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Die gleiche Strecke

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01.06.2016
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Die gleiche Strecke

Frank J. Meier, 41 Jahre lang bei der Deutschen Bahn gearbeitet, sein letzter Tag vor der Rente.
Abdul Merat, Flüchtling aus dem Irak, seit 3 Jahren Mitglied der Mafia.

Es war der 4. Mai. Ab morgen würde Frank fertig sein. Fertig mit Arbeit, fertig mit dem Teil des Lebens, der die meiste Zeit dauert, dem Erwachsen sein, der Zeit in der sich herauskristallisiert, ob der Mensch erfolgreich wird. Für Frank endete sein Leben. Er lebte alleine, er hatte nie geheiratet, ein uneheliches Kind, von dem er nur den Namen kannte, auf einer Reise im nahen Osten gezeugt, und nie wirklich Freunde gehabt.
Er stand wie jeden Morgen, um halb 5 auf, und machte sich auf dem Weg zum Bahnhof. Er ging immer zu Fuß, weil er es hasste mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Es sei denn, er hatte seinen Platz für sich. Er lief zu seinem Kiosk des Vertrauens, kaufte sich die neue „Bild“ und einen Kaffee. „Schwarz wie die Seele“, sagte er beim Bestellen. In gewisser Weise stimmte, diese zwanghaft humorvolle Aussage, die dem gegenüber (dem Kioskbesitzer) suggerieren sollte, dass das Gegenteil der Fall sei. Die Bild schrieb wieder über diesen Internet-Menschen, der gesagt hat, dass er uns, die Bahnmitarbeiter, ins KZ fährt. Volksverhetzung. Frank war es egal. Er machte sich auf dem Weg zu seinem Zug, machte es sich in seinem Stuhl gemütlich und fuhr die Strecke, die er immer fuhr.

Abdul war fertig. Sein beschissenes Leben, war lange genug beschissen. Unbekannte Eltern, hungern, stehlen...Dann die Flucht nach Deutschland, weil hier dann alles besser wird. Das gleiche dann wieder von vorne. Ohne Hungern, mit mehr Morden. Er hatte viele Schulden, zu viele, als dass er sie je bezahlen könnte. Es hatte keinen Sinn mehr. Ein Zugfahrer der Deutschen Bahn, der ihm panisch in die Augen guckte, war das letzte was er sehen wollte. „Abi nimmt mich zu sich.“ Er fuhr raus aus der Stadt, an eine Stelle, wo niemand nachschaut ob da jemand auf den Gleisen ist. Er parkte sein Auto und ging zu den Gleisen. Er breitete eine Decke aus, machte es sich so bequem wie möglich auf den Gleisen. Abdul setzte sich im Schneidersitz hin, schaute der Sonne beim Aufgehen zu. Die Sonnenstrahlen kletterten über die Bergkuppen, und griffen blitzschnell nach seiner Umgebung und ihm selbst. Er ließ sein Leben an sich vorbeiziehen, während er aufstand, sich seiner Waffe und Messer entledigte, und sich schlussendlich komplett entkleidete. Er setze sich wieder auf sein Sterbebett, und beobachtete weiter das Licht.
Frank wurde nun doch etwas sentimental. Als ihm bewusst wurde, dass er diese Strecke, seine Strecke, nie wieder fahren würde, liefen einzelne Tränen über sein Gesicht. Aus ihm sprach die Trauer, die er jahrelang zurückgehalten hatte. Frank fühlte sich so alleine wie nie zuvor.

Ein wenig Angst kam in Abdul auf, als er in weiter Ferne, das Geräusch eines Zuges hörte. Doch er beruhigte sich selber, und begann zu beten. Er überlegte kurz ob er die Augen schließen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Oft genug hatte er nicht hingesehen, wenn Menschen Qualen erlitten. Er hätte sich auch einfach erschießen können, aber das wollte er nicht. Er wollte nicht, dann man ihn nach seinem Tod erkennen konnte. Wenig später sah man den Zug. Abdul wurde sich bewusst, dass sein Leben höchstens noch 20-30 Sekunden dauern würde.

