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Serie Die Flucht - Der letzte Akt (Teil III der Trilogie)

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17.03.2014
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Die Flucht - Der letzte Akt (Teil III der Trilogie)

Die Flucht

Der letzte Akt

Robin Lindner

Es war der vierte September 1994. In einem beschaulichen Ort tief im Herzen Amerikas ging Warren Cohen seiner Arbeit nach. Die Sonne strahlte an jenem Nachmittag noch einmal besonders warm vom Himmel, bevor sich bald der kühlere Herbstwind des Landstriches bemächtigen sollte. Warren schwitzte. Als er seinen Wagen verschloss, um die restlichen Meter bis zu seinem Ziel zu Fuß zu gehen, fielen ihm einige Kinder auf, die fröhlich auf der Straße spielten. Insgeheim hoffte er, dass keines der Kinder seinen geliebten Ford beschädigte. Wachsamen Auges ging der Beamte also die Straße entlang.
Erste Blätter waren von den Bäumen gefallen. Die warmen Sonnenstrahlen drangen durch die Baumkronen und erleuchteten Teile der Vorgärten. Warren Cohen war seit zehn Jahren Beamter bei der Baubehörde von Plains County. An jenem Tag war er hierher nach Plainsville gekommen, um sich einige, seit den 70ern leerstehende, Häuser anzusehen. Seine Aufgabe war es dann zu entscheiden, ob man die Gebäude renovieren und verkaufen kann oder abreißen muss. Schon oft hatte er Häuser von älteren Herrschaften gesehen, deren Angehörige sich nicht darum scherten, was sie hinterließen. Warren fand sehr oft alte Schätze und antike Möbel, aus welchen sich manchmal noch einige tausend Dollar machen ließen. Er liebte seinen Job – Bis zu jenem Tag.
Das erste Haus, das sich der Beamte ansah gehörte wohl einer Familie Teluski, die laut Warren Cohens Unterlagen im Jahre 1978 verschwunden war und nie wieder auftauchte. Solche Geschichten kannte der vierunddreißig jährige jedoch mittlerweile. Sie gingen ihm nicht mehr so nahe. Das Haus war in einigermaßen gutem Zustand. Außen gab es einige Witterungsschäden. Das Interieur machte jedoch einen passablen Eindruck. Der Beamte notierte sich ein paar Dinge und beschloss in das nächste Haus zu gehen.

