. Ostrich,

Kroko hat ja schon einiges angemerkt, ich stimme mit den meisten Dingen überein. Ein paar Sachen noch:

Sie können weder denken noch fühlen, sie sind lediglich voller Tatendurst.

Auch wenn du erklärst, dass der Begriff Homo auf das Aussehen zurück zuführen ist, maßt es merkwürdig an, dass ein Wesen, dass mit dem Namen Homo versehen wird, weder denken noch fühlen kann. Über denken könnte man vielleicht noch diskutieren und argumentieren, dass der Mensch und eventuell Menschenaffen die einzigen Wesen sind, die denken können, während alle anderen Tiere gesteuert sind von Instinkten die wie Denken anmuten, aber keines sind. Bei den Gefühlen ist das etwas anderes. Auch niedrigere Wirbeltiere sind zu Gefühlen fähig. Als bestes Beispiel fällt mir ein Hund ein, der um sein Frauchen trauert.

Bis dahin sehen wir zu, dass wir auf keinen Fall auf böse Überraschungen stoßen, schließlich ist der Gattungsname Homo inzwischen eher negativ konnotiert.

Hat das irgend eine Bedeutung? Ich verstehe sie nicht …

Mit diesen letzten Worten wendet sich das halbe Land wieder anderen Dingen zu. Ohne Umschweife fährt auch Herr Delbrück zurück nach Hause, als er einen Anruf bekommt.

Den Übergang finde ich etwas holprig.

Einen Moment lang hält er inne und mustert die andere Seite.

Mit die andere Seite meinst du wohl, die Seite hinter dem Glas? Das versteht man aber erst später, wenn du die selbe Formulierung noch einmal verwendest, denn Fritz in den Glaskäfig hineingeht.

Über diverse Unterlagen stolpernd sucht er die Schranktür mit den Kartoffelsäcken auf.

Den Satz finde ich stilistisch wirklich übel.

Die Novisse beachtet Fritz gar nicht, verträumt verfolgt sie den Tanz samt Musik. Fritz nutzt die Chance und greift zur größten Kartoffel, die er finden kann. Noch in Gedanken darüber, ob er nicht gleich den ganzen Sack da lassen solle, fällt ihm schlagartig die unheilvolle Stille auf.

Auch das ist mir zu holprig und zu schnell. Ist ja schön, wenn Fritz etwas unheilvolles wahrnimmt, aber ich als Leser hätte auch gerne etwas von dem Unheil.

„Ich bin zu Hause!“, schallt es durch das große Einfamilienhaus des Herrn Delbrück. „Im Wohnzimmer!“, ruft eine Frau mit schwacher Stimme zurück.
„Ich habe dir zugeschaut, du warst wunderbar!“
„Ich war ja auch gut vorbereitet, aber ...“
„Und toll hast du ausgesehen, ich bin wirklich stolz auf dich!“
„Hör zu, Schatz. Es gibt einen kleinen Notfall im Labor und ...“
„Nun setz dich doch erst einmal neben mich.“
„Haben wir Pauls alte Spielsachen noch?“
„Natürlich, die wollten wir für unsere Enkelkinder aufbewahren! Weißt du nicht mehr?“
„Ich mache dir eben etwas zu Essen. Nur fürchte ich, dass ich anschließend wieder ins Labor muss. Ist Kartoffelsuppe in Ordnung?“
„Warum bist du denn so rastlos heute?“
„Auf dem Weg hierher ist mir aufgegangen, dass Fritz ernsthafte Schwierigkeiten haben könnte.“
„Fein. Wir sehen uns später.“

Was soll das eigentlich? Was macht seine Frau in dieser Geschichte? Kann Delbrück nicht direkt ins Labor fahren und zu spät kommen? Diese Passage ist absolut überflüssig und obendrein noch merkwürdig. Er kommt nach Hause, kündigt an, zu kochen und tut es dann doch nicht. BTW: Eine Kartoffelsuppe ist kein Gericht, dass man schnell schnell machen kann.

Nichts auffälliges zu entdecken – so weit das Auge reicht. Wesentlich bewusster als sonst öffnet er dieses Mal die Tür und betritt seinen Arbeitsplatz.

Warum sollte er auch etwas Auffälliges suchen? Und wieso betritt er bewusster als sonst das Labor? Und würde es aussehen, wenn er es unbewusst betreten würde? Da müsste es schon sehr dunkel sein.

Der neue Mensch hat sich eine Beschäftigung gesucht. Eine blutige, beängstigende und übelriechende Beschäftigung. Und sein nächstes Ziel liegt direkt vor seiner Nase.

Der (gute) Höhepunkt der Geschichte und du verhaust ihn mit faden Floskeln ohne Tiefgang. Ich will ein Bild, und ich will, dass es mich erschaudern lässt.

