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... dicker noch als Wasser ...

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27.05.2005
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... dicker noch als Wasser ...

Eine kräftige Meeresbrise greift mit kühlender Hand nach der stickigen Schwüle, die wie zäher Schleim die Gassen der Stadt verklebt und der beginnenden Nacht den fiebrigen Geschmack einer abgestandenen, wimmelnden Brühe, einer Ausgeburt dieses immerzu gebärenden, sündigen Lebens gibt. Das letzte Tageslicht fließt als schwerer Wein vom Horizont an Ibrahim und Jussuf vorbei und legte seinen seidigen Glanz sanft über eine schlangenartige Lichterkette stockender Autos, die sich schuppig und raupenartig an den Fassaden der flachen Häuser vorbei zum schwarzen Schlund des Schatt el Arab wälzt. Beide blicken schweigend von ihrem Dach hinunter auf das lärmende Treiben inmitten dieses Farbenwunders und saugen abwechselnd leise und friedlich das Blubbern ihrer süßen Wasserpfeife in sich ein.
„Die Zeiten sind viel besser geworden, jetzt da es keine wahllosen Bombenattentate auf Unschuldige mehr gibt“, sinniert Jussuf und betrachtet dabei interessiert das geschäftige Treiben unter ihnen.
„Die Weisheit und Barmherzigkeit Allahs hat über die blinde Wut der Gottlosen und der falschen Propheten gesiegt“, pflichtet ihm Ibrahim bei. „Allahs Gerechtigkeit wird auch die Ungläubigen bezwingen.“
„Ja, Allah der Gütige ist das Wasser für die dürstenden Herzen der Gläubigen.“
Als nach einer Weile das Abendgold einem schüchternen Schleier dunklen Rots gewichen ist, nickt Jussuf Ibrahim zu und sagt:
„Es ist Zeit.“

Ibrahim erhebt sich und nimmt mechanisch seine H&K aus der Tasche. Er positioniert sie am Rande des Daches in Richtung Dunkelheit, mit der untergehenden Sonne im Rücken und fixiert sie auf dem praktischen Zweibein und dem frei verstellbaren Erddorn. Während er routiniert kurz alle Funktionen prüft und den unvermeidbaren Staub vom Okular bläst, greift Jussuf nach seinem goldbestickten Koran in der Brusttasche. Er nimmt ihn, küsst ihn und preist laut Allah:
„Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen. Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten, dem Allerbarmer, dem Barmherzigen, dem Herrscher am Tage des Gerichts! Dir allein dienen wir, und Dich allein bitten wir um Hilfe. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht den Weg derer, die Deinen Zorn erregt haben, und nicht den Weg der Irregehenden.“

Nach diesen Worten verharrt Jussuf minutenlang regungslos und andächtig mit geschlossenen Augen, den Körper ganz in schweigender Erwartung zum Himmel hin ausgerichtet. Ibrahim, nur drei Meter von ihm entfernt wagt es trotz des tosenden Lärmes unter ihnen kaum zu atmen, um den Moment der Offenbarung nicht zu stören.
Wie von Geisterhand geworfen fällt der Koran aus Jussufs offener Hand herab in dessen Schoß, er taumelt, torkelt und öffnet sich dabei, flattert wie ein goldgelber Schmetterling und schimmert wie honiggetränkte Flügel emsiger Bienen durch das Licht der letzten Sonne. Jussufs Rechte stößt wie ein hungriger Adler auf das sich entfaltende Buch herab, ist eins mit der Bewegung, folgt ihr und lenkt sie wie der Jäger seine Beute und landet schließlich auf einer der ersten Seiten dieses Buches. Mit noch geschlossenen Augen spricht er versteinert wie ein Orakel:
„Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben, denn die Verführung ist schlimmer als Töten. Und kämpft nicht gegen sie bei der heiligen Moschee, bis sie dort gegen euch kämpfen. Wenn sie aber gegen euch kämpfen, dann tötet sie. Solcherart ist der Lohn der Ungläubigen.“
Nach diesen Worten kommt langsam wieder Leben in Jussuf und sein Blick sucht im Zwielicht die Stelle im Buch, auf der sein Finger liegt. Zur Bestätigung nickt er Ibrahim zu um ihm zu sagen, dass sein Finger genau auf die gleiche Stelle im Koran gefallen ist, die er zitierte. Allah der Barmherzige, der gütigste aller Herrscher hat sich seinen treuen Dienern offenbart und ihnen seinen segensreichen Richterspruch aufgetragen.

Ibrahim kennt diesen Vers als Schriftbewahrer sehr gut. Er weiß, was nun zu tun ist: Er muss die 191te Person an der zweiten Kreuzung ausfindig machen, da Allah diesen Vers der zweiten Sure offenbart hatte um an ihr die Bestimmung zu erfüllen. Er beginnt die Passanten zu zählen wie Jussuf es ihn gelehrt hatte:
„Eins, zwei, zweieinhalb, dreieinhalb, ...“
„Nein, heute keine Frauen“, berichtigt ihn Jussuf.
„Drei, vier ...“
Indessen fragt Jussuf:
„Gibt es an dieser Kreuzung eine Moschee oder ein Bethaus?“
„Nein, 13, 14, ...“
„So hat Allah, der Edle und Barmherzige in seiner unermesslichen Güte wahrhaft weise und allwissend gesprochen.“
Ibrahim zählt hastig weiter, seine sunnitischen Augen wechselen von Männern zu Knaben, überspringen Frauen und Töchter, betrachten Kinder und Greise, wechseln hin und her zwischen ihren schiitischen Gesichtern, folgen ihrem verräterischen Glauben, aber lassen Gnade walten, ungeheuere Gnade für alle, alle bis auf den Einen, über den Allah heute Gericht zu halten beschlossen hat.
Jussuf dagegen legt ehrfurchtsvoll wieder seinen Koran zurück in die Tasche neben die gutverpackte Bibel, die er für seinen nächsten Auftrag in Nigeria benötigt, dann, wenn Ibrahim wieder zurück in Bagdad ist. Danach beginnt er in den weiten Taschen seines Kaftans nach dem Umschlag ihrer arabischen Gönner mit den weiteren Instruktionen zu suchen. Hier wie dort ist es das Öl, das zahlt und seine Sicherheit will. Nur der gläubige Ibrahim bemerkt davon nichts. Er ist ganz Auge und zählt gehorsam die lebenden Toten auf Gottes Erde.
„... 46, 47, ...“
„Gib' mir Bescheid, wenn Du ihn gefunden hast. Du weißt ja, wir brauchen ein Photo als Beleg für die Abrechnung.“
„... 61, ja, 62, ...“
Nachdem der Umschlag endlich gefunden ist und er die Nachricht kurz ueberflogen hat, beginnt er nach der japanischen Digitalkamera mit Nachtsichtmodus und Teleobjektiv zu kramen, die irgendwo zwischen den italienischen Designerklamotten für die vierte Frau seines heutigen Gastgebers und der Wodkaflasche stecken musste, die als Wasser der heiligen Zam-zam quelle getarnt war. Es dauert eine Weile, bis er sie zwischen all dem Kram gefunden hat, den er hier abliefern sollte. Mit der Kamera in der Hand stellt er sich schließlich neben Ibrahim und zoomt ebenfalls auf die Kreuzung.
„... 159, 160 ...“
Unaufhaltsam zählt Ibrahim wie der Sekundenzeiger einer Uhr. Die Menschen wimmeln wie in einem Ameisenhaufen durch die vielbelebten Straßen. Allahs Wege sind unergründlich: er weiß um alle Menschen. Das weiß auch Ibrahim: es ist sein Wille.
„... 189, 190, 191. Dort - der Mann mit dem dunklen Turban direkt unter der rechten Ampel. Er hat sich gerade umgedreht.“
„Ich sehe ihn. Ich brauche sein Gesicht. Nach dem Photo tötest Du ihn.“
Als sich der Mann an der Ampel umdreht, nimmt die Kammera wie ein vorausgeeilter Schatten seines Todes mit einem leisen Klicken sein Abbild in sich auf. Danach bleibt es still. Nichts geschieht.

Vorwurfsvoll zischt Jussuf Ibrahim zu: „Was ist? Wieso schießt Du nicht? Er steht alleine.“
„Ich ...“
„Schieß!“
„Ich ...“
„Schieß endlich!“
„Nein, ich ...“
„Du sollst schießen!“
Schweigen.
„Im Namen Allahs und der Propheten: Schick ihn in die Hölle!“
„Ich kann nicht!“
„Du kannst nicht? Du musst! Es ist Deine heilige Pflicht!“
„Nein!“

In der beginnenden Dunkelheit spürt Ibrahim deutlich das zornige Funkeln aus Jussufs Augen auf ihm brennen, die das Feuer seiner plötzlichen Angst verstärken.

„Was ist in Dich gefahren? Du sollst nicht widersprechen, du sollst tun, was Allah von Dir verlangt.“
„Aber ...“
„Nichts aber – schieß! Allah will es.“
„... aber ...“
„Schieß!“
„... es ist mein Bruder.“

Jussuf ist kurz wie vor den Kopf gestoßen, doch sofort beginnt er von Neuem:

„Dein Bruder? Nein, Du irrst. Das kann nicht sein. Dein Bruder lebt in Bagdad. Ich sage Dir: schieße!“
„Es ist aber mein Bruder.“
„Und ich sage Dir: Du irrst.“
„Ich sehe die Narbe an seiner Wange.“

Jussufs muss kurz Luft holen. Seine Worte wachsen zur Wut.