Seinen Dokumenten nach zu urteilen handelte es sich bei jenem Haus um den ehemaligen Wohnsitz einer älteren Dame, Ms. Joan Hooverton. Auf Warrens Papieren war jedoch nur vermerkt, dass sie das Haus verlassen hatte. Normalerweise würde man versuchen die Dame ausfindig zu machen, doch das scheint wohl nicht geklappt zu haben.
Warren öffnete die Haustür mit seinem Dittrich. Hölzern knarzend bewegte sich die Tür und er trat ein. Aus irgendeinem Grund fühlte sich der Beamte in diesem Haus nicht wohl. Es kam ihm komisch vor. Langsamen Schrittes trat er durch die Räume und inspizierte einige Dinge. Er ging eine Runde durch das Untergeschoss. Oftmals reicht das schon, um festzustellen, ob die Substanz ausreicht, um das Haus stehen zu lassen. Im Falle dieses Gebäudes schien das Material kaum gealtert zu sein. Es wirkte gar so, als pflegte jemand die Räume regelmäßig. Nicht einmal ein einzelnes Staubkorn, so kam es Warren vor, lag irgendwo herum. Alles in den Zimmern war geordnet, sauber und aufgeräumt. In seiner gesamten Zeit in diesem Job hatte Warren so etwas noch nie gesehen. Er trat zurück in den Hausflur. Dort fand er ein kleines, gerahmtes Foto. Es schien sich um die Hausherrin höchstpersönlich zu handeln. Sie posierte stolz vor dem Grand Canyon. Ms. Hooverton schien jedenfalls viel erlebt zu haben, dachte Warren, als er weitere Bilder der Dame betrachtete. Langsam und neugierig wanderten seine Blicke die Wand entlang. Konzentriert sah er sich jede einzelne Fotografie an. Bild für Bild versetzte er sich in die Lage der Dame, die all dies erlebt hatte. Wie es wohl war an all diesen Orten gewesen zu sein. Er war vollkommen vertieft, als die Haustür in einem lauten Knall zuschlug. Das Herz wäre ihm beinahe aus der Brust gesprungen, so sehr hatte sich Warren erschreckt. Er hatte sich völlig in den Erinnerungen einer Fremden verloren. Das war ihm noch nie zuvor passiert. Er schüttelte es von sich ab und trat zur Haustür. Ein, zwei Mal musste er am Türgriff rütteln, bis er das Haus verlassen konnte. Nach dieser merkwürdigen Erfahrung dürstete es ihm nach einer Erfrischung. Er beschloss in einem Bistro in der Stadt Mittag zu machen.
Gerade wendete er seinen Ford am Ende der Straße, als er jemanden sah. Sein Blick war auf das letzte Haus gerichtet, welches er nach der Mittagspause begehen wollte. Jemand schien von innen gegen das Küchenfenster zu schlagen, bis es zerbarst. Warren hielt den Wagen und sah genauer hin. Die Person versuchte hinauszuklettern, schaffte er aber nicht. Einen Moment lang hielt der Beamte in seinem Wagen inne. Er sah auf sein Lenkrad und atmete tief durch. Dann sah er wieder zum Fenster hinüber. Die Person war verschwunden, das Fenster ganz. Warren schrieb die Einbildung der Hitze zu. Er fuhr zum Bistro.
Nach einem ausgiebigen Mittagessen fuhr er zurück in die Straße. Die Kinder spielten immer noch ausgelassen in der Sackgasse. Auf der Fahrt hatte sich Warren noch ein Mal das durch den Kopf gehen lassen, was er glaubte zuvor gesehen zu haben. Er tat es jedoch als eine Art streich seiner Sinne ab. Nun würde er zum letzten Haus gehen, welches er in dieser Straße zu inspizieren hatte. Das kleine Einfamilienhaus war unscheinbar. Das Wetter und die Sonne hatten natürlich an der Fassade genagt. Dennoch machte es einen ausreichenden Eindruck. Warren blätterte wild durch seine Akten, als er das Grundstück betrat. Irgendjemand im Büro schien im Wohl einen Streich gespielt zu haben, dachte er sich, als er feststellte, dass alle Blätter der Mappe zu diesem Haus leer waren.
Er kümmerte sich nicht weiter darum und trat vor die Tür des Gebäudes. Sie schien etwas morsch zu sein. Aber nach etwas Abklopfen glaubte Warren, dass sie im Kern noch stabil sei. Er wollte gerade den Dittrich ansetzen, als sich die Tür wie von selbst unter knirschendem Laut öffnete. Vielleicht war es nur ein Luftzug.
Im Haus selbst schien dem erfahrenen Beamten alles in Ordnung zu sein. Die Wände sahen nicht besonders marode aus. Mit ein paar Handgriffen würde man dieses Haus schnell auf Vordermann gebracht haben. Als Warren nach einem Rundgang wieder im Flur des Hauses ankam, vernahm er ein seltsames Rauschen. Er konnte es nicht genau orten. Es schien von überall her zu kommen. Ein eiskalter Wind fuhr durch seine Kleidung. Es fühlte sich unangenehm an. Warren hielt inne. Nun war es still um ihn. Er bewegte seinen Kopf nicht. Sein Blick war ins Leere gerichtet. Seine Gedanken schwebten um etwas, was er noch nicht erfassen konnte. Es war beinahe wie eine leichte Trance. Inmitten jener Stille hörte er ein seltsames Ticken. Es klang in etwa wie eine alte Uhr. Sein Blick verharrte am Boden des Flurs. Sein Atem stockte ihm kurz, als er zu sehen glaubte, wie es draußen Nacht geworden war – just in jenem Moment. Er blickte aufgeschreckt durch ein Fenster neben der Haustür. Es war tatsächlich dunkel. Noch konnte sich Warren darauf keinen Reim machen. Er griff sich kurz an die Stirn und schloss die Augen. Das Ticken war immer noch zu hören. Er versuchte diesem Geräusch zu folgen und ging ins Wohnzimmer. Als er im Türrahmen stand musterte er den Raum. Da es draußen tatsächlich Nacht zu sein schien, konnte er Kaum etwas erkennen. Gekniffenen Auges suchte er nach der Quelle des Tickens. Bis ihm eine Standuhr in einer Ecke des Raumes auffiel, die noch zu funktionieren schien. Ihr Ziffernblatt leuchtete sogar. Er sah genauer hin. In diesem Augenblick schoss ihm ein unbändiger Schrecken durch die Glieder, als die Uhr zweimal schlug. Er versuchte Fassung zu bewahren.