Alles in allem eine nette Story, aber wie gesagt, die Umsetzung hinkt. Stephen King sagt, bei einer guten Geschichte entsteht eine Telepathische Verbindung zwischen Autor und Leser – das ist hier nicht der Fall. Ich weiß nicht, was du siehst, weil der Text sich keine Zeit nimmt, es mir zu zeigen.

Die Geschichte ist recht kurz, daher würde ich an deiner Stelle einfach nochmal in mich gehen, mir die Geschichte in meinem Kopf ganz genau ansehen und dann nochmal neu niederschreiben.

Das wars von meiner Seite. Liebe Grüße,

Alveus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Kroko,
vielen Dank für deinen Beitrag.

Und dann wird die Frage weniger sein, wo sondern was das Bewusstsein ist. Ab wann kann man von Bewusstsein sprechen?
Mein erster Satz will folgendes ausdrücken: Wenn es dieses tolle Bewusstsein gibt, von dem alle reden - wo ist es dann? Es hat selbstverständlich keinen Sitz im Körper, es werden bloß handfeste Beweise gefordert.

Und von wo weiss der Homo Novus, dass er etwas zu tun hat, wenn er nicht denken und kein Bewusstsein hat?
Ich bin sicher, dass jede Kuh weiß, wenn es auf Gras herumkaut. Das ist aber nicht der Konsens. In Wahrheit wollen viele nicht glauben, dass Tiere fühlen oder eigenständig denken und das obwohl sie genau sehen, dass ihr eigener Hund in der Lage ist, zu trauern. Nur das Rind auf dem Teller, das hat nichts mitgekriegt! Die Menschen biegen sich ihre Realität doch, wie sie es wollen - so auch Delbrück.
Im einleitenden Teil habe ich geschrieben, dass die Forschung noch in den Kinderschuhen steckt. Auch Delbrück ist eigentlich unfreiwillig in diese Situation hineingeraten und musste sich von seinem alten Leben abwenden. Auf dieses Fundament musste diese Handlung nunmal, damit eine Katastrophe nicht zu unglaubwürdig wirkt. Aber ich stimme dir dennoch zu großen Teilen zu, ich werde deine Anmerkungen zu kleinen Logikfehlern bei der Korrektur beherzigen. Obwohl ich doch eher bezweifle, dass Spezies ausschließlich über DNA klassifiziert werden. Genetisch ist der Mensch angeblich zur Hälfte Banane.

Lebewesen ohne Wesenskern, wo hast du den diesen Begriff aufgelesen?
Entschuldige, der Satz ist nun wirklich überflüssig! ;) Wird morgen bei der Korrektur entfernt.

Dafür, dass er nicht denken kann, ist er aber ziemlich pfiffig...
Die Stelle mit der Spieluhr sollte die Diskrepanz zwischen dem, was die Forschung weiß und der Realität hervorheben. Der Leser soll an dem zweifeln, was Delbrück gesagt hat und sich seine eigene Meinung bilden. Aus dem Grund habe ich nicht einfach aufgezählt, was der Homo Novus kann und was nicht. Sondern einen Menschen sprechen lassen.

Beziehst du dich eher auf die Bewusstwerdung, oder was der Sinn unserer Existenz ist?
Ich habe darüber nachgedacht, was übrig bleibt, wenn man dem Menschen all seiner typischen Merkmale beraubt. Übrig bleiben sollte nur der Drang, sich zu beschäftigen, da das in unserer heutigen Gesellschaft ja das wichtigste geworden zu sein scheint.

Du hast mir wirklich sehr geholfen, vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen,
N. Ostrich

Hallo @Alveus Jekat,
auch dir danke ich sehr für deinen Beitrag.

Hat das irgend eine Bedeutung? Ich verstehe sie nicht …
Witzig ist, dass einzelne Personen gerne über die Menschheit als Ganzes herziehen. Man hält sich ja auch für einzigartig klug, wenn man derjenige ist, der anmerkt: "Die Menschen sind so dumm!" Oder wenn man darüber philosphiert, dass der Mensch den Planeten sowieso untergehen lässt, denn: "So ist er nunmal!"

Mit die andere Seite meinst du wohl, die Seite hinter dem Glas?
Huch, richtig. Wird korrigiert, danke.

Den Satz finde ich stilistisch wirklich übel.
Der gefiel mir eigentlich ganz gut. Vielleicht habe ich mich an ihn gewöhnt? Ich werde sehen, was ich machen kann.

Ist ja schön, wenn Fritz etwas unheilvolles wahrnimmt, aber ich als Leser hätte auch gerne etwas von dem Unheil.
Die Stille signaliert, dass das Viech nicht mehr beschäftigt ist. Dem Leser wird an der Stelle überlassen, ob er nun mit dem Schlimmsten rechnet oder nicht. Ich kann an der Stelle leider nicht schon zeigen, was genau. Schließlich soll es erst am Ende klar werden.

