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Der Spiegel

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05.02.2015
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Der Spiegel

Es hatte sich nichts verändert. Dean starrte nun schon seit gefühlten dreißig Minuten auf dieselbe Stelle an seiner Wand. Nur ein kleiner blutiger Fleck, der vermutlich von einer Mückenjagd, aus seiner Kindheit kommt. Das muss nun schon gut acht Jahre her sein und es hatte sich immer noch nicht weder die Form, noch die Farbe des Fleckes geändert. Vielleicht hätte er sein Zimmer mal streichen sollen, dann hätte er jetzt nichts mehr, was ihn so fesseln könnte. Am liebsten würde er sich auf etwas Anderes konzentrieren, doch seine heftigen Kopfschmerzen ließen einzig und allein diese eine Stelle als jetzige Wahrnehmung zu. Aufstehen und sich anderweitig beschäftigen ist auch keine Option, denn er hatte Angst, bei der kleinsten Bewegung erbrechen zu müssen. Vielleicht war das Zeug doch etwas zu hart, das er von Samuel in der Schule bekommen hatte. Er meinte es wäre für „schlechte Zeiten“. Was das schon wieder heißen sollte, konnte er sich damals noch nicht vorstellen. Doch irgendwie kam er dem Ganzen nun auf die Schliche.

Dean war erst siebzehn und trotzdem hatte er schon so einiges hinter sich. Da wäre zum Beispiel die eine Nacht mit Sara, die er damals, Gott weiß wie, rumgekriegt hatte. Sie waren beide sechszehn und sie kam zu ihm zu einem DVD-Abend. Und jeder aus Deans Freundeskreis wusste natürlich, was damit gemeint war. Er wollte es auch. Er wollte es wirklich. Er hätte nichts lieber getan, als auf klassische Weise seinen Arm, bei einer schlimmen Szene aus einem Horrorfilm um sie zu legen. Vielleicht hätte sie sich sogar noch an ihn ran gekuschelt? Das wäre klasse gewesen. Wenn da nur der Alkohol nicht gewesen wäre. Natürlich, sie waren sechzehn und allein, also konnten sie es sich so richtig gut gehen lassen. Doch nach dem fünften Glas Wodka-Orange konnte man nicht mehr von „gut gehen“ sprechen. Er war so besoffen, dass er versucht hatte sie zu küssen und dabei auf ihr Dekolleté kotzen musste. Ja das war damals ziemlich peinlich und sie hatte mit ihm nie wieder ein Wort gewechselt, zumindest glaubte er das. War da nicht noch irgendwas danach? Nein er konnte sich nicht mehr erinnern. Das war auf jeden Fall ein richtiger Höllentrip und trotzdem ging es ihm damals nicht annähernd so schlecht wie jetzt.

Auf einmal klingelte es unten an der Tür und der Schall dämmerte noch hunderte Male durch seinen Kopf, dass er versuchte, seine schweißnassen Hände an seine Ohren zu pressen. Doch er spürte seine Muskeln nicht mehr und versagte schon bei einer solch einfachen Aufgabe. Trotz allem erhob er sich von seinem Drehsessel, der ihm auf einmal erstaunlich klein vorkam und taumelte in Richtung Tür. Er wusste, er würde es nicht schaffen, die Türklinke zu betätigen. Geschweige denn die Treppe unverletzt zu benutzen, die zu seiner Haustür führte, an der offensichtlich Jemand auf ihn wartete. Und er hatte Recht, denn schon wieder kam der ohrenbetäubende Klang seiner Türklingel und er knickte ein, fiel mit einem unüberhörbar dumpfen Schlag auf den Boden und krümmte sich auf diesem vor Schmerzen. Warum hatte er nur so viel von dem Zeug genommen? Gab es irgendeinen Grund dafür, dass er sich solche Schmerzen absichtlich zufügte? Er war sich sicher, dass es irgendeinen Grund für die Einnahme dieser Pillen gab, jedoch konnte er sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.

