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Die Spinne

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18.09.2009
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Die Spinne

Es ist Nacht. In einer modernen, aber nicht außergewöhnlichen Zwei-Zimmer-Wohnung ist es ruhig; nur die Heizung in der Abstellkammer surrt leise. Jeder sonst leise und periphere Ton würde hier laut und deutlich klingen. Die Wohnungseinrichtung ist schlicht und elegant, dominiert von matten Farben und geometrischen Formen, unterlegt mit einem dunkelweißen Teppichboden. Wände und Decke sind untapeziert und weiß. Aus den Fenstern sieht man nichts außer Dunkelheit und ein paar entfernte Lichter, jedoch kommt ein schwaches Licht durch den Mondschein herein.

Ein vierjähriger Junge liegt in seinem Bett, die Tür einen Spalt offen, kann jedoch nicht richtig schlafen und hat noch seine Augen geöffnet, obwohl er dennoch recht müde ist. Seine Mutter schläft tief in einem Bett im Wohnzimmer.
In seiner mitternächtlichen Lethargie schaut er auf die Decke, auf der ein schwarzer Fleck zu sein scheint, der jedoch von ihm relativ unbeachtet bleibt.
Plötzlich fängt der Fleck an, sich langsam zu bewegen und ein wenig zu flimmern. Erst jetzt wird das Kind auf diesen merkwürdigen Fleck aufmerksam, und nach einem kurzen Zögern richtet es sich auf um ihn genauer betrachten zu können.
Da er immer noch nichts erkennen kann steht er auf und schaltet das Licht an, welches einen abrupten, aber nicht allzu hellen Kontrast in das Zimmer wirft. Der Junge stellt sich genau unter den Fleck und schaut nach oben. Nun erkennt er, dass es sich bei dem Fleck um eine relativ große, schwarze Spinne handelt. Daraufhin geht er zu seiner Mutter und stößt sie an, woraufhin sie aufwacht und müde stöhnt:
„Was ist denn, warum schläfst du nicht?“
„Da ist eine Spinne in meinem Zimmer.“
„Na und? Schlaf weiter!“
„Aber ich hasse Spinnen, kannst du sie nicht wegmachen?“
Nach einem kurzen Zögern gibt die Mutter nach:
„Na gut, aber dann legst du dich wieder hin!“
Beide gehen ins Kinderzimmer. Der Junge bleibt an der Türschwelle stehen, während die Mutter sich die Spinne auf der Decke kurz genauer ansieht. Erstaunt und ein wenig fasziniert sagt sie:
„Meine Güte, das Ding ist aber ganz schön groß. So eins habe ich noch nie gesehen.“
„Bring sie um!“, sagt der Junge fordernd.
„Aber nein, ich werde sie raus tun, auf den Balkon oder so.“

Sie holt einen Stuhl, steigt auf ihn und versucht die Spinne an der Taille zu fassen. Plötzlich zuckt die Hand der Mutter zurück, ein schmerzhafter Aufschrei, die Spinne fällt auf den Teppichboden und versucht wild zappelnd weg zu kriechen.
„Verdammt!“, sagt sie, steigt schnell vom Stuhl, geht einen Schritt zurück und mustert die Bissstelle. Der Junge steht noch immer an der Türschwelle und fragt ein wenig ängstlich aber trotzdem neugierig:
„Hat sie dich gebissen?“
„Ja!“, erwidert seine Mutter leicht entsetzt und verärgert.
Schnell geht das Kind zu seinem Schreibtisch am vorderen Rand des Zimmers, nimmt ein leeres Trinkglas und stülpt es vorsichtig mit größtmöglichem körperlichen Abstand über die noch immer fliehende Spinne, so dass sie darin gefangen ist und mit einem leisen, hohlen Kratzen versucht, das Glas an der Seite hoch zu kriechen.

