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Der Topf

Seniors
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18.04.2002
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Der Topf

Ich kann mich noch genau daran erinnern, als die Lichter in den Häusern überall angingen.

Fenster schimmerten mit gelbem Glanz, wie falsch geformte Sterne. Silhouetten von neugierig nach vorne gestreckten Köpfen, von gestikulierenden Armen, auch Fäuste waren vage erkennbar. Die ersten Fenster öffneten sich, empörte Rufe konnte man hören: „Ruhe! Was soll dieser Krach! Es ist zwei Uhr nachts!“ Aufgeregtes Stimmengewirr, erzürnte Fragen nach dem Verursacher dieses hässlich scheppernden Lärms.
Tock, tock, tock ...
Inzwischen hatten einige der aufgeregten Menschen die Zeit gefunden ihre Kleidung anzuziehen, und ins schummrig neblige Freie zu laufen. Sie waren nun Informanten der aufgebrachten, drohenden Schattenspiele. „Ein nackter Mann mit nassen Haaren sitzt mitten auf der Straße! Ja, er hämmert mit einer Schere auf einem Topf herum! Er blickt starr nach vorne, mit weit aufgerissenem Mund, er stößt einen stummen, schier endlosen Schrei aus!“ Wütende Menschengruppen wurden am Straßenrand gebildet, ihre Aggressivität wuchs mit der Dauer des infernalischen Lärms, angespornt durch die Unnahbarkeit des Mannes. Bekleidet, gar schreiend wäre er schon längst angefasst, zur Seite geschleift, jedenfalls seines Topfes beraubt worden.
Tock, tock, tock ...
In einem vorwurfsvollen Ton bemerkte einer der Umstehenden, dass er die Polizei verständigt habe. Eine Art Erleichterung, weil irgendetwas unternommen worden war, ergriff die Menge. Inzwischen hatte eine alte Frau, schmerzgeplagt humpelnd, den erstarrt blickenden Mann erreicht. Mehr um sich selbst zu überzeugen bemerkte sie, der Krachmacher sei doch der Herr Freudzinger. Von einer Welle des Erstaunens getragen, wurde die Nachricht unter allen Umstehenden verbreitet. „Der Freudzinger - na so was, ist das nicht dieser stets freundliche, zurückhaltende Mann?“ „Nun, er war auch immer etwas verschlossen, es gibt halt diese unberechenbaren Typen.“
Mittlerweile hatten zwei Polizisten den Schauplatz erreicht. „Gut, dass sie eingreifen, langsam wird's Zeit!“ „Stoppt diesen Verrückten!“, rief ein aufgebrachter Anwohner.
Tock, tock, tock, schallte der Topf.
Der größere der beiden Polizisten hatte sich fast schützend vor den Mann gestellt. „Geht nach Hause, Leute“, sagte der Beamte, zu den Rufern gewandt. „Wir wissen, dass Herrn Freudzingers Frau vor einer Stunde an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben ist.“ Verschämt blickten die Menschen auf ihre Füße, es wirkte fast linkisch, als sich die Umstehenden leise tuschelnd zurückzogen.
Tock, tock, tock ...
Der Polizist legte eine Decke um den frierenden, seine seelische Verwundung so offen zeigenden Mann. Für einen Moment noch hörte man die jetzt gedämpften Trommelschläge auf dem kalten Metall des Topfes.
Ruhe durchzog wie ein seltsames, von Menschen gemachtes Gespinst die Häuserreihen. Die Lichter in den Häuserreihen gingen aus, sie waren nun verschwunden, die falsch geformten Sterne.

Ich drehe mich um. Wie lange hatte ich aus dem Fenster gestarrt?
Meine Frau war gerade dabei, unseren Küchenschrank aufzuräumen. Sie hat mich etwas gefragt, steht lächelnd vor mir, mit einem zerbeulten Topf in ihren Händen. „Brauchen wir den noch?“
„Nein”, antworte ich, „den brauchen wir nicht.”