Sein Herz spürte er jedoch bis in die Fingerspitzen schlagen. Der Klang der Uhr hallte immer noch durch den Raum, während Warren ungläubig zusah, wie überall im Zimmer, ja im ganzen Geschoss, Kerzen zu brennen begannen. Fest kniff Warren die Augen zusammen. Was er vor sah konnte doch wohl kaum echt sein, versuchte er sich einzureden. Doch es war zu real. Langsam öffnete er seine Augen wieder. Das Ticken war verschwunden. Die Uhr schien stehengeblieben zu sein. Warrens Blick fiel auf etwas in der Mitte des Wohnzimmers. Er konnte kaum fassen was er sah – einen Schatten. Nur einen Schatten. Ganz langsam setzte er einen Fuß vor den anderen und näherte sich dem Schatten. Seine Schritte waren fast nicht zu hören.
Der Schatten, den er sah, erstreckte sich auf dem Boden vor einem Beistelltisch. Warren glaubte sich nun nah genug, um zu erkennen woher der Schatten stammt. Er legte den Kopf etwas zur einen Seite, dann zur anderen. Schließlich musste er zu seinem Entsetzen feststellen, dass es der Schatten einer knienden Frau war. Doch vor ihm kniete niemand. Er sah sich um: Er war allein. Seine Glieder krampften, als sich der Schatten darstellte, wie sich die kniende Frau erhob und an Warren vorbei das Zimmer verließ. Dieser atmete nicht. Er war starr vor Angst. Als der Schatten verschwunden war, bewegte sich ein Sessel am anderen Ende des Wohnzimmers wie von selbst aus einer zurücklehnenden Position hervor. Der Beamte rührte sich nicht, während im Teppich vor jenem Sessel Fußabdrücke erschienen. Einer nach dem anderen näherten sich die Abdrücke dem unschuldigen Inspekteur.
Das war genug. Warren rannte von purer Angst getrieben zurück durch den Hausflur. Gerade als er die Tür erreichte fiel sie in lautem Scheppern ins Schloss. Keine Sekunde zögerte der Beamte und riss wie wild geworden am Türknauf. Er stemmte sich mit aller Gewalt gegen die Tür, doch sie schien zu klemmen. Der Blick des verängstigten Beamten fiel auf ein kleines Fensterneben der Tür. Es war leicht geöffnet. Vielleicht konnte er die Tür so von außen bearbeiten. Warren versuchte es jedoch vergeblich. Als er seine Hand zurück durch das offene Fenster zog, schoss dieses hinunter.
Schmerzerfüllt schrie Warren auf. Er Zog seine blutige Hand unter dem Rahmen hervor und eilte in die Küche. Die Schmerzen waren für ihn unerträglich. Er entschied seine Hand erst einmal unter fließendes Wasser zu halten. Er drehte auf. Erleichternd fiel der Schmerz von ihm ab. Einen Moment lang war nur das fließen des Wassers zu hören. Warren schloss die Augen und ging in sich.
Er versuchte sich selbst einzureden, dass alles, was hier gerade vor sich ging, nicht real ist. Es konnte doch nicht real sein. Der Schmerz, den er jedoch spürte, als sich plötzlich kochend heißes Wasser auf seine verwundete Hand ergoss, war es. Wieder schrie Warren auf. Er griff nach einem Handtuch neben der Spülwanne und legte es über das Becken, während er das Wasser abdrehte. Er atmete durch. Den Schrecken, der ihm gerade wiederfahren war, versuchte er zunächst einmal zu verdauen. Er blinzelte kräftig, als wollte er eine Art Schleier vor seinen Augen loswerden.
Als er wieder klar sah, fiel sein Blick auf die Wand unter dem Treppenaufgang im Hausflur. Er trat vorsichtig näher an das heran, was er dort beobachtete. Schmale, rote Linien begannen dort einen Teil der Wand zu überziehen. Wie ein Muster aus pulsierenden Adern tat sich vor Warren dieser merkwürdige Anblick auf. Die Tapete an dieser Stelle wirkte durchnässt. Als wäre sie mit irgendeiner rötlichen Flüssigkeit getränkt. Sehr zaghaft berührte Warren neugierig die Wand vor sich. Er spürte, dass die Tapete tatsächlich weich war. Sofort legte er seine Finger noch ein Mal auf die Wand und drückte fester. Diesmal knirschte es unter seiner Hand und er stellte ungläubig fest, dass er sie durch die Wand gesteckt hatte. Er zog sie behutsam wieder heraus und rückte seinen Kopf näher an das Loch. Ob er wohl auf der anderen Seite etwas sehen würde? Beinahe konnte er das Blut in seinen Adern rauschen hören, so still war es im Haus, als er sein Auge näher und näher an das Loch heran führte. Die feuchte Tapete legte sich sanft und doch unbehaglich auf Warrens Gesicht. Er blickte durch das Loch.