Was soll das eigentlich? Was macht seine Frau in dieser Geschichte? Kann Delbrück nicht direkt ins Labor fahren und zu spät kommen?
Delbrück vernachlässigt seine kranke Frau und nimmt die Spielsachen mit ins Labor, die eigentlich für die Enkel gedacht waren. Ich wollte ein wenig persönlichen Schmerz einfliessen lassen. So gut scheint mir das wohl nicht gelungen zu sein. Ich werde sehen, was ich machen kann, danke.
Dass Kartoffelsuppe nicht schnell zu machen ist, darüber habe ich nicht nachgedacht. Wird ebenfalls korrigiert. Ich dachte bloß, das wäre logisch, da Delbrück ja bereits säckeweise Kartoffeln für das Labor gekauft hat.

Der (gute) Höhepunkt der Geschichte und du verhaust ihn mit faden Floskeln ohne Tiefgang. Ich will ein Bild, und ich will, dass es mich erschaudern lässt.
Ich habe mehrfach versucht, ein blutiges Bild zu schildern. Die Angst, dass meine kleine Geschichte als billiger Horrorkram abgestempelt wird, saß da aber noch zu tief. Also hab ichs am Ende der Fantasie des Lesers überlassen wollen. Mir kam das in dem Zusammenhang recht stimmig vor. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass dich das enttäuscht hat. Bei der Korrektur werde ich nochmal darüber nachdenken, ob ich ein erschauderndes Bild übers Herz bringe.

Stephen King sagt, bei einer guten Geschichte entsteht eine Telepathische Verbindung zwischen Autor und Leser – das ist hier nicht der Fall.
Dann hoffe ich, dass meine nächste Kurzgeschichte oder aber die Neufassung dieser es schaffen wird.

Ich danke dir herzlich für die Hilfe.
Mit freundlichen Grüßen,
N. Ostrich

 

Hi @N. Ostrich,

A propos zurechtbiegen: Ich finden ja diesen direkten Widerspruch im ersten Abschnitt ziemlich gut und witzig ("Wir können niemals wissen, ob x, aber jetzt" ... und dann ein bisschen Blabla, damit man als Zuhörer möglichst schon wieder halb vergisst hat, was Delbrück gerade ganz genau noch mal gesagt hat ... "jetzt ist es ganz gewiss, dass x"). Der redet sich und den anderen was ein, ganz klar.

Allerdings fände ich es dann trotzdem schöner, du ließest offen, ob dieses Ding Bewusstsein habe, indem du auf solche Begriffe verzichtetest, die es ihm zuschrieben, wie z.B.
-- "fasziniert starrt das Wesen"
-- "beachtet Fritz gar nicht" (zugegeben nicht völlig eindeutig, macht aber nur richtig Sinn, wenn das Teil ihn überhaupt beachten könnte)
-- "verträumt verfolgt sie"
usw. - falls es weitere überhaupt gibt. Vielleicht waren es auch schon alle.

Die Variation, dass das unheimliche Ding einmal nicht im Labor erzeugt worden ist, finde ich an sich ganz ansprechend. Die Frage, ob es Bewusstsein habe, neigt sich damit allerdings deutlich zu der Richtung, dass es wohl eins habe, denn Gestalten, die außerhalb der Familie der fühlenden Wesen stehen, müssten ja eine Entstehungsgeschichte haben. Dass sie aber aus - beispielsweise - Steinen entstanden seien, erscheint mir auch innerhalb einer Fiktion nicht leicht denkbar. Dann hätte man ja Vorstufen finden müssen. Innerhalb der Familie der fühlenden Wesen wäre es umgekehrt merkwürdig, ausgerechnet diesen neu entdeckten Gestalten Bewusstsein abzusprechen. Delbrück müsste unter diesen Umständen einen erheblich höheren Aufwand betreiben, um seine These überzeugend vortragen zu können. Ich sehe ihn da letztlich auf verlorenem Posten. Das wirkt sich für mich auf die Glaubwürdigkeit des Szenarios aus.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo @erdbeerschorsch,
vielen Dank für deinen Beitrag.

Aus der Warte habe ich das noch nicht betrachtet. Wenn ich darüber nachdenke, wird es sicherlich auch nicht das erste Bedürfnis eines Biologen sein, herauszufinden, ob ein Lebewesen ein Bewusstsein hat oder nicht. Geschweige denn, es einem abzusprechen und diese Erkenntnis mit der Welt zu teilen.

Innerhalb der Familie der fühlenden Wesen wäre es umgekehrt merkwürdig, ausgerechnet diesen neu entdeckten Gestalten Bewusstsein abzusprechen. Delbrück müsste unter diesen Umständen einen erheblich höheren Aufwand betreiben, um seine These überzeugend vortragen zu können.
Dementsprechend kann ich dir hier nur zustimmen.