 

Hallo Woltochinon,
auch ich war mal zornig, als ich in der Nacht durch den nachbarlichen Streit geweckt wurde. Ich war abgespannt und müde und dachte nur daran, wie rücksichtslos die Nachbarn waren. An deren Gründe für den Twist dachte ich nicht.
Gesellschaftlich ist diese Geschichte als Zeitgeist zu sehen: Jeder denkt nur an sich. Wenn dann deutlich gemacht wird, warum ein Mensch sich absonderlich verhält, treten automatisch Schuldgefühle ein. Aber ändern wir dadurch unser Verhalten? Anstatt unser Verhalten zu reflektieren, tritt hier nur das Hinnehmen der Situation ein.
Das ist jedoch nur der eine Handlungsstrang dieser Geschichte.
Die andere Handlung ist viel subtiler.
Der Protagonist erinnert sich. Ich denke da an einen Traum. In diesen Traum sieht er sich selbst. Durch den Wechsel der Erzählperspektive gelingt dir der Übergang gut. Dass der nackte Mann und der anfängliche Ich-Erzähler identisch sind, finde ich durch den Namen Freudzinger ;) bestätigt.
Kläre ich jetzt die Traumsymbole Topf und Schere und Nacktheit und Nebel kann ich interpretieren, dass das Unbewusste und das Bewusste im Menschen nicht trennbar sind. Auch wenn die Schere es versucht, es gelingt ihr nur Beulen ins Unterbewusstsein zu klopfen. Der nackte Mann, Symbol für die Entblößung seines Wesens steckt im Nebel. Die Sicht ist vernebelt, er ist unnahbar.
Die Gesellschaft ist nicht in der Lage das Wesentliche zu sehen, obwohl deutliche Hinweise wie Vereinsamung vorliegen.
Schön dann wieder der Übergang zur Ich-Perspektive.

Nein”, antworte ich, „den brauchen wir nicht.”

Den alten Topf in der Küche nicht, aber die Metapher; das Unterbewußte jedoch um unsere Tageserlebnisse zu verarbeiten.

Fazit: Wenn Menschen sich ihre Geisteshaltung bewusst machen würden, ist ein Wandel der Gesellschaft möglich, wenn sie das Wesentliche erfasst.
Schöner poitischer Sprachstil, hat mir gefallen, was sonst. Darum schließe ich als Anerkennung mit folgendem

Zitat:
It is your mind that creates this world (The Buddha)

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Hallo Woltochinon!

Deine gut formulierte Geschichte über das Problem vieler Menschen, Gefühle wie Trauer und seelischen Schmerz Anderen mitzuteilen, gefällt mir! Du hast das Thema bildreich verpackt und, wie bei Deinen Texten üblich, Verschlüsselungen eingebunden, die darauf warten, entdeckt zu werden.

Folgend noch ein paar Assoziationen, die sich mir beim ersten Lesen aufdrängten.

Ich kann mich noch genau daran erinnern, als die Lichter in den Häusern überall angingen.
Den Menschen ging ein Licht auf.
Fenster schimmerten mit gelbem Glanz, wie falsch geformte Sterne.
Strahlten trügerische Hoffnung aus.
Inzwischen hatten einige der aufgeregten Menschen die Zeit gefunden sich anzuziehen, ins schummrig neblige Freie zu laufen.
Sie sind aufgewacht, blicken aber noch nicht durch.
Ein nackter Mann mit nassen Haaren sitzt mitten auf der Straße!
Ein Mensch entblößt sein Ich vor den anderen.
Ja, er hämmert mit einer Schere auf einem Topf herum!
Topf = Mittel um Aufmerksamkeit zu erregen, steht aber auch für ihn selbst ("Topf", der seinen "Deckel" verloren hat). Schere = zerschneidet die Stille und kappte das Band zu seiner Frau.
Wütende Menschengruppen bildeten sich am Straßenrand, ihre Aggressivität wuchs mit der Dauer des infernalischen Lärms, angespornt durch die Unnahbarkeit des Mannes.
Die Allgemeinheit reagiert mit Wut und Unverständnis auf diese Art der Bitte um Aufmerksamkeit.
Eine Art Erleichterung, weil irgendetwas unternommen worden war, ergriff die Menge.
Niemand ergreift die Initiative, alle warten, dass ein Helfer (Polizei) den ersten Schritt macht.
„Der Freudzinger - na so `was, ist das nicht dieser stets freundliche, zurückhaltende Mann?”
Der Mensch verhält sich irritierend, anormal (s. S. Freud).
Verschämt blickten die Menschen auf ihre Füße, es wirkte fast linkisch, als sich die Umstehenden leise tuschelnd zurückzogen.
Nachdem sie die Ursache für den "Lärm" kennen, ziehen sie sich unsicher zurück, anstatt zu helfen.
Der Polizist legte eine Decke um den frierenden, seine seelische Verwundung so offen zeigenden Mann.
Die Verwundung wird nicht wirklich gelindert, sondern nur oberflächlich behandelt.
Die Lichter in den Häuserreihen gingen aus, sie waren nun verschwunden, die falsch geformten Sterne.
Die Hoffnung erlischt.
„Nein”, antworte ich, „den brauchen wir nicht.”
Mitteilung jedweder Art findet ohne Umwege, ganz direkt statt.