„Selbst wenn es Dein Bruder ist - Allah der Gerechte hat bestimmt, dass er sterben muss. Dein Bruder muss ein Verräter sein!“
„Nein, das kann nicht sein!“
„Es muss so sein! Wir befolgen Allahs direkte Weisung. Wir töten nicht wahllos unschuldige Menschen. Das haben wir noch nie getan. Allah der einzige, der wahre Gott hat gesprochen: Dein Bruder ist der Verräter!“
„Mein Bruder ist kein Verräter, er ist rechtgläubiger Muslim wie ich.“
„Allah ist allwissend, er ist erhaben und gerecht. Er spricht die Wahrheit, immer. Nur er kann wissen, wer ein Verräter ist und wer nicht!“
„Ja, aber ...“
Jussuf herrscht ihn an: „Schweig endlich du Kleingläubiger! Wie kannst Du es wagen, das Wort Allahs in Frage zu stellen? Hast Du nicht gesehen, wie oft er sich uns offenbarte? Nie hat er gefehlt! Auch heute nicht! Was zögerst Du noch?“
„... aber er hat sechs Kinder!“
„Sechs Seelen die es zu retten gilt!“
„Ich kann nicht, ich darf nicht. Er ist einer von uns.“
„Einer von uns? Dann sage mir doch, was er hier mitten unter unseren Feinden zu suchen hat?“
„Er ist Händler.“
„Er ist ein Verräter, sonst wäre er nicht hier. Siehst Du denn nicht ein, dass seine Anwesenheit das bereits beweist? Wie viele Zeichen braucht es noch?“
„Aber wenn ich mich geirrt habe, wenn ich falsch gezählt habe.“
„Wenn Allah Dich führt, kannst Du nicht in die Irre gehen Du kannst nicht falsch gezählt haben: Allah hat gezählt!“
„Aber er ist mein Bruder. Ich darf ihn nicht töten.“
Jussuf schreit ihn an: „Er ist der Verräter, Du musst ihn töten. Schweig endlich, Du Hund. Spürst Du nicht, wie der dreimal gesteinigte Satan nach Dir greift? Schieß!“
„Ich ...“
„Schieß!“, brüllt Jussuf, wobei er Ibrahim einen Tritt gibt.
„Ich ...“
„ D u ... s o l l s t ... s c h i e ß e n !“, donnert Jussuf wobei er bei jedem Wort Ibrahim mit aller Gewalt in dessen Seite tritt. Ibrahim krümmt sich kraftlos über seinem Gewehr und sein Schrei nach Leben bleibt dieses Mal aus. Er schweigt und Tränen treten in seine Augen, Tränen angefüllt mit Schmerz, voll Wut und Zorn, voll Sinnlosigkeit und Angst.
Außer sich greift Jussuf nach seiner Pistole und drückt sie Ibrahim ins Genick: „Wenn Du nicht schießt, dann töte ich euch beide.“

Es sind die Hände eines Bruders, die sich vergeblich um den Abzug krampfen, die hilflos nach der Lösung, nach der Antwort flehen, deren kalter Schweiß sich klamm wie Angst über das tödliche Metall des Gewehres legt; seine Hände, die sich an sein Leben klammern, ans Leben seines Bruders, die noch immer seine Umarmung spüren, seine warme Haut, seine Liebe und sein Leben.


Zwei Schüsse zerreißen das Schweigen über den Dächern und verhallen ungehört im Nichts. Sie klingen dunkel und hell, wie Erinnerung und Zukunft, wie Trauerglocke und Gericht zugleich. Sie klingen wie der Nachhall einer falsch verstandenen Hoffnung aus der Wüste, heute, hier in Basra.

Und morgen?

Der letzte Lichtstrahl fließt einsam noch vom Horizont in das Dunkel der Nacht, die heimlich aus den Ritzen, aus den Poren in die Straßen dringt. Und er ergießt sich über all das brausende Leben, das sündige Sein, das dürstende Land, ist dicker noch als Wasser, so schwer und rot, so rot wie Blut.

 

Ich habe diese Geschichte nicht geschrieben um ein Volk oder einen Glauben anzuklagen, sondern den Missbrauch, der mit diesem Volk und ihrem Glauben getrieben wird.
... nur um Missverstaendnisse zu vermeiden ...

sarpenta

 

Hallo sarpenta,
fand die Geschichte ganz gut, Gewissensbisse, Fanatismus, Glauben. Meist flüssig geschrieben, nur gab es Stellen, an denen die Schreibe auch dicker als Wasser war (sollte vielleicht auch so sein). Das strengt nur etwas an beim Lesen, wie hier zu Beginn gleich:

Eine kräftige Meeresbrise greift mit kühlender Hand nach der stickigen Schwüle, die wie zäher Schleim die Gassen der Stadt verklebt und der beginnenden Nacht den fiebrigen Geschmack einer abgestandenen, wimmelnden Brühe, einer Ausgeburt dieses immerzu gebärenden, sündigen Lebens gibt.
Das sind einfach zu viele Adjektive und Metaphern (in einem Satz) für meine Begriffe.
Nachdem der Umschlag endlich gefunden ist, beginnt er nach der japanischen Digitalkammera mit Nachtsichtmodus und Teleobjektiv zu kramen, die irgendwo zwischen den italienischen Designerklamotten für die zweite Frau seines Gastgebers stecken musste.
Ne ganze Menge Beschreibungen, ob die wirklich nötig sind? Kamera übrigens mit einem m, oder irre ich mich da?

Ansonsten fand ich's in Ordnung, zumindest einer Diskussion wert, würde mich noch interessieren, warum es gelöscht werden soll.
Freundliche Grüße, Rodion.

 

Hallo ihr 2!

@ Bella
Ich habe gerade noch einmal die Regeln durchgelesen und bin mir nicht klar geworden, wieso ich die Geschichte loeschen soll. Eine kurze Erklaerung wurde Rodion und mir vielleicht helfen.

@ Rodion
Den ersten Satz werde ich mir nochmals ansehen, mir hatte er eigentlich gefallen ...
Die Beschreibungen hatte ich angefuehrt, um die Interessen anzudeuten, die hinter diesen Dingen stehen. Es sind materielle Dinge, nicht der Glaube, die Motivation dazu sind. Einem Muslimen ist es streng verboten einen anderen Muslimen zu toeten. Wenn man ihn zum "Unglaeubigen" erklaert (aus welchen Gruenden auch immer), sind die Konsequenzen weniger hart, es bleibt aber dennoch verboten, egal welche "Gruende" man dafuer anfuehrt.

Ebenfalls friedvolle Gruesse,

sarpenta

 

Entschuldigung, Sarpenta. Ich meinte meinen Kommentar. Ich habe unter deine Geschichte versehentlich einen Komm. für eine andere Geschichte gepostet. Tut mir Leid. Habe mich blöd ausgedrückt.

 

Die Beschreibungen hatte ich angefuehrt, um die Interessen anzudeuten, die hinter diesen Dingen stehen. Es sind materielle Dinge, nicht der Glaube, die Motivation dazu sind. Einem Muslimen ist es streng verboten einen anderen Muslimen zu toeten. Wenn man ihn zum "Unglaeubigen" erklaert (aus welchen Gruenden auch immer), sind die Konsequenzen weniger hart, es bleibt aber dennoch verboten, egal welche "Gruende" man dafuer anfuehrt.
Ach so, dann hatte ich's nicht richtig verstanden. Liegt aber nicht an Dir, sondern an meiner Hektik.
Noch mal zum ersten Satz: Es ist nicht so, dass er nicht schön wäre, aber ich brauchte eine Weile um ihn zu entschlüsseln. Aber wie gesagt, er passt ja auch zur Überschrift.

Lass mich nur noch mal kurz sagen, dass deine Geschichte wirklich Inhalt hat, durchdacht ist. Man kann darüber reden, das ist wichtig&gut.

Ciao, Rodion.

 

Hallo sarpenta,

wegen des abendländischen Umfelds hast du sicher die bildreiche Sprache und die langen Sätze gewählt. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber durchaus mit einem gewissen Charme.

„über die Zauberschlange dieser Lichterkette stockender Autos“

- die Zauberschlange finde ich zu weit her geholt (es wird nicht gezaubert und bezaubernd ist es auch nicht), hingegen:


„Als nach einer Weile das Abendgold einem schüchternen Schleier dunklen Rots gewichen ist“

ist gelungen, zeigt passend das vergehen von Zeit.


„Kaftans nach dem Umschlag ihrer arabischen Gönner zu suchen.
„... 46, 47, ...“
„Gib' mir Bescheid, wenn Du ihn gefunden hast. Du weisst ja, wir brauchen ein Photo als Beleg zur Abrechnung.“
„... 61, ja, 62, ...“

Das ins Spiel bringen von Geld ist eine gute Idee, erhöht die Perfidität. (Die Erwähnung der Designerklamotten wirkt etwas zu parteiergreifend).


„klickt die Kammera wie ein vorausgeeilter Schatten seines Todes leise durch die Dämmerung“

- dieser Vergleich `klicken´ und `Schatten´ hinkt.


Die Beschreibung des Konflikt `Brudermord´und `Allah gehorchen´ ist gut gelungen, man merkt die Anspannung.

„tränenhafte Angst“

- `haft´ bedeutet etwas Ähnliches wie `wie´, `in der selben Art´. Es gibt aber auch Freudentränen, deshalb passt es nicht.

Am interessantesten ist der Konflikt zu schießen oder nicht. Das ist in diesem Fall ein religiöses Problem, allgemein ein moralisches.

Guter Schluss, spannt den Bogen zum Anfang.


Noch Textkram:

„das Blubbern ihrer süßen Wasserpfeiffe in sich ein“

- Wasserpfeife

„geschäftige Treiben unter Ihnen“

- ihnen

„Sure geoffenbart hatte“

-offenbart

„sunnitischen Augen wechselen“

- wechseln; haben Sunniten andere Augen als z.B. Schiiten?

„dagegen verstaut erfurchtsvoll wieder seinen Koran“

- ehrfurchtsvoll

„Du weisst ja, wir brauchen ein Photo als“

- weißt


„Digitalkammera mit Nachtsichtmodus“

- Kammera


„er sich schliesslich neben“

- schließlich

„Wieviele Zeichen braucht es noch?““


- Wie viele

„Er muss die 191-te“

- 191te (besser ausschreiben)


"rechtgläubiger Muslime"

- Muslim (Moslem)


„Wenn Du nicht schießt, dann töte ich Euch beide.“

- euch, du (sind noch weitere Stellen)

Vielleicht noch ein Synonym für die Namen, wird doch recht oft wiederholt.

L G,

tschüß Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Woltochinon,

vielen Dank fuer die ausfuehrliche Kritik.

Hinsichtlich der Satzstruktur hast Du recht: Ich wollte das Umfeld bildreich, ruhig und umstaendlich beschreiben, den Dialog im Kontrast dazu kurz und hektisch, und schliesslich die Vorbereitungen zum Mord und das Zaehlen nuechtern, geschaeftlich gestalten. Ein bischen muss ich daran noch arbeiten.