Langsam kroch er nach vorn, zu seiner guten, alten Zimmertür, die immer noch zwanzig Meter entfernt lag. Zumindest kam ihm dies so vor. Noch ein Klingeln. Diesmal war es so laut, dass er nichts Anderes mehr wahrnahm, als den Schmerz, der sich durch alle seine Gliedmaßen fraß. In der Hoffnung, dass irgendjemand ihm helfen könnte, streckte Dean seine Hand nach der Tür aus. Sie schwankte in der Luft, denn er konnte schon lange nicht mehr den erforderlichen Gleichgewichtssinn aufbringen, diese gerade zu halten. Seine Augenlieder wurden schwer und er dachte, er würde nun bewusstlos werden. Doch auf einmal griff Jemand sehr Kräftiges, seine sinkende Hand. Dean erschrak und riss die Augen auf. Was er erblickte, raubte ihm seinen unregelmäßigen Atem. Die pechschwarzen Haare, die smaragdgrünen Augen und nicht zuletzt die kleine Nase, die er für sich persönlich immer für zu weiblich empfand. Alles war gleich. Er erblickte im Prinzip sich selbst ins Gesicht. Aber wie konnte das sein? War ein Einbrecher im Haus und wegen den heftigen Drogen hatte er die Vorstellung, sich selbst zu sehen? Oder war alles nur Einbildung? War er vielleicht tot? Es blieb ihm nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn sein Gegenüber ergriff das Wort: „Ich bin enttäuscht von dir.“. Dean starrte seine Kopie fragend an. „Du versinkst in Selbstmitleid und alles was dir einfällt, ist dich mit Drogen umzubringen?“. Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte. War er nun doch tot? Vielleicht war ja dieser Doppelgänger eine Art Gewissen. Aber die Drogen mussten trotzdem eine Rolle spielen, anders konnte er sich das nicht erklären. Die Kopie fuhr fort:“ Ich habe schon immer gewusst, dass du ein verweichlichter Verlierer bist! Was hast du denn? Nichts! Niemand liebt dich, niemand kann dich leiden und nun ist noch nicht einmal mehr deine geliebte Mutter da, um dir in deinem erbärmlichen Leben Halt zu geben!“. In Dean brodelte es. Er wusste nicht wieso, jedoch konnte er die Tatsache, dass er sich im Prinzip von sich selbst beleidigen lassen musste, nicht einfach hinnehmen.

Nichts fiel ihm ein, was zu der jetzigen Situation eine Lösung sein könnte, außer vielleicht diesem Großmaul Einhalt zu gebieten. Aber genau das wollte er jetzt auch. „Halt dein dreckiges Maul!“, brüllte Dean los und stürzte mit einem Satz auf sich selbst. Er drückte seine Kopie, die sich gefühlslos wehrte zu Boden und suchte nach Etwas um sein Zappeln zu stoppen. Dieser Aufwand war allerdings gar nicht erst nötig, denn er blickte plötzlich auf die glänzende zerbrochene Unterseite einer halben Whiskey Flasche, die sich bereits in seiner rechten Hand befand. Er wusste beim besten Willen nicht, wie diese dahin gekommen war, jedoch wollte er sich auch nicht beschweren. Also machte dieser eine ruckartige Bewegung mit seiner rechten Hand und beförderte die scharfe Flaschenseite in die Schulter seines Gegenüber und trotzdem zeigte dieser keine Reaktion. Das einzige Ergebnis war eine unnormal starke Blutfontäne, die ihm entgegenspritzte und seinen kompletten Oberkörper besudelte. Doch das Blut war nicht rot, sondern eher schwarzblau. Eine undefinierbar stinkende Flüssigkeit, die einfach nicht aufhören wollte heraus zu plätschern. Er bekam davon einiges in den Mund. Viel. Wohl ehr zu viel. Eigentlich bekam er so viel davon in Mund, dass er seinen Würgereiz nicht mehr kontrollieren konnte und sich übergeben musste, doch die andere Flüssigkeit kämpfte gegen seinen eigenen Strahl an und er gluckste vor sich hin, bis alles verschwamm, schwarz um ihn herum wurde und er zu Boden sackte.

„Dean, kannst du mich hören? Dean!?“, eine sehr vertraute Stimme weckte seine Aufmerksamkeit und er wagte es, einen Blick zu riskieren. Dean blickte in die wunderschönen, blaugrünen Augen seiner Freundin Sara. Seine Freundin Sara. Er war mit seiner Freundin bei einem DVD-Abend zusammen gekommen. Nun erinnerte er sich wieder an alles. Er erinnerte sich an die peinliche Geschichte mit dem Alkohol und auch an seine Mutter. Seine Mutter. Jetzt wurde ihm alles wieder klar. Seine Mutter hatte vor Kurzem einen Autounfall, bei dem sie von einem Laster erfasst wurde. Dieser hatte sie von einer Brücke gerammt und sie war daraufhin ertrunken. Das war kurz vor seinem Drogentrip. In diesem Moment kam ein Arzt herein, was darauf schließen ließ, dass er in einem Krankenhaus war. Natürlich war er das, überall war alles weiß und die Klischee Betten waren vorhanden und auch der alte, billige Röhrenfernseher oben an der Wand. Alles hatte schon von Anfang an auf einen Krankenhaus Aufenthalt gedeutet. Der Arzt stellte sich vor Dean hin und blätterte bei seinem Klemmbrett. „Also Dean Walters. Sehr hoher Alkoholpegel und eine Fleischwunde an der linken Schulter. Sie sind in eine zerbrochene Flasche gefallen mein Junge. Ziemlich tollpatschig aber das wird wieder.“ Dean verstand gar nichts mehr. Was war mit den Drogen, die er geglaubt hatte genommen zu haben, oder die eigene Kopie, die er umgebracht hatte? War das jetzt alles er selbst gewesen? Hatte er sich alles viel schlimmer zusammenfantasiert als es eigentlich war? Aber nein, das Zeug hatte er sich ganz bestimmt eingeworfen, vielleicht ist es bisher einfach noch niemandem aufgefallen. Er musste es tun, er fand einfach keinen anderen Ausweg, immerhin war seine Mutter gestorben. Das wusste er ganz sicher. Auch wenn der Arzt sagte, er wäre in eine Flasche gefallen, so konnte er sich doch noch ganz genau an die eigenen Augen erinnern, die ihn so kalt angesehen hatten. „Wo ist das alles passiert?“, fragte Dean seine Freundin mit einem leichten Krächzen. Diese wunderte sich leicht über die genaue Frage aber antwortete ihm wütend: „Also ich bin mir nicht sicher wo du überall warst, aber als ich bei dir war und geschlagene zehnmal an der Tür geklingelt hatte, habe ich den Reserveschlüssel unter dem Blumentopf benutzt und dich dann vollgekotzt im Bad gefunden. Du hast deinen Spiegel zerbrochen und wärst fast an deinem eigenen Erbrochenen erstickt. Dass du dich nicht schämst.“ So war das also. Es wurde ihm alles klar. Es war der Spiegel.