Allerdings fände ich es dann trotzdem schöner, du ließest offen, ob dieses Ding Bewusstsein habe, indem du auf solche Begriffe verzichtetest, die es ihm zuschrieben, wie z.B.
Wunderbar, dass du auch gleich die entsprechenden Stellen aufzeigst. Ich werde beim Durchgehen des Textes darauf achten, ob es weitere dieser Formulierungen gibt und sie neutralisieren, weil ...

Das wirkt sich für mich auf die Glaubwürdigkeit des Szenarios aus.
... du damit vollkommen Recht hast!

Mit freundlichen Grüßen,
N. Ostrich

 

Hallo, @Kroko, @Alveus Jekat und @erdbeerschorsch,
ich habe meine Kurzgeschichte korrigiert.

Natürlich waren mir eure Vorschläge dabei ein Leitfaden. Über das Bewusstsein wird nun an keiner Stelle des Textes mehr ein Wort verloren. Das Thema ist zwar schön, bringt hier aber keinen Mehrwert. Genauso überlasse ich es den Beobachtungen des Lesers, ob der Homo Novus in der Lage ist zu denken oder Emotionen zu haben. Auch ist der einleitende Satz nicht mehr so sperrig wie zuvor. An verschiedenen Stellen der Geschichte finden sich jetzt statt eines Lageberichts bildliche Szenen. Der Dialog zwischen Herr und Frau Delbrück wurde wie gewünscht entfernt. Außerdem habe ich mir einen Ruck gegeben und das Ende umgeschrieben, damit auch genau klar ist, was passiert ist. Nur von den letzten beiden Sätzen konnte ich mich nicht trennen. Schließlich mussten die Worte "Der neue Mensch" noch an den Schluss. Vielen Dank für die Hilfe! Ich hoffe sehr, der Text gefällt jetzt besser. Sollte ich was übersehen haben oder gibt es an der Neufassung noch was auszusetzen, dann schreibt es mir bitte.

Mit freundlichen Grüßen,
N. Ostrich

 

Hallo @Manlio,
besser spät als nie danke ich auch dir für deinen Beitrag.

Ist der Drang, sich zu beschäftigen, keine genetische Anlage? Woher weiß er das? Haben im Übrigen nicht auch Menschen so einen Drang?
Der Drang sich zu beschäftigen ist bestimmt eine genetische Anlage. Delbrück aber möchte sagen, dass der Homo Novus vieles besser kann als wir, weil er nicht so gehemmt ist wie der typische Mensch. Wir machen schließlich nur, was wir in irgendeiner Form für sinnvoll erachten, während diese Viecher eben unablässlich beschäftigt werden wollen. Daher ist es nicht zu verhindern, dass sie gut in dem werden, was sie tun. Somit sind sie nicht genetisch in vielem besser als wir, sondern durch ihre eigentartige Form von Dauertraining.

Die Wesen sind lernfähiger als Menschen, aber können keine Philosophie? Was ist dann genau gemeint? Lernfähig nur in bestimmten Bereichen? Etwa in Bezug auf den Bau von Gegenständen?
Also hast du hiermit recht: Ich meine unter anderem eben den Bau von Gegenständen und was eben noch so anfällt.

Wieso das, "Novisse" und "Mensch" klingt nicht einmal ähnlich?
Homo Novus ist der Gattungsname und Novisse die umgangssprachliche Variation des Begriffs. Früher nannte ich die Teile Homo Novis mit i, da war es etwas eindeutiger, dass die Begriffe das selbe meinen. Nur gabs den Begriff im Internet schon und da hab ich ihn kurzfristig geändert. Ich bin immernoch am überlegen, ob ich den Namen Novisse einfach komplett streichen soll. Nur gefällt er mir so gut und das Internet spuckt auch mir keine Entsprechungen dazu aus.

Fiese Kritik von mir, aber hier erfüllst du leider 1:1 die Erwartungen, die du selbst geweckt hast. Schöner wäre eine kleine Irreführung, ein Twist. Z.B. der Fritz ist verschwunden, und dann passiert was Verrücktes. Die Story geht einfach auch zu fix aus.
Uff, das tut weh. Aber du hast natürlich recht. Ich belasse es bei dieser Geschichte allerdings erstmal bei diesem Ende. Mit deinen letzten Worten im Kopf habe ich mich neulich an eine weitere Kurzgeschichte gesetzt. Das Ergebnis habe ich gestern hier hochgeladen, es heißt Die Morgenlosen. Ich würde mich freuen, wenn du sie dir durchlesen würdest. Keine verwirrenden Sätze, kein kompliziertes Fachgerede und vorallem: Das Ende geht in eine ganz andere Richtung als diese Kurzgeschichte hier! Vielleicht gefällt es dir ja besser.