Mit der Zauberschlange hast Du vermutlich Recht ... da muss ich mir noch was ueberlegen.

Die Desingerklamotten hatte ich als weiteres Beispiel ausgewaehlt, in dem Jussuf gegen islamische Grundsaetze verstoesst: Frauen sollen sich nicht aufreizend kleiden. Wenn er italienische Designerklamotten fuer seine Gastgeber schmuggelt, dann deutet das wie andere Dinge nur darauf hin, dass er den Koran nur zu seinem Besten ausnutzt. Er spielt nur das Medium, er hat keinen goettlichen Auftrag.

Schatten und Klicken ist schlecht, ebenso das 'traenenhaft' - danke.

Die Anmerkungen zum Textkram werde ich uebernehmen, bis auf das Du - das ist seit erstem April wieder erlaubt :D
Die sunnitischen Augen stehen fuer seinen Blickwinkel. Wenn man's nicht so verstehen kann muss ich das aendern.

vielen Dank & viele Gruesse,

sarpenta

 

Hallo sarpenta,


"Die Desingerklamotten hatte ich als weiteres Beispiel ausgewaehlt, in dem Jussuf gegen islamische Grundsaetze verstoesst"


Stimmt, so kann man das sehen und es passt gut.

"Die Anmerkungen zum Textkram werde ich uebernehmen, bis auf das Du - das ist seit erstem April wieder erlaubt"


Diesen Aprilscherz, der keiner sein sollte, hatte ich schon wieder verdrängt. Die Reform der reformierten Reform - hoffentlich ist jetzt Schluss damit.

"Die sunnitischen Augen stehen fuer seinen Blickwinkel. Wenn man's nicht so verstehen kann muss ich das aendern."

Man sagt ja: Das musst du mal mit seinen Augen sehen, insofern passt es. Da du aber viele Adjektive verwendest, wirkt das Sunnitisch auf mich, als sei es eine Eigenschaft von Augen (die andere Gläube nicht haben, als hätten z.B. alle Christen grüne Augen). Kann auch an mir gelegen haben, dass ich es aus der lesesituation heraus anders aufgefaßt habe.

L G,

tschüß Woltochinon

 

Hi sarpenta,

ich bin sicher, du kennst das Lied "The Hangman And The Papist" der britischen Band "The Strawbs" nicht, aber deine Geschichte hat mich daran erinnert. Auch dort wird im Namen Gottest ein Mensch dazu angehalten, seinen Bruder zu töten und er tut es mit dem Schrei in den Himmel: "Forgive me God, we hang him in thy name!"

Mir hat deine Geschichte gefallen, ich finde die Verwendung der vielen Adjektive für Plot und Atmosphäre genau richtig und hatte auch die sunitischen Augen gleich richtig verstanden.
Zynisch das Eingangsbild, in dem sie noch den Frieden loben, bevor sie zu ihrer fanatischen Tat schreiten wollen. Der Fanatismus verstellt den Blick für das eigene Handeln, wird als Rechtfertigungsgebäude missbraucht, Unrecht in Recht zu verwandeln und die eigene Entscheidung wird zur göttlichen Fügung stilisiert.
Wäre es nicht der Bruder gewesen, hätte keiner nachgedacht, so gibt es zwei Opfer, weil Argumente bei Fanatismus nichts zu bringen scheinen. Sie verhallen ungehört, das Weltbild ist nicht offen dafür.

Dafür ließen sich sicherlich in vielen Bereichen Geschichten finden, sei es im politischen Extrem oder auch in anderen Religionen.
Insofern finde ich das Beispiel Islam fast ein bisschen schade, weil es so am Zeitgeist schwebt, ohne den kritisch zu hinterfragen. Andererseits gilt eben heute der Islamismus als das Paradebeispiel fanatisierter Gefahr. Dein Text bleibt aber eben leider darin stecken, darauf aufzubauen.
Was er zeigt, ist die Uneinigkeit, die auch in den verschiedenen Konfessionen des Islam steckt, denn das Attentat gilt (wie im Irak) eben nicht dem bösen Westen, sondern "ungläubigen" Schiiten, also Menschen gleicher Religion. Auch für diese Zersplitterung gibt es im Judentum und Christentum Parallelen.
Fast hätte ich mir gewünscht, du hättest für die Geschichte eine ganz eigene Religion erfunden, weil der Effekt eben so universell und auch fanatisches Christentum gegenwärtig auf dem Vormarsch ist.

Lieben Gruß, sim

 

Lieber sim,

danke fuer das Lob und auch die implizite Kritik, die sich im letzten Abschnitt befindet. Meine Intention war etwas anders als die, die Du herausgelesen hast. Daher habe ich jetzt den Text an einigen wenigen Stellen noch ergaenzt. Vielleicht wird es jetzt klarer. Zudem habe ich die Idee von Dir aufgegriffen, dass die Religion im Prinzip austauschbar ist und das im Text angedeutet.

Eigentlich wollte ich, dass man als Leser bemerkt, dass es Jussuf nie um den Glauben geht: er verstoesst gegen mehrere islamische Grundregeln innerhalb dieser Geschichte. Da dies scheinbar fuer uns "Wessis" nicht so leicht zu erkennen ist, habe ich ihm eine Bibel und etwas Alkohol ins Gepaeck gepackt - Die Ideologien, die Methoden, die Vorwaende sind die gleichen. Nur die Menschen, denen man beibringt, wie sie zu funktionieren haben sind die verschieden. Sie sind diejenigen, die wirklich daran glauben. Die Fuehrung ist dagegen mehr oppurtunistisch und veraendert ihre Gesinnung je nach politischer Lage und eigenen Interessen. Kritik und Diskussion von der "Basis" sind ausgeschlossen.

Vielleicht fallen mir noch ein paar Verbesserungen fuer die Geschichte ein.

Frohe Ostern,

sarpenta

 

Hallo sarpenta,

eine wirklich gute Geschichte, meiner Meinung nach.
Ich weiß nicht genau, inwiefern du noch einige ergänzende Stellen eingefügt hast, bei mir kam die Geschichte jedenfalls so an, wie sie (deinen Kommentaren nach) wohl ankommen sollte; dass der Glaube, ganz gleich welcher, Jussuf lediglich als Mittel zum Zweck, als Möglichkeit zur Manipulation dient, um eigene (sehr materielle) Interessen durchzusetzen.

Den Anfang ausführlich und mit ruhiger Sprache zu beschreiben, ist eine gute Idee; meiner Meinung nach sind die ersten ein, zwei Sätze aber doch schon ziemlich an der Grenze. Allerdings, jetzt, beim nochmaligen Durchlesen, empfinde ich es als weniger "schlimm", vielleicht war ich vorhin einfach nur noch zu verpennt :D

Ein kleiner Fehler:

Mit noch geschlossenen Augen spricht er versteinert wie ein Orakel:
(t fehlt)

Irgendwo habe ich noch was gesehen, find's aber jetzt nicht mehr.


Ah ja, und dann:

Allahs Wege sind unergründlich: er weiß um alle Menschen. Das weiß auch Ibrahim: es ist sein Wille.
Nach der Reform der Reform check ich nicht mehr ganz durch, aber ich meine, dass nach einem Doppelpunkt großgeschrieben wird, wenn ein vollständiger Satz folgt. Also: "... unergründlich: Er weiß um..." // "... Ibrahim: Es ist sein Wille."

Ich sage Dir: schieße!“
Hier auch (wenn ich mich nicht täusche).

Wie gesagt: Eine sehr gute Geschichte. :)

Viele Grüße & frohe Ostern,
Nanine

 

Danke, liebe Nanine, fuer Deinen Kommentar & das Lob.
Das fehlende "t" werde ich gleich mal einbauen, hinsichtlich des Doppelpunktes mache ich mich mal auf die Suche. Ich finde hoffentlich dann auch eine Seite, die die Reform der Reform der ... bereits beruecksichtigt. Falls jemand da genauer Bescheid weiss, dann bitte mitteilen (geht auch als PN, man muss ja nicht immer rumspammen ...)

Frohe Ostern noch,

sarpenta

 

Stünde diese Geschichte, sarpenta, in einer anderen Rubrik, ich hätte sicher versucht, mich auf sie einzulassen. Aber sie steht in Gesellschaft, und sie will anklagen und sie will freisprechen, beides zugleich. Sie will Menschen anklagen, um Glauben freizusprechen, frei nach dem Motto: Glauben ist gut, nur Menschen sind schlecht oder bestenfalls schwach.

Dazu bedienst du dich eines Konstrukts, das wenig glaubwürdig ist: Ein Berufskiller ohne Glauben (der Teufel) verleitet Gläubige (Moslems wie Christen) dazu, sowohl ihre Glaubensbrüder wie auch ihre –feinde zu töten. Er ist – wie konnte es anders sein – nicht nur bestens informiert und theologisch geschult, er ist auch in der Lage, das Präzisionsgewehr selbst zu bedienen. Damit ist klar: Die Gläubigen werden nur gebraucht – oder wie du sagst: mißbraucht -, um sie und ihren Glauben zu diskreditieren.

Aber dem ist nicht so, die Wirklichkeit ist eine andere. Die Wirklichkeit ist, daß Fundamentalismus gleich welcher Religion oder Weltanschauung sich nur aus dem Glauben speist und keiner bezahlten Killer braucht, schon gar nicht Ungläubiger – an Menschen, die bereit sind für ihre Überzeugung zu töten und zu sterben, hat es in der Menschheitsgeschichte noch nie gemangelt.

Diese Geschichte ist nichts als Propaganda und ein Ärgernis, auch weil sie sich durch den eingeschobenen Hinweis auf die Bibel neutral gibt, in ihrem Duktus, ihrem Personal und in ihren Zitaten aber nur den einen Glauben anprangert – seht her, so sind Moslems, so ist Islam, so steht das wörtlich im Koran – wahrlich ich sage euch, an dieser Geschichte gibt es nichts mißzuverstehen.