Die Mutter kniet sich vor das Glas neben dem Jungen und schaut sich die Spinne genauer an. „Was ist das für eine Spinne?“, sagt sie und begutachtet nochmals die Bissstelle, die bereits jetzt angeschwollen erscheint und anfängt, brennend zu schmerzen.
„Was, wenn sie giftig ist?“, fragt das Kind besorgt.
„Ach Quatsch, hier gibt es keine Giftspinnen.“ Die Mutter geht in das Badezimmer, nimmt einen Desinfektionsstift gegen Mückenstiche aus dem Spiegelschrank und möchte etwas davon auf die Bissstelle tupfen, ihr Sohn folgt ihr, betritt das Badezimmer aber nicht. Der durch den Spinnenbiss verursachte Schmerz weitet sich inzwischen langsam auf den ganzen Arm aus.
Vorsichtig versucht sie wiederholt den Desinfektionsstift an die Haut aufzusetzen, schafft es jedoch nur schwer, da die Stelle um den Biss herum überempfindlich gegen Berührungen geworden ist und stetig an Schmerz zunimmt. „Verdammt, das tut so weh. Was ist das?“ Sie verzerrt ihr Gesicht vor Schmerz und stützt ihren Arm in eine Schonhaltung.

„Soll ich den Arzt rufen?“, fragt der immer noch vor dem Türrahmen stehende Junge seine Mutter. „Nein, lass nur, das ist wahrscheinlich bloß irgendeine Allergie. Das wird bestimmt gleich besser!“, erwidert seine Mutter mit schwerer Stimme, geht zurück ins Wohnzimmer und setzt sich aufs Bett, den Arm immer noch in Schonhaltung.
Das Kind folgt ihr ins Wohnzimmer und fragt erneut:
„Und was ist, wenn es doch eine Giftspinne war?“
„Ach...“ antwortet diesmal seine Mutter bloß, und drückt ihre Hand auf ihren Oberkörper.
„Jetzt tut’s auch noch in der Brust weh!“
Langsam aber stetig bricht bei der Mutter Übelkeit aus, begleitet von einem raschen, starken Schwindelgefühl. Ihr Puls steigt rapide aufgrund der plötzlichen Angstsituation. „Oh Gott, mir ist schwindlig. Ruf den Arzt, schnell!“, sagt sie ihrem Jungen mit flimmernder, gezwungen lauter Stimme. Dieser zögert schockiert eine Sekunde und eilt dann zum Telefon.

Hektisch und den Tränen nahe nimmt er den Hörer ab und wählt notgedrungen die Notrufnummer, während er immer wieder zur Mutter schaut. Diese ist vom Bett zum Boden herabgesunken, den Arm mit der Bisswunde nicht mehr angespannt und extrem schwer atmend. Ihre Augen sind nun weit aufgerissen, das Gesicht nicht mehr schmerzverzerrt. Nachdem durch das Telefon bloß Fehlermeldungen zu hören waren, legt der Sohn den Hörer auf den Boden und läuft zu seiner Mutter. „Mama!“, schreit er und setzt sich neben sie. „Mama!“, diesmal fordernder, während er ständig schluchzend versucht seine Mutter wach zu rütteln, die regungslos auf den Boden liegt und nur noch ein kaum wahrnehmbares, schwaches Atmen von sich gibt, Kopf und Gliedmaßen dabei leicht zuckend.
Nach erfolglosen Bemühungen steht er hastig auf, rennt die Tür hinaus und klingelt mehrmals hintereinander bei der benachbarten Wohnung. Nach einer kurzen Weile öffnet ein sichtlich verwunderter und schlaftrunkener älterer Herr die Tür. Noch bevor er etwas sagen kann packt ihn der Junge am Oberteil seines Schlafanzugs und versucht ihn mit panischem, verweintem Blick zum Ort des Geschehens zu zerren. Der Herr, mehr erschrocken als verärgert, nimmt die zerrende Hand des Jungen und zieht ihn ein wenig zu sich.
"Was ist denn passiert?"
"Eine Giftspinne hat meine Mama gebissen!", antwortet er mit schluchzender Stimme.
"Eine Giftspinne?"
"Sie ist im Wohnzimmer und bewegt sich nicht mehr."
"Die Spinne?", fragt der Herr mit leicht skeptischem Ton.
"Meine Mama!", schreit der Junge, während Tränen seine Wange runter laufen.
Die Ehefrau des Mannes, die im Flur steht und das Geschehen entsetzt beobachtet, nimmt das Kind an die Hand.
"Geh mal rüber und schau was passiert ist.", sagt sie leise zu ihrem Mann, geht mit dem Kind in ihre Wohnung und setzt ihn auf einen Stuhl am Esstisch.
"Ist schon gut.", sagt zu sie niedergebeugt zu ihm mit beruhigender Stimme, während sie mit ihrer Hand über seinen Kopf streicht.
"Der Onkel geht jetzt rüber und schaut was mit deiner Mami ist. Soll ich dir erst Mal einen Kakao machen?"
Der Junge antwortet nicht, schaut bloß zur offenen Wohnungstür und wischt sich immer noch sichtlich erregt die Tränen vom Gesicht.
Nach kurzer Zeit kommt ihr Mann wieder und bleibt im Flur stehen, sie geht sofort zu ihm.
Der Junge, auf dem Stuhl sitzen bleibend, versteht nicht was sie sagen, beobachtet aber dennoch das Gespräch. Er sieht das entsetzte Gesicht des Mannes und die erschrockene, nahezu ungläubige Reaktion der Frau, die ihm schließlich einen langen, von Mitleid erfüllten Blick zuwirft.