Fazit: Eine vielschichte Geschichte, die zum Nachdenken anregt.


Lieben Gruß
Antonia

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Goldene Dame,

toll, dass Du die beiden Ebenen gesehen hast! Die Menschen, die die `Gesellschaft´ repräsentieren, möchte ich insofern entschuldigen, dass sie von der Situation überfordert sind.
Der Topf und die Schere dienen dem Mann als Instrument (im doppelten Wortsinn) seinen Schmerz auszudrücken. Er selbst bleibt stumm.

Zitat:
Der Protagonist erinnert sich. Ich denke da an einen Traum.

Ja, (es muss aber nicht unbedingt ein Traum sein) vielleicht ein Tagtraum? Jedenfalls erinnert er sich an Erlebtes.

Zitat:
Dass der nackte Mann und der anfängliche Ich-Erzähler identisch sind, finde ich durch den Namen Freudzinger bestätigt.

Der Name steht außerdem im krassen Gegensatz zu der geschilderten Situation.

Zitat:
Kläre ich jetzt die Traumsymbole Topf und Schere und Nacktheit und Nebel kann ich interpretieren, dass das Unbewusste und das Bewusste im Menschen nicht trennbar sind. Auch wenn die Schere es versucht, es gelingt ihr nur Beulen ins Unterbewusstsein zu klopfen.

An Unbewusstes und Bewusstes habe ich nicht gedacht. Schere- spitz, `verletzend´, Metall- kalt (auch der Mann friert) Der Topf `agiert´ stellvertretend für den Mann).

Zitat:
Der nackte Mann, Symbol für die Entblößung seines Wesens steckt im Nebel. Die Sicht ist vernebelt, er ist unnahbar.

Er ist unnahbar, aber auch die Gesellschaft. (Die Fenster sind da auch von Bedeutung).

Zitat:

Nein”, antworte ich, „den brauchen wir nicht.”


Den alten Topf in der Küche nicht, aber die Metapher.

Der alte Topf wird (hoffentlich) nicht noch einmal zum selben Zweck gebraucht, aber, wie Du es so schön sagst, die „Metapher“ schon, für ähnliche Zwecke (s.o.).

Vielen Dank für Deine Anerkennung und den Blick hinter die Kulissen.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hi,Wolto.
Nein, ich bin kein Papagei, hatte nur keine Lust die Kommentare durchzulesen.:)
Eine weitere Sache vorweg: den Frierenden, oder?
Die Story gefällt mir, auch deine Umsetzung finde ich gelungen. Erst diese lauten übertriebenen Schreierein und dann, die Schahm. Eine Situation der man ständig im Alltag begegnet, die man an sich selbst vielleicht schon beobachtet hat, ist hier sauber gezeichnet worden. Gefällt mir gut dieses "Gesellschaftsbild", vor allem, weil du es auch unterlässt, den Leser zu Schulmeistern, was beim schreiben sicher nicht ganz einfach war (mir persöhnlich geht 's bei solchen Texten jedenfalls oft so).
Ich frage mich nur, ob diese Kernstoy evtl. den oberen und unteren Absatz gar nicht braucht? Wenn du die streichst und die damit verbundene Nebenstory so weg fällt, wird die Kernstory vielleicht noch klarer. Immerhin wird auch so deutlich worauf du hinaus willst.
HAND Nice

 

Hallo Antonia,

vielen Dank für Dein Lob über Form und Inhalt meiner kleinen Geschichte.

Zitat:
Schere = zerschneidet die Stille und kappte das Band zu seiner Frau.

An das Kappen des Bandes zu seiner Frau habe ich nicht gedacht. (Ist aber eine Möglichkeit).

Zitat:
Niemand ergreift die Initiative, alle warten, dass ein Helfer (Polizei) den ersten Schritt macht

Genau. Dieses den `Kopf in den Sand stecken´ durch `Delegieren´ ist ein ziemlich verbreitetes Phänomen.