Dion

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Dion,

ich fuerchte, Du hast die Geschichte missverstanden (und Deine Kritik wiederspricht traegt vermutlich einen inneren Widerspruch). Der "Boss" ist kein Berufskiller, er ist jemand, der selbst nicht toetet. Er ueberlaesst die Drecksarbeit anderen, glaeubigen Menschen. Der Glaube dient nur als Vorwand, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Auch bedient er nicht selbst das Praezisionsgewehr, er laesst seinen Kollegen schiessen, bevor er ihn mit der Pistole toetet ("dunkel und hell", ok. ist ein wenig versteckt), da dieser nutzlos fuer ihn geworden ist, weil er begonnen hat, nicht mehr bedingungslos zu gehorchen und moeglicherweise anfaengt, ihn zu durchschauen.

Der Missbrauch der Glaeubigen geschieht nicht, um ihren Glauben zu diskreditieren. Dazu macht der "Glauebige" Leader viel zu viel verkehrt. Er ist selbst nicht glaeubig. Er interpretiert den Koran lediglich zu seinen Nutzen, um seine Interessen (oder die Interessen seiner Hintermaenner) durchzusetzen. Das ist der Grund wieso ich schreibe:

Sie klingen wie der Nachhall einer falsch verstandenen Hoffnung aus der Wüste, heute, hier in Basra.
Islam waere Hoffnung, Hingabe und Gnade, wenn man sich auf die positiven Aspekte dieser Religion konzentrieren, und die negativen, hassbetonten Seiten richtig in den historischen Kontext einordnen wuerde. Das Problem dabei ist, dass der Koran den Anspruch erhebt, dass er als direkte goettliche Offenbarung woertlich zu nehmen ist (was ich mit dieser Geschichte ebenfalls kritisiert habe) und so Passagen herangezogen werden muessen, die zur Verfolgung und zur Toetung anderer Menschen aufrufen (Mohammed hatte diese Dinge aber beispielsweise vor einem Feldzug gegen die Mekkaner geaeussert, die in damaligem Verstaendnis "Unglaeubige" waren. Juden und Christen sind das nur in einem weiteren Sinne, auch hat sich die Bedeutung von "Unglauebiger" im Laufe der Zeit gewandelt, entsprechend der politischen Lage.).
Die Behandlung dieser Dinge ist lediglich eine theologische Frage, hat im Prinzip nichts mit Fundamentalismus zu tun. Die gefaehrlichen Menschen sind daher nach wie vor diejenigen, die den Koran auslegen und weniger gebildeten Menschen ihre Meinung ueberstuelpen. (Bei den Unruhen zu den Mohammed-Karrikaturen hatten z.B: die meisten Demonstranten die Karrikaturen zuvor nicht einmal gesehen oder Faelschungen waren von Religionslehrern verbreitet worden, um die Stimmung anzuheizen, beispielsweise das Bild von dem Herrn mit der Schweinenase auf einem Schweinegrunz-Wettbewerb (in Montpellier?)).
Diese Dinge geschehen mit der Bibel ebenso und noch immer, zum Zeitpunkt, als ich die Geschichte schrieb, wurden beispielsweise gerade in Nigeria Moslems von Christen gemeuchelt. Daher der Einwurf mit der Bibel.
Was Du am Ende Deiner Kritik anprangerst, ist notgedrungen der Fall, sobald ich eine Religion als Beispiel auswaehle, da ich mich mit Zitaten, Gedanken, Umfeld, etc ... im Rahmen dieser Religion bewegen muss, um glaubhaft zu bleiben. Eine fiktive Religion auf einem unbekannten Planeten war mir wegen der Aktualitaet der Ereignisse zu weit entfernt (was die einzige Alternative dazu waere). Daher waehlte ich die Religion aus, fuer die die allgemeine Intention dieser Geschichte zum Zeitpunkt des Schreibens leider am treffendsten war. Wuerde ich sie heute noch einmal schreiben, wuerde sie in Israel spielen und von einem Raktenschuetzen auf der einen Seite und einem Panzerfahrer auf der anderen Seite handeln, oder sie waere in Palaestina und eine Hamas-Anhaenger muesste seinen Bruder, den Fatah-Aktivisten toeten, aus welchem Grund auch immer.
Ich sage nicht: so sind Moslems, weil derjenige, der toeten soll, dazu gezwungen werden muss, nachdem er begreift, was vor sich geht: Es werden keine "Unglauebigen" getoetet, sondern "Glaeubige", wie sein Bruder.
Ja, ich sage, so steht das woertlich im Koran, es kommt aber auf die Auslegung an, und darauf, wie man ihn anwendet. Die Art des Gottesgerichtes, wie ich sie schildere, wird teilweise z.B: noch immer im Iran oder Hindukusch angewendet, wenn es keinen direkte Regelung im Koran oder der Scharia gibt, die sich mit diesem Fall befasst. Aber wie gesagt, die Menschen sollte beginnen, ihn zu vestehen, anstatt ihn auswendig zu lernen und blind zu befolgen.

Vielleicht sollte ich daher diese Geschichte noch einmal ueberarbeiten, da es doch noch einiges gibt, was missverstanden werden kann.

So, jetzt muss ich weg, sonst krieg' ich meinen Flieger nach Nigeria nicht mehr :D

sarpenta

P.S: hab' grad keine Zeit obiges nochmal durchzusehen, muss wirklich gerade zum Flieger, also sorry fuer Fehler ... und werd's spaeter vielleicht noch aendern.

 

sarpenta schrieb:
Der "Boss" ist kein Berufskiller, er ist jemand, der selbst nicht toetet. Er ueberlaesst die Drecksarbeit anderen, glaeubigen Menschen. Der Glaube dient nur als Vorwand, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Auch bedient er nicht selbst das Praezisionsgewehr, er laesst seinen Kollegen schiessen, bevor er ihn mit der Pistole toetet ("dunkel und hell", ok. ist ein wenig versteckt), da dieser nutzlos fuer ihn geworden ist, weil er begonnen hat, nicht mehr bedingungslos zu gehorchen und moeglicherweise anfaengt, ihn zu durchschauen.
Jusuf, der „Boss“, gibt sich zwar als gläubiger Moslem aus, ist das aber mitnichten, denn er führt anscheinend ebensolche Aufträge auch für Christen aus. Zum Beweis, daß er und niemand anders es war, der das Opfer erledigt hat, fertigt er vor der Tat Photos des Opfers an, die er offenbar seinen Auftragsgebern vorlegen muß. Das Fehlen einer ideologischen Motivation und das Morden nach Auftrag machen ihn automatisch zum Auftrags- oder Berufskiller, ganz gleichgültig, ob er persönlich die Waffe bedient oder nicht.


sarpenta schrieb:
Der Missbrauch der Glaeubigen geschieht nicht, um ihren Glauben zu diskreditieren. Dazu macht der "Glauebige" Leader viel zu viel verkehrt. Er ist selbst nicht glaeubig. Er interpretiert den Koran lediglich zu seinen Nutzen, um seine Interessen (oder die Interessen seiner Hintermaenner) durchzusetzen.
Weil Jusuf nicht selbst mordet, sondern sich eines Gläubigen bedient, diskreditiert er damit auch dessen Glauben, denn die Öffentlichkeit kennt ja die Hintergründe nicht – sie weiß nur, ein gläubiger Moslem hat einen (geringfügig) andersgläubigen Moslem getötet, und Glaube (des Mörders), der Solches zuläßt, kann nicht gut sein, das versteht jeder Mensch.


sarpenta schrieb:
Die Behandlung dieser Dinge ist lediglich eine theologische Frage, hat im Prinzip nichts mit Fundamentalismus zu tun. Die gefaehrlichen Menschen sind daher nach wie vor diejenigen, die den Koran auslegen und weniger gebildeten Menschen ihre Meinung ueberstuelpen.
Wir wissen beide: Den Koran und die Bibel kann man so oder so auslegen, je nach Bedarf werden nach wie vor bestimmte Suren bzw. Bibelstellen zitiert, denn in Werken solcher Größe findet sich das Eine, aber auch das Gegenteil davon. Und das sind theologischen Fragen und haben genau deswegen etwas mit Fundamentalismus zu tun: Die Theologen entscheiden, wann was zu gelten hat, sie bestimmen, ob es Krieg oder Frieden gibt – das war schon immer so, auch der 30-jähriger Krieg war eine Folge der theologischen Auseinandersetzungen zwischen den Protestanten und Katholiken, Ähnliches findet jetzt zwischen Sunniten und Schiiten statt.


sarpenta schrieb:
Aber wie gesagt, die Menschen sollte beginnen, ihn zu vestehen, anstatt ihn auswendig zu lernen und blind zu befolgen.
Das ist leichter gesagt als getan, auch die katholische Kirche hat fast 2000 Jahre gebraucht, um ihren Gläubigen zu gestatten, die Heilige Schrift selbst zu lesen – bis zum Ende des 19.Jahrhundert war es einem Katholiken verboten, die Bibel in Deutsch zu lesen. So ist das bei Koran noch immer – offiziell gibt es ihn nur in Arabisch, Übersetzungen werden nicht anerkannt, sie gelten überdies als Frevel. Man sieht: Die Auslegungshoheit über ein heiliges Buch zu haben, das verleiht Macht, und Macht verleitet zur Machtmißbraucht, sprich zur Manipulation der Massen.

Im Übrigen wiederhole ich meinen Vorwurf: Deine Geschichte ist konstruiert und wenig glaubwürdig, weil Fundamentalismus gleich welcher Religion oder Weltanschauung sich nur aus dem Glauben speist (und keine Auftragskiller und schon gar nicht Ungläubiger wie hier Jusuf braucht (er „arbeitet“ dir zufolge sowohl für Moslems als auch für Christen)) – an Menschen, die bereit sind für ihre Überzeugung zu töten und zu sterben, hat es in der Menschheitsgeschichte noch nie gemangelt.

Dion

 

Hi Dion,

ich kann Deiner Interpretation meiner Geschichte leider immer noch nicht zustimmen. Eine der Fragen, die es dabei zu klaeren gibt ist fuer mich die, ob es daran liegt, was ich in der Geschichte schrieb und wie das aufgenommen wird oder werden kann, und inwiefern sich das mit meiner Intention deckt.