Mit freundlichen Grüßen,
N. Ostrich

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo N. Ostrich, Du hast ja bereits detaillierte Kritik zu dieser Geschichte erhalten, ich möchte von den Details weg und Dir ein paar eher grundsätzliche Empfehlungen geben. Zunächst einmal fand ich die Grundidee spannend, überhaupt dieser Ansatz, eine auf Wissenschaft und unseren Erkenntnissen im Bereich der Anthropologie beruhende Geschichte zu schreiben – das ist toll. Sprachlich kann man natürlich vieles verbessern, aber Du bist da schon auf dem richtigen Weg. Ich fand, das liest sich insgesamt ganz gut weg. Also bitte weiter so. Jetzt zu den Empfehlungen:


1) Mach Dich sachkundig, erwirb Fachwissen.

Diesen Ratschlag könnte man so vielen Leuten hier im Forum geben, die Geschichten mit Wissenschafts-, Handwerks-, Technologie-, Psychologie- oder Philosophiebezug schreiben. Wenn man eine rein charakter- oder alltagsbezogene Geschichte schreibt, muss man sich auf die psychologische Glaubwürdigkeit der Figuren und die Plausibilität der Ereignisse konzentrieren, aber wenn es um Wissenschaft, Religion, Handwerk usw. geht, dann muss man sich in diesen Bereichen auskennen.

Hier ist es so, dass Du als Autor viel mehr über biologische, psychologische, evolutionäre Mechanismen und philosophische Diskurse wissen müsstest, um etwas halbwegs Glaubwürdiges zu entwickeln. Der Text steckt voller Fehler.

Nehmen wir das hier:

Herr Delbrück betrieb jahrelang Feldstudien an den verschiedensten Orten der Erde. Mit dem Fund einer neuen Spezies war zu rechnen.

Jedes Jahr werden 15.000 bis 20.000 neue Arten (zuvor unbekannter Tiere, Pflanzen oder Mikroben) entdeckt.

Oder das hier:

Der Unterschied besteht darin, dass sie nicht das große Ganze sehen. Ihnen fehlen genau die Attribute, die uns zum Homo Sapiens machen.

Es ist aber kein Attribut des Menschen, »das große Ganze« zu sehen. Das tun wir nicht und haben es nie getan. Auch die Menschen sehen und verstehen stets nur Teile des erkennbaren Universums. Und da zeigt sich, wie komplex bereits die Frage danach ist, was den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Ein wissenschaftlicher Diskurs geht in die Richtung, dass Menschen wissen, was und warum sie etwas tun und Gründe für ihre Absichten angeben können. Tiere signalisieren zwar Absichten, aber nicht die dahinter stehende Motivation. Etwas tun (wollen) und wissen, warum sind zwei verschiedene Dinge.

Außerdem: Wenn diese neuentdeckte Spezies eine Menschenart darstellt, dann hat sie auch Menschenrechte, was wiederum enormen Einfluss auf die Forschung hätte. Man darf Menschen gegen ihren ausdrücklichen Willen nicht einfach in ein Labor stecken und mit ihnen experimentieren.

Nur ein paar Beispiele, weshalb der Text bereits auf der Sachebene versagt. Ich könnte weitere Punkte nennen, aber ich denke, es ist klar, worum es geht: Mach Dich schlau, bevor Du schreibst.


2) Plausibilitätsprüfung

Mal abgesehen von fachspezifischen Fragen ist es wichtig, die Plausibilität der geschilderten Ereignisse zu prüfen. Gehe immer davon aus, dass Du als Autor zunächst im Rahmen des Plots denkst und deshalb meist einen blinden Fleck hast, was die Glaubwürdigkeit betrifft. Wir wollen als Geschichtenerzähler eben auf einen bestimmten Plot hinaus und biegen uns die Welt, wie sie uns gefällt. So geht das aber nicht.

Nehmen wir als Beispiel das Interview, mit dem die Geschichte beginnt. Da wurde also eine bis dahin unbekannte Menschenart entdeckt. Was würden die Journalisten fragen. Doch wohl Dinge wie: Wo wurde sie entdeckt? Wie sieht dieses Wesen aus? Kann es sprechen? Wie viele gibt es davon? Und so weiter. Statt dessen hören wir einen verschwurbelten Dialog über genetische Anlagen, »philosophische Triebe«, mögliche Neuklassifizierungen … Das alles taucht nur auf, weil Dir das als Autor in den Kram passt, aber es macht überhaupt keinen Sinn, was die Logik der Situation betrifft. Dass nahezu alles, was dieser Wissenschaftler in dem Interview sagt, gequirlter Quark ist, kannst Du bereits am ersten Satz erkennen: Sie sind wie wir – nur ganz anders. Da weiß jemand einfach nicht, worüber er redet.


3) Wie entsteht Spannung?

Du nutzt den Einstieg in Deine Geschichte als informative Vorbereitung des Lesers, willst das Fundament dafür legen, dass er versteht, was danach passiert. Das wäre bei einem Sachtext angemessen, aber bei einer Spannungsgeschichte funktioniert das nicht, jedenfalls nicht, wenn sie kurz und knackig sein soll.

