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Die 3 Instanzen der Selbstzerstörung

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23.12.2003
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Die 3 Instanzen der Selbstzerstörung

Die 3 Instanzen der Selbstzerstörung


Mein Name ist Thomas Scheer
Ich bin glücklich
Ich nehme Drogen


1. Instanz

Die Welt verschwimmt zu einem Farbenmeer. Die Konturen sind verwischt. Alle Unklarheiten sind ausgeräumt, alle Zweifel beseitigt als hätte es Sie nie gegeben.
Ich befinde mich in einem Zustand völliger Ekstase. Mein ganzer Körper kribbelt. In meinem Gehirn laufen die Sorotoninrezeptoren Amok.
Ja, so etwas habt ihr noch nie erlebt, wie? MDMA lautet das Zauberwort.
Ich stehe auf und schwebe zur Tanzfläche. Ich besitze keinen Körper mehr. Ich schliesse die Augen und schwimme in den Schallwellen der Musik.
Nach einer Weile kehre ich in meinen Körper zurück und öffne die Augen.
Ich verlasse die Tanzfläche und mache mich auf den Weg in den anderen Raum, wo meine Freundin auf mich wartet.
Jeder Schritt, den ich tue, lässt erneut Wellen der Glückseligkeit über meine Synapsen schwappen. Ich trage durchgehend ein Lächeln auf dem Gesicht, während ich beim Laufen umherblicke.
Ich sehe fröhliche Menschen wie mich, mit lachenden Gesichtern.
Die Essenz meiner hedonistischen Lebensart lautet: Love, Peace and Unity, und zwar in seiner reinsten Form.
Mein Augenpaar heftet sich an einen Jungen, der scheinbar unbeteiligt und in Trance auf seinem Stuhl sitzt.
Ich erkenne es an seinen Augen und an seinem Blick. Er befindet sich ebenfalls in der 5. Dimension. Er sieht auf und unsere Blicke begegnen sich, doch ich sehe nicht weg. Ich lächle ihn an und er lächelt zurück.
Ich weiss, sagt sein Blick. Du bist drauf und jeder ist dein Freund. Auch ich bin dein Freund. Wir gehören einem exklusiven Kreis an. Die Anderen haben ja keine Ahnung, wissen nicht, wie das ist, wissen gar nichts.
Meine Freundin sieht mich von weitem und lächelt mich an. Wir umarmen uns als hätten wir uns Jahrelang nicht gesehen. Ich setze mich auf einen Stuhl und Sie setzt sich auf mich. Sie blickt mich an und lächelt erneut. Ich Liebe dieses Lächeln. So eines bekommt man nur auf "E" hin. Es macht sie noch um einiges hübscher, als Sie eh schon ist. Ich sehe sie ebenfalls an und weiss, dass ich sie Liebe. Sie ist mein Alpha und mein Omega. Es gibt nur noch uns beide. Ich weiss genau, was Sie fühlt und Sie weiss genau, was ich fühle. Die totale Liebe, Zufriedenheit, Geborgenheit, Wärme.
Wir werden eins, als wir uns küssen. Eine Seele, die nur zufällig in zwei Körpern wohnt. Wir berühren und streicheln uns überall. Wo sie mich berührt, hinterlässt sie knisternde Elektrizität die durch meinen ganzen Körper fährt.
Wir werden beobachtet. Es ist uns egal. Es gibt nur noch uns beide und unsere Liebe.