Wir wissen beide: Den Koran und die Bibel kann man so oder so auslegen, je nach Bedarf werden nach wie vor bestimmte Suren bzw. Bibelstellen zitiert, denn in Werken solcher Größe findet sich das Eine, aber auch das Gegenteil davon. Und das sind theologischen Fragen und haben genau deswegen etwas mit Fundamentalismus zu tun: Die Theologen entscheiden, wann was zu gelten hat, sie bestimmen, ob es Krieg oder Frieden gibt – das war schon immer so, auch der 30-jähriger Krieg war eine Folge der theologischen Auseinandersetzungen zwischen den Protestanten und Katholiken, Ähnliches findet jetzt zwischen Sunniten und Schiiten statt.

Ja, Du hast recht, dass man in beiden Werken genuegend Stellen findet, die man sich immer so zurechtlegen kann, dass man auf der besseren Seite steht. Aber ich muss leider zunaechst Mal einen Begriff klarstellen, damit wir nicht aneinander vorbeireden. Dazu zitiere Mal schnell Wikipedia:
Der Begriff Fundamentalismus im weiten Sinn bezeichnet eine religiöse oder weltanschauliche Strömung, deren Ziel eine Rückbesinnung auf die Wurzeln der Religion oder Ideologie ist.
Fundamentalismus als Begriff ist daher nicht unbedingt negativ aufzufassen. Das haengt ueberwiegend davon ab, ob diese Rueckbesinnung als eher negativ oder positiv zu bewerten ist. Auch ist dieser Begriff nicht notgedrungen mit Religion zu assoziieren. Ich kann daher leider ueberhaupt nicht zustimmen, wenn Du sagst, dass es theologische Fragen sind, die genau deswegen etwas mit Fundamentalismus zu tun haben. Theologie oder Religion sind nicht mit Fundamentalismus gleichzusetzen oder implizieren ihn nicht. Genau genommen ist Jussuf kein Fundamentalist. Der Koran ist nur Instrument, nicht Basis und Rueckbezug seiner Gedanken. Ich hoffe, das wird in der Geschichte klar, wenn nicht, dann muss ich das noch deutlicher herausarbeiten. Allerdings sagst Du ja:
Das Fehlen einer ideologischen Motivation und das Morden nach Auftrag machen ihn automatisch zum Auftrags- oder Berufskiller, ganz gleichgültig, ob er persönlich die Waffe bedient oder nicht.
Daher sollte das klar genug sein. Wenn nicht, dann gib' mir bitte Bescheid. Allerdings unterschiede ich immer noch deutlich zwischen Killer, Auftraggeber, und dem Mittelsmann, Opportunisten oder "Geschaeftsmann" Jussuf als Organisator und Schaltstelle. Nur der, der schiesst, ist der Killer. Niemand sonst. Es bedarf immer eines Jussuf, um die Hintermaenner zu decken und die Killer unwissend zu lassen.

Uebrigens: (auch aus Wikipedia):

Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 war ein Konflikt um Hegemonie oder Gleichgewicht zwischen den Mächten Europas und zugleich ein Religionskrieg. In ihm entluden sich sowohl die Gegensätze zwischen der Katholischen Liga und der Protestantischen Union innerhalb des Heiligen Römischen Reiches als auch der habsburgisch-französische Gegensatz auf europäischer Ebene.
und ebenda:
Obwohl zunächst religiös begründet, wurde im Verlauf des Krieges schon bald offenbar, dass er aus rein machtpolitischen Gesichtspunkten geführt wurde. Auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reichs bekriegten sich zwei Machtblöcke, die beide von katholischen Mächten geführt wurden: die spanischen und österreichischen Habsburger einerseits und Frankreich andererseits.
Nur mal zur Info. Glaube kann daher nicht das tragende Motiv gewesen sein.

Weil Jusuf nicht selbst mordet, sondern sich eines Gläubigen bedient, diskreditiert er damit auch dessen Glauben, denn die Öffentlichkeit kennt ja die Hintergründe nicht – sie weiß nur, ein gläubiger Moslem hat einen (geringfügig) andersgläubigen Moslem getötet, und Glaube (des Mörders), der Solches zuläßt, kann nicht gut sein, das versteht jeder Mensch.

Hier muss ich Dir leider deutlich widersprechen:
Er wuerde dessen Glauben diskreditieren, wenn die Tat so angelegt waere, dass dabei der Beweis erbracht werden muss, dass der Moerder aus religioesen Motiven gehandelt hat.
Genau das ist nicht der Fall: Wuerde dieser Mord so in einem anderen Land stattfinden, dann kaeme zunaechst keiner auf die Idee, dass die Tat religioes motiviert waere. Eine Kugel kennt kein Glaubensbekenntnis. Sie gibt nur Zeugnis fuer einen Auftrag oder abgrundtiefen Hass.
Ich habe bewusst auf einen zufaelligen Passanten schiessen lassen, um deutlich zu machen, dass es nicht auf die Person ankommt, die getoetet werden soll. Es kommt nur auf das Toeten an und darauf, was (wie z.B: Du selbst) in diese Tat interpretieren und wie diese auf die Oeffentlichkeit wirkt. Und das genau an diesem Ort Basra. Die Taeter verstecken sich, wollen nicht erkannt werden, bekennen sich nicht zu ihrer Tat. Auch stoert es Jussuf nicht im Geringsten, einen des eigenen Glaubens zu erwischen (falls Du das nicht bemerkt hast ...). Der einzig denkbarre Beweggrund fuer diese Tat ist es daher, die Stimmung anheizen zu wollen. Wer stirbt und wem man die Schuld in die Schuhe schiebt ist den Auftraggebern und Jussuf egal.
Wenn das nicht aus dem Text klar wird, dann muss ich das nochmal nacharbeiten. Ich dachte, der Bruder waere klar genug um festzustellen, dass das der Falsche sein muss und dass es daher nicht auf den Glauben ankommt.

Uebrigens: die Toetung eines Menschen - welchen Glaubens auch immer - ist im Islam immer ein Verbrechen. Lediglich die Bestrafung ist anders festgesetzt, wenn der Tote Muslim war oder nicht, so weit ich mich entsinne (das sollte ich vielleicht nochmal nachschlagen ...). Ebenso wie Selbstmord immer ein Suende darstellt. Daher ist es (eine noch immer offene Frage, soweit ich weiss), ob Selbstmord-Attentaeter tatsaechlich in direkt in den Himmel kommen, wie es allen versprochen ist, die fuer den Glauben ihr Leben lassen. Wie gesagt, fuer Personen, die andere zu Selbstmordattentaten ueberreden wollen, steht selbstverstaendlich die Autobahn in den Himmel im Vordergrund, da sie sonst keine Argumente haetten, Verweifelte, Aussenseiter, geistig fehlgeleitete Idealisten, etc ... fuer ihre Zwecke instrumentalisieren zu koennten. Das ist ein theologischer Aspekt, der entpsrechend zurechtgebogen wird. Die Hintergruende dafuer sind nicht notwendigerweise "fundamentalistisch" wie oben beschrieben. Ich wuerde es eher als radikal und skrupellos bezeichnen, um es genauer zu definieren.

Nun zu Deinem letzten Punkt:

Das ist leichter gesagt als getan, auch die katholische Kirche hat fast 2000 Jahre gebraucht, um ihren Gläubigen zu gestatten, die Heilige Schrift selbst zu lesen – bis zum Ende des 19.Jahrhundert war es einem Katholiken verboten, die Bibel in Deutsch zu lesen. So ist das bei Koran noch immer – offiziell gibt es ihn nur in Arabisch, Übersetzungen werden nicht anerkannt, sie gelten überdies als Frevel. Man sieht: Die Auslegungshoheit über ein heiliges Buch zu haben, das verleiht Macht, und Macht verleitet zur Machtmißbraucht, sprich zur Manipulation der Massen.
Mal wieder Wikipedia (ist grad praktisch, weil ich in Michigan in einem Cafe sitze und nix zur Hand habe ...).
Eine wirkliche Übersetzung des Korans gilt in der traditionellen islamischen Theologie als unmöglich, da jede Übersetzung zugleich eine Interpretation beinhaltet. Daher wird das Studium des Korans im arabischen Originaltext empfohlen.
und nicht verboten. Ich selbst besitze eine Ausgabe des Koran, die von einem deutschen Muslimen in den 60ern uebersetzt wurde (ich kann Dir aber jetzt nicht vom Fleck weg dessen Namen sagen, weil ich das Ding nicht in den Staaten bei mir habe).
Zwecks Bibeluebersetzungen: Es gab mal eine gotische Wulfila-Bibel (um 360) und eine vom Mondseer Matthäus (748) und ab Luther (dessen Bibel auch von Katholiken als Bibeluebersetzung verwendet werden durfte), d.h. ab dem Spaetmittelalter (wegen Buchdruck) mehrere auch katholische Uebersetzungen, die im "Volk" Verbreitung fanden. Davor war es dem Normalbuerger schlicht nicht moeglich eine Bibel zu erwerben, weil diese handschriftlich kopiert werden musste und daher fuer ihn unbezahlbar war. Nur Gelehrte, Priester, Moenche, Adelige, Reiche, konnten sich eine Handschrift leisten oder hatte zu einer Bibliothek Zugang. Gepredigt wurde uebrigens schon immer in der Landessprache.
Das Argument mit der bewussten Zurueckhaltung der Information in der Bibel ist daher nicht zutreffend (Wer sich's leisten konnte, konnte eine erwerben; die Erstellung von Bibelabschriften war sogar ein Einnahmezweig von Kloestern im Mittelalter...). Die Vulgata als kanonisierte Form der Bibel wurde in der damals ueblichen Landessprache nahezu aller Christen (abgesehen von Aramaeisch im vorderen Orient und persischen Sprachen) verfasst. Historisch war das also eine Bibel fuer das Volk. Die Tatsache, dass sich die Sprachen im ehemaligen roemischen Reich diversivizierten und staendig veraenderten, hat dazu gefuehrt, dass sich Latein aufgrund der Ueberlieferten Schriften in dieser Sprache als Informationstraeger in Wissenschaft und auch Theologie etablierte. So musste man Latein lernen um zu studieren, und damit andere in anderen Laendern das ebenfalls lesen konnten, schrieb man in Latein. Das ist ein historischer Prozess, sogar ein sehr vernuenftiger, und kein bewusster Akt der Kontrolle (sorry).