Frank sah ihn sofort. Den dreckigen Hurensohn der sich umbringen wollte und dabei das Leben von anderen Menschen mit zerstörte. Frank musste fast schon darüber lachen, dass ihm das noch an seinem letzten Arbeitstag passieren musste. Es waren nur noch wenige Meter. Frank blickte ihm mitten ins Gesicht. „Drecksasylant“ dachte er sich. Als Franks tonnenschwerer bester Freund den jungen Mann samt seinem schönem Bett mit sich nahm und Knochen und Fleisch zu einem einzigen Brei vermischte, merkte Frank, wie etwas in ihm zerbrach.
Der Zug brauchte noch ein ganzes Stück bis er zum Anhalten kam. Frank stieg aus, und ging alleine zurück zu dem Ort wo der Suizid stattfand. Auf dem Weg lief er an einzelnen Körperteilen vorbei.
Als er an der Stelle ankam, sah er nur noch die Fetzen der weißen Decke, und die Kleidung des Selbstmörders. Er suchte in der Jacke des Mannes, fand eine Pistole, 2 Messer und ein Portemonnaie.
Er öffnete das Portemonnaie und schaute nach, wen er da grade überfahren hatte. Er nahm die Information auf. Legte alles dahin, wo es vorher gewesen war. Ging 3-4 Schritte in Richtung seines Zuges und brach dann zusammen. Er kroch, unter Tränen und Wimmern, zurück zu dem Mann und nahm sich seine Pistole. Er schoss sich ohne ein weiteres Wort in den Kopf.

 

Hallo LeLen,

herzlich Willkommen im Forum, wenn ich das, wo ich doch selbst noch sowas wie ein Neuling bin, schon sagen darf ;)

Deine Geschichte lässt mich ein bisschen ratlos zurück. Ich weiß nicht so recht was ich davon halten soll, aber ich fang einfach mal an (ich habe nicht alle Rechtschreibfehler korrigiert, nur die, die mir sofort ins Auge gesprungen sind):

Frank J. Meier, 41 Jahre lang bei der Deutschen Bahn gearbeitet, sein letzter Tag vor der Rente.
Abdul Merat, Flüchtling aus dem Irak, seit 3 Jahren Mitglied der Mafia.

Diesen Informationsblock kannst du auch in den Text einfließen lassen. Das klingt 1. schöner und 2. verrät dieses Vorwort ja schon einiges und nimmt dann im späteren Verlauf die "Überraschung" vorweg.

die dem gegenüber (dem Kioskbesitzer) suggerieren sollte, dass das Gegenteil der Fall sei
die Klammern samt Inhalt streichen, das erklärt sich von selbst. Klammern sind sowieso möglichst sparsam bis gar nicht einzusetzen.

Volksverhetzung. Frank war es egal.
Das glaub ich nicht. Frank ist BILD-Zeitungsleser. Wenn ihm sowas egal ist, würde er wohl kaum Geld für diese Zeitung ausgeben.

Sein beschissenes Leben, war lange genug beschissen.
kein Komma

Ein Zugfahrer der Deutschen Bahn, der ihm panisch in die Augen guckte, war das letzte was er sehen wollte.
Ich bezweifle, dass die Person auf den Gleisen, insbesondere wenn sie sitzt, dem Zugführer in die Augen schauen kann. a) zu weit unten und b) sind die Scheiben meistens auch verdunkelt.

Er setze sich wieder auf sein Sterbebett, und beobachtete weiter das Licht.
Frank wurde nun doch etwas sentimental.
Kein Komma, und hier muss unbedingt ein deutlicher Absatz zwischen die beiden Sätze, um den Perspektivwechsel deutlich zu machen.

liefen einzelne Tränen über sein Gesicht.
Also entweder läuft ihm eine einzelne Träne übers Gesicht, oder aber mehrere. Mehrere einzelne machen für mich keinen Sinn.

als er in weiter Ferne, das Geräusch eines Zuges hörte.
kein Komma

Er wollte nicht, dann man ihn nach seinem Tod erkennen konnte.
'dass' natürlich. Das hätte man aber eigentlich beim Korrekturlesen selbst sehen können ;)
Und wieso will er das denn nicht, wenn er gleichzeitig seinen Pass direkt neben sich ablegt, damit dieser unversehrt bleibt?
Die Gründe, warum man sich vor einen Zug schmeißt, obwohl man eine Pistole zur Hand hat, musst du dringend noch näher erläutern, bisher klingt es vielmehr wie eine Ausrede.

Wenig später sah man den Zug. Abdul wurde sich bewusst, dass sein Leben höchstens noch 20-30 Sekunden dauern würde.
'wenig später' ist eine ziemlich ungeschickte Floskel. Auch die genaue Zeitangabe von 20 bis 30 Sekunden finde ich nicht gut gelöst, wie kann er das denn so genau wissen? Besser würde denke ich "nur noch wenige Augenblicke" o.ä. passen.

samt seinem schönem Bett
schönen.

Frank stieg aus, und ging alleine zurück zu dem Ort wo der Suizid stattfand.
Kein Komma
Frank fährt also einen Personenzug mit Fahrgästen, und steigt nach der Kollision einfach so aus?
Was ist mit den Fahrgästen?

Auf dem Weg lief er an einzelnen Körperteilen vorbei.

