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Der Zuhörer

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16.03.2015
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Der Zuhörer

Die alte Dame stieg aus der U-Bahn, drehte sich in meine Richtung und winkte mir mit geröteten Wangen zu. Ich grüßte zurück und schaute ihr hinterher, bis sie an der Rolltreppe verschwand.
Letzten Freitag hielt sich die Frau zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen auf. Sie starrte hinein, während ich gerade einen jungen Mann vor der Tür verabschiedete, und fragte: „Entschuldigung. Ist das jetzt ein An- und Verkauf? Führen Sie keine Zeitungen?“
„Nein, ich verkaufe nichts.“ Ich wollte ausholen, um von meinem Projekt zu erzählen, doch sie unterbrach mich. „Oh, gut. Dann gehe ich oben zum Kaufhof.“

Am nächsten Tag stand sie erneut vor dem Häuschen und studierte eines der kleinen Plakate, die ich an den Fenstern angebracht hatte. Sie zögerte einen Moment, bevor sie durch die geöffnete Tür trat.
„Guten Tag. Sie müssen entschuldigen. Ich dachte gestern, der Kiosk hätte wieder aufgemacht. Erzählen Sie mir bitte von Ihrer … Arbeit. Sind Sie Pastor oder Psychologe?“
„Keins von beiden.“
Mit zusammengekniffenen Augen schaute sich die alte Dame im Inneren um. Ich bot ihr einen Stuhl an, schloss die Tür und befestigte das Bitte nicht stören-Schild.
Eine Viertelstunde dauerte das Gespräch. 78 Jahre, ehemalige Bibliothekarin. Pension und Witwenrente reichen vorne und hinten nicht, notierte ich mir.
„Wenn ich nicht zustimme, bleibt alles unter uns, richtig?“
„Ja. Und die Seiten aus dem Notizbuch reiße ich gerne raus.“
„Lassen Sie, lassen Sie, falls ich wiederkomme. Ich wollte heute noch zum Friedhof. Darf ich denn wiederkommen?“
„Ich würde mich freuen.“

Nach den Gesprächen notierte ich mir immer Besonderheiten, die mir aufgefallen waren. Ein nervöses Augenzucken, das Knibbeln mit den Fingern, ein Hüsteln oder etwas anderes, das mehr als Worte zu sagen vermochte. Bei der alten Dame war es der Moment, als sie Friedhof sagte. Ich bildete mir ein, eine Art Unbehagen, eine Bürde erkannt zu haben, und war mir sicher, dass sie mir noch mehr erzählen würde.

Am nächsten Morgen stand die Dame hinter mir, als ich gerade die Rollläden hochzog.
„Hallo“, sagte sie und warf einen Blick über den Bahnhof. „Anonym würde auch gehen?“
Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“
Sie trat ein und ich schloss die Tür.
Vornübergebeugt saß sie da am Tisch, die Handtasche auf dem Schoß, während ich das Schild anbrachte und Kaffee aufsetzte.
„Ich möchte Ihnen etwas erzählen.“ Sie prüfte den roten Lack auf ihren Nägeln, druckste, bevor sie sagte: „Wir waren dreißig Jahre verheiratet … Ein einziges Mal habe ich ihn betrogen. Seitdem trage ich es mit mir herum.“
Nach dem Gespräch hielt sie meine Hand. „Vielen Dank.“
Auf dem Weg zur Rolltreppe schnäuzte sie in ein Taschentuch und drehte sich nicht mehr um.

