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Die wunderliche Dame
Ich verlasse meine Haustür und die Wohnung schnappt ins Schloss. Die Freiheit ist gerade emsig dabei ihre Gefangenen zu exekutieren. Mitten in meiner Nachbarschaft.
„Lass dich nicht stören“, rufe ich freundlich zu ihr herüber. Keine Antwort. Nicht mal ein Blick. Nur die knöcherne, frostige Schulter. Ziemlich eingebildet, seitdem alle so große Stücke auf sie halten. Denkt wohl sie kann es sich leisten. Obwohl, die Schönste ist sie nicht gerade. Wenn die so weiter macht, verscherzt sie sich das noch mit mir.
Zeitgleich fallen Sonnenstrahlen wie hinterhältige Höllenhunde in die Straße und verursachen ein mords Chaos. Diese Saubande. Kommen die auch noch vorbei. Ihren Kampf der Giganten können die beiden mal schön alleine austragen. Ich verzieh´ mich. Bin nämlich nicht besonders scharf drauf unter die Räder zu geraten. Heimtücken und sonstiges verrücktes Zeug lauern an jeder Ecke zur genüge, da muss man das nicht auch noch sonderlich herausfordern.
Am Ende der Straße treffe ich auf die wunderliche Dame, die hier immer herumspeikst und ihre lustigen Späße treibt. Ihr Gang gleicht dem eines Wüstenschiffes und ihr Körper einer Hummel. Was für eine Symbiose. Die wirren Haare stehen in alle Himmelsrichtungen ab. Ein gemütlicher Kobold eben.
„Hallo, hast du Zigaretten?“
„Ne, hab´ ich nicht. Außerdem rauchst du doch gerade eine. Kein Mensch braucht zwei auf einmal“, entgegne ich.
„Ja guck doch, die ist gleich alle“ und sie zeigt auf ihren eben erst begonnenen Glimmstängel.
„Ich habe doch gesagt ich hab´ keine.“
„Hast du denn zwei Euro“, fällt sie mir ins Wort.
„Also ich kann dir ein geben. Hast Glück, denn ich hab´ heut´ meine Spendierhosen an“.
Ihr Gesicht strahlt wie ein Pfannenkuchen in der Karibik. Aus ihren Augen, aus ihren Ohren und aus ihrem zahnlosen Mund blitzen die Sonnenstrahlen wie liebevolle Pfeile. Ich gebe ihr den Euro und wir gehen jeder unseres Weges. Ich drehe mich noch einmal um, aber sie zeigt mir nur die kalte frostige Schulter. Dieser Höllenhund.
Ich biege um die Ecke und lasse mir den vertrauten Biergeruch von der Holstenbrauerei um die Nase wehen.