Zitat:
Die Lichter in den Häuserreihen gingen aus, sie waren nun verschwunden, die falsch geformten Sterne.
Die Hoffnung erlischt.

Eigentlich erlischt die Hoffnung schon bei der Feststellung, dass es sich um `falsche Sterne´ handelt. Eine erleuchtete Wohnung symbolisiert eigentlich Wärme, Mitmenschen. Am Schluss gibt es gar keine Sterne mehr, noch nicht einmal `falsch geformte´.

Danke für Deine Gedanken,

alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Salut Wolto,

Eine sehr schöne und atmosphärisch dichte Geschichte. Das auffallenste dabei haben Antonia und Goldene Dame ja schon beschrieben. Und da ich der Szenerie eigentlich keine negative Kritik abgewinnen kann, werde ich es wohl einmal ganz kurz halten müssen.

Mittlerweile hatten zwei Polizisten den Schauplatz erreicht. „Gut, dass sie eingreifen, es wird Zeit!” „Stoppt den Verrückten” hörte man rufen.

Traurig wie schnell die Menschen Vorurteile gewinnen.

liebe Grüße!
Thorn :)

 

Hallo Nice,

danke für Deinen netten Kommentar.
Es stimmt- zum Verständnis der geschilderten gesellschaftlichen Umstände bräuchte man die Einleitung und den Schluss nicht. Die Kernstory habe ich aus zwei Gründen in einen Rahmen gebettet: Einmal, um den Protagonisten nach der Verarbeitung seiner extremen Situation darzustellen, aber auch damit der Text eine `richtige´ Geschichte (im Sinne eines sich wandelnden Geschehens) ist.

Zitat:
um den frierenden, seine seelische Verwundung so offen zeigenden Mann.

Es geht um den frierenden Mann, also Kleinschreibung.

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

@ Woltochinon
Ich muss sagen,deine Schreibweise gefällt mir,obwohl ich mich frage,ob du tatsächlich bewusst,sozusagen diese Instrumente(Topf,Schere...)verwendet hast.
Zum Beispiel die Schere,die ja die Stille zerschneidet.Hast du während dem Schreiben absichtlich die Schere als Instrument gewählt,weil man sie auf diese Weise interpretieren kann?
Ich denke nämlich ,dass jeder die Dinge anders interpretieren kann.
Wenn ich schreibe,achte ich nicht darauf,welche Instrumente ich wähle.
Es ist reiner Zufall,eben.Ich denke auch ,dass genau dieser Zufall die Geschichte ausmacht,ihr sozusagen den Kick gibt.
Ansonsten muss ich sagen:
Ich habe mich königlich amüsiert.
Liebe Grüße
fliegender Stern

 

Hallo Thorn,

leider komme ich erst jetzt dazu, Dir zu antworten.
Keine Kritikpunkte - das freut des Autoren Herz! Du schreibst:

Zitat:
Traurig wie schnell die Menschen Vorurteile gewinnen.

Das Bilden von Vorurteilen scheint irgendwie ein menschlicher Reflex (?) zu sein, vielleicht braucht man den, um eine Situation durch Vereinfachung (vordergründig) besser einschätzen zu können. War auch erstaunt, wie die Leute sich dann verdrücken...

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo fliegender Stern,

die „Instrumente“ füge ich oft nach dem Schreiben einer Geschichte passend ein. Dann habe ich an der entsprechenden Stelle während des Schreibens einfach ein `X´ als Markierung gemacht. Wenn ich groß überlegen würde, welchen Ausdruck ich an einer bestimmten Stelle verwende, wäre der Schreibfluss bei mir unterbrochen (meistens schreibe ich eine Geschichte an einem Stück).
Die Interpretation des Lesers kann natürlich trotzdem ganz anders sein, das kommt z.B. auch auf seinen persönlichen Hintergrund, seine Erfahrungen, an.
Danke für Deine Anmerkung,
(Die Geschichte hat Dich amüsiert??).
liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Woltochinon!

Gut gewählt finde ich den voyeuristischen Blickwinkel. Der Erzähler greift ja keineswegs in das Geschehen ein. Er verhält sich alles in allem sehr distanziert und begnügt sich damit, zu erkennen. Eine Aussage fand ich besonders interessant weil ich in so einem Zusammenhang noch nie derartige Überlegungen angestellt habe. Nämlich dein Gedanken, dass der Mann längst weggezerrt worden wäre, hätte er Kleidung angehabt.