Die morgendliche Rushhour begann. Anzugträger stiegen aus, liefen zum Aufgang oder warteten auf ihren Anschluss. Smartphones, Aktentaschen; Schlips und Kragen.
Dazwischen beobachtete ich einen Mann in zerschlissener Kleidung, der die Mülleimer nach Brauchbarem durchforstete. Mit voller Plastiktüte schlich er auf mich zu.
„Nehmen Sie Pfand an?“
„Tut mir leid, das ist kein Kiosk mehr. Wenn Sie möchten, können Sie sich gerne drinnen im Warmen ein wenig ausruhen. Ich habe frischen Kaffee.“
Der Mann folgte mir, legte beim Hinsetzen die Tüte ab. Glas klimperte. Er schaute auf den Boden, fragte: „Wo ist eigentlich Ali geblieben?“
„Sie meinen den Vorbesitzer? Kann ich Ihnen nicht sagen. Der Kiosk stand schon lange leer.“
„Ach so.“
Während ich Kaffee eingoss, Zucker und Milch hinüberschob, wanderte sein Blick über die Glasregale. Dort, wo früher Zigaretten, Süßigkeiten oder Zeitungen lagen, hatte ich nicht mehr benötigte Alltagsgegenstände und Erinnerungsstücke positioniert: Spielzeug aus meiner Kindheit, eine TV-Fernbedienung, ein Bilderbuch, eine zerknüllte Zigarettenpackung.
„Sie sind aber kein Streetworker oder vom Amt? Mit denen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht.“
„Nein. Ich möchte Ihnen einfach nur ein Ohr schenken.“
Er kratzte sich am weißen Bart und zeigte auf den kleinen Plüschhund, der auf dem Regal zwischen Bibel und Autoschlüssel stand. „Darf ich?“
Ich nickte und er nahm den Hund. Streichelte mit seiner großen, schwieligen Hand über das samtweiche Fell. „Ricky war auch ein Schäferhund“, seufzte er.
„Erzählen Sie mir mehr von Ricky, wenn Sie möchten.“
„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.
Anschließend unterschrieb er die Einverständniserklärung für Text und Fotos. Das Schicksal von Werner P., 57, der seinen Job im Metallwerk verloren hat. Scheidung, Schulden, Alkohol. Seit vier Jahren machte er Platte.
Beim Verabschieden sagte ich noch: „Honorar kann ich leider nicht zahlen“, und schenkte ihm den Plüschhund. Er bedankte sich mehrmals, wünschte mir viel Erfolg für das Buch und fragte, wann es herauskäme.
„Oben, in der Buchhandlung, stehen im Schaufenster die Neuvorstellungen. Schauen Sie ab dem Frühjahr einfach ab und an mal vorbei.“

Ich packte Notizbuch und Kamera ein, schloss die Tür und schaute nochmal durch die Scheibe. Ging wieder hinein und steckte das Bilderbuch in die Tasche.
Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.

„Es sind die Alleingelassenen, die sonst keinen haben, der ihnen zuhört“, sagte ich. „Deren Geschichten habe ich niedergeschrieben. Glückliche Leute habe ich nicht kennengelernt.“
Mein Nachwort.
Ich legte das Buch zur Seite, bedankte mich für den gedämpften Applaus der Umstehenden.
Die alte Dame stand als erste am Tisch, beugte sich vor. „Haben Sie vielen Dank für alles. Sie haben mit großem Mitgefühl erzählt. Und vielleicht hilft meine Geschichte ja anderen.“
Sie nahm ein Buch vom Stapel, schlug es auf und reichte es mir. „Diese andere anonyme Geschichte … schrecklich. Es tut mir so leid.“
Ich nickte vor mich hin, setzte den Füller an.
„Ach so, ja … Schreiben Sie bitte Für Amelie und Egon.“

Ich verstaute mein Exemplar, Brille und Füller; Mitarbeiter des Buchladens begannen, die Stühle wegzuräumen. Von hinten schritt ein Mann nach vorne, der eine Plüschfigur in der Hand hielt.
„Ich möchten Ihnen das wiedergeben.“
Er legte das Plüschtier auf den Tisch. „Ich muss schnell runter. Habe Ricky vor der Tür angebunden. Meinen neuen Ricky.“
Ich schaute ihm hinterher, nahm den Plüschhund und packte ihn in das Seitenfach der Tasche. Dorthin, wo das Bilderbuch steckte.

Worte: samtweich, Lack, Bilderbuch, Fernbedienung, Taschentuch (#104)

 

Hallo GoMusic,

mir gefällt deine leise, melancholische Geschichte auch sehr gut.
So richtig entfaltet sie ihre Wirkung erst im Nachhinein, und schön finde ich hier auch, dass einiges nur angedeutet bleibt.

Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
„fiel mir ein“ finde ich nicht so treffend, ich glaube, das hat auch jemand anderes schon gesagt, vielleicht einfach weglassen, oder wenn, dann eher „kam mir den Sinn

Letzten Freitag hielt sich die Dame zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen auf.
Für meinen persönlichen Geschmack ist das zu viel Dame hintereinander, weil du es im ersten Absatz gerade benutzt hattest. Passt ja auch, um sie damit gleich zu charakterisieren, aber wenn das Wort dann gleich wieder kommt, klingt es für mich ein wenig gespreizt –
Frau würde es da auch tun, vielleicht im weiteren Verlauf der Geschichte auch mal abwechseln …

studierte eines der kleinen Plakate, die ich an allen vier Seiten angebracht hatte.
Würde ich mir auch gerne mal ansehen, ich bin neugierig, was darauf steht! :eek:

Erzählen Sie mir bitte von Ihrer … Arbeit. Sind Sie Pastor oder Psychologe?“
„Keins von beiden.“
Es passiert ja nicht so viel in deiner Geschichte, äußerlich betrachtet, aber spannend machst du es trotzdem!

Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“
Das ist auch eine schöne Stelle – man weiß in diesem Moment noch nicht, warum, spürt aber die Wichtigkeit, und hier ja ebenfalls:
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.

„Oben, in der Buchhandlung, stehen im Schaufenster die Neuvorstellungen. Schauen Sie ab dem Frühjahr einfach ab und an mal vorbei.“
Komma weg nach Buchhandlung. Und sonst: Ganz schön optimistisch, dein Zuhörer! Aber es hat ja geklappt – genauso wie bei dir mit dieser berührenden Geschichte! :)

Liebe Grüße von Raindog

 

Lieber Friedrichard,

Eine schöne Geschichte erzählstu da …
Danke dafür. :)

… die auch noch ein positives Ende findet im Rollentausch, nicht nur, weil das Projekt gelingt und der titelgebende Zuhörer (und Sammler von Lebensgeschichten, muss man ja mitdenken) zum Vorleser dieser Sammlung an Geschichten wird und die uns bekannten Erzähler sich zu Zuhörern wandeln, wobei ein Liebhaber des Wolfs nebst seiner Derivate natürlich mit den Dreien freut.
Das mit dem Rollentausch - der Zuhörer wird Vorleser, die Erzähler zu Zuhörern - hast du sehr schön gesagt. Das ist eine tolle Zusammenfassung auf einer tieferen Ebene.

Sie zögerte einen Moment, bevor sie durch die offenstehende Tür trat.
Warum nicht schlicht "offene" oder "geöffnete" Tür?
Ja, ich kaufe „geöffnete“ :thumbsup:

Danke auch für das Komma.

Hallo Raindog,

freut mich, dass dir meine Geschichte "sehr gut gefällt" und du sie "berührend" findest. :)

So richtig entfaltet sie ihre Wirkung erst im Nachhinein, und schön finde ich hier auch, dass einiges nur angedeutet bleibt.
Danke dafür.

Ein einziges Mal wäre ein guter Titel, fiel mir ein.
„fiel mir ein“ finde ich nicht so treffend, ich glaube, das hat auch jemand anderes schon gesagt, vielleicht einfach weglassen, oder wenn, dann eher „kam mir den Sinn“
Ja, das habe ich mir noch zurückgelegt, bis mir eine Idee kommt oder bis du mit einer guten Idee kommst. ;)
Gefällt mir - habe ich gerne übernommen. :thumbsup:

Letzten Freitag hielt sich die Dame zum ersten Mal vor meinem Glashäuschen auf.
Für meinen persönlichen Geschmack ist das zu viel Dame hintereinander, weil du es im ersten Absatz gerade benutzt hattest. Passt ja auch, um sie damit gleich zu charakterisieren, aber wenn das Wort dann gleich wieder kommt, klingt es für mich ein wenig gespreizt –
Frau würde es da auch tun, vielleicht im weiteren Verlauf der Geschichte auch mal abwechseln …
Ja, ist ziemlich nah beisammen.
Habe 1x Dame gegen Frau ausgetauscht.

Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“
Das ist auch eine schöne Stelle – man weiß in diesem Moment noch nicht, warum, spürt aber die Wichtigkeit, und hier ja ebenfalls:
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.
Ja, das sind so Schlüsselmomente für den Prota/Erzähler. Gut dass die Wichtigkeit bei dir so rüberkam.