 

Grüß dich, amba!

Ich fand den Text spannend, leider hört er ja dann etwas unzufriedenstellend auf, das fand ich nicht so hübsch. Ich hatte den Eindruck, dass hier nur etwa ein Drittel der Geschichte steht.

Bitte bau ein paar Absätze ein, das erleichtert das Lesen. Du kannst z.B. nach jedem Sprecherwechsel einen einfügen.

Der Junge könnte einen Namen vertragen, und manchmal stimmen die Bezüge nicht, da du "das Kind" sagst, manchmal mit "es", dann aber mit "er" weitermachst.

Die Perspektive wechselte, manchmal war ich außenstehend, dann konnte ich lesen, wie sich der Arm anfühlt. Da könnte man noch etwas bügeln.

Ja. Und das Ende, das lässt mich unglücklich zurück. :)

Willkommen hier!

yours

 
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Hi yours truly,

danke für deine Antwort. Das mit dem abrupten Ende ist gewollt, denn ich wollte weniger eine Geschichte erzählen als mehr eine bestimmte Stimmung von Verlustangst und plötzlich einbrechender Bedrohung erzeugen, eine Weitererzählung z.B. im Krankenhaus finde ich da unnötig genau wie ein Name für die Protagonisten. Das alles war nämlich mal ein Traum den ich hatte und der mich nicht mehr losgelassen hat. Absätze sollte ich aber tatsächlich ein paar einfügen, da hast du Recht, und um die Bezüge werd ich mich auch mal kümmern...

 

Hallo amba,

denke auch, dass das Ende von dir so Absicht war, sonst hättest du es ja nicht geschrieben. Wollte dir nicht unterstellen, dass das ein Unfall war, wollte dir nur sagen, dass es mir nicht gefallen hat.

Die Geschichte kann an dem Punkt schon enden, aber vielleicht kannst du den Leser etwas gnädiger entlassen, indem du einen Satz schreibst, der nicht mit drei Punkten endet, sondern wirklich das Ende einer Geschichte darstellt.

Vielleicht kommen die Nachbarn, holen den Notarzt und der nimmt die Mutter mit, der Junge muss aber zu Hause (halt bei den Nachbarn) bleiben, möchte dem Arzt noch die Spinne zeigen ... und das Glas ist umgekippt, die Spinne weg.

Das hätte was und würde zur Geschichte passen, finde ich, die sich übrigens auch gut unter "Horror" einsortieren ließe.

Hm, die Absätze haben jetzt Textblöcke daraus gemacht, das machts mir nicht leichter. Im Allgemeinen ist es gut, mehr Absätze reinzumachen.

"Was ist das?"
"Ach, nur ne Spinne."
"Bist du sicher?" Beide hatten die Augen an der Decke, das Surren des Kühlschranks war das einzige Geräusch. "Ich glaube nicht, dass das ne Spinne ist."
"Du bist doof! Sieht doch jeder, dass das ne Spinne ist!"

So irgendwie.

Schönen Samstag,

yours

 
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Auf Wunsch des Autoren von Sonstige in Horror verschoben.

 

Auf Wunsch der Autorin von Sonstige in Horror verschoben.
:Pfeif: Fettnäpfchen!!! :)

Kritik zur Story später ...

 

Hi Amba,

da es bei deiner Geschichte nur wenig zu kritisieren gibt, fasse ich mich kurz. Mir hats sehr gut gefallen. Du hast eine schöne Grundstimmung eingefangen, dein Bezug zur Verlustangst ist in jedem Fall gut aufgegangen.

Wie yours truly bereits sagte, fand auch ich das Ende ein wenig enttäuschend. Gerade, weil die Spinne lebendig eingefangen wurde, eignet sich das bestens für ein "Der Horror geht weiter"-Ende.