Im Übrigen wiederhole ich meinen Vorwurf: Deine Geschichte ist konstruiert und wenig glaubwürdig, weil Fundamentalismus gleich welcher Religion oder Weltanschauung sich nur aus dem Glauben speist (und keine Auftragskiller und schon gar nicht Ungläubiger wie hier Jusuf braucht (er „arbeitet“ dir zufolge sowohl für Moslems als auch für Christen)) – an Menschen, die bereit sind für ihre Überzeugung zu töten und zu sterben, hat es in der Menschheitsgeschichte noch nie gemangelt.

Verzeihung, aber hier liegst Du eindeutig falsch: Sunniten und Schiiten lebten (zwar nicht perfekt) aber eindeutig besser miteinander im Irak zu Zeiten eines Saddam Hussein (trotz der Differenzen im Glauben). In anderen Laendern funktioniert dieses Zusammenleben (und das obwohl die Leute dort an genau das gleiche glauben). Es kann daher nicht der Glaube sein. Der Glaube ist nur der Vorwand, der genutzt wird, um Menschen fuer die eigentlichen Zwecke dahinter zu missbrauchen. (Niemand kann sich was dafuer kaufen, wenn jemand anderes sich selbst in die Luft sprengt, es sei denn, die Tat direkt, die Wirkung der Tat auf die Gesellschaft, das lokale Machtgefuege, die Stabilitaet etc ... koennen dadurch "positiv" beeinflusst werden). Die momentane desolate Situation in einem Land wie dem Irak oder Afghanistan wird solange andauern, bis endlich alle Machtpfruende abgesteckt sind oder niemand mehr da ist, den man noch umbringen koennte. Was sich momentan im Libanon abspielt ist genau die gleiche Geschichte: es geht nur um Macht, Einfluss etc ... und dazu nimmt man sich immer die Argumente, die einem am besten in die Karten spielen. Ein Blick nach Gaza oder Ramallah sagt da das gleiche: Seit ein paar Tagen hoert man nix mehr von Raketenabschuessen nach Israel, weil die Hamas befuerchtet, durch Neuwahlen die Regierungsgewalt (die sie nie richtig hatten) wieder abgeben zu muessen. Da ist ploetzlich Ende mit Glaubensauftrag. Die Palaestinenser wollen die Juden da unten nur weg haben, um das Land wieder selbst kontrollieren zu koennen. Wuerden die Juden brav in die Kasse der Hamas wirtschaften, dann waeren sie sicher beste Freunde (der Iran ist uebrigens Schiitisch, waehrend die Palaestinenser ueberwiegend Sunniten sind ... nur mal so am Rande).
Ach ja, hatte ich oben schon gesagt: Jussuf arbeitet fuer seinen eigenen Vorteil, der sich sehr einfach mit "Cash" angeben laesst.

Insofern muss ich anhand Deines letzten Argumentes fast zum Schluss kommen, dass die Konstellation in meiner Geschichte gut gewaehlt und treffend, aber keineswegs konstruiert ist, um den tatsaechlichen Sachverhalt klarzustellen:
Es sind immer Menschen, die Ziele verfolgen, Ideologien anwenden ohne sie zu verstehen oder zu hinterfragen. Nur weil sich irgendetwas Glaube oder Ideologie nennt ist es noch lange nicht falsch. Selbst eine "gefaehrliche" Ideologie wird erst dann zur Gefahr, wenn sie angewendet wird, von Menschen, die nicht begreifen, worum es in ihrem Leben oder im gesellschaftlichen Zusammenleben eigentlich geht.

Dein letzter Satz:

an Menschen, die bereit sind für ihre Überzeugung zu töten und zu sterben, hat es in der Menschheitsgeschichte noch nie gemangelt.
Man stirbt nur fuer eine Ueberzeugung, wenn man diese Ueberzeugung hoeher einschaetzt als alles, was man noch fuer sein Leben erwarten kann. Das Vorhandensein solcher Menschen, ist daher prinzipiell ein soziales und erzieherisches Problem (bis auf wenige Ausnahmen). Es liegt daher an der Gesellschaft, sozial und finanziell Schwache zu unterstuetzen und ein positives Lebensgefuehl zu vermitteln. Zudem sollte die Bildung darauf ausgelegt werden andere ethnische Gruppen verstehen zu wollen und Kontaktaengste oder die Furcht vor dem Anderssein abzubauen. Wenn man das schafft, dann besteht vielleicht die Moeglichkeit, die Zahl derer, die fuer ihre "Ueberzeugung" toeten wollen auf die Zahl geistig Verwirrter zu reduzieren, weil es jedem Vernuenftigen einleuchten muss, dass seine Tat keinen positiven Zweck, weder fuer ihn noch fuer Andere beinhalten kann. Das ist eine der gesellschaftlichen Herausforderungen, die die momentane Entwicklung aufzeigt. Diese Herausforderung kann aber nicht bezwungen werden, indem man Glauben als solchen ausrottet (man muesste das sonst konsequenterweise mit jeder ideologie im weiteren Sinne tun), ganze Laender in Sittenhaft fuer die eigentlichen Drahtzieher dahinter nimmt, oder sich auf die Selbstregulierung der Gesellschaft verlaesst, ohne an ihr aktiv arbeiten zu wollen.
Aus diesem Grund steht die Geschichte, so wie sie ist, in dieser Rubrik und jede Diskussion zu diesem Thema ist mir willkommen.

Jetzt geht's aber zum Mittagessen.

Mahlzeit,

sarpenta

 

Tja, sarpenta, du führst aber hier schwere Geschütze auf – nur, um deine Geschichte zu verteidigen?

Zunächst einmal: Ich will dir nichts Böses, ich lege nur meine Ansichten zu deiner Geschichte dar bzw. zu dem, was für Gedanken sie beim Lesen in mir ausgelöst hat. Ich versuche jetzt zum letzten Mal, meine Interpretation der Geschichte:

Jusuf arbeitet mal für Christen, mal für Moslems. Sie beauftragen und bezahlen ihn, damit er gezielt morden läßt. In deiner Geschichte hatte er einen sehr überzeugten Sunniten Ibrahim gefunden, der für ihn Schiiten, die er für vom rechten Glauben abgefallen hält, tötet.
Dazu sind sie in Basra, einer Schiitenstadt, doch der Zufall (nach einer Art Gottesurteil muß er die 191te Person an der 2ten Kreuzung töten) will es, daß das diesmal sein eigener Bruder sein soll.
Obwohl dieser auch Sunnit, ist er nach Jusufs Ansicht trotzdem schuldig – er hätte eben nicht in einer Schiitischenstadt sein sollen, und das Gottesurteil darf man sowieso nicht anzweifeln, Gott weiß eben, wer schuldig ist und wer nicht.
Ibrahim weigert sich und wird von Jusuf dafür erschossen, Auch der Bruder Ibrahims wird von Jusuf erschossen – Auftrag ist eben Auftrag, außerdem kriegt er sonst kein Geld.

Für mich ist spätestens damit der Tatbestand des Auftragskillers erfüllt, deine Begründung, die das verneint, finde ich nur spitzfindig. Ebenso spitzfindig finde ich deine Begründung, daß Ibrahim kein Fundamentalist sei. Meinetwegen, aber Ibrahim ist Schriftbewahrer, kennt sich im Koran sehr gut aus und glaubt jedes Wort darin, also glaubt er auch, daß Gott ein Urteil über die im Glauben irrenden Schiiten gesprochen hat.


Zum 30-jährigen Krieg:

Der Grund für den 30-Jährigen Krieg war ein religiöser, oder glaubst du, die protestantischen Schweden würden auch ohne diese Tatsache einmarschieren und die katholischen Teile des Reiches verwüsten, und die katholischen Truppen Wallensteins das Gleiche in protestantischen Teilen veranstalten?
Natürlich haben später auch territoriale Überlegungen eine Rolle gespielt, aber der Glaube war die treibende Kraft. Ich weiß natürlich, daß vor allem die katholische Seite diese Interpretation der Geschichte nicht gern sieht, denn sie waren es ja, die diesen Krieg vom Zaun brachen – es waren Jesuiten, die den Kaiser in Wien und den Bayernherzog in diesen Dingen berieten und möglicherweise dazu anstifteten. Jedenfalls wurde das von langer Hand vorbereitet, seit dem Tridentinischen Konzil war die Gegenreformation auf dem Vormarsch: Man wollte die Protestanten zum rechten Glauben zurück bekehren, dazu war ihnen jedes Mittel recht, nicht nur in Europa, auch anderswo ist man genauso mit Feuer und Schwert gegen Un- bzw. Falschgläubige vorgegangen.


Zu Bibelübersetzungen:

Natürlich hätten auch Katholiken die Lutherbibel lesen können, aber sie dürften das offiziell nicht. Tatsache ist, die erste deutsche und offizielle (mit Imprimatur!) katholische Übersetzung der Bibel gab es erst 1892 oder 1895. Der Grund dafür war ganz klar: Die Priester sollten Deutungshoheit behalten - das gleiche gilt immer noch beim Koran.


Zum Thema Palästina:

sarpenta schrieb:
Der Glaube ist nur der Vorwand, der genutzt wird, um Menschen fuer die eigentlichen Zwecke dahinter zu missbrauchen.
Das ist eine Ausrede von Leuten, die nicht glauben wollen, daß ihr Glaube Tod und Verderben über sie gebracht hat.
Für mich steht fest, der Glaube verbindet und trennt die Menschen: Wenn die im letzten Jahrhundert nach Palästina eingewanderten Menschen keine Juden, sondern Moslems wären, wir hätten da keine Probleme.


Zum Thema Märtyrer:

sarpenta schrieb:
Man stirbt nur fuer eine Ueberzeugung, wenn man diese Ueberzeugung hoeher einschaetzt als alles, was man noch fuer sein Leben erwarten kann. Das Vorhandensein solcher Menschen, ist daher prinzipiell ein soziales und erzieherisches Problem (bis auf wenige Ausnahmen).
Mit Ausnahmen meinst du wohl diesen Fall:
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig. Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.