„Oben, in der Buchhandlung, stehen im Schaufenster die Neuvorstellungen. Schauen Sie ab dem Frühjahr einfach ab und an mal vorbei.“
Komma weg nach Buchhandlung.
War mir vor dem Posten sicher, dass das Komma richtig ist, wegen Einschub. Jetzt, nachdem Friedrichard dies nicht rot markiert hat, bin ich mir noch sicherer. :shy:

Und sonst: Ganz schön optimistisch, dein Zuhörer! Aber es hat ja geklappt – genauso wie bei dir mit dieser berührenden Geschichte!
Einer muss ja zumindest optimistisch sein. :D

Habe mich sehr über euren Besuch gefreut und wünsche euch ein schönes Wochenende.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo GoMusic,

ich steige gleich ein! ;)

„Hallo“, sagte sie und warf einen Blick über den Bahnhof. „Anonym würde auch gehen?“
Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“
„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.

Bei diesen beiden Stellen wundere ich mich, dass der Ich-Erzähler in Gedanken wiederholt, was der andere gerade gesagt hat. Sicher hast du dir etwas dabei gedacht, aber auf mich wirkt es irgendwie … weiß nicht. Will jetzt nicht sagen, dass der Ich-Erzähler dadurch auf mich :silly: wirke, aber na ja, ist schon irgendwie redundant, oder?

„Äh, gut. Dann gehe ich oben zum Kaufhof.“

Alte Damen in Kurzgeschichten sagen niemals „äh“. :teach:

Dort, wo früher Zigaretten, Süßigkeiten oder Zeitungen lagen, hatte ich nicht mehr benötigte Alltagsgegenstände und Erinnerungsstücke positioniert: Spielzeug aus meiner Kindheit, eine TV-Fernbedienung, ein buntes Bilderbuch, eine zerknüllte Zigarettenpackung.

Haha, die Fernbedienung aus der Wörterbörse, wo bringen wir die noch schnell unter?
Also, egal, Respekt, dass du bei der Wörterbörse mitmachst! Ich drücke mich bis jetzt vor Schreibaufgaben, mag mich beim Schreiben nicht einengen lassen. Na, vielleicht kommts noch.

„Sie sind aber kein Streetworker oder einer vom Amt?

Für mich würde der Satz auch ohne das Wort „einer“ klingen, fänd ich sogar besser.

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.

Das ist so eine Andeutung, sehr vage, hm … Ich erfahre gar nicht, was mit ihm los ist.

Mit Schreiben und Erzählen (ob schriftlich oder mündlich) können wir uns die Seele erleichtern. Für den Ich-Erzähler hat das Schreiben eine positive Wirkung, erlebt er dadurch eine Art Katharsis?

Den letzten Satz verstehe ich nicht so recht: Was war schwierig? Eigentlich wirkt der Ich-Erzähler im Umgang mit seinen „Quellen“ sehr souverän.

Die alte Dame stand als erste am Tisch, beugte sich vor. „Haben Sie vielen Dank für alles. Sie haben mit großem Mitgefühl erzählt. Und vielleicht hilft meine Geschichte ja anderen.“

Wie soll das denn gehen? Etwa: Geht bloß nie fremd, sonst habt ihr für den Rest eures Lebens ein schlechtes Gewissen - zumindest bis ihr (wenn ihr Glück habt) den Bahnhofszuhörer trefft?? :D

Aber abgesehen von diesem kleinen "Rumgemeckere": Die Idee eines Zuhörers gefällt mir sehr. So vielen Menschen würde es gut tun, sich einmal etwas von der Seele reden zu können. Manche machen das beim Friseur. :hmm:

Die Geschichte ist souverän erzählt und sehr rund, schon irgendwie märchenhaft. Danke fürs Posten. :thumbsup:

Liebe Grüße
Anne

 

Hallo Anne49,

vielen Dank für deinen Besuch beim Zuhörer.

„Hallo“, sagte sie und warf einen Blick über den Bahnhof. „Anonym würde auch gehen?“
Anonym?, dachte ich und sagte: „Ja.“

„Im Sommer ist er gestorben. Ihm geht es jetzt gut.“
Im Sommer, dachte ich. Ihm geht es gut.