Nichts.

Seine Hände zitterten. Sein Herz raste. Seine Beine trugen ihn kaum mehr. Er sah erneut hinein.

Nichts.

Blinzeln.

Ein blutunterlaufenes Auge drückte sich an seines. Warren fiel zu Boden. Arme schossen unter lautem Brechen morschen Holzes aus der Wand vor ihm. Einer, zwei, drei, dann vier. Wild schlugen sie um sich. Blut lief an ihnen herab. Panik überkam Warren, der an der Wand gegenüber kauerte. Immer mehr Holz riss von der Wand hinter der Tapete heraus. Warren sah Blut. Er sah Augen, die ihn musterten, während die Arme nach ihm peitschten. Schließlich ergriff einer der umher schlagenden Arme den panischen Beamten an seinem Fußgelenk.
Von unvorstellbarer Angst ergriffen trat Warren aus. Er versuchte sich freizukämpfen. Seine Handlungen waren nicht mehr durchdacht. Er kämpfte. Er kämpfte um sein Leben.
Mit einem Hieb gelang es ihm die Arme von sich zu lösen. Er drängte sich an die Wand hinter ihm, um außerhalb ihrer Reichweite zu bleiben, doch sie schlugen mehr und mehr Holz aus der Wand. Warren stürmte ins Wohnzimmer.
Dort glaubte er sich für einen kurzen Moment sicher. Er sah sich um. Alle Fenster waren verschlossen. Er wanderte durch den Raum und blieb dann in der Mitte stehen. An der Wand vor sich sah er wieder Schatten. Diesmal waren es mehrere. Drei Personen glaubte er erkennen zu können. Er wollte sich nicht umdrehen. Die Angst war zu groß. Ein eiskalter Schauer überkam ihn, als er in den Bildern der Schatten sah, wie eine Frau auf zwei Menschen einstach. Doch ihm gefror erst beim Anblick der roten Spritzer vor sich das Blut in den Adern. Überall im Wohnzimmer befleckte das Blut der erstochenen die Wände und Möbel. Warren konnte nicht anders. Er drehte sich blitzschnell um. Doch niemand war zu sehen. Keine Mörderin, keine Opfer. Nur Blut. Als Warren jedoch genauer hinsah, beobachtete er blutige Schuhabdrücke, die aus der Lache heraus liefen. Ein Abdruck vor dem nächsten verließ etwas den Raum. Wieder stockte dem Beamten der Atem. Er schrie aus vollem Halse:
„Was – geht – hier - vor - sich?!“
Stille.