Der Einstieg in die Geschichte sollte eine Frage aufwerfen, etwas Rätselhaftes beschreiben, dem Leser etwas anbieten, was seine Neugier weckt. Formal ist so ein Interview mit einer wissenschaftlichen Neuigkeit zwar interessant, aber es packt den Leser nicht, weil es bis dahin ein rein akademischer Forschungsgegenstand ist.

Angenommen ein Mann geht abends raus, um den Abfall in die Mülltonne hinter dem Haus zu werfen. Und da sieht er im Licht der Hofleuchte eine menschenähnliche Gestalt die sich in einen dunklen Winkel kauert.

Siehst Du den Unterschied? Das ist ein Beginn, der den Leser interessiert. So entwickelt man Spannung.


4) Wie stark ist der Konflikt?

Jede spannende Geschichte beschreibt einen Konflikt. Je nachdem, wie glaubwürdig und dramatisch dieser Konflikt herausgearbeitet wird, entsteht beim Leser der Wunsch, die Auflösung des Konflikts zu erfahren. Wo ist der Konflikt in Deiner Geschichte?

Es gibt einen Konflikt, der darin besteht, dass die Wissenschaftler (friedlich) eine neue Menschenart erforschen wollen, dieser Homo novus aber im Grunde ein gefährliches Raubtier darstellt und die Biologen angreift.

Das ist ein ziemlich schwacher Konflikt. Natürlich möchte kein Wissenschaftler von seinem Studienobjekt umgebracht werden, aber ein Konflikt, der nur so ein Minimalkonsens darstellt, gibt nicht viel her. Wir kennen diese Wissenschaftler gar nicht, nehmen sie im Grunde nicht als reale Menschen dar, sondern nur als Statisten, ob sie leben oder sterben bedeutet uns nicht viel. Klar können wir nachvollziehen, dass diese Pappfiguren nicht aufgefressen werden wollen, aber das genügt nicht, um uns in ihre Lage zu versetzen.

Du müsstest die unheimliche Situation empathischer beschreiben, damit der Leser sich identifiziert. Du müsstest den Konflikt stärker herausarbeiten, damit Interesse und Spannung entsteht.


5) Was besagt der Text?

Geschichten werden auch dann spannend, wenn sie tieferliegende Ebenen des lesenden Bewusstseins anstoßen. Das können mythische, spirituelle oder philosophische Dimensionen sein. Aus diesem Grunde statten Autoren von Horror- und Spannungsgeschichten ihre Stories mit Aspekten aus, die über das reine »Wer-wird-wie-und-wann-zerfleischt?« hinausgehen.

Im ersten Alien-Film kann man beispielsweise nach dem »Fremden in uns« fragen. So wie das Alien die Raumfahrer von innen her überwältigt, so toben unbekannte psychische Kräfte in unserem Unbewussten, um vielleicht eines Tages hervorzubrechen. In Matrix ist es die Frage nach der wirklichen Natur der Welt, also in wie weit wir in der Realität oder in einer Schein-Realität leben. Solch ein Subtext bereichert die Geschichte und deshalb macht es Sinn, sich als Autor zu fragen, was die eigene Story in dieser Hinsicht zu bieten hat.

Ich hoffe, meine Gedanken sind hilfreich für Dich, wünsche Dir alles Gute für Deine weiteren Projekte.

Gruß Achillus

 

Hallo @Achillus,

gleich als erstes möchte ich dir für deinen Beitrag danken. Daraus lässt sich sowohl für diesen als auch für zukünftige Texte sehr viel mitnehmen. Der fliegende Wechsel zwischen Allgemeinem und Textbezug macht echt was her.

Nun zum Inhalt: Mit Der neue Mensch habe ich mir viel vorgenommen. Dabei war mein Ziel aber nicht, neue Höhen zu erreichen. Mir gefiel die Idee einer noch unerforschten, menschenähnlichen Spezies mit Beschäftigungszwang. Also habe ich einen Aufbruch ins Ungewisse gewagt, ein Konzept verfasst und angefangen. Somit hast du recht: Die Recherche kam eindeutig zu kurz. Ich bin beim Schreiben vollkommen unbewusst in derart schwierige Gefilde vorgedrungen und das schadet dem Text an einigen Stellen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es eine durchaus legitime Vorgehensweise ist, einfach loszulegen. Aber du schreibst ja auch nicht, dass jeder Text Recherche voraussetzt.

Die Glaubwürdigkeit des Textes hat sich seit dem ersten Hochladen schon deutlich verbessert. Schwer zu schlucken, dass er auf dieser Sachebene noch immer zu versagen scheint.

Jedes Jahr werden 15.000 bis 20.000 neue Arten (zuvor unbekannter Tiere, Pflanzen oder Mikroben) entdeckt.
Meinst du "nur 15.000 bis 20.000 neue Arten"? Ist es zu unwahrscheinlich, auf eine neue Spezies zu stossen, um damit rechnen zu können? Innerhalb von mehreren Jahren und an den verschiedensten Orten der Erde? Oder verstehe ich dich hier falsch?