 

Hallo TobiSchwarzer,

ein paar Tage ist deine Geschichte nun schon alt und noch keine Kommentare. Ich glaube zu wissen weshalb. Ich selbst habe es nämlich so gerade geschafft, mich durch die ersten beiden Absätze zu quälen. Danach hatte ich keine Lust mehr. Zu viele Fehler, zu viele Merkwürdigkeiten. Exemplarisch nehme ich dir jetzt mal den ersten Absatz auseinander. Den Rest solltest du selbst auf Vordermann bringen.

Es hatte sich nichts verändert.

Warum sollte das von Belang sein? Auf welche Zeitspanne bezieht sich das überhaupt? Auf die dreißig Minuten, die er die Wand anstarrt oder auf die acht Jahre zuvor? Ein unglücklicher Einstieg.

Dean starrte nun schon seit gefühlten dreißig Minuten auf dieselbe Stelle an seiner Wand. Nur ein kleiner blutiger Fleck, der vermutlich von einer Mückenjagd, [das Komma muss weg] aus seiner Kindheit kommt [kam. Besser noch: stammte].

Beide Sätze sind unschön. Der Fettmarkierte ist nicht einmal ein Satz. Natürlich ist sowas prinzipiell erlaubt, hier mutet es aber merkwürdig an. Wirkt irgendwie aus dem Zusammenhang gerissen. Außerdem erscheint mir die Formulierung "blutiger Fleck" komisch an. Ist es ein Blutfleck oder ist es ein Fleck, der nur blutig wirkt?

Das muss[te] nun schon gut acht Jahre her sein und es hatte sich immer noch nicht weder die Form, noch die Farbe des Fleckes geändert.

"[...] und weder die Form, noch die Farbe hatten sich verändert."

Außerdem: Von dem Moment, da die Mücke erschlagen wurde, bis zu dem Moment da der Protagonist ihre Überreste acht Jahre später anstarrt, hat sich die Farbe des Flecks bestimmt verändert. Kurz nach dem Tod der Mücke wird der Fleck rot gewesen sein, vermischt mit den anderen Überresten der Mücke. Im Verlauf der Zeit wird sich der Fleck dann dunkel gefärbt haben.

Vielleicht hätte er sein Zimmer mal streichen sollen, dann hätte er jetzt nichts mehr, was ihn so fesseln könnte.

Der Sinngehalt dieses Satzes tendiert gegen Null.

Am liebsten würde er sich auf etwas Anderes konzentrieren, doch seine heftigen Kopfschmerzen ließen einzig und allein diese eine Stelle als jetzige Wahrnehmung zu.

Komischer Satz, holprige Formulierung. Wieso konzentriert er sich überhaupt auf irgendwas? Wahrscheinlicher ist doch, dass er einfach ins Leere starrt.

Auf[zu]stehen und sich anderweitig [zu] beschäftigen[KOMMA] ist [war] auch keine Option, denn er hatte Angst, bei der kleinsten Bewegung erbrechen zu müssen.

Vielleicht war das Zeug doch etwas zu hart [gewesen], das er von Samuel in der Schule bekommen hatte.

Er meinte[KOMMA] es wäre für „schlechte Zeiten“.

Was das schon wieder heißen sollte, konnte er sich damals noch nicht vorstellen.

"schon wieder"? Was hat denn der Samuel noch so Kryptisches von sich gegeben? Und wann ist "damals"? Das klingt, als wäre es sehr lange her, dass Samuel ihm die Flasche gegeben hat. Aber der Protagonist ist gerade mal 17.

Wie du siehst, gibt es kaum einen Satz, an dem ich nichts auszusetzen habe. Da macht das Lesen dann eben nicht viel Spaß. Darüber hinaus ist der Anfang der Geschichte auch nicht besonders interessant. Ein Typ starrt eine Wand an. Das war's. Wenn du das interessant gestalten willst, musst du da viel tiefgründigere Gedanken reinstecken. Aber gut, ich denke, du solltest dich erstmal auf das Sprachliche konzentrieren. Wenn das stimmig ist, macht das deine Geschichte schonmal um einiges besser und dann kann man sie vermutlich auch zu Ende lesen.

Viele Grüße
Mix

 

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