Mein Name ist Thomas Scheer
Ich bin glücklich
Ich nehme Drogen


2. Instanz

Die Wirkung der Teile lässt langsam nach. Meine Serotoninspeicher sind leer, völlig ausgepumpt. Die Glücksgefühle werden schwächer und verblassen schliesslich fast völlig. Das Coming Down trifft mich hart. Ich will nicht zurück in die kalte Realität und versuche, mich an den Rändern der Traumzeit festzuhalten. Doch das Dimensionstor schliesst sich. Langsam, aber unaufhaltsam. Und ich stehe auf der falschen Seite.
Meine Freundin sieht mich an und weiss sofort, was los ist. Ihr selbst geht es nicht besser. Wir halten die Hände aneinander. Beide zittern stark. Die Frage schwebt unausgesprochen in der Luft. Wer geht diesmal?
Sie fragt mich, wieviel Geld ich noch habe. Ich weiss es gar nicht und sehe nach. Das Herausholen des Portemonnaies erweist sich als schwierige Angelegenheit.
Als sie sieht, dass ich mit zitternden Händen dabei bin, die wenigen Münzen zu zählen, die ich noch habe, kramt sie ebenfalls in ihrer Tasche.
Das Zählen ist noch schwieriger als das herausholen der Geldbörse.
Nach mehreren Ansätzen kenne ich schliesslich den ernüchternden Betrag meiner Barschaft. Sie sagt mir ihre Summe und wir rechnen zusammen. Wir kommen nicht über die magische 5-€-Grenze. Auf Kombi bekommen wir ebenfalls nichts, jedenfalls nicht mehr um diese Uhrzeit.
Wir akzeptieren es schliesslich mit dem Gedanken, dass nächste Woche Anfang des Monats ist. Dann gibt es Geld. Dann gibt es Drogen.
Ich lächle Sie an und sage ihr, dass ich Sie Liebe. Sie streichelt zärtlich über mein Gesicht. "Auf der ganzen Welt haben das heute bestimmt Tausende zu ihren Freundinnen gesagt, flüstert Sie mir ins Ohr. "Aber niemand meint es so wie ich", gebe ich ebenso leise zurück. "Ich weiss."


Mein Name ist Thomas Scheer
Ich bin glücklich
Ich nehme Drogen


3. Instanz

Meine Liebe klettert von meinem Schoß und setzt sich neben mich auf einen Stuhl. Lustlos und gelangweilt blicken wir umher. Viel gibt es nicht mehr zu sehen. Die Farben sind grösstenteils verblasst, die Discolichter werden nach und nach abgeschaltet und die Leute gehen nach Hause.
"Sollen wir gehn?"
"Ich hab keine Lust aufzustehen"
"Ich weiss. Wieviel Uhr?"
"Keine Ahnung"
Ich will jetzt nicht reden. Ich hänge einsam meinen Gedanken nach. Wie lange habe ich nicht mehr in den Briefkasten geschaut? Egal. Ist eh immer dasselbe drin. Irgendwelche Leute, die etwas von mir wollen, das ich nicht habe. Meisstens Geld.
Die Lichter gehen an und stechen schmerzhaft in unsere an die Dunkelheit gewöhnten Augen. Wir stehen schliesslich auf, weil wir müssen. Wir reihen uns in die Schlange vor der Kasse ein.
Wir gehen gleich zu mir. Mit fällt ein, wie es in meiner Wohnung aussieht. Könnte mal wieder geputzt werden. Gesaugt auch. Und aufgeräumt. Aber gleich ist es dunkel. Da fällt es nicht so auf.
Nächste Woche schnappe ich mir meine Freundin. Wir ziehen uns was Speed und räumen dann mal richtig auf. Mein Gott, kann ich denn nur noch an das Eine denken?


Mein Name ist Thomas Scheer
Ich bin glücklich
Ich nehme Drogen

Mir wird etwas klar.
Ich bin lieber tot und glücklich als vom Leben kalt erwischt.


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Hallo Seth,

wenn die Selbsterstörung nur ü+ber drei Instanzen geht, dann hat sie ihr Ziel bei dir noch erreicht. So lässt dein Text vermuten, dass es noch mehr Instanzen geben muss. Denn noch sind deine Protagonisten ja nicht einmal der völligen Verwahrlosung anheim gefallen.
Die Idee diese Selbstzerstörung an den äußeren Symptomen festzuhalten finde ich gut, in der Umsetzung bist du mir noch nicht weit genug gegangen, dass habe ich krasser erlebt. Noch trauen sich deine beiden Prots ja sogar über den Weg, neiden sich nciht die letzten Cents, beklauen sich nicht gegenseitig für die nächste Pille. Der Verfall dürfte also deutlich dramatischer aussehen.
Leider musst du über die Gestaltung des Textes das Fazit deines Prots auch als Fazit vorkauen, ohne dass es dem Leser selber klar wird. Wie sähe das Leben aus, dass deinen Prot kalt erwischen würde, wenn er sich nicht in die Drogen fallen lassen würde? Ich meine hier keinen Entwicklungsbericht zur ersten Droge sondern einen Kontrast zwischen Nüchternheit und Trip.
Wenn du jemals Trainspotting gesehen hast, ahnst du vielleicht, worauf ich hinaus möchte.

Es sind noch 'Fehler drin in deinem Text. Die ss/ß Fehler habe ich irgendwann nciht mehr aufgelistet. Das scheinst du geflissentlich zu ignorieren.