Bei diesen beiden Stellen wundere ich mich, dass der Ich-Erzähler in Gedanken wiederholt, was der andere gerade gesagt hat. Sicher hast du dir etwas dabei gedacht, aber auf mich wirkt es irgendwie … weiß nicht. Will jetzt nicht sagen, dass der Ich-Erzähler dadurch auf mich wirke, aber na ja, ist schon irgendwie redundant, oder?
Ja, der Erzähler wiederholt diese beiden Sachen in Gedanken.
Es sind Schlüsselaussagen bzw. Erkenntnisse aus seiner eigenen Geschichte.
Zum einen bringt ihm das die Idee, seine eigene Geschichte anonym in sein Buch unterzubringen (und später so vorzulesen), zum anderen findet er so etwas wie seinen Frieden, dass es „ihm“ (also seinem Sohn) jetzt gut geht.

„Äh, gut. Dann gehe ich oben zum Kaufhof.“
Alte Damen in Kurzgeschichten sagen niemals „äh“.
Guter Hinweis. Habe ich geändert. :thumbsup:

Haha, die Fernbedienung aus der Wörterbörse, wo bringen wir die noch schnell unter?
Also, egal, Respekt, dass du bei der Wörterbörse mitmachst! Ich drücke mich bis jetzt vor Schreibaufgaben, mag mich beim Schreiben nicht einengen lassen. Na, vielleicht kommts noch.
Immerhin kann die TV-Fernsehbedienung noch die Bedeutung haben, dass er seit dem Schicksalsschlag kein Fernsehen mehr schauen kann/will, deshalb heißt es ja „nicht mehr benötigte Alltagsgegenstände“.
Also: So einfach die vorgegebenen Wörter „aufzählen“ ... das habe ich ja wohl nicht gemacht ;)

„Sie sind aber kein Streetworker oder einer vom Amt?
Für mich würde der Satz auch ohne das Wort „einer“ klingen, fänd ich sogar besser.
Ist gekauft! :)

Am Gleis, zwischen all den Wartenden, war ich selbst Teil einer Geschichte, die noch aufzuschreiben wäre.
Drei Monate war der ehemalige Kiosk mehr Zufluchtsort als Arbeitsplatz für mich. Eine Woche lag noch vor mir. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.
Das ist so eine Andeutung, sehr vage, hm … Ich erfahre gar nicht, was mit ihm los ist.
Das soll gezielt vage sein.
Immerhin kommst du zu dem Schluß: ;)
Mit Schreiben und Erzählen (ob schriftlich oder mündlich) können wir uns die Seele erleichtern. Für den Ich-Erzähler hat das Schreiben eine positive Wirkung,

erlebt er dadurch eine Art Katharsis?
Kann man so sagen, aber im Sinne von Reinigung/Befreiung, nicht unbedingt im Sinne von Wandlung zum Guten.

Ich hatte es mir einfacher vorgestellt.
Den letzten Satz verstehe ich nicht so recht: Was war schwierig? Eigentlich wirkt der Ich-Erzähler im Umgang mit seinen „Quellen“ sehr souverän.
Ja, souverän wirkt er schon. Es soll auch nicht sein erstes Buch sein, dass er in dieser Art schon geschrieben hat.
Schwer war für ihn, im Augenblick des eigenen Leides so viel Leid oder so viele Schicksale anderer zu hören. (Ich habe es mir so vorgestellt, dass die Aktion im alten Kiosk schon geplant war, und kurz vorher das mit seinem Sohn passiert.)

Die alte Dame stand als erste am Tisch, beugte sich vor. „Haben Sie vielen Dank für alles. Sie haben mit großem Mitgefühl erzählt. Und vielleicht hilft meine Geschichte ja anderen.“
Wie soll das denn gehen? Etwa: Geht bloß nie fremd, sonst habt ihr für den Rest eures Lebens ein schlechtes Gewissen - zumindest bis ihr (wenn ihr Glück habt) den Bahnhofszuhörer trefft??
Ja, wenn es nur so einfach wäre, wie die alte Dame es sich vorstellt. Wahrscheinlich hat sie das Gespräch mit dem Zuhörer als so etwas wie eine Beichte empfunden. Womöglich denkt sie hier ein wenig zu naiv.

Aber abgesehen von diesem kleinen "Rumgemeckere": Die Idee eines Zuhörers gefällt mir sehr. So vielen Menschen würde es gut tun, sich einmal etwas von der Seele reden zu können. Manche machen das beim Friseur.

Die Geschichte ist souverän erzählt und sehr rund, schon irgendwie märchenhaft.

Danke dafür. Freut mich sehr.

Vielen Dank für deinen tollen Kommentar.

Wünsche dir einen schönen Tag.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

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