Herr Delbrück ist jemand, der in etwas Großes hineingeraten ist. Er hat weniger Ahnung, als er glaubt und möchte unbedingt weiterforschen. Und dabei möglichst viel mediale Aufmerksamkeit abstauben. Aus dem Grund sagt er "Sie sind wie wir - nur ganz anders". Er eröffnet zum einen die Sensation, dass er es mit etwas Menschenähnlichem zu tun hat und legitimiert gleichzeitig seinen unverantwortlichen Umgang mit dieser neuen Spezies. Sie sind eben wie wir, das ist ja das Tolle - schaut alle her! Nur leider auch ganz anders, also ist es okay, sie einzusperren und an ihnen zu forschen. Das ist nicht logisch, das ist zweckmäßig.

Es ist aber kein Attribut des Menschen, »das große Ganze« zu sehen. Das tun wir nicht und haben es nie getan. Auch die Menschen sehen und verstehen stets nur Teile des erkennbaren Universums.
Der Homo Novus stellt sich die Sinnfrage nicht, er sieht sein Leben nicht als ein großes Ganzes, er bleibt zu jeder Zeit im Jetzt - und nicht mehr. Diese Aussage entsteht im Zusammenhang mit den nächsten beiden Sätzen. Aber wenn du nur den ersten von mehreren, aufeinander aufbauenden Sätzen nimmst, ergibt er natürlich nur wenig Sinn.

Wir wollen als Geschichtenerzähler eben auf einen bestimmten Plot hinaus und biegen uns die Welt, wie sie uns gefällt. So geht das aber nicht.
Da muss ich dir widersprechen. Seit wann geht das denn nicht, hab ich da was nicht mitbekommen? Es lässt sich nicht vermeiden, einen Fokus zu setzen, Dinge künstlich hervorzuheben und Unwichtiges wegzulassen. Der Herr Delbrück hat sicher viel getrunken während des Interviews, die Stimme will schließlich geölt werden. Wie kommt es also, dass er nicht erst das stille Örtchen aufgesucht hat, bevor er ins Labor gefahren ist? Ich erzähl dir jetzt im Vertrauen: Hat er vielleicht! Steht nur nicht im Text. Es ist ja nicht so, als würde ich zum Deus ex machina greifen, also nehme ich mir zumindest die Freiheit, herumzuschrauben.

Das Interview mit dem Delbrück ist so schnell vorbei, weil ich dem Leser nur seinen Ausgang zu Gemüte führe. Das hat den Grund, dass ich mich mit den Basics nicht herumschlagen wollte, denn das ...

Was würden die Journalisten fragen. Doch wohl Dinge wie: Wo wurde sie entdeckt? Wie sieht dieses Wesen aus? Kann es sprechen? Wie viele gibt es davon? Und so weiter.
... sind alles Fragen, die im weiteren Verlauf der Geschichte ohnehin geklärt werden. Vielleicht habe ich dich hier missverstanden, aber, dass das alles nur auftaucht, weil mir das als Autor gerade in den Kram passt, ist meiner Meinung nach in keinster Weise verwerflich. Problematisch wird es nur, wenn dabei die Logik flöten geht. Das ist hier nach meinem Verständnis nicht der Fall.

Jetzt habe ich dir viel widersprochen. Ich möchte aber klarstellen, dass du im Kern vollkommen richtig liegst. Fachwissen - ja, bitte! Plausibilität - unbedingt! Aber ich konnte nicht anders, als mich im Bezug auf die ersten beiden Punkte ein wenig zu erklären. Die Punkte drei, vier und fünf hingegen treffen voll ins Schwarze. Mehr Spannung hätte nicht geschadet, der Konflikt ist nicht gerade spitzenklasse und es fehlt eine Aussage. Deshalb bin ich dir umso dankbarer, dass du mir einen so schönen Leitfaden hinterlassen hast. Damit hilfst du mir sehr. Für diese und für zukünftige Kurzgeschichten.

Liebe Grüße,
N. Ostrich

 

Hallo N. Ostrich, schön, dass meine Gedanken Dir ein wenig helfen konnten. Hier noch ein paar Anmerkungen.

Meinst du "nur 15.000 bis 20.000 neue Arten"? Ist es zu unwahrscheinlich, auf eine neue Spezies zu stossen, um damit rechnen zu können? Innerhalb von mehreren Jahren und an den verschiedensten Orten der Erde? Oder verstehe ich dich hier falsch?

Weil es Tatsache ist, dass jedes Jahr tausende von neuen Arten (Spezies) entdeckt werden, macht es einfach keinen Sinn, wenn jemand sagt, man musste damit rechnen, dass eine neue Art entdeckt werden wird. Nein, nicht eine, sondern tausende. Womit man nicht rechnen konnte, war die Entdeckung einer neuen (anderen) Menschenart.