Nun, von Zorn ergriffen, stürmte Warren in die Küche. Er packte ohne lang zu zögern einen Toaster und stieß ihn mehrmals mit voller Wucht gegen die Scheibe des Küchenfensters. Als diese schließlich zerbarst versuchte er hinauszusteigen. Mit einem Mal jedoch stoppte er seinen Fluchtversuch. Er blickte zur Straße hinaus. Ein Wagen wendete in der Sackgasse vor dem Haus. Zuerst wollte er um Hilfe rufen. Doch dann erblickte er im Schein des Laternenlichts über dem Wagen sich selbst – im wagen.
Warren wich zurück, knallte mit dem Kopf an den inneren Fensterrahmen und hielt einen Moment inne. Seine Augen waren weit aufgerissen, sein Atem schnell. Adrenalin schoss durch seine Adern und ließ ihn jede Faser seines Körpers spüren. Dieser Albtraum musste doch ein Ende finden. Er würde hier doch nicht sterben.
Er war den Tränen der Verzweiflung nahe, als um ihn herum alle Küchengeräte wie wild zu toben begannen. Die Knöpfe am Herd drehten sich ungezähmt immer schneller und schneller. Der Messerblock kippte um und ein dutzend scharfer Klingen stachen in den hölzernen Fußboden vor Warrens Füßen ein. Als schließlich aus dem Wasserhahn dampfend heißes Wasser schoss, rannte Warren ziellos durch das Haus.
Das war es. Es war vorbei für ihn. Die Kerzen im gesamten Geschoss erloschen. Es war wieder Stockfinster. Nur das Kreischen der Wesen, die sich weiter ihren Weg durch die Wand unter der Treppe kämpften, war zu hören. Orientierungslos und verloren stand Warren irgendwo im Wohnzimmer. Kreischen, knirschen und die sich ewig wiederholenden Schreie der Getöteten hallten durch das Haus. Der Lärm dröhnte in Warrens Ohren. Er hielt sie fest zu. Stechend drangen die fürchterlichen Geräusche dennoch zu ihm hindurch.
Bis zu jenem Moment, an dem es Still wurde. Absolut still. Nichts war mehr zu vernehmen. Erwartungsvoll stand Warren im Raum. Er sah nichts, hörte nichts. War es vorbei? Hatte er es überstanden? Er spürte seinen Puls. Es kribbelte ihm in allen Teilen seines Körpers. Die Furcht durchdrang ihn wie ein kalter, eisiger Wind.
Stille.
Dunkelheit.


Lodernde Flammen schossen bis unter die Decke. Heiß umzingelten die spitzen Zungen des Feuers den panischen Inspekteur. Er versuchte etwas zu erkennen. Eine Gänsehaut bedeckte seinen Körper. Zwei Särge waren von jenem Feuer bedeckt, das um sich peitschte. Jemand hämmerte von innen gegen das Deckbrett des Sarges. Holzsplitter schleuderten durch den Raum, bevor sie im Feuer verglühten. Warren wandte sich von dem was er sah ab. Und dann geschah es, dass er jemanden im Türrahmen zum Badezimmer sah. Die Person konnte er im Schein des Feuers mustern. Sie war ihm nicht unbekannt. Sie winkte ihn zu sich. Er folgte.
Im Bad angekommen sah er sich um. Das Fenster war weit offen. Vorhänge wehten im Wind. Draußen schien es plötzlich wieder Tag zu sein. Warren sah hinter den Duschvorhang.
„Ms. Hooverton?“, fragte er. Doch niemand antwortete.
Er dachte darüber nach, dass er es wohl kaum verantworten könnte sie hier im brennenden Haus zurückzulassen, als er die alte Dame plötzlich draußen auf der Wiese stehen sah. Sie winkte. Er folgte.
Als Warren draußen war, war Ms. Hooverton verschwunden. Er hörte lautes Treiben vor dem Haus. Sirenen schallten in der Straße. Schnellen Schrittes eilte er vor das Haus, das unter lautem Donnern allmählich in sich zusammen fiel. Die Helfer vor Ort empfingen den verstörten jungen Mann und versorgten ihn.
„Mr. Cohen. Sagen sie, wie sind sie aus diesem Inferno entkommen?“, hakte ein Polizist nach. Warren hatte noch kein Wort über die Dinge verloren, die er in diesem Haus gesehen hatte.
„Da war diese alte Frau. Ms. Hooverton. Sie führte mich zu einem offenen Fenster im Bad.“, erklärte Warren dem Beamten. Dieser sah ihn ungläubig an.
„Ms. Joan Hooverton?“, fragte der Polizist skeptisch.
„Ja.“, antwortete Warren.
Der Officer trat einen Schritt näher an Warren heran.
„Joan Hooverton ist bereits 1972 verstorben.“
„Was?“
„Ja. Es war Mord. Der Täter wurde nie gefasst.“
„Das kann doch aber nicht sein…“
Warren legte die Hand an seine Stirn. Er schloss die Augen.
„Sir?“, sprach ihn der Polizist an.
„Sir??“
„Sir!“
Der Hausinspekteur kam wieder zu sich.
„Ja.“
„Was möchten sie denn nun bestellen?“

