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Der Wunsch
Der Wunsch
„Mama, schau mal her! Die möchte ich haben.“
Robin war völlig aus dem Häuschen. Aufgeregt und mit großen leuchtenden Augen stand er mit seinen sieben Jahren vor dem Regal im Spielwarenhaus und besah sich eine elektrische Eisenbahn.
„Na, jetzt aber mal langsam“, beruhigte ihn die Mutter. „Das ist mittlerweile das dritte, was du unbedingt haben möchtest. Erst war es die Rennbahn, danach der Computer und nun noch die elektrische Eisenbahn. Ich schlage vor, du überlegst dir erst einmal, was du am besten findest. Und das wünschst du dir dann vom Weihnachtsmann.“
„Aber ich finde alles gut. Ich kann mich nicht entscheiden. Ich möchte alle drei Sachen“, jammerte Robin.
„Wie soll denn der Weihnachtsmann alles tragen können, wenn jeder so viele Wünsche hätte wie du? Und außerdem sollte man sich immer einen Wunsch aufheben, auf den man sich ein anderes Mal freuen kann“, erklärte seine Mutter.
Irgendwie hatte seine Mutter ja Recht. Trotzdem fand Robin es im Augenblick gemein, dass er nicht alles haben konnte.
Am nächsten Nachmittag ging Robin gemeinsam mit Dennis nach Hause.
Dennis war sein bester Freund. Er wohnte mit seinen Eltern in derselben Straße wie Robin. Während die beiden Jungen den Bürgersteig entlangschlenderten, erzählte Robin von seinen Weihnachtswünschen: „Meine Eltern sagen, ich soll mir nur eine Sache vom Weihnachtsmann wünschen. Das ist echt voll gemein.“
Robin erwartete nun Zuspruch von Dennis. Doch sein Freund sagte nichts, sondern schaute nur zu Boden.
„Was ist los? Findest du nicht auch, dass die sich anstellen? Mann, drei Sachen, ist doch nicht viel“, redete Robin in Rage weiter. Als Dennis wieder nicht antwortete, fragte er: “Was wünschst du dir denn zu Weihnachten?“
Plötzlich blieb Dennis stehen und schaute hoch. Oh weia! Jetzt erst sah Robin, dass sein Freund Tränen in den Augen hatte.
„Was ist denn mit dir los? Wieso weinst du?“, fragte er überrascht.
„Ach, ich will dieses Jahr gar nichts zu Weihnachten“, sagte Dennis.
„Wieso das denn?“, entfuhr es Robin. Er konnte nicht glauben, was er von seinem Freund hörte.
„Das gibt’s doch gar nicht. Du hast doch erst neulich von dem tollen Fahrrad erzählt, was an der Schule gestanden hatte. So eins wolltest du doch unbedingt haben.“
Dennis schüttelte seinen Kopf und schluchzte: „Mein größter Wunsch ist, dass wir hier wohnen bleiben können.“
Jetzt verschlug es Robin die Sprache. Was erzählte sein Freund denn da? Hier wohnen bleiben. Es ging doch um Weihnachtswünsche. Doch dann klärte Dennis die Situation auf. Sein Vater hatte vor einigen Wochen seine Arbeitsstelle verloren. Bis jetzt hatte er noch keine neue Arbeit gefunden.
„Gestern Abend habe ich bei einem Gespräch zwischen meinen Eltern gelauscht. Und Mutti sagte zu Papa, dass wir das Haus verkaufen müssen, weil wir kein Geld mehr dafür haben.“
„Was, die wollen das Haus verkaufen? Aber wo wollt ihr dann wohnen?“, fragte Robin entsetzt.
Dennis zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich weiß nicht, jedenfalls nicht mehr hier.“
Robin war bestürzt. Er wusste gar nicht, was er sagen sollte. Sein bester Freund würde vielleicht nicht mehr lange hier wohnen. Wer weiß, ob sie überhaupt noch zusammen in die Schule gehen würden? Vielleicht würde er ihn sogar nie wieder sehen.
An diesem Abend saß Robin traurig in seinem Zimmer. Immer und immer wieder kreisten seine Gedanken um seinen Freund Dennis. Plötzlich wusste er, was er zu tun hatte. Er stand er auf, ging zu seinem Schreibtisch, nahm sich ein leeres Blatt und einen Stift und begann zu schreiben:
Lieber Weinachtsmann,
eigendlich hatte ich mich für die elekdrische Eisenbahn entschieden. Aber ich habe es mir anders überlegt. Diesen Wunsch kann ich mir aufhehben, damit ich mich ein anderes mal freuen kann. Mein gröster Wunsch ist jetzt, das mein Freund Dennis hier in der Straße wonen bleibt. Bitte mach, dass sein Papa wieder arbeit hat, um Geld für das Haus zu haben.
Danke, dein
Robin