Die Auflösung, wieso der Mann tonlos schreit und sich dennoch Zuhörer verschafft, gefällt mir wirklich sehr gut. Es steckt viel Kritik an der Gesellschaft zwischen den Zeilen, am Verhalten der Menschen. Einerseits ist der Mensch in unseren Breiten relativ unfähig seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, vor allem, wenn es um Schmerz, um Verlust geht. Andererseits ist der Mensch überfordert, durch die vielen akustischen und optischen Reize, sodass jede Alltagshandlung bereits zu einer Überreaktion führen kann.

Besonders gelungen finde ich, dass trotz der ganz feinen Spitzfeder keiner der Beteiligten schwarz- und weißzeichnerisch angreifbar wird. Alles vernebelt sich durch Unwissenheit, Angst und Fehlinterpretationen. Deshalb fand ich es gut, keine moralische Anklage am Schluss zu lesen. Denn zum einen liegt Moral immer im Herzen des Betrachters und zum anderen wäre mir der Moment der Selbstreflektion dadurch genommen worden. Wir erfahren nur wie der Beobachter das Gesehene einfach in seine eigene Lebenswelt integriert. Und das kann jeder Leser nun auch für sich tun.

Ich hab es sehr genossen wieder mal einem deiner Gedankenspiele zu folgen und dabei neue Fragen für mich selbst zu finden.


Einen herzlichen und lieben Gruß an dich, Eva

 

Hallo schnee.eule,

es hat mich sehr gefreut, wieder einmal etwas von Dir zu hören!
Diesem, von Dir aufgeführten Aspekt, hatte ich bis jetzt gar nicht richtig beachtet, vielen Dank für den Hinweis:

„Andererseits ist der Mensch überfordert, durch die vielen akustischen und optischen Reize, sodass jede Alltagshandlung bereits zu einer Überreaktion führen kann.“

Ich habe den Verdacht, dass diese Überforderung zum Teil auch eine gewollte Funktion hat, nämlich die Ablenkung von schwierigen Fragen oder Gefühlen.

Du schreibst:
„Nämlich dein Gedanken, dass der Mann längst weggezerrt worden wäre, hätte er Kleidung angehabt.“
Da habe ich auch sehr überlegt, ob die gewünschte Aussage deutlich wird, irgendwie wollte mein kulturelles Gewissen mich überzeugen - muss es denn gleich ein Nackter sein? (Nun im Leben geschieht auch das Unwahrscheinliche, vor allem in Grenzsituationen).

Was kann sich ein Autor mehr wünschen, als die Aussage in Deinem Schlusssatz?
Vielen Dank...

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hi Woltochinon,
ich dachte mir, ich sollte noch eine Geschichte von dir lesen. Vielleicht bin ich bei dieser ja weit weniger intellektuell gefordert, als bei deiner letzten ;)
Spaß beiseite! Der Topf hat mir außerordentlich gut gefallen. In einer gut gewählten Sprache zeigst du ein enormes Problem der heutigen Gesellschaft auf. Diese ist als solche, schon gar nicht mehr zu benennen, denn jeder denkt zuerst an sich, dann an die Welt... und deutet andere Personen zuerst einmal als störenden Faktor. Warum und Weshalb spielt dabei keine Rolle. Man muss die Menschen aufrütteln, damit sie erkennen...förmlich wach schlagen...
Aber selbst dann ist ein Erfolg nicht absehbar.
Gelungene kg mit Tiefgang!

Einen lieben Gruß...
morti

 

Hallo morti,

seltsam - vorgestern hat mich jemand auf diese Geschichte angesprochen, nun deine nette Kritik dazu. Danke!

„förmlich wach schlagen...“

Das ist ein zentraler Punkt, das hast du treffend gesagt.

L G,

tschüß... Woltochinon

 

hey Woltochinon!

Bin durch Zufall auf deine kurze und doch sehr ergreifende Geschichte gestoßen. Hat mir gefallen, wie du mit Bildern umgehst. Hab mir diesen armen Mann sehr genau vorstellen können. Leider hab ich mir auch die Menschen vorstellen können, die schimpfen und reden, aber nichts tun, wenn es ihnen schon nicht passt, ganz zu schweigen davon, dass sie ja nicht einmal wissen, warum der Mann sowas tut!
Dann wartet man, und lässt den Job (also das ENtfernen des Mannes) mal wieder den anderen über, weil von der Menge, die zusieht, keiner den Mumm hat und etwas unternimmt. Sei es auch nur, dass man versucht den Mann anzusprechen. Sieht man viel zu oft im Leben.