"Auf dem Weg" ist wieder so eine unglückliche Floskel, an dieser Stelle kannst du es einfach streichen: "Er lief an ... vorbei".
Ich war noch nie an so einer Unfallstelle, aber 'einzelne Körperteile' klingt für mich so nach abgetrennten Gliedmaßen, und ich bin mir nicht sicher, ob bei einem solchen Zusammenprall tatsächlich irgendwelche Gliedmaßen sauber abgetrennt werden.
Normalerweise werden die zerfetzten Leichenteile in großen Säcken gesammelt und gewogen, um sicher zu gehen, dass alles gefunden wird. Und wenn nur 40 Kilo gewogen werden muss weiter gesucht werden. Sprich: So viele Einzelteile erkennt man da sicher nicht mehr.

Ging 3-4 Schritte in Richtung seines Zuges und brach dann zusammen. Er kroch, unter Tränen und Wimmern, zurück zu dem Mann und nahm sich seine Pistole.

3-4 wird zum einen ausgeschrieben, zum anderen ist es wieder so eine komische Zahlenangabe.. Sag doch lieber "einige". So bekommt man ja den Eindruck er würde jeden einzelnen seiner Schritte zählen. Und sollte er das tatsächlich tun, kann man das trotzdem schöner umschreiben als einfach nur die Anzahl der Schritte zu nennen ;)
Auch hier wieder: Was ist mit den Fahrgästen? der Zugbegleitung? Er ist ja nicht alleine unterwegs...

Er schoss sich ohne ein weiteres Wort in den Kopf.
ohne ein weiteres Wort - er hat ja auch vorher nicht geredet, und es steht auch keiner in der Nähe, zu dem er irgendwas hätte sagen können. Dann lieber "ohne einen weiteren Gedanken" oder "ohne zu zögern" oder sowas in der Art ;)


Du beginnst deine Geschichte schon sehr klischeeüberladen, und im Laufe der Handlung widerlegst du diese Klischees nichtmal, sondern bekräftigst sie sogar noch. Der ältere, urdeutsche Mann, Bildzeitungsleser, unzufrieden mit seinem Leben.
Dann der Flüchtling, der natürlich kriminell geworden ist, sogar gemordet hat und sich jetzt selbst umbringen will, aber dabei natürlich noch ein riesen Arschloch sein muss.

Frank, der eh schon wie ein kleiner verkappter Nazi wirkt, ruft dann auch noch 'Drecksasylant' und scheint auch noch voll auf ihn draufzuhalten und nicht zu bremsen.

Also ich weiß nicht. Als ich die ersten zwei Zeilen gelesen hatte dachte ich noch "okay, jetzt hat man ja schonmal seine Vorurteile im Kopf, mal gucken wie die widerlegt werden" und dann - tja - hast du die Vorurteile einfach nur bestätigt. Das ist weder einfallsreich noch spannend zu lesen, und im übrigen gefällt mir gerade diese Art von Vorurteil ganz und gar nicht.

Egal, weiter im Text. Frank ist für mich ein komischer Charakter, ich kann ihn nicht so recht einordnen. Zum einen ist er ein harter Kerl, hat sogar noch Gelegenheit den Typen auf den Gleisen zu beschimpfen anstatt zu bremsen, durchwühlt seelenruhig die Sachen des Toten, und dann soll auf ein mal irgendwas in ihm zerbrechen? Das passt für mich nicht zusammen. Er wird nicht als Sensibelchen dargestellt und man fragt sich, was denn nun zerbrochen sein soll. Du solltest versuchen ihn dem Leser näher zu bringen, so weiß ich gar nicht so genau ob ich jetzt Mitleid mit ihm haben soll oder nicht.

Das gleiche gilt für Abdul, soll ich mit ihm mitfühlen? Außerdem kannst du gerade seine Figur noch enorm ausarbeiten, er hat ja anscheinend eine ganze Menge erlebt, er hat sogar gemordet, das ist doch Inhalt genug um Seiten zu füllen! So ist er nur ein ziemlich blasser Charakter dessen Intentionen nicht wirklich klar werden.

Am Ende habe ich mich gefragt, warum Frank sich jetzt umbringt. Okay, scheiß Leben, der Job war sein Leben und das ist nun vorbei, er hat gerade einen Mann überfahren... eigentlich sind das alles verdammt "gute" Gründe für einen Suizid, aber sowas wie Selbstmord passt für mich nicht zu dem Bild, das du vorher von Frank gezeichnet hast.