Du kennst sicher diese Stelle, serpenta, es ist Mtthäus 10,37 bis 39. Das ist ach so friedliche neue Testament, und trotzdem ist an diesen Worten nichts zu rütteln – sie sind eindeutig eine Aufforderung, alles zu verlassen, was einem lieb ist, um Gott zu folgen und ggf. für ihn zu sterben, denn für ihn zu sterben heißt (ewiges) Leben gewinnen. Das und ich weiß nicht wieviele Jungfrauen werden auch einem Moslem versprochen, wenn er sich für seinen Glauben opfert.

Gegen solche Worte, sarpenta, hat Blut, obwohl dicker als Wasser, keine Chance. Nirgends.

Dion

 

Hi Dion,

ich rechtfertige nichts, ich ueberlege nur inwieweit Deine Kritik berechtigt ist und ich eventuell Aenderungen an der Geschichte vornehmen sollte. Das beinhaltet immer, dass man seine Argumente anderen Argumenten gegenueberstellt, schliesslich will ich an dieser Geschichte arbeiten und nicht einfach alles abblocken, was an mich herangetragen wird. Auch hast Du es als Kritiker verdient, einen Grund geliefert zu bekommen, wenn ich eine Aenderung hier nicht vornehmen will, weil es sonst so klaenge als haette ich es einfach unter den Tisch fallen lassen.

Aber jetzt zu deinem letzten Beitrag:
Vielleicht ist es der Titel der Geschichte der etwas zu falschen Schluessen verleitet: Die Inhaltsangabe der Geschichte ist nahezu perfekt bis auf Ibrahim toetet seinen Bruder, Jussuf toetet anschliessend ihn. So war es gedacht (zuerst der dunkle knall, dann der hohe), aber vermutlich wird es so nicht ganz klar. Das ist noch eine Schwachstelle in der Geschichte. Den Titel will ich aber nicht aendern, daher muss ich im Text noch nachbessern. Danke fuer diesen Hinweis.

Es mag spitzfindig klingen, dass nur der, der tatsaechlich schiesst, der Killer ist, waehrend ich andere als Mittelsmaenner bezeichne. Es entspricht allerdings dem juristischen Standards (soweit ich mit diesen vertraut bin).

Uebrigens: Schriftbewahrer ist ein terminus technicus. Er bedeutet, dass diese Person in der Lage ist, den Koran auswendig zu rezitieren und gilt aus Auszeichnung fuer die (islamische) Bildung der Person (es muss aber nicht bedeuten, dass er alles in dieser Schrift auch glaubt).

Vielleicht habe ich frueher einmal zu viel Mathematik studiert, um Definitionen und Begriffe immer in ihrer eigentlichen Bedeutung zu verwenden und mich nicht der ueblichen (manchmal falschen) umgaenglichen Bedeutung bediene.
Sogesehen ist ein Mathematikstudium die beste Schule, ein kleiner Pedant zu werden ... :D ... und damit Frauen in den Wahnsinn treiben zu koennen ... :D
Was ich allerdings zu Fundamentalismus gesagt habe, sollte aber dennoch absolut korrekt sein ... hoffe ich :sealed:

Der Grund für den 30-Jährigen Krieg war ein religiöser, oder glaubst du, die protestantischen Schweden würden auch ohne diese Tatsache einmarschieren und die katholischen Teile des Reiches verwüsten, und die katholischen Truppen Wallensteins das Gleiche in protestantischen Teilen veranstalten?
Leider kann keiner heute mehr die Leute von damals nach ihrem wirklichen Grund fragen, aber der Tenor in der Geschichtsbuechern ist der gleiche: Es ging primaer um Macht (wenn nicht sogar ausschliesslich). Es macht, fuerchte ich, hier wenig Sinn, um diese Dinge zu streiten, wenn das Experten bereits jahrhundertelang gemacht haben und zu einem einigermassen uebereinstimmenden Urteil gekommen sind (das ich zitierte). Ob Dir das gefaellt oder nicht bleibt Dir ueberlassen. Ich halte mich da an die uebliche Interpretation.

Zu Bibelübersetzungen:

Natürlich hätten auch Katholiken die Lutherbibel lesen können, aber sie dürften das offiziell nicht. Tatsache ist, die erste deutsche und offizielle (mit Imprimatur!) katholische Übersetzung der Bibel gab es erst 1892 oder 1895. Der Grund dafür war ganz klar: Die Priester sollten Deutungshoheit behalten - das gleiche gilt immer noch beim Koran.
Sorry, ich hab' bei Wikipedia und anderen Stellen nachgelesen und diese Information dort nicht gefunden. Es waere vielleicht gut, wenn Du mir einen Link dazu schicken koenntest (oder die Literatur dazu angeben), ich lerne gerne dazu. Ich weiss von keinem Verbot der Lutherbibel fuer Katholiken, ebenso ist nur ein "soll" den Koran auf arabisch zu lesen. Das sind die Informationen, die mir zugaenglich sind.

Für mich steht fest, der Glaube verbindet und trennt die Menschen: Wenn die im letzten Jahrhundert nach Palästina eingewanderten Menschen keine Juden, sondern Moslems wären, wir hätten da keine Probleme.
Doch es wuerden genau die gleichen Probleme bestehen: Land und Resourcen, die vorher nur fuer ein Gruppe von Menschen da waren, werden auf andere umverteilt. Diejenigen die dabei etwas verlieren werden sich immer an die bessere Zeit davor erinnern, sich benachteiligt fuehlen, und ihren Status erhalten wollen. Die "Eindringlinge" sind dabei immer die "boesen". Waeren es Schiiten gewesen anstelle der Juden, dann waere dort genau das gleiche Chaos wie jetzt im Irak. Deine Argumente hinsichtlich der Juden erklaeren nicht, wieso es im Irak nicht klappt, das sind ja auch keine "Juden" und wieso ploetzlich die selben Schiiten, die im Irak den Kampf gegen die Sunniten unterstuetzen oder sogar antreiben, die Sunniten in Palaestina mit Geld unterstuetzen. Wo ist da der Glaube? Glaube ist in diesem Sinne nur das Erkennungsmerkmal der anderen Personengruppe, die man aus dem Weg schaffen moechte. Wuerde "Schwarze" oder "Chinesen" Palaestina besetzen, dann wuerde der Krieg gegen die "Schwarzen" oder "Chinesen" gehen, unabhaengig von derem Glauben.

Hinsichtlich der Matthaeusstelle:
Zum ersten habe ich nicht behauptet, dass das neue Testament ach so friedlich ist. Ich habe Dir weiter oben sogar zugestimmt, dass es in der Bibel wie im Koran und vielen anderen religioesen Texten grausame, vielleicht sogar "gefaehrliche" oder zumindest aus heutiger sicht bedenkliche Saetze gibt, wenn man diese in Einklang mit unserer Gesellschaft bringen will. Die Kunst dabei ist es, zu verstehen und nicht am Buchstaben zu kleben (was ich mit meiner Geschichte auch ansprechen wollte ... Du bringst mich gerade auf eine Idee: ich sollte das vielleicht sogar direkt in den Dialog der beiden mit einbauen).
Nun zur Textstelle: Diese Stelle wurde von Matthaeus zu einer Zeit geschrieben, als die Christen bereits verfolgt wurden und findet sich nicht bei den anderen Evangelisten aus diesem "Literaturzirkel" (d.h. die Abschreiberkollegen/Quellen Lukas und Markus) :D, soweit ich weiss - kannst ja mal ueberpruefen ich hab' da grad keine Zeit dafuer. Die Bedeutung dieser Stelle passt sehr gut zu der persoenlichen Botschaft, die Matthaeus zusammen mit der Frohbotschaft vermitteln wollte. Unter anderem wollte er seinen Mitbruedern Beispiele dafuer geben, was sie (Aufgrund der Verfolgung) alles zu erwarten haben und Mut machen, es trotz allem, wa sie erwarten kann, zu bekennen. Wenn Du diese Stelle so verstehen willst, dass Du zuerste Deine Familie verlassen musst, um Christ sein zu koennen, dann bitte,
kannst Du machen. Das ist allerdings nicht noetig.

Wenn Du es so siehst, hat Blut, dicker noch als Wasser sicher keine Chance, allerdings nur gesetzt dem Fall, dass es die Leute nicht schaffen, diese Texte zu verstehen.

Wieder zwei neue Dinge, die ich vebessern sollte an meiner Geschichte. Danke dafuer und frohes Fest,

sarpenta

P.S: Als Wissenschaftler ist man geneigt etwas grausam zu sagen: Evolution hat bisher jedes Problem geloest. Menschen, die ihren Grips nicht gebrauchen koennen, werden sich daher selbst von dieser Welt entfernen, wenn wir (als Gesellschaft) die Rahmenbedingungen dazu entsprechend schaffen :D ...
allerdings waere es mir lieber, wenn es ginge, ohne das zu tun.

 

Zwischen dem einen Essen und dem anderen :D , hier ein kurze Erwiderung auf deinen Beitrag, sarpenta:

Was einen Fundamentalisten ausmacht, haben wir verschiedene Ansichten, und da wir hier nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden, kann ich nur versuchen, dir meinen Standpunkt anhand eine Beispiels verdeutlichen: Kardinal Meisner ist für mich ein christlicher Fundamentalist – siehe bitte auch hier.


sarpenta schrieb:
Dion schrieb:
Für mich steht fest, der Glaube verbindet und trennt die Menschen: Wenn die im letzten Jahrhundert nach Palästina eingewanderten Menschen keine Juden, sondern Moslems wären, wir hätten da keine Probleme.
Doch es wuerden genau die gleichen Probleme bestehen: Land und Resourcen, die vorher nur fuer ein Gruppe von Menschen da waren, werden auf andere umverteilt. Diejenigen die dabei etwas verlieren werden sich immer an die bessere Zeit davor erinnern, sich benachteiligt fuehlen, und ihren Status erhalten wollen. Die "Eindringlinge" sind dabei immer die "boesen". Waeren es Schiiten gewesen anstelle der Juden, dann waere dort genau das gleiche Chaos wie jetzt im Irak.
Durch den von mir hervorgehobenen Satz widersprichst du dich selbst und bestätigst ungewollt meine Aussage, die ich hier präzisiere: Wenn die im letzten Jahrhundert nach Palästina eingewanderten Menschen keine Juden, sondern sunnitische Moslems wären, wir hätten da keine Probleme.