Der Homo Novus stellt sich die Sinnfrage nicht, er sieht sein Leben nicht als ein großes Ganzes, er bleibt zu jeder Zeit im Jetzt - und nicht mehr. Diese Aussage entsteht im Zusammenhang mit den nächsten beiden Sätzen. Aber wenn du nur den ersten von mehreren, aufeinander aufbauenden Sätzen nimmst, ergibt er natürlich nur wenig Sinn.

Das sind alles sehr unscharfe Kategorien und Begriffe: sich die Sinnfrage stellen, das große Ganze sehen, im Jetzt bleiben oder nicht – das hat alles nichts damit zu tun, ob ein Individuum der Spezies Mensch angehört. Ein Baby stellt sich die Sinnfrage sicher ebenso wenig, trotzdem würde niemand an seiner Menschlichkeit zweifeln. Über all diese Dinge können wir auch bei den Frühmenschen nur spekulieren. All diese Dinge gehen an einer biologischen Einordnung vollkommen vorbei.

Artverwandtschaft wird nicht über Verhaltensweisen definiert sondern über Abstammungslinien. Es ist also vollkommen egal, was dieser Homo novus da macht, ob er Vertreter einer Menschenart ist, hängt allein von seiner Abstammung ab, nicht davon, ob er in irgendetwas Sinn sieht oder nicht.

Da muss ich dir widersprechen. Seit wann geht das denn nicht, hab ich da was nicht mitbekommen? Es lässt sich nicht vermeiden, einen Fokus zu setzen, Dinge künstlich hervorzuheben und Unwichtiges wegzulassen. Der Herr Delbrück hat sicher viel getrunken während des Interviews, die Stimme will schließlich geölt werden. Wie kommt es also, dass er nicht erst das stille Örtchen aufgesucht hat, bevor er ins Labor gefahren ist? Ich erzähl dir jetzt im Vertrauen: Hat er vielleicht! Steht nur nicht im Text. Es ist ja nicht so, als würde ich zum Deus ex machina greifen, also nehme ich mir zumindest die Freiheit, herumzuschrauben.

Du musst Dich immer fragen, ob Du die Ereigniskette, die Du beschreiben möchtest, dramaturgisch bewältigen kannst. Manche Abläufe sind nur unter Schwierigkeiten in ein literarisches Format zu überführen. (Da passt dann vielleicht der Film besser.) Wenn Du einfach so drauf loskonstruierst, natürliche Abläufe verzerrst, damit sie in Deine Geschichte passen, dann leidet immer die Glaubwürdigkeit. In diesem Fall ist der Wissenschaftler unglaubwürdig, weil er von Wissenschaft zu wenig Ahnung hat. Der Interviewverlauf ist unglaubwürdig, weil die Fragen bei einem solchen Interview ganz anders gestellt würden. Klar kannst Du Dinge weglassen, aber nicht die Dinge, die die Situation überhaupt erst glaubwürdig machen.

Vielleicht habe ich dich hier missverstanden, aber, dass das alles nur auftaucht, weil mir das als Autor gerade in den Kram passt, ist meiner Meinung nach in keinster Weise verwerflich.

Doch, das ist es. Denn der Leser merkt, dass der Erzähler in irgendwo hinführen will. Es wirkt konstruiert, ausgedacht, unnatürlich. Die Führung soll aber unentdeckt bleiben. Der Leser darf nicht merken, dass dieses Gespräch jetzt nur geführt wird, weil das dann zu dem passt, was später kommt. Sonst ist es so, als würde man bei einem Kinofilm die Kulissen erkennen oder den Typen, der das Mikro hält. Das zerstört die Illusion.

Gruß Achillus

 

Hallo @Achillus,

ich sehe ein, dass Delbrücks Zuordnung weniger wissenschaftlich als philosophisch ist. Ich müsste schauen, ob ich es schaffe, die Stelle zu verändern, ohne den ganzen Text umkrempeln zu müssen. Könnte zum Problem werden. Ich möchte die Einleitung nicht mit Wissenschaft vollstopfen, nur um mehr Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Die Einleitung gibt dem Leser die Informationen, die er für den weiteren Verlauf der Geschichte benötigt und ich persönlich finde das vollkommen in Ordnung.

Trotzdem kann ich deine Argumentation durchaus nachvollziehen, aber irgendetwas sträubt sich in mir bei dem Gedanken, das Interview nachvollziehbarer zu machen, denn ich fürchte, dass es dadurch an Frische verliert / trockener wird. Zumindest bei diesem Text würde ich mich nicht wohl dabei fühlen. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen, außer, dass ich für zukünftige Texte mehr auf Glaubwürdigkeit achten und mit aller Kraft verhindern werde, dass das Mikro ins Bild ragt.

Liebe Grüße,
N. Ostrich

 

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