So, ich möchte meinen Kommentar aber nicht mit negativen Worten schließen, deshalb:

Diese Geschichte hat durchaus Potential. Die Geschichte von zwei grundsätzlich verschiedenen Personen zu erzählen und diese an einer Stelle zusammentreffen zu lassen, finde ich gut, auch in diesem Kontext mit dem Bahnfahrer und meinetwegen auch dem Flüchtling. Aber du solltest unbedingt diese ganzen Klischees reduzieren, sie gegen den Strich bürsten, so dass der Leser nicht damit rechnet. Außerdem könntest du die Geschichten zu Anfang noch mehr voneinander trennen und nicht quasi schon im ersten Satz andeuten, dass sich der eine nachher vor den Zug schmeißen wird. Lass den Leser Abdul begleiten, wie er sich auf den Weg macht, aber verrate nicht, dass er vorhat sich umzubringen - das nimmt die ganze Spannung raus. Verrate nicht sofort, dass Frank bei der Bahn arbeitet und Personenzüge fährt, sondern zeige es dem Leser! Lass ihn Frank begleiten wie er zur Arbeit geht, ohne sofort zu verraten, als was er überhaupt arbeitet - das kann der Leser doch auch selbst rausfinden ;)

Also, mit etwas Arbeit kann hieraus eine runde Geschichte werden, im Moment sind mir noch zu viele Logikfehler und Klischees drin ;)

Liebe Grüße,
und ich hoffe du nimmst diese Kritik nicht persönlich oder sie mir übel,
Sommerdieb :)

 

Danke erstmal für deine Kritik :)
Möchte dazu sagen, dass ich 18 bin und mich einfach ausprobieren wollte. Das entschuldigt vll ein bisschen meine Rechtschreibfehler.
Bei den Kritikpunkten gebe ich dir Recht. Übrigens war es so, dass Abdul der Sohn von Frank ist.
Hab versucht das anzudeuten mit dem unehelich gezeugtem Kind auf der Reise im Nahen Osten und damit dass Abdul "Abi" sagt (arabisch für "Vater"). Das waren dann wohl nicht genug Hinweise :(
Die Geschichte war nämlich ausgelegt auf die Flüchtlingsproblematik. Also auf Franks Verachtung gegen den Flüchtling. Gefolgt von der Erkenntnis, dass es sich um seinen Sohn handelt.
Ich versuche deine Tipps bei meiner nächsten Geschichte umzusetzen.

 

Oha - nee, dass Abdul Franks Sohn ist, da habe ich nicht mal im Entferntesten dran gedacht! Mensch.
Das ist natürlich nochmal ne ganz andere Wendung der Geschichte.
Tatsächlich habe ich aber anscheinend auch das "nahen" beim nahen Osten überlesen - hatte nur noch in Erinnerung, dass er ein Kind im Osten gezeugt hat :D

Dass 'Abi' Vater heißt wusste ich nicht, habe mir aber schon sowas gedacht, es aber eher so gedeutet, dass er nun zu seinem Gott kommt...

Um diesen Punkt besser herauszuarbeiten, könntest du die Geschichte mit dem unehelichen Kind ja noch etwas ausbreiten, also dass sich Frank z.B. zurückerinnert an die Frau, mit der er das Kind gezeugt hat, wie das so zwischen ihnen war, eine kurze Sequenz aus seinen Erinnerungen.

Und bei Abdul sowas ähnliches, eine Erinnerung an seine Mutter, die Erwähnung, dass er seinen Vater nie kennen gelernt hatte... Also dass der Fokus noch etwas mehr auf ihre Vergangenheit gelegt wird und der Leser eher aufhorcht und anfängt nachzudenken ;)

Vor diesem Hintergrund würde ich auch empfehlen, Abdul nicht zum Mörder zu machen. Lieber (Klein)Krimineller mit einigen Diebstahl- und Körperverletzungsdelikten. Ein Mord ist gleich so eine große, überdramatisierte Sache die man eigentlich auch nicht in so einer Kurzgeschichte unter den Teppich kehren kann. Also wenn da ein Mord erwähnt wird, müsste man ihn korrekterweise eigentlich auch benennen und ggf. den Hintergrund erläutern, wie es dazu kam. Das würde aber den Rahmen sprengen. Daher lieber nicht ganz so drastisch vorgehen ;)

Und dann stellt sich natürlich die Frage, ob du für Frank wirklich auflösen willst, dass Abdul sein Sohn ist/war, oder ob du diese Erkenntnis nur dem Leser gewährst. Ich denke beide Versionen haben etwas für sich :)

Auf jeden Fall würde ich dir empfehlen, gerade an dieser Geschichte nochmal etwas zu feilen. Das übt und man lernt automatisch dazu ;)

Und es schadet sicher beim nächsten Mal nicht, die Geschichten nochmal ausführlich Korrektur zu lesen bevor du sie einstellst. ;)

Liebe Grüße

 

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