Deine Geschichte gründet sich eben auf diesen (kleinen) Differenzen zwischen verschiedenen Glaubensrichtungen innerhalb einer Religion, gäbe es sie nicht und es ginge in deiner Geschichte wirklich nur um Macht, dann hätte Jusuf alleine schießen müssen, weil er niemanden gefunden hätte, der das für ihn aus Glaubensgründen getan hätte.


sarpenta schrieb:
Dion schrieb:
Natürlich hätten auch Katholiken die Lutherbibel lesen können, aber sie dürften das offiziell nicht. Tatsache ist, die erste deutsche und offizielle (mit Imprimatur!) katholische Übersetzung der Bibel gab es erst 1892 oder 1895. Der Grund dafür war ganz klar: Die Priester sollten Deutungshoheit behalten - das gleiche gilt immer noch beim Koran.
Sorry, ich hab' bei Wikipedia und anderen Stellen nachgelesen und diese Information dort nicht gefunden. Es waere vielleicht gut, wenn Du mir einen Link dazu schicken koenntest (oder die Literatur dazu angeben), ich lerne gerne dazu. Ich weiss von keinem Verbot der Lutherbibel fuer Katholiken, ebenso ist nur ein "soll" den Koran auf arabisch zu lesen. Das sind die Informationen, die mir zugaenglich sind.

Also das mit dem Verbot der Lutherbibel ist leicht zu belegen, denn noch das während des Pontifikats Pius X. (1903 bis 1914) herausgegebene Katechismus sagt u.a.:
THE CATECHISM OF ST. PIUS X schrieb:
We can read those translations of the Bible in the vernacular which have been acknowledged as faithful by the Catholic Church and which have explanations also approved by the Church ... because she alone is the lawful guardian of the Bible.
[…]
A Christian to whom a Bible has been offered by a Protestant or an agent of the Protestants should reject it with disgust, because it is forbidden by the Church. If it was accepted by inadvertence, it must be burnt as soon as possible or handed in to the Parish Priest.
[…]
The Church forbids Protestant Bibles because, either they have been altered and contain errors, or not having her approbation and footnotes explaining the obscure meanings, they may be harmful to the Faith. It is for that same reason that the Church even forbids translations of the Holy Scriptures already approved by her which have been reprinted without the footnotes approved by her.
Leider habe ich nur die englische Übersetzung des Katechismus gefunden, doch auch so wird deutlich, mit welcher Vehemenz (verbrennt es!) die römisch-katholische Kirche die Lutherbibel noch im 20.Jahrhundert verfolgte. Der Grund war ein einfacher: Nur die Leseart dieser Kirche war die richtige Leseart, deswegen verbot sie auch ihren eigenen früheren Bibelübersetzungen, die ohne Leseanleitung erschienen waren, d.h. praktisch alle, die vor dem I. Vatikankonzil (1869-1870) erschienen waren.

Wie das alles ablief kann man auch in wikipedia nachlesen

wikipedia schrieb:
Zu größerer Bibelverbreitung im Volk kam es durch Luthers Übersetzung und den Buchdruck. Die Lutherbibel war auch für die Kirchenmusik wichtig (siehe Bach) und für die Entwicklung der deutschen Schriftsprache, wurde aber fast nur von Protestanten verwendet.
Eine so vorherrschende "Standard-Bibel" kannte die Römisch-Katholische Kirche nicht. Nach der Allioli-Bibel (1830 und 1899) entstanden bis 1960 etwa 25 katholische Übersetzungen ins Deutsche
, daß da mit der katholischen Bibel nicht sehr weit her ist, mir war leider nur das letztere Datum (1899) ungefähr erinnerlich, fest steht, daß es über 300 Jahre dauerte, bis die katholische Kirche mit dem Luther gleichzog und ihren Gläubiger das Bibellesen allgemein erlaubte.
Übrigens der obige Auszug ist aus dem Wikipedia-Artikel zur Einheitsübersetzung.

Hier gibt es eine tabellarische Aufstellung deutscher Bibelübersetzungen.

Natürlich gab es auch vor Allioli katholische Ausgaben der Bibel, so zum Beispiel die des Dominikaners Johannes Dietenberger, der Professor für Theologie und Großinquisitor in Mainz war, doch die waren nicht vollständig, obwohl sich der Professor sehr abmühte und verbotener Weise auch an Luther anlehnte – er durfte halt nicht, wie er wollte: So plädierte er wie Luther dafür, daß Bibelübersetzungen jedermann haben sollte, trotz des immer noch gültigen Verbots, wie in diesem Dokumet nachzulesen ist. Ich darf daraus zitieren:

Biblizistische Massenbewegungen wie die der Katharer und der Waldenser zwangen die Kirche zu einer verstärkten Kontrolle der Bibelrezeption. 1199 verbot Innozenz III. die Lektüre der Bibel in privaten Zusammenkünften, und auf den Synoden von Toulouse und Tarragona wurde, unterstützt von den weltlichen Herrschern, Laien der Besitz von Bibelübersetzungen verboten.
[…]
1543 begann das Konzil in Trient, das sog. Tridentinum, das vom Papst als Reaktion auf die reformatorischen Strömungen in Europa einberufen worden war. Auf der 4. Sitzung im April 1546 wurde das päpstliche Dekret "De editione et usu librorum sacrorum" von den Teilnehmern empfangen und akzeptiert. In diesem Dekret äußert sich Pius IV. zu der Ausgabe und dem Gebrauch der Heiligen Schrift in der katholischen Kirche und macht dem Konzil Vorschläge für ein Regelwerk zur Kontrolle des Buchdrucks. Basierend auf diesem Dekret erarbeitet das Konzil eine Serie von zehn Regeln (regulae), die 1564 zum ersten Mal veröffentlicht und in der Folge in fast allen päpstlichen Indices abgedruckt werden. Diese zehn Regeln wenden als sich Leitfaden und Anleitung an alle Geistlichen und Autoritäten, die mit der Bücherzensur beauftragt werden sollen und geben einen guten Einblick in die Vorgehensweise der Bibelzensur durch die katholische Kirche.
Folgendes haben die zehn Punkte zu der Bibel und ihren Bearbeitern und Übersetzern zu sagen: "Die Bücher von Ketzern[...] wie Luther, Zwingli, Balthasar,[...] und anderen ähnlichen, sind vollständig verboten, was auch immer ihre Überschrift oder ihr Inhalt sein mag..." Zu der Ausgabe der beiden Teile der Bibel äußert sich das Konzil im dritten Punkt wie folgt: "Übersetzungen des Alten Testaments können durch den Bischof erlaubt werden, aber nur den gelehrten und frommen Männern; unter der Voraussetzung, daß jene sie nur als Erhellung der Vulgata-Version benutzen, zum Zweck des besseren Verständnisses der Heiligen Schrift, und nicht anstelle des heiligen Textes selbst."
Bei Übersetzungen des Neuen Testaments sind die Regeln strenger, hier heißt es: "Doch Übersetzungen des Neuen Testaments angefertigt durch einen der [og.] Autoren[...]sind niemandem erlaubt, denn nur eine geringer Nutzen und dafür um so mehr Ärger entsteht im allgemeinen aus dem Lesen derselbigen". Weiter heißt es zum Lesen von Übersetzungen des Neuen Testaments, daß eben durch die bekannten, meist negativen Auswirkungen dieser Lektüre die Entscheidungsgewalt über eine Leseerlaubnis in den Händen der Bischöfe bzw. der Inquisitoren liegt, und diese eine Erlaubnis zum Studium einer von der katholischen Kirche approbierten Übersetzung nur an Personen vergeben dürfen, die deren Einschätzung nach in ihrem Glauben und in ihrer Frömmigkeit keinen Schaden nehmen werden. Diese Erlaubnis muß schriftlich vorliegen. Sollte sich ein Mann dennoch des unerlaubten Lesens einer Bibelübersetzung strafbar machen, so wird er nicht eher eine Absolution erhalten, als bis das er das Buch dem Ordinarius übergeben hat.
Auch für Ordensmitglieder ist es nicht leichter, an diese Übersetzungen zu kommen. Nur mit einer besonderen Erlaubnis ihrer Vorgesetzten dürfen sie diese Ausgaben erwerben bzw. in ihnen lesen.
[…]
Speziell zum Verkauf von Bibelübersetzungen: Wenn ein Buchhändler umgangssprachliche Bibeln verkauft oder auf eine andere Art Personen, die keine kirchliche Erlaubnis besitzen, anbietet, so wird er folgende Bestrafung erhalten: er muß den Wert der aufgefundenen Bücher als Geldbetrag an den Bischof zahlen, der diesen einem frommen Zweck zuführt, und sich weiteren Bestrafungen, die nach Einschätzung des Bischofs erfolgen, fügen.

Du siehst, das Konzil von Trient hat 1564 das Verbot vom 1199 erneuert und erweitert bzw. an die durch den Buchdruck ausgelösten Möglichkeiten – Buch ist jetzt ein Massenmedium samt dazugehörigen Händlern! - angepaßt. Noch einmal: Es gab katholische Übersetzungen der Bibel, aber lesen dürften sie nur die dazu Berechtigten – bis das nächste Konzil 1870 anders entschied und es danach im Sinne der Kirche kommentierte Bibelausgaben gab.

Der Islam, der ja 600 Jahre später als das Christentum entstand, ist natürlich noch nicht soweit – die führenden Schriftgelehrten akzeptieren nur den arabischen Koran und lehnen jede Übersetzung ab (eine Übersetzung ist für sie automatisch nicht mehr der Koran, sondern nur eine Erläuterung dessen), mit zum Teil denselben Argumenten, die auch die christliche Kirche Jahrhunderte lang für das Festhalten an der lateinischen Vulgata angab, nur mit dem Unterschied, daß jeder Muslim Koran lesen muß, egal ob er Arabisch versteht oder nicht.

Wir haben uns inzwischen weit von der Geschichte entfernt, doch ich denke, zumindest dir und mir hat es spaß gemacht, sich (wieder) mit dem Glauben zu beschäftigen, man konnte in diesen Tagen ohnehin nicht an ihm vorbei, warum also nicht auf diese Weise.

Dion

 

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