Alle Unklarheiten sind ausgeräumt, alle Zweifel beseitigt als hätte es Sie nie gegeben.
sie (klein). Wenn du es extra für die Betonung groß geschrieben hast, solltest du ohne solche Mätzchen auskommen.
Ich schliesse die Augen
schließe
Ich weiss, sagt sein Blick.
ich weiß
Wir umarmen uns als hätten wir uns Jahrelang nicht gesehen.
jahrelang oder Jahre lang
Ich Liebe dieses Lächeln.
Ich liebe dieses Lächeln
Es macht sie noch um einiges hübscher, als Sie eh schon ist.
siehe ganz oben
Ich sehe sie ebenfalls an und weiss, dass ich sie Liebe.
siehe etwas weiter oben
Die Glücksgefühle werden schwächer und verblassen schliesslich fast völlig.
Schließlich
Das Zählen ist noch schwieriger als das herausholen der Geldbörse.
Als das Herausholen (hast ja sogar einen Artikel davor)
Ich lächle Sie an und sage ihr, dass ich Sie Liebe.
sie oben und auch liebe klein
Meine Liebe klettert von meinem Schoß
Dachte ja schon, du hättest eine schweizer Tastatur, aber du hast ja doch ein ß, also nutze es doch auch bitte.
Meisstens Geld.
nur ein s bei meistens

Lieben Gruß, sim

 

wenn die Selbsterstörung nur ü+ber drei Instanzen geht, dann hat sie ihr Ziel bei dir noch erreicht. So lässt dein Text vermuten, dass es noch mehr Instanzen geben muss. Denn noch sind deine Protagonisten ja nicht einmal der völligen Verwahrlosung anheim gefallen.

Ja stimmt, es gibt noch mehr instanzen. die prots stehen noch am anfang.

in der Umsetzung bist du mir noch nicht weit genug gegangen, dass habe ich krasser erlebt. Noch trauen sich deine beiden Prots ja sogar über den Weg, neiden sich nciht die letzten Cents, beklauen sich nicht gegenseitig für die nächste Pille. Der Verfall dürfte also deutlich dramatischer aussehen.

Die Prots nehmen Ecstasy, das ist eine droge, die nicht körperlich anhängig macht (nur seelisch).
Für ecstasy raubt man sch nicht gegenseitig aus, zumal nicht, wenn man sich liebt. bei heroin und alkohol usw., also drogen, die körperlich anhängig machen, sieht das schon anders aus.

Leider musst du über die Gestaltung des Textes das Fazit deines Prots auch als Fazit vorkauen, ohne dass es dem Leser selber klar wird.

Diesen satz verstehe ich nicht so ganz.

zu den ss/ß fehlern: ja, das ist echt so eine schwäche von mir. werde versuchen, in zukunft drauf zu achten :)

Danke für die..kritische kritik. :)

 

Mir wird etwas klar.
Ich bin lieber tot und glücklich als vom Leben kalt erwischt.
Dieser Satz schließt deine Geschichte als Fazit ab. Mein Wunsch wäre, dass dieser Satz dort gar nicht stehen müsste, sondern sich diese Aussage zum Ende hin aus der Geschichte selbst ergeben würde. In der Geschichte arbeitet nichts auf den Satz hin. Deshalb musst du ihn schreiben, sozusagen wie die Moral von der Geschichte.

Das habe ich mit dem von dir nicht verstandenen Satz gemeint.

Lieben Gruß, sim

 

achso ich verstehe

ich muss auch gestehen, dass dieser satz nicht von mir ist, sondern ein zitat der band "samsas traum".
Ich finde das zitat passt gut dorthin und zudem sagt es dem eingeweihten leser auch etwas über den prot ("samsas traum" ist eine gothic-band) und das lied, aus dem das zitat ist, passt auch etwas zur geschichte :)
man kann also sagen, ich wollte der geschichte so eine etwas persönliche note verleihen.

nötig wäre es allerdings nicht gewesen, da stimme ich dir zu.

allerdings denke ich schon, dass die geschichte auf dieses zitat hinausläuft, denn sinngemäß bedeutet es meiner meinung nach, dass der prot mittlerweile so verzweifelt ist, weil er mit dem leben nicht klarkommt ("vom leben kalt erwischt") dass er drogen nimmt um wenigstens noch "etwas" spass zu haben, obwohl er weiss, dass sie früher oder später wahrscheinlich seinen tod bedeuten werden, wenn er es weiterhin so übertreibt ("ich bin lieber tod und glücklich")

aber über interpretationen lässt sich ja bekanntlich streiten.

 

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