Hektisch und den Tränen nahe nimmt er den Hörer ab und versucht notgedrungen die Notrufnummer, die er jedoch nicht genau kennt, während er immer wieder zur Mutter schaut.

Notrufnummern lernt man meines Wissens nach schon im Kindergarten. Aber für die Geschichte wärs eh lax gewesen.

Ansonsten sehr gelungen, wenn auch kein "klassischer" Horrortext. Aber es müssen nicht immer Vampire und Werwölfe sein, wie dein Text beweist.

der DÄIF

 
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Die Geschichte scheitert an der gewählten Erzählweise. Schlicht und ergreifend.

Ein dreijähriger Junge liegt in seinem Bett, die Tür einen Spalt offen, kann jedoch nicht richtig schlafen und hat noch seine Augen geöffnet, obwohl er dennoch recht müde ist.

Dean liegt in seinem Bett. Die Tür ist wie immer einen Spalt geöffnet, was seinem Alter geschuldet ist. (Wie können Eltern auch erwarten, dass Dreijährige völlig problemlos einschlafen können) Für einen Dreijährigen erstaunliche Gedanken. Dean ist müde, aber er hält seine Augen mit aller Macht offen, in der Hoffnung, dass Mom oder Dad noch einmal nach ihm sehen.

Oder so ähnlich... (Nur so eine Idee von mir zu früher Stunde)

Und dann wird da von Lethargie geschrieben... Du meine Güte...

Auch solltest du unbedingt daran arbeiten, was Kleinkinder eigentlich so vor sich hinbabbeln. Gerade, wenn sie drei Jahre alt sind.

Die Geschichte krankt also an der von dir gewählten Perspektive. Und vor allem an der völlig unglaubwürdigen Ausdrucksweise eines dreijährigen Kindes.

So unglaublich spannend (schnarch) die Geschichte auch war.

Hint von mir: Gib dem Leser einen Prot, womit er sich halbwegs anfreunden kann. Ganz egal, ob er stirbt, oder lebt. ;)

Ach ja... MFG

 

Hallo,

danke erstmal fürs Feedback.

Das mit dem Alter des Jungen ist irgendwie eine verzwickte Sache. Einerseits muss er alt genug sein um die Handlung glaubwürdig erscheinen zu lassen, andererseits soll er ja Probleme mit der Notrufnummer haben, also nicht zu alt. Nachdem er fünf Jahre alt war und dann drei, lasse ich ihn jetzt einfach mal vier Jahre alt sein :), und den Satz dass er die Nummer nicht so genau kennt hab ich auch gelöscht, ist so wichtig nun auch nicht, glaub ich. Das Problem ist auch, dass ich doch tatsächlich nicht weiß wie Kinder in dem Alter so drauf sind, da ich nicht viel mit Kindern zu tun hab.

Bezüglich der Protagonisten bleibe ich dabei, dass ich keine Namen vergebe, da es mir wie schonmal erwähnt eher um die Stimmung bzw. die Atmosphäre geht und weniger um die konkrete Handlung oder um tiefgründige Charaktere, weswegen ich mich entschlossen hatte die Figuren vage bzw "universell" zu halten.

Viele Grüße

 

Jaaa, also, ich muss mich leider meinem Vorkritiker anschließen. Dieser ständige Perspektivwechsel erreicht lediglich Distanz beim Leser. Und sowas ist tödlich.

Bezüglich der Protagonisten bleibe ich dabei, dass ich keine Namen vergebe, da es mir wie schonmal erwähnt eher um die Stimmung bzw. die Atmosphäre geht
Stimmung, bzw Atmosphäre kannst du aber beim Leser nur erzeugen, wenn dieser mitfühlen kann. Und das kann er nur, wenn er sich in den jeweiligen Charakter hineinversetzen kann.
Dieses geht aber nur, wenn du dem Charakter dem Leser nahe bringen kannst. Denn warum sollte ein Leser etwas fühlen / empfinden, wenn ihm die Person egal ist?
Und deine Personen sind dem Leser egal, weil er sie nicht "kennt". Sie sind eben anonym = egal = keine Gefühle = keine Stimmung und keine Atmosphäre.
Ich würd echt mal versuchen, den Prots Leben einzuhauchen (Namen, Besonderheiten, Macken ...), dann wird die Geschicht mit Sicherheit auch an Stimmung und Spannung gewinnen.

Gruß! Salem

 

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