Grüße,
One

 

Nachdem mir jemand vorhergesagt hat, dass eine Geschichte mit so einem Titel nicht gelesen wird, freue ich mich umso mehr um eine erneute Zuschrift!

Hallo one weak

„Dann wartet man, und lässt den Job (also das ENtfernen des Mannes) mal wieder den anderen über, weil von der Menge, die zusieht, keiner den Mumm hat und etwas unternimmt“

Genau - Freiheit predigen, aber sobald Verantwortung gefragt ist, sich einer Obrigkeit unterstellen - immer wieder derselbe Mechanismus. Und wenn mal jemand Zivilcourage zeigt, dann tut man so, als sei das selbstverständlich, aber irgendwelche `Prominente´ bekommen Orden als wenn ihre beruflichen Leistungen etwas Besonderes wären, dabei haben sie doch viel Geld für ihre Tätigkeit bekommen.


L G,

tschüß... Woltochinon


Hallo kraM,

„man merkt dann das man selbst wohl genauso gehandelt hätte, auch wenn man sich beim lesen fragt: "wie können diese gaffer nur"...ich hoffe man versteht meinen gedanken“

Aber sicher! Du bringst die Sache genau auf den Punkt! Eine der schwersten Übungen ist halt, gegen den Strom zu schwimmen, buchstäblich aus der anonymen Masse herauszutreten.

L G,

tschüß... Woltochinon

 

Hi Woltochinon!

Jetzt bist du auch mal wieder dran.

Das Ganze ist eine schöne Parabel über menschliches Verhalten, so kommt es mir jedenfalls vor. Man verfolgt seine eigenen Interessen (in diesem Fall soll der Lärm aufhören), sieht eigentlich nur Teilaspekte. Dann, als man die Gesamtheit sieht (bzw. erfährt) wird es deutlich, was Sache ist. Die Leute sind beschämt, dabei kann man ihnen ihr Verhalten nicht ankreiden.

Gut beobachtet:

 Eine Art Erleichterung, weil irgendetwas unternommen worden war, ergriff die Menge


Erinnert an die Hilflosigkeit mancher politischer Maßnahmen.

Hätte mich interessiert, ob die Frau weiß, was sich hinter dem zerbeulten Topf verbirgt.

- Pol

 

Hallo Polaris,

„Hätte mich interessiert, ob die Frau weiß, was sich hinter dem zerbeulten Topf verbirgt.“

Ich denke schon, in einer Beziehung sollten solch schwerwiegenden Ereignisse nicht verheimlicht werden. Außerdem ist der Protagonist von einer starken Emotionalität geprägt, also eher kommunikativ veranlagt.


Schöner Hinweis mit den „Teilaspekten“. Wir Menschen sind doch sehr beschränkt in der Erfassung von Wahrheit.
Unsere Gesellschaft prägt uns, in anderen Kulturen hätte sich der Mann und auch die Leute der Umgebung anders verhalten.

Vielen Dank für dein anhaltendes Interesse,

l G,

tschüß Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

bin zufällig über Deine Geschichte gestolpert, wahrscheinlich weil der Titel „Der Topf“ in der Rubrik „Gesellschaft“ doch etwas ungewöhnlich ist. Der Inhalt ist dann noch ungewöhnlicher.
Ich hatte zunächst etwas ganz anderes assoziiert, so in Richtung mancher Märchen, bei denen dann ein Topf voller Gold etc. eine Rolle spielt.
Es würde mich schon mal interessieren, warum Du diesen Titel gewählt hast.
Der Inhalt der Geschichte ließe ja auch janz andere Titel zu.
Aber jetzt zum Inhalt: den finde ich ehrlich gesagt ziemlich skurril. Jedenfalls kommt so was nicht sehr oft vor. Es gelingt Dir damit aber sehr gut, zu zeigen wie sehr Menschen dazu neigen, schnelle Schlüsse zu ziehen und ein Urteil zu fällen, und auch wie wenig Menschen bereit sind, persönlich aktiv zu werden und wie froh sie sind, wenn ein anderer endlich die Initiative ergreift.

Insgesamt also eine schöne „Überraschung“


Gruß

Pullover

 

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