Warren sah sich um.
„Bestellen? Was zum… Wie… Wo bin ich überhaupt?“
Die Bedienung schien genervt.
„Im Cesar’s Bistro, Sir. Sie sitzen hier schon ne ganze Weile an der Sonne. Geht’s ihnen gut?“
Warren griff sich an den Kopf. Er sah zu Sonne hinauf. Er murmelte etwas:
„Aber es war so real.“
„Wie bitte?“, hakte die junge Frau nach.
„Nichts. Wo sind denn bitte die Toiletten?“
„Gleich hier rein und dann links.“, erklärte die Bedienung und wies mit flacher Hand den Weg. Warren folgte ihrer Anweisung.
Er stützte sich mit beiden Händen auf das Waschbecken, bevor er sein Gesicht näher an das Becken führte. Er bestrich es mit kaltem Wasser. Ein klarer, kühler Kopf würde ihm gut tun. Anschließend nahm er ein Handtuch und trocknete sich, während er in den Spiegel sah. Dort entdeckte er eine Wand, die ihm sehr bekannt vorkam. Langsam wandte er sich um.
Die feuchte Tapete, die roten Linien an der Wand, die wie Adern pulsierten. Und das Loch, das er selbst in die Wand gedrückt hatte. Auch links und rechts von sich sah er die Räume: Den Flur, das Wohnzimmer, die Küche. Er näherte sich dem Loch in der Wand.
Seine Hände zitterten. Sein Herz raste. Seine Beine trugen ihn kaum mehr. Er sah erneut hinein.

Nichts.

Blinzeln.


Ein blutunterlaufenes Auge drückte sich an seines.

Er war niemals fort.

Ende

 

Hi Robin,
Ja, gefällt mir gut.
Schönes Thema im Stil von der Exorzist. Auch die Wendung am Ende fand ich gut gelungen.
Stilistisch gibt es einmal ein Problem mit den Zeiten, du fällst manchmal in die Gegenwart und dann mit einzelnen Sätzen die recht unspezifisch sind.
Siehe hier im Detail:


Seine Aufgabe war es dann zu entscheiden, ob man die Gebäude renovieren und verkaufen kann oder abreißen muss
könnte und abreißen musste
Der Beamte notierte sich ein paar Dinge und beschloss in das nächste Haus zu gehen.
wie schon beim Teil II das ist recht unspezifisch.
doch das scheint wohl nicht geklappt zu haben.
schien
Langsamen Schrittes trat er durch die Räume und inspizierte einige Dinge.
Würde mich brennend interessieren, welche "Dinge" das sind.
Dennoch machte es einen ausreichenden Eindruck.
find ich in dem Zusammenhang unpassend. Ausreichend für eine Renovierung wolltest du vermutlich sagen.
Noch konnte sich Warren darauf keinen Reim machen. E
den Satz würde ich streichen. Das treibt die in spannende Handlung nicht voran.
Gekniffenen Auges suchte er nach der Quelle des Tickens. B
finde ich unglücklich formuliert
Das war genug. Warren rannte von purer Angst getrieben zurück durch den Hausflur
würde ich streichen oder durch etwas spezifischeres ersetzen. Es ist völlig klar, dass er Angst hat.
Der Blick des verängstigten Beamten fiel auf ein kleines Fensterneben der Tür
auseinander
Er versuchte sich selbst einzureden, dass alles, was hier gerade vor sich ging, nicht real ist.
war
Seine Handlungen waren nicht mehr durchdacht. E
auch den Satz kannst du streichen
das Blut der erstochenen
Erstochenen
ein dutzend scharfer Klingen stachen in den hölzernen Fußboden vor Warrens Füßen ein.
Sie fallen wohl runter und bleiben im Fussboden stecken. So wie der Satz da steht tu ich mir schwer.
Er war niemals fort.
fort gewesen

Weiters würde die Geschichte gewinnen, wenn du mehr über Cohen schriebst, als dass er Beamter war. Was mag er gerne, was tun seine Kinder, was will er am Abend machen, welche Kleidung hat er an, ist er dick, dünn, groß klein usw.

Das Ende des 2 en Teils habe ich nun auch Verstanden.
Generell fand ich die Wendungen zum Ende hin bei Teil 2 und 3 gut gelungen


lg
Bernhard

 

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